Spiegelau. Am 1. April. hatte er seinen ersten offiziellen Arbeitstag als neuer Geschäftsführer der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald. Ein Datum, das ja einen durchaus heiteren Hintergrund birgt. Und so möchte auch Robert Kürzinger seine neue Aufgabe mit viel Optimismus und Verve antreten, um den in den vergangenen Jahren immer wieder mal in Turbulenzen geratenen Tourismusverbund in sichere Fahrwasser zu navigieren.
Der 44-Jährige bezeichnet sich selbst als Mann der Praxis, der bereits neben dem BWL-Studium in München und Deggendorf (Schwerpunkt Personalwesen, Vertrieb und Marketing) stets im touristischen Bereich gearbeitet hat. Er will sich als Verbinder, Netzwerker und Koordinator, der viel Wert auf Kontinuität und Planungssicherheit legt, mit der FNBW in Richtung Zukunft bewegen (da Hog’n berichtete). „Ich bin nun sieben Jahre bei der Firma, hoffentlich noch viele weitere. Die Ferienregion möchte ich als Ganzes im Hinblick auf verschiedenen Kooperationen weiter voranbringen“, teilt er im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n mit. Ein Gespräch über Zielausrichtungen, Zwiesels suspendierten Bürgermeister Steininger, den ÖPNV, E- und Mountainbikes sowie neue Gesichter der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald.
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Herr Kürzinger: Sie sind seit vielen Jahren bei der FNBW. Benötigen Sie da noch Einarbeitungszeit in Ihren neuen Job als Geschäftsführer der GmbH?
Eigentlich nicht. Ich bin mittlerweile sieben Jahre bei der Firma, kenne die Strukturen, war auch häufiger Urlaubsvertretung des Geschäftsführers und somit immer auch in die Themen involviert gewesen. Ich bin vertraut mit den Aufgaben eines Geschäftsführers, schon allein aufgrund meiner Erfahrungen als Leiter zweier größerer Hotels: zum einen vom IBB-Hotel in Passau, das frühere Holiday Inn am Bahnhof, zum anderen vom Jagdhof in Kirchham bei Bad Füssing.
„Weiterführen, vielleicht noch etwas optimieren“
Sehen Sie sich eher als Verwalter oder als Gestalter?
Absolut letzteres. Meine Aufgabe ist das mittel- und langfristige Planen, das Strategische, das Bilden von Allianzen und Kooperationen, das in die Wege leiten neuer Ideen. Das Verwalten der einzelnen Punkte mache ich zwar auch, aber mein Schwerpunkt und mein Herz liegt bei der Gestaltung.
Daniel Eder war der vierte, Sie sind mittlerweile der fünfte FNBW-Geschäftsführer. Was möchten Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
(überlegt) Viele Dinge, die Daniel Eder angestoßen hat, waren, was den strukturellen Aufbau betrifft, so gut, dass ich daran nichts ändern möchte. Ich möchte sie weiterführen, vielleicht noch etwas optimieren. Doch das System, in dem die Kolleginnen und Kollegen nach ihren Interessen und Fähigkeiten in den einzelnen Teams arbeiten, so dass sie letztlich ihren Beitrag für das große Ganze leisten, ist das Hauptstandbein, auf dem unsere Ferienregion basiert.
Weiter vorantreiben wollen wir nun die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und hier speziell den Austausch auf der operativen Ebene. Sprich: Wir wollen die Kollegen in den Tourist-Infos auf tschechischer Seite mehr noch mit unseren Einrichtungen vernetzen, um die Idee einer großen Destination weiter zu führen.
Zudem möchten wir die Netzwerke stärken – nicht nur intern, sondern auch extern mit unseren größeren Partnern. Schauen wir etwa Richtung Bodenmais: Auch wenn wir hier nicht per Vertrag miteinander verbunden sind, können wir in vielen Bereichen kooperieren. Zum Beispiel bei den Fahrrad-Projekten, die in den einzelnen ILEn angestoßen worden sind. Dass man Verbindungen herstellt etwa zwischen Zwiesel und Bodenmais: sommers mit dem Rad, winters mit den Langlauf-Loipen. Auch mit der Freyunger Landesgartenschau wollen wir sehr eng zusammenarbeiten.
„Die Region hat Potenzial“
Als wie schwierig betrachten Sie das Unterfangen, derlei Kooperationen auf die Beine zu stellen? Stichwort: Kirchturmdenken. Viele kochen im Tourismus ja gerne auch ihr eigenes Süppchen…
Ich denke es ist ein Prozess, der schrittweise vonstatten geht. Das funktioniert nicht von heute auf morgen. Es gilt zunächst einmal auf einzelnen Projektebenen zusammen zu arbeiten. Dann nähert man sich gegenseitig an – und erkennt bestenfalls die Vorteile eines partnerschaftlichen Miteinanders, dass man sich aufeinander verlassen kann. Das ist die ideale Basis, auf der man aufbauen kann.
