Erst die anonymen Briefe, dann das YouTube-Video zur Aktion „Ohne mich“: Der Protest gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht im Gesundheitswesen von 500 Pflegekräften aus dem ostbayerischen Raum ist derzeit in aller Munde – in den Online- und Printmedien, in den sog. Sozialen Medien, im realen Leben. Es wird kommentiert, diskutiert – und allzu oft auch diffamiert. Dazu haben sich rund um diese Widerstandsbewegung zahlreiche Fragen ergeben. Daniela H. – so viel will die „Ohne mich“-Initiatorin von ihrem Namen inzwischen preisgeben – hat versucht, gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n darauf Antworten (in schriftlicher Form) zu geben.
Daniela: Die Region spricht über euch, euer YouTube-Video hat bereits mehr als 20.000 Aufrufe, die Berichterstattung wird in den Sozialen Medien schier endlos kommentiert. Überrascht euch die Reichweite eurer Aktionen – also vom anonymen Brief, dann vom Film?
Ja – es ist wirklich der Wahnsinn, wie schnell das Video um die Welt flog. Wir hätten mit zirka 1.000 Klicks pro Tag gerechnet. Auch, dass Antenne Bayern schon auf uns zugekommen ist, ausgelöst durch den Versand der Zertifikate und „Ohne Mich“-Sätze, hätten wir so nicht erwartet.
„Ich sage immer: Leben und leben lassen“
Besteht die Gefahr, dass euch der „Erfolg“, sprich: die enorme Reichweite, zu Kopf steigt – und ihr den eigentlichen Kern eurer Botschaft im Kampf um noch bessere Zahlen, noch mehr Kommentare vergesst bzw. er in den Hintergrund rückt?
Nein, ich überfliege die Kommentare eigentlich nur kurz. Es gibt immer Pro und Contra bzgl. der Antworten. Da sag ich immer: Leben und leben lassen. Jeder darf seine Meinung sagen, dafür leben wir ja in einem demokratischen Land mit Meinungsfreiheit. Das Video hat in kurzer Zeit so eine enorme Reichweite erreicht, dass wir uns keine Sorgen mehr um noch mehr Klicks machen müssen. Man merkt einfach, dass das Thema Impfpflicht vielen auf den Nägeln brennt und diese Personen daher auch im Netz nach entsprechenden Beiträgen und Videos suchen.
Warum habt ihr euch überhaupt für den anonymen Weg entschieden?
Anfangs war es für uns nur wichtig, die eigentliche Botschaft zu versenden. So wollten wir erreichen, dass die zuständigen Behörden die Augen öffnen und sehen, was ohne uns nicht mehr möglich ist, sollte die Impfpflicht im Gesundheitswesen nicht abgewendet werden und wir dadurch gekündigt oder freigestellt werden müssen.
Wie und wann ist ein Outing vorstellbar?
Es sind bereits vier Mitglieder der Aktion „Ohne Mich“ in einer Zeitung mit Namen veröffentlicht worden. Und auch ich zeige mich ja immer mehr.
Habt ihr Angst davor, euch öffentlich zu zeigen, weil ihr verbale und körperliche Angriffe fürchtet?
Ja, das ist sicher für den einen oder anderen von uns zutreffend.
„Ganz klar für eine freie Impfentscheidung“
Wäre es nicht eleganter gewesen, erst einmal den Kontakt zu euren Arbeitgebern zu suchen?
Das haben die meisten von uns schon gemacht.
Wie haben eure Arbeitgeber auf eure Initiative reagiert? Gibt es vielleicht sogar schon erste Repressalien?
Davon ist mir nichts bekannt.
Wissen eure Arbeitgeber, wer hinter der Aktion „Ohne mich“ steckt?
Das kann ich nicht für alle beantworten. Mein Arbeitgeber weiß davon noch nichts.
Ist Euch bewusst, dass sehr viele Geimpfte wegen euch verärgert sind? Weil die Geimpften nach wie vor eine große Gruppe an Leuten mitschützen müssen, die sich selbst nicht schützen wollen?
Wie ich oben schon erwähnt habe, gibt es zu jedem Thema eine Gegenfraktion. Ich bin ganz klar für die freie Impfentscheidung. Es sollte jeder selber entscheiden dürfen, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht. Meine eigene Meinung ist, dass man als Geimpfter schon lange keinen mehr schützen kann.
Haltet Ihr generell Maßnahmen wie ständiges Testen, Maske tragen etc. noch für nötig?
Ja, doch. Diese Maßnahmen sind sicher eine sinnvolle Art, um aus der Pandemie zu kommen.
Wie lange, denkt ihr, kann die Gesellschaft Corona und seine Folgen noch durchhalten?
Ich persönlich bin ein Positiv-Denker. Ich gehe davon aus, dass sich alles wieder zum Guten wenden wird und wir das Corona-Virus irgendwann in eine Richtung bringen werden, um damit leben zu können. Aber in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis sind sehr viele Menschen mittlerweile an ihren psychischen oder finanziellen Grenzen angelangt.
