Zu Beginn des Winters war Hog’n-Autorin Sabine Simon wütend angesichts der niedrigen Impfquote in Deutschland – und vor allem wütend wegen der noch viel zu niedrigen Quote im Landkreis Freyung-Grafenau. „Mittlerweile bin ich einfach nur noch müde aufgrund der vielen Diskussionen rund um Impfung, Impfpflicht, Tests, 2G oder 2Gplus“, sagt sie heute. Tag für Tag wird dabei ein Gefühl stärker: Wir sind reif dafür, die Sache „einfach laufen zu lassen“ – koste es, was es wolle. Sie ist sich sicher: Wären alle geimpft, könnten wir alles viel lockerer sehen – so wie Portugal oder Dänemark. Aber mit fast 20 Millionen Ungeimpften und 40 Millionen Ungeboosterten im Land wäre „alles laufen lassen“ wohl immer noch ein großes Wagnis. Ein Kommentar.
So viele falsche Vorstellungen. So viel Angst. Vor der Impfung, nicht vor Corona. Das Virus hat – auch durch die anscheinend etwas milder verlaufende Omikron-Variante – seinen Schrecken für viele verloren. Die Maßnahmen zur Einschränkung der Infektionen sind dagegen mehr denn je Grund für hitzige Diskussionen und schlechte Stimmung. In nahezu jedem Bereich, in dem Maßnahmen gelten – sei es die Kultur, der Sport, der Einzelhandel – fühlt man sich unfair behandelt. „Wir sind nicht der Treiber der Pandemie“ und „Bei uns steckt sich doch eh keiner an“ hört man nun seit fast zwei Jahren immer wieder.
Uneinheitliche Maßnahmen bringen Frust und Ärger
Das Schlimme am Coronavirus ist: Es verbreitet sich still und heimlich. Überall. Selten auf „Superspreader-Events“, meist „diffus“. Die Politiker trauen sich wegen der viel zu niedrigen Impfquote nicht, auf Maßnahmen gänzlich zu verzichten, wollen andererseits aber vor allem Wirtschaft und Schüler nicht mehr zu sehr gängeln.
Maßnahmen, die nicht einheitlich und für alle gelten, bringen aber vor allem eines: Frust und Ärger. Bei Ungeimpften, bei Kulturschaffenden, bei Eltern, bei… Da drängt sich immer mehr die Frage auf: Sind wir bereit für das große gesellschaftliche Experiment, es „einfach laufen zu lassen“? Sprich: Keine regelmäßigen Testungen an Schulen und am Arbeitsplatz mehr, keine Zugangsbeschränkungen mehr, kein Verbot von Veranstaltungen jeglicher Art, keine verpflichtende Quarantäne für Kontaktpersonen. Spanien plant diesen Schritt. Auch Dänemark will ihn nun gehen. Er wäre angemessen. Wenn, ja wenn, viel mehr Menschen gegen Corona geimpft wären…
Hierzulande ist die Ausgangslage schwieriger: Viel weniger Leute sind geimpft oder genesen als etwa in Spanien. Zudem ist es vor allem die Risikogruppe der Älteren, in der die Impfquote eben nicht annähernd 100 Prozent erreicht hat wie auf der iberischen Halbinsel, sondern liegt bei lediglich knapp 88 Prozent. Das klingt viel? Dazu der Vergleich: Die Masern-Impfquote lag bei 93 Prozent, als die Impfung für Kindergarten- und Schulkinder zur Pflicht wurde. Man beobachtete immer häufiger lokale Masernausbrüche.
Die Impfung schützt die breite Masse nämlich nur dann, wenn bis auf wirklich seltene Ausnahmen alle mitmachen. Deshalb hat man sich bei den Masern für eine Impfpflicht entschieden – und deshalb muss sie auch bei Corona her. Halbgare Maßnahmen über weitere zwei Jahre hält die Gesellschaft höchstwahrscheinlich nicht durch.
Boostern ist nichts, was nicht zu erwarten gewesen wäre
Eine Pflicht zu einer Impfung, die in den Augen einiger nicht gut genug wirkt? Mittlerweile wissen wir zwar: Die Wirkung der ersten beiden Impfungen gegen Corona nimmt nach wenigen Monaten ab. Eine dritte Impfung ist nötig. Das heißt aber nicht, dass nun zwingend alle paar Monate ein Booster folgen muss. Wir kennen das Prinzip von allen anderen Impfungen: Auch bei der Zeckenimpfung sind drei Impfungen und danach Auffrischungen im Abstand von drei bis fünf Jahren nötig. Wer sich an die Impfempfehlungen bei Tetanus, Diphterie oder Keuchhusten hält, wird als Kind viermal gepikst – danach alle zehn Jahre. Heißt also: Ein Vierzigjähriger erhält seine siebte Impfung gegen Diphterie – wenn er keine empfohlene Dosis versäumt. Auch bei der Masernimpfung wird inzwischen eine Auffrischung im Erwachsenenalter dringend empfohlen. Ergo ist das Boostern bei Corona nichts, was nicht zu erwarten gewesen wäre.