Wenn Sie ein Fazit ziehen müssten bzgl. der bisherigen Arbeit der FNBW in den vergangenen Jahren – wie würde dieses aus Ihrer Sicht aussehen?
Zu Beginn war es generell ein schwieriges Unterfangen. Unsere Entwicklung ist durch den Einfluss von Zwiesels Bürgermeister Steininger gebremst worden, das muss man so sagen. Wir wären heute wahrscheinlich weiter, wenn es diese Konflikte, die teils öffentlich ausgetragen wurden, damals nicht gegeben hätte. Dadurch wurden gewisse Partner verunsichert. Seit Elisabeth Pfeffer und Jens Schlüter das Ruder in der Hand haben, genießt die FNBW seitens Zwiesel volle Rückendeckung. Wir haben in der Glasstadt nun auch vielmehr Partnerbetriebe, die bei uns aktiv mitmachen – etwa bei unserem Gastgeberverzeichnis. Da sieht man einfach, was politischer Gegenwind bewirken kann.
Trotz alldem und vieler weiterer eher negativer Unkenrufe hat es die FNBW bislang auf acht Jahre geschafft. Ich denke, dass sie immer besser dasteht – auch trotz Krisen wie Corona. Man sieht die Entwicklung in den einzelnen Orten, die Bereitschaft für Investitionen, die tollen Betriebe und super geführten Häuser, regionale Spezialitäten, die qualitativ hochwertige Küche – das kommt jetzt immer mehr. Und die Betreiber würden das alles ja auch nicht wagen, wenn sie nicht das Vertrauen hätten, dass ihre Ideen in dieser Region funktionieren würden. Die Region hat Potenzial.
Hat aus Ihrer Sicht die FNBW bis dato den Bekanntheitsgrad erreicht, den sie braucht, um auch einen ausreichenden Nutzen zu haben? Ist Sie bekannt genug, um auf dem Tourismusmarkt entsprechend zu wirken?
Ich würde es vorsichtig formulieren: noch nicht ganz. Wir sind definitiv auf dem richtigen Weg, was wir anhand verschiedener Parameter sehen – etwa daran, dass wir zuletzt immer mehr Anfragen von Journalisten bekommen haben, die gerade zur Winterzeit über die Ferienregion berichteten. Das hat es vorher nicht gegeben. Das zeigt, dass wir gerade medial besser wahrgenommen werden. Doch das muss noch mehr werden, daran wollen wir weiter arbeiten. Kurz: Der Weg stimmt, aber wir sind noch nicht am Ziel.
Die ÖPNV-Lage, Mountainbiken und Erweiterungsambitionen
Stichwort ÖPNV: Was ist auf diesem Gebiet noch ausbaubar?
Die Situation ist, was die Gesamtentwicklung betrifft, besser geworden. Zum Beispiel die geplante Einführung des Stundentakts der Waldbahn von Zwiesel nach Grafenau. Das ist immens wichtig, gerade für Zielwanderungen, wenn man etwa das Rachelgebiet mit dem Nationalparkzentrum Falkenstein verbinden will. Auch die Anbindungen mit den Igelbussen haben sich gebessert.
Nichtsdestotrotz würde natürlich in den Ferien, an Feiertagen und an den Wochenenden eine höhere Frequenz noch mehr bringen. Da spielt auch das Thema der Kombination von Bussen und Fahrrädern eine wichtige Rolle. Sprich: Wie schafft man es mit Anhängern zu arbeiten, bei denen die Fahrradmitnahme möglich ist? Und zwar so, dass sich die Busfahrer aufgrund des Gewichts vor allem von E-Bikes nicht übernehmen müssen. Ebenso sollten hier die Fahrpläne nicht gestört werden. Mein Wunsch wäre, dass man zumindest auf bestimmten Routen verstärkt Angebote schaffen kann, speziell was den Transport von E-Bikes anbelangt. Da ist man im Nationalpark Šumava mit den sog. Grünen Bussen schon ein Stückchen weiter.
Stichwort Mountainbiken: Einerseits geht es hier um Freizeit und Spaß in der Natur, andererseits um Naturschutz vor allem im Nationalparkgebiet. Sind diese beiden Pole vereinbar?
Es gibt ja verschiedene Typen bzw. Spielfelder beim Mountainbike fahren. Single-Trails werden wir hier in der Region nicht ermöglichen können, weil das Angebot grundsätzlich nicht da und auch in Zukunft seitens Nationalparkverwaltung nicht angedacht ist. Bei den Tourenfahrern hingegen steht nicht der Nervenkitzel im Vordergrund, sondern das Naturerlebnis, das Thema Bike & Hike – das können wir momentan sehr gut abdecken. Ich will aber nicht kategorisch ausschließen, dass man im Außenbereich des Nationalparks gewisse Trails anbieten kann – die Nachfrage ist ja da. Das wäre eine Bereicherung. Wir wollen jedoch in erster Linie das Klientel des Genuss-Bikers ansprechen, der gemütliche Touren fahren und auch mal einkehren möchte. Da können wir uns gut positionieren.
