Der Widerstand gegen die Impfpflicht für den Pflegebereich, die ab 16. März gelten soll, wird immer größer und lauter (wir berichteten darüber ausführlich). Nun gibt es wieder neue Entwicklungen in diesem Zusammenhang: Die Hog’n-Redaktion hat ein weiterer anonymer Brief von „Pflegekräften und Medizinischen Fachangestellten“ erreicht. Dieses Mal sind es zehn Altenpflegerinnen, Pflegediensthelfer, Pflegefachhelfer und Sozialbetreuerinnen, die ihren Unmut über den verpflichtenden Piks kundtun. Dieses Mal wurde das Schreiben nicht per Post zugestellt, sondern ohne Absender und Adressat in den Hog’n-Briefkasten eingeworfen.
„Wir sind die Pflegekräfte und Medizinischen Fachangestellten, die Euch, Eure Eltern, Kinder, Verwandten und Freunden helfen, weil wir drei Jahre eine Ausbildung gemacht haben, weil wir jahrelange Berufserfahrung gesammelt haben, weil wir wissen, was zu tun ist, weil wir mit Herz und Verstand bei der Arbeit sind“, heißt es auf dem Deckblatt des anonymen Briefs. Und weiter: „Jeder sollte froh und dankbar sein, von Menschen wie uns behandelt und versorgt zu werden, und das wegen unserer Fähigkeiten und unseres Wissens, nicht wegen eines Impfstatus.“
Wieder sind die Botschaften auf den Urkunden eindeutig
Ähnlich wie schon beim ersten anonymen Brief von Pflegekräften, der unserer Redaktion am 11. Januar zugestellt worden ist, sind auch nun die Ernennungsurkunden bzw. deren Empfänger Hog’n-Informationen zufolge dem Landkreis Freyung-Grafenau zuzuordnen. Viele Dokumente wurden von der Regierung von Niederbayern gezeichnet, einige vom Malteser Hilfsdienst Passau. Die Namen sind auch diesmal unkenntlich gemacht worden. Die Zertifikate sind durchgestrichen und mit folgenden Botschaften versehen: „Impfpflicht – nicht mit mir„, „Impfpflicht – Nein Danke„; „Nein zur Impfpflicht„, „Impfpflicht – ohne mich„, „Impfen ohne mich„, „Ich bleibe impffrei“ und „Impfen – Nein„.
Den Abschluss der Zustellung bildet folgendes Anschreiben:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
das Thema Corona regiert die Welt und natürlich an vorderster Front das Gesundheitssystem.
Es wird seit Jahren über den Mangel an Pflegekräften und die schlechten Arbeitsbedingungen berichtet, jedoch wird statt einer Besserung der Arbeitsverhältnisse immer mehr Druck aufgebaut. Viele Pflegekräfte mit jahrelanger Berufserfahrung, diversen Fort- und Weiterbildungen sowie ausgezeichneten Arbeitszeugnissen wollen der Pflege den Rücken kehren.
Jeder, der sich für einen Beruf in der Pflege entschieden hat, ist sich auch der Verantwortung der uns anvertrauten Menschen bewusst. Wir halten uns an sämtliche Hygienevorschriften und Beschlüsse. Wir „Umgeimpfte“ führen vor jedem Dienstbeginn einen Schnelltest durch.
Aber auch wir sind alle Menschen, die ihre eigenen Entscheidungen treffen möchten, die über ihre eigene Gesundheit entscheiden möchten. Wir sind genauso Menschen mit Ängsten und Sorgen wie jeder andere. Der eine hat Angst vor Impfreaktionen, der andere vor möglichen Spätfolgen. Es hat nichts mit einer Verantwortungslosigkeit unserer Seite zu tun, wenn wir uns gegen eine Impfung entscheiden. Geimpfte können das Virus genauso übertragen wie wir!
So viele haben der Pflege schon den Rücken gekehrt – alleine wegen der Arbeitsbedingungen, die wir noch einmal aufzählen:
- Schichtdienst (in vielen Einrichtungen und Bereichten gibt es 12-Stunden-Dienste)
- Überstunden (ebenso Folgen des Personalmangels)
- Physische und psychische Belastung
- Zeitdruck
- Unangemessene Bezahlung
- Zu kurze Ruhezeiten
- Fehlende Wertschätzung
„Die Pflege braucht jeden einzelnen von uns“
Schon jetzt fehlen nicht nur Fachkräfte, sondern auch Hilfskräfte und Auszubildende. Ein kurzes Beispiel, um darauf aufmerksam zu machen, wie die Zahl an Auszubildenden zurückgeht: 2009 hatten wir in unserer Einrichtung acht Azubis in den drei Ausbildungsjahren, die über ein Bewerbungsverfahren ausgewählt wurden. Heute ist in dieser Einrichtung noch eine Auszubildende angestellt, die die einzige Bewerberin war.
In vielen Unternehmen herrschen ohne Impfpflicht bereits untragbare Zustände, die einem Teufelskreis gleichen. Seit Längerem steht dort viel zu wenig Personal zur Verfügung. Dieses Personal ist ausgebrannt und erschöpft, somit auch anfälliger für akute Erkrankungen oder chronische Leiden wie Rücken- und Gelenksschäden. Wenn Personal ausfällt, müssen die „noch“ Gesunden deren Aufgaben übernehmen. In der Pflege kann nichts aufgeschoben oder nicht erledigt werden. Die zu Pflegenden müssen täglich 24 Stunden versorgt werden.
Die Pflege braucht jeden einzelnen von uns! Wenn das Gesundheitssystem jetzt schon überlastet ist, wenn Stationen geschlossen werden und OPs abgesagt werden müssen, kann man es doch nicht verantworten, eine Impfpflicht einzuführen und dadurch noch mehr Pflegekräfte zu verlieren.“
Helmut Weigerstorfer
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