FRG/REG/München. „Totgesagte leben länger“ – so oder so ähnlich könnte die Überschrift lauten, die über Toni Schuberls Last-Minute-Wiedereinzug in den Bayerischen Landtag steht. Er selbst spricht von einem „nervenaufreibenden Wahlkrimi“, der ihn dank des positiven Ausgangs nun „erleichtert und dankbar“ zugleich stimmt. „Im Bayerischen Wald werde ich trotz oder gerade wegen des Rechtsrucks eine antifaschistische, laute Stimme bleiben. Der Woid is bunt“, gibt der 40-Jährige die Richtung vor.
Neben Schuberl sind noch weitere Kandidaten aus den Stimmkreisen 205 und 207 über die Liste in den Bayerischen Landtag gewählt worden. Mit etwas Verspätung – heuer dauerte die Auszählung in manchen Wahlbezirken länger – steht fest: Martin Behringer und Roswitha Toso von den Freien Wählern sowie Ralf Stadler, Oskar Atzinger und Johann Müller von der AfD gehören ebenfalls dem Parlament an. Sie werden die nächsten fünf Jahre die Interessen der Bürgerinnen und Bürger des Bayerischen Waldes in München vertreten. Für Christian Flisek (SPD), Alexander Muthmann (FDP) und Max Gibis (CSU) heißt es: Abschied nehmen…
Die Rechtsanwältin und der (Jetzt-Ex-)Bürgermeister
„Mit meinen Erststimmen, dem drittbesten Freie-Wähler-Ergebnis in Niederbayern, wusste ich bereits, dass ein Einzug ins Parlament möglich ist“, äußert sich Martin Behringer (19.400 Gesamtstimmen, von Listenplatz sieben auf drei) gegenüber dem Hog’n zu seinem Einzug in den Landtag – und ergänzt: „Ich wusste auch, dass ich in gewissen Wahlkreisen noch einige Zweitstimmen holen kann. Mich freut’s unwahrscheinlich, dass es am Ende gereicht hat. Das Wichtigste ist aber, dass man das entgegengebrachte Vertrauen den Wählerinnen und Wählern nun auch mit guter Arbeit zurückzahlt.“
Dass es mit seinem Amt als Bürgermeister von Thurmansbang im Falle einer Wahl zu Ende geht, darauf hatte sich Behringer im Voraus bereits mental eingestellt („das war eine bewusste Entscheidung„). Er spricht dennoch von einem „Einschnitt im Leben“. Die Arbeit als Rathaus-Chef habe ihm viel Freude bereitet, er sei dieser Aufgabe stets mit Leib und Seele nachgegangen. Aber: „Ich war nun 21 Jahre lang Bürgermeister – und irgendwann ist es auch gut.“ Sein Stellvertreter Stefan Braml werde nun die Geschäfte in der Gemeinde übernehmen – so lange, bis das Landratsamt einen Termin für die Neuwahl festgesetzt hat. „Ich gehe davon aus, dass Ende Januar die Wahlen stattfinden werden“, glaubt Martin Behringer. Wer für das Amt kandidieren wird, dazu kann er noch nichts sagen. Aber: „Ich glaube, dass wir den Übergang gut schaffen werden.“
„Wir freuen uns wahnsinnig, dass wir nun in Niederbayern mit sieben Sitzen in München vertreten sind und unsere Heimat dort gut vertreten können“, ist die Begeisterung auch bei Roswitha Toso groß. Die Tittlinger Rechtsanwältin zeigt sich zufrieden mit ihrem Gesamtergebnis von 18.600 Stimmen. „Es hat mich gefreut, dass ich meinen Listenplatz vier verteidigen konnte – auch als Frau.“ Die 60-Jährige will mit ihrer Kanzlei nun etwas kürzer treten „und sich unseren Bürgerinnen und Bürgern widmen“. Ihr Ziel: den Problemen der heimischen Bevölkerung in der Landeshauptstadt Gehör verschaffen.
Schuberl hat’s doch noch geschafft
„Ich bin erleichtert“, so die erste Reaktion von Toni Schuberl, der – entgegen der eigenen Einschätzung – nun doch für weitere fünf Jahre im Bayerischen Landtag vertreten sein wird. Der Kontakt zu den Bürgern vor Ort habe gefehlt (da Hog’n berichtete), weswegen er eigentlich schon damit gerechnet hatte, von Listenplatz zwei auf drei zurückzufallen und seinem Landshuter Mitbewerber Johannes Hunger den Vorrang geben zu müssen. Am Ende gab jedoch das gute Zweitstimmen-Ergebnis für den in Daxstein in der Gemeinde Zenting beheimateten Grünen-Politiker den Ausschlag.