Wie schaut’s in Sachen Erweiterung der FNBW-Mitgliedsgemeinden aus? Wo gibt’s Potenzial? Was gestaltet sich als eher schwierig?
Wir sind gerade dabei, gemeinsam mit dem Aufsichtsrat, dem FNBW-Verein und den Behörden unsere Mitglieds- und Gesellschafterverträge zu überarbeiten. Ziel soll es sein, gewisse Strukturen und Abläufe zu vereinfachen – stets unter dem Aspekt, dass alles seine kommunalrechtliche Korrektheit hat. Das wollen wir noch in trockene Tücher bringen. Diese neue Vereinbarung bildet dann die Grundlage für unsere Suche nach neuen Partnern. Potenzial ist hier auf alle Fälle da, beispielsweise wenn man Richtung erweitertes Nationalparkgebiet schaut oder Richtung Philippsreut. Sogar von Betriebsseite her ist uns in diesen Gegenden bereits Interesse für eine Mitgliedschaft signalisiert worden.
Neumitglieder Freyung und Grafenau?
Welche Ambitionen hat man hinsichtlich größerer Orte in der Region, wie Freyung oder Grafenau?
Wir würden sie freilich sehr gerne mitaufnehmen. Mit Freyung haben wir auf Touristiker-Ebene bereits Gespräche geführt. Hier besteht meines Empfindens nach auch Interesse. Die Entscheidung fällt jedoch auf politischer Ebene. Das Angebot des sog. GUTis, also des kostenlosen Nahverkehrstickets, und die damit verbundene Beteiligung an der Umlagenzahlung galt ja für eine Kommune stets als Voraussetzung für eine FNBW-Mitgliedschaft. Freyung ist da nicht mehr dabei*. Aber im Zuge der Landesgartenschau wird sich das vielleicht ändern, wodurch das K.-o.-Kriterium GUTi die Kreisstadt wieder ins Spiel bringen könnte.
Generell muss man künftig schauen, wie man mit solchen Kriterien umgeht. Ob es nicht auch andere Arten der Beteiligung als eine Voll-Mitgliedschaft geben kann. Dass man neben den Voll-Mitgliedern – nennen wir sie mal – auch Werbepartner hat. Dass man quasi eine zweite Schiene für ein Engagement in der FBNW eröffnet, eine Art Zwei-Stufen-Modell. Aber das müsste zunächst im Aufsichtsrat beschlossen werden.
Mit Grafenau stehen wir im Rahmen von Einzelprojekten in Verbindung. Mit dem aktuellen Bürgermeister, der ja sehr gute Ideen in Sachen Tourismus hat, gab es bis dato noch kein Gespräch. Da müsste man noch einmal ausloten, wie sich die Dinge entwickeln könnten. Wir können uns eine Zusammenarbeit jedenfalls sehr gut vorstellen.
Noch einmal zurück zu Zwiesel: Sollten sich die im Raum stehenden Vorwürfe gegen den suspendierten Bürgermeister Franz Xaver Steininger nicht weiter erhärten, er per Gerichtsurteil rehabilitiert werden und wieder auf den Rathaus-Sessel zurückkehren – was dann?
Ich hoffe nicht, dass wir dann wieder in den alten Trott zurückfallen. Es ist viel Zeit vergangen, es ist viel passiert. Ich denke die Zeit spielt uns in die Karten. Es war eine Ablehnung seitens Herrn Steininger der FNBW gegenüber da. Doch es war nicht alles negativ. Es gab etwa auch kritische Anregungen von seiner Seite, die dann auch zu gewissen Veränderungen geführt haben. Falls es so kommen sollte, hoffe ich, dass sich seine Einstellung zur Ferienregion geändert hat, weil er hoffentlich sieht, dass die Stadt bei uns generell sehr gut aufgehoben ist.
Die zwei Neuen im FNBW-Team
Wer wird Ihre einstige Stelle als Prokurist und Pressebeauftragter der FNBW künftig ausfüllen?
Zum einen wird Andrea Kralik aus Finsterau wieder eingestellt werden. Sie hatte bereits in der Tourist-Info Mauth ein halbes Jahr lang bei uns gearbeitet. Zum anderen Patrick Pfeifer, der seit zwei Jahren die Tourist-Info in Bayerisch Eisenstein leitet. Zusammen mit Andrea Schopf und Sabine Lemberger sind wir damit in der Geschäftsstelle wieder ein schlagkräftiges Team und für die Zukunft gut aufgestellt. Wer welche Aufgaben übernehmen wird, werden wir in den kommenden Wochen klären.
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer
*Kommentar von Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich dazu: „Die Aussage ‚Freyung ist da nicht mehr dabei‘ [beim GUTi] ist falsch. Vielmehr hat sich der Freyunger Stadtrat mit großer Mehrheit gegen einen Beitritt zum GUTi entschieden – und zwar nach einer Abstimmung mit den touristischen Betrieben unserer Stadt.“