FRG. Als „pragmatisch vorwärtsdenkend“ und „engagierten Anwalt der Menschen auf dem Land“ – so beschreibt sich Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann selbst. Der Freyunger möchte am 8. Oktober erneut in den Bayerischen Landtag einziehen – es wäre dann seine vierte Legislaturperiode – und „mit mehr Eigenverantwortung für Gesellschaft, Wirtschaft und Handwerk Bayern mutig in eine bessere Zukunft führen“.
Ihn näher vorzustellen, braucht es eigentlich nicht, da er bereits sehr lange in der Politik engagiert und daher allseits bekannt ist. Hier noch einmal die wichtigsten Stationen: Der gebürtige Münchener, der Anfang der 60er Jahre mit seinen Eltern ins Passauer Land kam und 1975 am Gymnasium Leopoldinum in der Dreiflüssestadt sein Abitur machte, absolvierte zwischen 1976 und 1981 in der Landeshauptstadt das Studium der Rechtswissenschaften an der LMU. Für sein Rechtsreferendariat kehrte er erneut nach Passau zurück. 1984 trat er in den Dienst der Regierung von Niederbayern und wurde im Landratsamt Straubing-Bogen Regierungsdirektor und Vertreter des Landrats im Amt. Von 2002 bis 2008 war er als Landrat von Freyung-Grafenau im Amt. Seit 2008 gehört er als Abgeordneter dem Bayerischen Landtag an.
„Man kann Dinge natürlich immer besser machen“
Herr Muthmann, wenn Sie auf die vergangenen fünf Jahre im Landtag zurückblicken und persönlich Bilanz ziehen: Was haben Sie als Vertreter der FDP in Bayerns höchstem Parlament für die Menschen in Ihrem Stimmkreis erreicht? Was sind Ihre drei größten Erfolge/Errungenschaften?
Zum einen haben wir gleich zu Beginn der Wahlperiode 2018 den Medizincampus Passau auf den Weg gebracht. Da waren die Freien Wähler und die CSU noch sehr skeptisch – mittlerweile feiern sie das als ihren Erfolg. Zweitens: Zu Beginn der Corona-Debatten ist der Einzelhandel sehr ungerecht behandelt worden. Die Geschäfte mussten vielfach schließen, während Supermärkte und Discounter alles verkaufen durften – auch Schuhe und Sportartikel. Das war höchst ungerecht – und hier habe ich mich sehr früh dafür eingesetzt, dass das korrigiert werden muss. Dies ist dann auch sehr schnell passiert. Und der dritte Punkt ist die Polizei: Mein ständiges Bohren und Drängen hat dazu geführt, dass es beim Tagungs- und Fortbildungszentrum der Bayerischen Polizei in Freyung jetzt hoffentlich bald zu einer konkreten Umsetzung dieser Großinvestition kommt – und es nicht bei den jahrelangen Ankündigungen und Versprechungen der Staatsregierung bleibt.
Würden Sie alles, was Sie in dieser Legislaturperiode entschieden haben, noch einmal genauso entscheiden? Oder gibt es Dinge, die Sie hätten besser machen können?
Man kann Dinge natürlich immer besser machen – klarer, pointierter reden oder Dinge deutlicher fordern. Im Großen und Ganzen bin ich jedoch mit meiner Themensetzung und den Schwerpunkten für die regionale Entwicklung, Landesplanung, Sicherheitsfragen, Polizei und einen schlanken Staat schon recht zufrieden. Ein anderer Punkt ist, dass wir zu Beginn der Corona-Pandemie dem Finanzminister sehr viel Spielraum gegeben haben. Da hätte man den Rahmen auch ein bisschen enger ziehen und öfter mal nachfragen können. Aber auch da trauere ich dem letzten Euro jetzt nicht hinterher, weil es ja unterm Strich gut funktioniert hat, durch diese für uns alle schwere Zeit zu kommen.
„Müssen uns wieder auf zentrale Themen konzentrieren“
Mit welchen Ideen wollen Sie sich für die Menschen im Bayerwald einsetzen, sollten Sie den erneuten Einzug in den Landtag schaffen?
