Haidmühle/Neureichenau. Am vergangenen Sonntag reihte sich auf der Straße hinauf zum Dreisesselberg Auto an Auto. Zahlreiche Bergwanderer, Tagesausflügler, Schneeschuh- und Tourengeher erstürmten das weitum bekannte Ausflugsziel im Unteren Bayerischen Wald. Gegen 15 Uhr schwenkte das Dreisesselhaus auf seiner Facebook-Seite die virtuelle weiße Flagge. Auf beinah hysterische Art und Weise stand dort geschrieben: „Bergstraße zu uns ist derzeit völlig überlastet! Bitte nicht mehr nach oben fahren!!!!!!!!! Mehr geht nicht mehr!“ Die Fragen, die sich hierbei aufdrängen: Was genau hatte jenen, seit mehreren Wochen anhaltenden, Run auf den Dreisessel ausgelöst? Und: Was bedeutet dies in der Folge für das Naturschutzgebiet „Hochwald“ im Naturpark Bayerwald?
Am Sonntagnachmittag machte sich eine Streife der für die Dreisesselregion zuständigen Polizeistation Waldkirchen auf in Richtung Gipfel. Man kontrolliere an Tagen wie diesen – insbesondere bei gutem Wetter an einem Wochenende – regelmäßig die Lage vor Ort, wie Polizei-Chef Thomas Kern auf Hog’n-Anfrage mitteilt. In diesem Winter sei der Ansturm erstmals derartig groß ausgefallen, berichtet er. Eine Sperrung der Straße hielt die Streifenbesatzung jedoch nicht für nötig. Diese ist Kern zufolge erst erforderlich, wenn die Rettungswege blockiert seien, ein Rettungswagen beispielsweise nicht mehr zum Parkplatz wenige Höhenmeter unterhalb des Dreisesselhauses gelangen könne.
„Das waren regelrechte Kreuzzüge rauf auf den Berg“
Nah dran an diesem Szenario war die Situation am Sonntag aber definitiv. Bereits weit unterhalb des Parkplatzes ging nichts mehr. Die Autoschlange reichte fast bis zur Brücke an der ehemaligen Skilift-Abfahrt hinunter. Der Parkplatz war voll, zudem waren einige Fahrzeuge unerlaubterweise an der durch die Schneemassen ohnehin recht engen, mit Schneewänden eingefassten Straße abgestellt worden. Wer in der Schlange ausharrte, um auf einen freien Stellplatz zu warten, verbrachte – wie etwa Hogn-Fotograf Georg Knaus – rund 45 Minuten (und länger) im Stop-and-Go-Modus hinauf Richtung Gipfel. Etliche drehten jedoch bereits vorher um und traten den Rückweg an.
„Wer nicht zu Fuß raufgehen kann, kann an so einem Tag dann eben nicht auf den Berg hinauf“, stellt Neureichenaus Bürgermeister Walter Bermann nüchtern fest. „Der Dreisessel fasst nun mal nicht mehr als 500 Autos.“ Aber auch wer auf Schneeschuhen oder Tourenskiern die 1.333 Meter erklimmen wollte, hatte am Sonntag ein Problem: Sämtliche Parkplätze waren überfüllt, auch diejenigen weiter talwärts, beispielsweise an der Dreisesselalm oder im Haidmühler Ortsteil Frauenberg. „Das waren regelrechte Kreuzzüge rauf auf den Berg – die Leute kamen aus allen Richtungen“, wie Bermann auf der anderen Seite des Dreisessels, von Lackenhäuser aus, beobachten konnte.
Den hauptsächlichen Grund für den Ansturm sieht der Bürgermeister der Dreisessel-Gemeinde im, wie er es nennt, „super Blick“, der sich einem derzeit von dort oben auf den Bayerwald und die benachbarten Erhebungen – bei Föhnwetter bis in die Alpen – bietet.