Nach Freudensprüngen sei ihm dennoch nicht zumute, wie dieser dem Hog’n gegenüber sein Ergebnis kommentiert. „Mir war von Anfang an klar, dass ich mit meinen Erststimmen im Bayerischen Wald nicht gegen die Erststimmen meines Mitbewerbers in Landshut gewinnen kann. Aber ich habe drauf vertraut – als amtierender MdL nach fünf Jahren Arbeit in Niederbayern – ausreichend bekannt zu sein.“ Auf 11.608 Stimmen ist er schließlich (noch) gekommen – lediglich 469 Stimmen Vorsprung gegenüber Hunger. „Bis zur letzten Stimmkreis-Auszählung hat’s gedauert, bis ich vorne war.“
Sein erster Gratulant: eben jener junge Mitbewerber aus der Bezirkshauptstadt. „Du hast es geschafft, mich als Politiker, der ich seit 24 Jahren bei den Grünen bin und als einziger amtierender MdL in Niederbayern angetreten bin, herauszufordern und hast es nur ganz knapp nicht geschafft! Das zeigt, was in Dir steckt“, richtet Schuberl Worte des Respekts direkt an Johannes Hunger – und fügt hinzu: „Mit diesen Nachwuchskräften brauchen wir keine Zukunftsängste haben.“ Das Hauptwahlziel der Grünen, in Niederbayern zwei Mandate zu verteidigen, habe man erreicht. „Die AfD hat – so stark sie auch hierzulande ist – nur ein Mandat hinzugewonnen. Das ist kein Erdrutsch, aber jedes Mandat der AfD ist eines zu viel. Hier liegt große Arbeit vor uns“, blickt der 40-Jährige voraus.
Die Drei von der AfD
„Es ist geschafft – auf weitere fünf Jahre im Landtag für Niederbayern“, verlautbart der rechtsextreme AfD-Abgeordnete Ralf Stadler (40.119 Stimmen) auf einem seiner Facebook-Accounts. Mit ihm ziehen Katrin Ebner-Steiner (50.405 Stimmen) Oskar Atzinger (30.044 Stimmen) und Johann Müller (22.880 Stimmen) aus Niederbayern in den Landtag ein. Ebner-Steiner aus Deggendorf ist ehemalige Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion und gehört seit November 2018 dem Gremium an. Sie wird dem national orientierten und als völkisch kritisierten Flügel in der AfD zugerechnet. Auch der Passauer Oskar Atzinger gilt als Anhänger des völkischen Lagers. Neu über die Liste ins Parlament gewählt wurde Johann Müller aus Geiersthal im Landkreis Regen, der 2017 erstmals auf der lokalen Polit-Bühne von sich Reden machte, als er neben Stefan Ebner, Jens Schlüter und Rita Röhrl bei der Landratswahl kandidierte (da Hog’n berichtete).
Sie müssen ihren Hut nehmen
Für SPD-Mann Christian Flisek hat es am Ende nicht mehr für eine weitere Legislaturperiode gereicht. Der Passauer Rechtsanwalt, der von 2013 bis 2017 für die Sozialdemokraten auch bereits im Bundestag vertreten war, musste sich seiner Landshuter Parteikollegin Ruth Müller geschlagen geben, die auf Listenplatz eins 1.831 Stimmen mehr als der gebürtige Nordrhein-Westfale für sich verbuchen konnte. Müller, die seit September 2013 dem Parlament angehört, geht somit in ihre dritte Amtszeit.
Wie bereits berichtet, verabschiedet sich ebenso der langjährige Abgeordnete Alexander Muthmann von der Münchener Polit-Bühne. Der Freyunger holte zwar mit mehr als 10.000 Stimmen ein insgesamt sehr beachtliches Ergebnis ein, doch seine Partei, die FDP, scheiterte bekanntermaßen an der Fünf-Prozenthürde. „Wir sind – wie auch Grüne und SPD – vom Bundestrend getroffen und von der Bundespolitik ein Stück weit bestraft worden“, resümiert Muthmann gegenüber dem Hog’n gefasst. Der 67-Jährige betrachtet seine hauptamtliche politische Karriere nunmehr als beendet, will sich als Privatier alsbald neuen Aufgaben widmen, der Kommunalpolitik bis zum Ende der Periode aber noch erhalten bleiben. Er sagt: „Ich kann mir durchaus auch ein gelungenes Leben ohne politisches Mandat vorstellen.“
Und dann ist da noch Max Gibis, der einstige Mauther Bürgermeister, der vor zehn Jahren furios und völlig überraschend in Bayerns höchstes Parlament gewählt, heuer jedoch von den regionalen Delegierten nicht mehr als Direktkandidat im Stimmkreis 207 ins Rennen geschickt wurde. Auch er nimmt seinen Münchener Hut und sagt zum Abschied leise Servus. Auf seiner Facebook-Seite ist folgendes Statement von ihm zu lesen: „Ich durfte viel erleben und konnte einiges erreichen. Es waren zwar arbeitsreiche, aber spannende und interessante Jahre. Die Begegnungen mit vielen tollen Leuten werden mir immer in Erinnerung bleiben. Vielen Dank für Alles, inbesondere für die Zusammenarbeit und die Unterstützung! Macht’s es guad!“
Stephan Hörhammer
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