Wir müssen unbedingt eine Veränderungsbereitschaft im Sinne von mehr Eigenverantwortung organisieren: Wir brauchen einen schlankeren Staat, mehr Vertrauen in die Menschen und dynamischere Prozesse. So viel staatliche Regulierung wie nötig, so wenig Einmischung wie möglich. Zudem brauchen wir eine gute Infrastruktur in der Region – und die Behördenverlagerungen müssen endlich umgesetzt werden.
Generell gefragt: Wie „liberal“ ist die FDP heute eigentlich noch?
Natürlich ist die FDP nach wie vor liberal. Man könnte für meinen Geschmack jedoch die wesentlichen Eckpunkte wieder deutlicher herausstellen. Zum Liberalen gehört – wie schon gesagt – das Thema Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, aber eben auch Verantwortung gegenüber Dritten und weniger Staat. Das ist auch ein Gebot der nächsten Jahre. Da wird die so verstandene Idee des Liberalismus – Eigenverantwortung vor staatlicher Fürsorge/Bevormundung – wieder deutlicher herausgearbeitet werden und zur Geltung kommen müssen. Weil der Staat sich künftig nicht wie bisher um alles kümmern kann. Denn das übersteigt sein Leistungsvermögen bei weitem und offenkundig. Wir müssen uns wieder auf die zentralen Themen konzentrieren.
Stichwort Oppositionsarbeit: Ist es für Sie manchmal nicht frustrierend, immer nur zu denjenigen zu gehören, die nicht unmittelbar gestalten können?
Wenn man sich in der Politik um ein Mandat bewirbt, will man natürlich auch seine Vorstellungen umsetzen können. Das ist in der Opposition leider nur zum Teil und auch sehr mühsam möglich. Ich würde tatsächlich niemandem empfehlen, als Berufswunsch Oppositionspolitiker anzugeben. Doch wie man jederzeit beobachten kann, ist Opposition als Kontrollinstrument für die Regierung wichtig und gewährleistet einen funktionierenden Staat. Dieser Aufgabe kommen wir als FDP verantwortungsvoll nach, weil der Wähler sie uns ja vor fünf Jahren so zugewiesen hat. Lieber wäre es mir natürlich, wenn er uns am 8. Oktober auch Regierungsmöglichkeiten einräumt.
PGA: „Konkretisierung und Einschränkung“
Stichwort „Polizeiaufgabengesetz“: Als wie verfassungsgemäß stufen Sie es ein? Inwiefern könnte es verbessert werden?
Aus der Opposition heraus haben wir die erste Fassung des Polizeiaufgabengesetzes sehr, sehr kritisch gesehen und über eine Expertenanhörung erreicht, dass viele der besonders problematischen Gesetzesregelungen korrigiert werden konnten. Zum Teil bedurfte es der Hilfe des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, beispielsweise beim Thema Bayerische Grenzpolizei. Die hat ja keinerlei Befugnisse mehr – außer den klassischen Schleierfahndungsmöglichkeiten – und darf nicht mehr an der Grenze kontrollieren. Darüber hinaus haben wir weiteren Korrekturbedarf ausgemacht, etwa die Reduzierung der Dauer des Präventivgewahrsams und auch eine konkretere und präzisere Beschreibung der polizeilichen Befugnisse, insbesondere im Bereich der drohenden Gefahr. Hier ist unser zentrales Anliegen eine Konkretisierung und Einschränkung.
Stichwort „Klimawandel“: Was muss ihrer Meinung nach dringend geschehen, damit gewisse Klimaziele erreicht werden?
Was vor allem geschehen muss: Innovationsbereitschaft zulassen, bürokratische Hemmnisse bei der Einführung moderner Lösungen abbauen, die gesellschaftliche Bereitschaft und Mitwirkung stärken und für regionale Wertschöpfung sorgen. Gerade beim Thema Energie ist es wichtig, die Menschen zu beteiligen und gemeinsame Ziele zu definieren. Ein guter Lösungsansatz sind hier meiner Meinung nach Genossenschaften. Es gibt schon rund 900 Energiegenossenschaften in Deutschland, die mit alternativen Lösungen wie Solarparks nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, sondern auch zur Abkehr von fossilen Brennstoffen und der damit verbundenen Abhängigkeit von anderen Ländern beitragen. Genossenschaften, bei denen nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, tragen auch im hohen Maß zur regionalen Wertschöpfung bei.