Auch die Kinder sehe ich als sehr gefährdet an, weil oftmals der soziale Anschluss fehlt und die Kinder nur noch in der „virtuellen Welt“ leben. Außerdem muss diese Generation unseren wirtschaftlichen Scherbenhaufen, den wir gerade auftürmen, irgendwann abtragen.
„Skepsis kommt von den Erfahrungsberichten“
Wenn die Impfung in euren Augen nicht der Weg aus der Pandemie ist, was dann? Noch zig Wellen mit vollen Intensivstationen? Oder müssen wir ohnehin nicht mehr aufpassen und schauen einfach, was passiert, wenn wir es laufen lassen?
Es gibt mittlerweile bereits Corona-Medikamente auf dem Markt. Die Forschungen laufen hier auf Hochtouren. Daher bin ich überzeugt, dass jetzt nach zweijähriger Pandemie-Situation die Studienlage der Erkrankung mittlerweile klar ist. Die Impfung schützt nicht zu hundert Prozent vor einer Ansteckung. Ein Geimpfter kann das Virus weitertragen – und auch vor einem schweren Verlauf schützt die Impfung nur zu einem Bruchteil. Es wäre schön, wenn es einen Impfstoff geben würde, der all diese Kriterien erfüllen kann – und auch über längere Zeit den Schutz aufrecht erhält.
Woher kommt die große Skepsis gegenüber der Impfung? Ist das Argument, den Impfstoff als „unerprobt“ zu bezeichnen, nach eineinhalb Jahren und Milliarden verimpften Dosen nicht ein etwas seltsames Argument? Die Folgen der Impfung werden bei Covid weltweit und umfassend überprüft – in einem Umfang wie noch bei keinem Impfstoff zuvor. Langzeitfolgen – da ist sich die Wissenschaft einig – wären längst aufgefallen.
Die Skepsis der Impfung kommt von den Erfahrungsberichten. Das Netz ist voll mit Menschen, die nach Hilfe suchen, weil sie von Nebenwirkungen betroffen sind. Leider wird hier in den Medien viel zu wenig darüber berichtet. Wir sind alle Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Wir sehen die Patienten mit den Impf-Nebenwirkungen, wenn sie bei uns in der Notaufnahme, auf den Stationen oder bei den Fachärzten vorgestellt werden. Auch erzählen uns viele Geschädigte von ihren Leiden und gesundheitlichen Einschränkungen seit der Impfung.
„Anamnese von Impfschäden wird nicht ernst genommen“
Oftmals wird die Anamnese von den Ärzten nicht ernst genommen und somit auch nicht auf Impf-Nebenwirkungen bezogen, dadurch natürlich auch nicht bei der EMA gemeldet. Ich weiß von einer Ärztin, die auch bei der Aktion „Ohne Mich“ mitmacht, dass so eine Meldung sehr umfangreich und im ärztlichen Alltag zeitlich oft nicht umzusetzen ist. Meiner Meinung nach kann man noch nicht davon ausgehen, dass die jetzige Studienlage ausreicht und es keine Langzeitfolgen geben wird. Eine Markteinführung eines Impfstoffes dauerte in der Vergangenheit mind. fünf bis zehn Jahre. Das weiß mittlerweile sogar jeder Laie.
Der Impfstoff schützt nur zu einem gewissen Teil vor Ansteckung, das stimmt. Aber wenn alle den doch sehr hohen Schutz vor schwerer Erkrankung hätten, wären hohe Infektionszahlen doch nicht so dramatisch, oder?
Man darf nicht davon ausgehen, dass jeder einen schweren Verlauf hat. Hier muss man ganz klar die wissenschaftliche Datenlage sehen. Es ist erwiesen, dass meist nur für die vulnerablen Personengruppen mit Vorerkrankungen wie Herz-/Kreislauferkrankungen, Diabetes, COPD, Adipositas, etc. und höherem Lebensalter von einem schweren Verlauf betroffen sein könnten. Solange die Corona-Strategie in Deutschland nicht angepasst wird, muss nach wie vor jeder Infizierte in Quarantäne – egal ob geimpft oder ungeimpft. Dieses Vorgehen wird nach wie vor erhebliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Beeinträchtigungen mit sich bringen.
Daniela H. war bereits Corona-infiziert
Seid ihr euch bei eurer persönlichen Risiko-Abwägung sicher, dass die Impfung mehr Gefahren für euch birgt als das Virus?
Das kann ich ganz klar mit Ja beantworten, da ich selber genesen bin.
Seid ihr euch bewusst, dass alle Ungeimpften sich in den kommenden Jahren mehrfach anstecken werden, bis sie immun gegen das Virus sein werden?
Ja, das kann sein, aber das trifft auch genauso auf Geimpfte zu.
Vielen Dank für die Antworten.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer
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