Auch dass eine sehr hohe Impfquote nötig sein wird, um die gesamte „Herde“ – also auch alle Immunschwachen und diejenigen, bei denen die Impfung nicht wirkt – zu schützen, ist nichts, was nicht von Anfang an kommuniziert worden wäre. Nur waren die Stimmen, die dies betonten, wohl zu leise und die Versprechen der Politik zu groß.
Was viele dabei nicht verstehen: Die Impfung tötet das Virus ja nicht. Durch die Impfung bereitet man sein Immunsystem darauf vor, gegen das Virus zu kämpfen. Trotz Impfung kann man sich anstecken. Und trotzdem kann ein gewisser Teil der Geimpften auch krank werden – wenn das Immunsystem nicht stark genug ist oder nicht gezielt für den entsprechenden Virustyp durch die Impfung aktiviert wurde.
Ein statistischer Schrecken
Es ist ganz ähnlich wie bei der Maske: Trage nur ich sie und mein Gegenüber nicht, ist der Schutz vor Ansteckung zu gering, falls einer das Virus in sich trägt. Tragen jedoch beide Maske, macht das eine Ansteckung viel unwahrscheinlicher – weil das Virus gleich zwei Barrieren durchbrechen muss. Wer sich impfen lässt, sollte dabei also nicht in erster Linie an sein eigenes Risiko denken, schwer an Corona zu erkranken. Er sollte an die „Herde“ denken: Wenn wir alle zu einem gewissen Grad vor dem Virus geschützt sind, wenn wir auch nur ein bisschen weniger ansteckend werden durch die Impfung und vor allem, wenn schwere Erkrankungen viel unwahrscheinlicher werden, verliert Corona endlich seinen Schrecken.
Denn man muss immer wieder betonen: Das Schlimme an Corona ist nicht das Risiko eines schweren Verlaufs für jeden Einzelnen – sondern die schiere Masse an Kranken, wenn sich zu viele infizieren. Ein statistischer Schrecken sozusagen, der viele die Gefahr erst erkennen lässt, wenn es bereits zu spät ist.
Eine Impfpflicht würde Corona den Schrecken nehmen. Der Aufschrei dagegen ist allerdings groß: Impfkritiker wollen selbst über ihren Körper bestimmen, sagen sie. Und trauen dem „neuartigen“ Impfstoff nicht. Dass er mittlerweile milliardenfach verimpft wurde, dass auch in Ländern mit den höchsten Impfquoten (vor allem in der ältesten Bevölkerungsgruppe) trotz strenger Überwachung nicht massenweise Tote oder Schwergeschädigte durch die Impfung auftraten, spricht dafür, dass die Impfung bei Weitem weniger Risiko birgt als eine Covid-Erkrankung.
Wenn ein Jugendlicher nach der Impfung eine Herzmuskelentzündung erleidet, wiegt das aber in den Augen vieler um einiges schwerer, als wenn er diese Herzmuskelentzündung als Folge einer Covid-Erkrankung bekommt. Dass die Gefahr bei Infektion statistisch betrachtet um einiges höher ist als bei einer Impfung, verändert das Gefühl nicht: Hätte er die Spritze nicht bekommen, wäre er gesund geblieben. Die Krux an der Sache ist ja: Man wird nie erfahren, was im Falle einer Infektion passiert wäre… Und Risiko-Nutzen-Abwägungen aufgrund von Statistiken sind in Hinblick auf die Gesundheit eben immer schwierig: Denn selbst wenn nur ein junger Mensch unter einer Million Geimpften eine Herzmuskelentzündung erleidet und daran stirbt, ist das ein dramatisches Schicksal, das sich nicht aufwiegen lässt gegen das statistische Risiko der Infektion.
„Steckt euch also endlich alle an!“
Wer Angst vor der Impfung hat, sollte aber nie davon ausgehen, dass er sich schon nicht anstecken wird. Das Virus wird nicht mehr verschwinden. Wir alle müssen uns darauf einstellen, dass unser Körper irgendwann mit diesem Erreger kämpfen muss. Wenn wir endlich Herdenimmunität wollen, dann müssen wir uns entweder alle impfen lassen – oder diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, müssen sich (mehrfach) anstecken. So viele wollen zurück in ein Leben mit möglichst vielen Freiheiten, sie wollen die Vorzüge einer modernen Gesellschaft zurück: mit Massenveranstaltungen, weltweiten Reisen und vielen Kontakten – ohne ständige Quarantäne. Wir können uns nicht ewig in Massen testen. Wir können nicht ewig Kontakte so stark reduzieren, dass die Ansteckungsgefahr minimiert wird.