Seitdem sich der Dreisesselkamm nahezu kahl präsentiert, fast alle Bäume am Gipfel dem Borkenkäfer und dem schweren Sturm im Jahr 2017 zum Opfer gefallen sind, habe der Berg, der früher für seinen dichten Hochwald bekannt war, andere Reize vorzuweisen: Gute Fernsicht, tief verschneite Felsen und eine einzigartige Kapelle, die sich regelmäßig durch Schnee und Eis in ein kleines Kunstwerk verwandelt. „Die Leute sehen die schönen Fotos von dort oben im Netz„, erklärt Polizeisprecher Kern. „Und deshalb fahren sie dann selber rauf.“
„Wilde“ Tourengeher beeinträchtigen Auerhuhn-Population
Doch nicht nur die eingeschränkte Parkplatzsituation entpuppt sich als Problem, wenn die Massen auf den Dreisessel drängen. Auch Tourengeher, die sich nicht an die ausgeschilderten Wege halten, beeinträchtigen mehr und mehr die Situation im Naturschutzgebiet „Hochwald“. Einen sanften Tourismus habe man damals angestrebt, als man die ehemalige Liftschneise für Tourengeher präpariert hatte, erinnert sich Bürgermeister Bermann. „In diesen Mengen, in denen der Tourismus heute am Dreisessel stattfindet, ist es mit der Sanftheit vorbei“, schränkt er allerdings ein. Bermann hält es daher für vollkommen legitim, wenn künftig Kontrollen durchgeführt und Tourengeher, die sich nicht an die Regeln halten, für die begangene Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Strafen zwischen 25 und mehreren Tausend Euro drohen für das Verlassen von Wegen in Naturschutzgebieten.
Wer abseits der ausgewiesenen Wege unterwegs ist, stört dadurch vor allem ein Tier: das Auerhuhn. Anfang der Woche waren Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Freyung-Grafenau vor Ort und haben Tourengeher über die Sachlage aufgeklärt sowie Spuren erfasst und ausgewertet, wie Pressesprecher Karl Matschiner auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Fazit: Die „wilden Routen“ der Schneeschuh- und Skitourengeher haben mittlerweile Ausmaße erreicht, „die für das Überleben der Auerhuhn-Population am Dreisessel womöglich zur kritischen Frage werden können“. Zudem weist das Landratsamt darauf hin, dass auch Drohnenflüge im Naturschutzgebiet Hochwald nicht erlaubt sind. Auch diese habe man in letzter Zeit vermehrt beobachten können, so Matschiner.
„Der Dreisessel ist unser aller Hausberg“, sagt Bürgermeister Walter Bermann. Er sehe daher die anliegenden Gemeinden Neureichenau und Haidmühle sowie den Landkreis, dem die Dreisessel-Straße und der Parkplatz unterhalb des Dreisesselhauses gehören, gemeinsam in der Verantwortung, die gesamte Situation zu verbessern.
Bermann denkt über Parkschranken und -gebühren nach
Bermann strebe an, für das Dreisesselgebiet ein einheitliches Parksystem einzuführen – mit Schranken an den Parkplätzen und einem dazugehörigen Bezahlsystem. Lange Zeit habe es eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde Haidmühle und dem Landkreis gegeben, dass erstere den Dreisessel-Parkplatz überwachen und dort Parkgebühren erheben dürfe. Diese sei 2018 beendet und nicht verlängert worden, erklärt Bürgermeisterin Margot Fenzl gegenüber dem Hog’n.
Amtskollege Bermann denkt nun darüber nach, erneut etwas Ähnliches einzuführen und das eingenommene Geld wieder vor Ort einzusetzen: „Mit den Einnahmen könnte man die Straße erhalten und das Wirtshaus droben am Berg nachhaltig betreiben“, sagt er. Aus der Kreisstraße hinauf zum Dreisessel eine Mautstraße zu machen, erachte er hingegen als schwierig.
Vielleicht sei der Run auf den Dreisessel aber irgendwann auch einfach wieder vorbei. „Momentan haben wir eine Traumkulisse da oben“, schwärmt Bermann. „Aber in zehn Jahren hat sich das von selbst erledigt.“ Denn bis dahin habe sich der Hochwald wieder erholt. Dann seien die Bäume wieder so hoch, dass man auf dem Hochkamm nach bestimmten Stellen suchen müsse, von denen aus man den Weitblick genießen könne, den der gesamte Berggipfel derzeit bietet. Und dann ist vielleicht auch Hogn-Fotograf Georg Knaus dort oben wieder nur mit zwei oder drei Gleichgesinnten unterwegs, statt sich den Berg mit Hunderten oder gar Tausenden an einem Tag zu teilen…
Sabine Simon
Habe Dere – So hamma wieda so Weid – Jiatztd wird scha wieda gschaud und gsuacht wos ma vabieten kannd und Stroffa soid – So ein Schmarn – Jeder Baam und jedz Viech sucht se in Weg soiba – Es geht und kimmd wieda – Do muass ma need Dleid vasprenga,nua Schau das ois Sauba bleibt,des wad wichde – Find zumindest I. – Viel Spass in und mid da Natur wünsch i Eng olle.