AfD: „Hinter lauten Parolen ist erschreckend wenig Substanz“
Stichwort „Bayerische Staatsregierung“: Welches Zeugnis stellen Sie ihr für die vergangene Amtszeit aus?
Die Show war besser als die Substanz! Was Marketingarbeit angeht, sind sie ganzjährig toll im Ankündigen. Ich muss nochmal das Tagungs- und Fortbildungszentrum der Polizei in Freyung bemühen: Das ist jetzt mittlerweile vier- oder fünfmal von allen möglichen Leuten angekündigt worden – angefangen vom Ministerpräsidenten über den Innenminister bis zu den örtlichen Abgeordneten. Bewegt worden ist jedoch noch überhaupt nichts. Die Ausführungen sind auch in vielen anderen Bereichen weit hinter den Ankündigungen zurückgeblieben. Meine Note deshalb: gerade noch ausreichend, mit der klaren Empfehlung, einen Partner auszutauschen. Mit der FDP würde vieles schneller, verlässlicher, stringenter und mit weniger Populismus funktionieren. Mit einem schlankeren Staat, schnelleren Behördenabläufen sowie mit konkreteren Vorgaben und Zielsetzungen – und weniger nach dem von CSU und Freien Wählern so gerne und mangelhaft praktizierten Prinzip Gießkanne.
Wie sehen Sie das Erstarken der AfD und den konstant großen Rückhalt dieser Partei in der Bevölkerung des Bayerischen Waldes? Und: Was muss passieren, dass die Waidler wieder mehr FDP wählen?
Die AfD hat keine eigenen Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. In jedem zentralen Politikfeld steht sie praktisch ohne tragfähiges Konzept da. Sie ist immer nur „dagegen“ – und maßgebliche Repräsentanten agieren dabei schlicht menschenverachtend. Viele, die in der AfD eine „Alternative“ sehen, werden leider bitter enttäuscht werden. Hinter den lauten Parolen ist erschreckend wenig Substanz. Der starke Zuspruch zu dieser ausgrenzenden Partei besorgt mich sehr. Ich hoffe deshalb, dass auch im Bayerischen Wald wieder mehr Menschen zur Überzeugung kommen, dass sie nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch die Gemeinschaft übernehmen möchten – Stichwort: ehrenamtliches Engagement. Darüber hinaus finde ich klassische Formen der liberalen Grundhaltung durchaus überzeugend. Die FDP ist ein solider Partner bürgerschaftlicher Politikansätze, die den Staat nicht überfordert, die Menschen mitnimmt und auch die notwendigen Veränderungen für die Zukunft anpackt.
„Mehr Vertrauen statt unendlicher Vorschriften“
Sollten Sie erneut in den Landtag einziehen: Wie wird die künftige Muthmann’sche Handschrift aussehen? So, wie in den vergangenen Jahren – oder möchten Sie gerne etwas verändern?
Ich möchte zwei Schwerpunkte setzen: Erstens einen schlanken Staat schaffen, der sich nicht ständig mit sich selbst beschäftigt, sondern für die Menschen da ist und diesen dient. Wir müssen Bürokratiemonster abschaffen und die Digitalisierung vorantreiben! Was Bayern braucht, ist: mehr Vertrauen statt unendlicher Vorschriften; weniger Bürokratie statt komplizierter Verfahren und langwieriger Prozesse. Mein Ansatz: Mit mehr Eigenverantwortung für Gesellschaft, Wirtschaft und Handwerk Bayern mutig in eine bessere Zukunft führen!
Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine moderne Bildung: mehr Sport-, Musik- und Kunstunterricht – und das je früher, desto besser. Meine Vision: Moderne Bildung braucht neben Rechnen, Schreiben und Lesen vor allem Kreativität, Bewegung, Teamgeist sowie Lust und Neugier auf Neues! Dafür stehe ich ein und brenne ich. Mein Herz schlägt für die Region: Unsere Heimat ist eine der schönsten Ecken Bayerns. Um auch wirtschaftlich attraktiv zu bleiben, braucht es jedoch statt bloßer Ankündigungen konkrete Maßnahmen. Mein Versprechen: Voller Einsatz für die Region und Niederbayern wie schon in den vergangenen 15 Jahren im Bayerischen Landtag.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer