Frauenberg. Dass hier etwas Großes entsteht, war schon im vergangenen Sommer zu erahnen: Zu der Zeit nämlich, als der Bagger anrückte auf dem Grundstück von Familie Schönberger in Frauenberg bei Haidmühle. Er holte riesige Granitfelsen aus der Erde – eine große, ebene Fläche entstand. „Zum Glück hat es ohne Sprengung funktioniert“, sagt Eugen Schönberger im Rückblick. „Das war der Unsicherheitsfaktor.“ Wenn Sprengungen notwendig geworden wären, hätte er das Projekt vielleicht schon be-graben müssen, bevor es überhaupt „aus-gegraben“ (sprich: begonnen) werden konnte…
Das Projekt, das ist der Bau von drei Ferienhütten. Jedoch nicht irgendwelchen Hütten: Luxus-Chalets sollen es werden. Mit jeweils eigener Sauna und eigenem Außenwhirlpool, mit Panorama-Badewanne im Inneren, alles individuell und geschmackvoll eingerichtet. Anita und Eugen Schönberger bauen ihr eigenes Hütten-Hotel. Und das, obwohl beide nicht vom Fach sind. Anita ist gelernte Steuergehilfin, Eugen ist Schreinermeister.
Sobald der Schnee weg ist, gehen die Bauarbeiten weiter
„Wir hatten hier den Fichtenwald bis vor die Haustüre“, erzählt Anita Schönberger und deutet in eine bestimmte Richtung. Irgendwann haben sie und ihr Mann dann beschlossen: Die riesigen Bäume müssen weg, weil sonst rund ums Haus immer alles schattig und nass sei. Und als die Bäume weg waren und sie dort oben auf ihrem Grund und Boden standen, waren sie begeistert vom Ausblick, kamen sogleich ins Schwärmen: Der Blick schweift über die Hügel des Bayerischen Waldes Richtung Haidel hinüber. Ein Genuss. „Und jeden Tag sehen wir den Sonnenuntergang“, sagt Eugen freudig.
„Da bauen wir eine Hütte rauf!“ Seine Frau Anita war von dieser spontanen Idee erst mal nicht ganz so begeistert. „Spinnst Du, wir bauen jetzt nix mehr! Wir sind doch seit Jahren nur am Bauen.“ Ein Haus gebaut haben die beiden schon – und Eugen hat sich seine eigene Schreinerwerkstatt direkt nebendran errichtet.
Die Idee, nachdem sie einmal ausgesprochen war, rumorte jedoch in beiden weiter. Und reifte dabei zu einem größeren Plan heran. In direkter Nachbarschaft zu den Schönbergers eröffnete die Dreisesselalm nach einer Rundum-Erneuerung wieder ihre Pforten. Eugen half beim Umbau fleißig mit. Das Ehepaar Schönberger freundete sich mit den neuen Wirtsleuten der Dreisesselalm an. Und als die dann erzählten, dass ihnen eine Übernachtungsmöglichkeit für ihre Gäste fehle, da drängte sich die Idee von der Hütte drüben auf dem Schönberger’schen Grundstück von Neuem förmlich auf.
Mittlerweile sind die Pläne weit gediehen: Wasser-, Strom-, Kanal- und Internetanschluss sind bereits verlegt. Sobald der Schnee weg ist, kann es mit den Bauarbeiten weitergehen. Dann muss die Bodenplatte betoniert werden, im Anschluss stellt ein Zimmereibetrieb aus der Region die drei Hütten auf.
Ja! Drei sollen es jetzt werden. Denn Platz genug ist da, wie Anita und Eugen festgestellt haben. Außerdem: Wenn man schon Wasser, Strom und Internetanschluss hier rauf legt, rechnet sich das für drei Hütten im Endeffekt mehr als für eine einzelne. Und schließlich liegen die Hütten am Fuße des DREIsesselberges. Liegt also nahe, DREI zu bauen…
„Es war an der Zeit, wir wollten noch mal was Anpacken“
Dass es Luxus-Chalets werden sollen und keine Partyhütten für größere Gästegruppen, stand für die Bauherren schnell fest. Sie sind überzeugt davon, dass sie gerade in diesem Segment zahlreiche Gäste nach Frauenberg locken können. Der Hüttenhof in Grainet ist das beste Beispiel dafür, dass es funktioniert: Bis zu 205 Euro pro Person kostet hier die Übernachtung, in der Hochsaison sogar noch mehr – trotzdem sind die Hütten ausgebucht. Denn sie bieten den Urlaubern Entspannung pur – in ruhiger, ganz privater Atmosphäre.