Die moderne Medizin in Form der Impfung hätte es uns möglich gemacht, in dieses moderne Leben mit geringerem Risiko zurückzukehren. Da aber zu viele dieser Möglichkeit der modernen Medizin misstrauen, müssen wir nun also schauen, wie wir das Virus weiter in Schach halten – und wann wir es endlich „einfach laufen lassen“ können.
Was die geimpfte Mehrheit der Deutschen zunehmend ärgert: Sie schützen nicht nur die Menschen, bei denen die Impfung nicht wirkt. Sie schützen vor allem auch die große Gruppe derer, die sich nicht impfen lassen will. Und das macht mürbe. Und müde. Man möchte gerne schreien: „Steckt euch also endlich alle an! Ihr habt doch keine Angst vor der Krankheit, sondern vor der Impfung!“ Aber was dann? Das gesellschaftliche Experiment könnte auch fatal enden – und das will die Mehrheit der Deutschen nicht riskieren.
Zumindest sagt ihnen das ihr Gefühl
Eine Lösung wäre daher, so konsequent zu sein wie eine bekennende Impfgegnerin im Landkreis Freyung-Grafenau: „Ich persönlich habe eine beglaubigte Abschrift, dass mich keiner an Maschinen hängen darf und ich will auch nicht intubiert werden“, kommentierte sie kürzlich via Facebook. Wenn jeder Ungeimpfte das so machen würde, hieße das aktuell: Wir hätten weit weniger Menschen auf der Intensivstation: von 631 Patienten waren laut RKI-Wochenbericht vom 27. Januar 2022 nur 40 vollständig geimpft – inklusive Booster. Der Rest hat entweder gänzlich auf die Impfung verzichtet oder hatte noch keinen Booster erhalten.
Ethisch betrachtet wäre es natürlich nicht vertretbar, jedem Impfgegner die medizinische Versorgung, die er aufgrund einer Covid-Erkrankung benötigen würde, zu verweigern. Aber wenn jeder Impfgegner sich darüber Gedanken machen würde, ob er im Fall eines schweren Krankheitsverlaufs auch lieber auf sein Immunsystem vertrauen möchte und künstliche Beatmung oder gar die künstliche Lunge genauso ausschließt wie eine Impfung – auch dann wäre das eine Entlastung der Kliniken…
Das Risiko der schweren Erkrankung ist doch bei den meisten Ungeimpften sowieso viel geringer als das Risiko schwerwiegender Impfschäden – oder etwa nicht? Zumindest sagt ihnen das ihr Gefühl. Impfen soll eine persönliche Entscheidung bleiben? Bitte. Wer nur sein eigenes Risiko abwägt, soll dann aber bitte nicht die ganze Gesellschaft mit dem Risiko einer schweren Erkrankung belasten.
Kommentar: Sabine Simon
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Wenn deine Mutter aufgrund der Coronaimpfung nachweislich gestorben wäre weil ihre Psoriasis (an der ich übrigens auch leide) so ausser Kontrolle geraten ist das es keines der vier Krankenhäuser in der sie behandelt wurde in den Griff bekommen hat,würdest du dich dann Impfen lassen? Wenn alle um dich herum schon Corona hatten und du mit allen in Kontakt warst sogar 14 Tage in einer Wohnung mit 5 Infizierten und es einfach nicht bekommst ,würdest du dann das Risiko einer Impfung auf dich nehmen? Ich bin schon der Meinung das man in gewissen Situationen das Risiko selber abschätzen darf. Und wenn die dritte Impfung noch nicht mal richtig angelaufen ist und man schon von der vierten und fünften redet ist das für das Boostern nicht gerade förderlich.
Von viele Seiten wird bestätigt, dass Menschen die an Psoriasis erkrankt sind keine höhere Wahrscheinlichkeit an Nebenwirkungen durch die Impfung haben. Hierzu gibt es Stellungnamen von Stiko und RKI. Es wir sogar empfohlen vor immunmodulierender oder immunsupprimierender Therapie schon für vollen Impfschutz zu sorgen …
Ich hab schon sehr viele Ammenmärchen gehört was angebliche Nebenwirkungen der Impfung angeht. Fakt ist, es wurde Milliardenfach verimpft und ist sehr gut verträglich. Der mRNA Impfstoff ist zudem die beste technologie die wir bis jetzt hatte und alles was enthalten ist ost auch im Virus selbst und noch mehr.
… und die Gerüchte über die Nanofettpartikel die die mRNA einschließen empfind ich auch auch als recht albern…
Den Leuten wird einfach ultra Angst vor der Impfung gemacht und es einfach nur noch ein riesen Zirkus.