An diesem Vorbild wollen sich die Schönbergers orientieren. Ins Hotelgewerbe einzusteigen, soll für Eugen ein zweites berufliches Standbein werden. „Die Kinder sind erwachsen, unsere Große studiert, die Jüngere fängt ihre Lehre an. Es war irgendwie an der Zeit, wir wollten noch mal was Anpacken.“ Er hätte seine Schreinerei vergrößern können, Leute einstellen, teure Maschinen kaufen. Dann hätte er aber auch viel mehr Aufträge an Land ziehen müssen. „Und das geht nur, wenn Du bereit bist, bis nach München zu fahren.“ Der gebürtige Frauenberger wollte aber weiterhin da arbeiten, wo es am schönsten ist: Dahoam im Woid. Die Ferienchalets bieten für ihn und seine Familie daher die optimale berufliche Herausforderung.
Ein großes finanzielles Risiko gehen Eugen und Anita damit definitiv ein. Sie haben einen hohen Kredit aufgenommen. Die ganze Familie steht hinter ihnen und will das Projekt mit allen Kräften unterstützen. „Der Zusammenhalt ist das Wichtigste. Dass wir alle gemeinsam eine Vision haben“, sagt Anita. Aber was, wenn die Idee mit den Luxus-Hütten am Ende doch nicht genügend Gäste anlockt? „Dass es nicht klappt, kann nicht sein“, ist sich Eugen sicher. „Wenn es nicht läuft, muss man eben kämpfen, die Richtung ändern.“
Dreisessel-Chalet-Konzept: Woid-Urlaub zum Entschleunigen
Kämpfen kann er. Das hat er beim Aufbau seiner Schreinerei gelernt. Sich selbständig zu machen, war vor gut zehn Jahren seine einzige berufliche Option. Er ist einfach ins kalte Wasser gesprungen. „Das war eine Kamikaze-Aktion“, sagt der 43-Jährige und schmunzelt. Zuvor hatte er wegen schwerewiegender Rückenprobleme ein ganzes Jahr lang seinen Job nicht ausüben können. Das Arbeitsamt hatte eine Umschulung empfohlen. Er aber wollte kämpfen: Mit Hilfe von Sport seine Schmerzen in den Griff bekommen und dann als Schreiner selbständig arbeiten. Er hat es geschafft. Trotz zahlreicher Konkurrenten braucht er sich mittlerweile keine Sorgen mehr machen, dass zu wenige Aufträge da wären.
Jetzt baut er die „Dreisessel-Chalets“ als neue Herausforderung. Pärchen und Familien wollen Anita und Eugen als Gäste in ihre Ferienhütten künftig begrüßen. Sie wollen Urlaub zum Entschleunigen anbieten, mit der Ruhe des Bayerischen Waldes punkten. Die Gäste sollen sich hier voll und ganz entspannen können. Zudem will Eugen für seine Gäste – wenn gewünscht – ein sportliches Urlaubsprogramm anbieten: geführte Schneeschuh- oder Skitouren im Winter, Rad- und Wandertouren im Sommer.
Auch wenn sie nicht aus dem Hotelfach kommen, sind sich Anita und Eugen sicher, dass sie ihr Projekt erfolgreich stemmen werden. „Wir gehen von uns selbst aus – und bieten unseren Gästen das an, was wir selber auch wollen: Wir machen nicht oft Urlaub – aber wenn, dann soll es etwas Besonderes, was Ansprechendes sein.“ Sie selbst mieten lieber ein Ferienhaus, als sich in ein Hotel einzubuchen. Deshalb bauen sie Hütten.
Wie die Hütten am Ende genau aussehen werden, wird sich ergeben
Und für individuell gestaltete Chalets mit ansprechenden Extras wie eigener Sauna und eigenem Whirlpool werden ihre Gäste auch den anvisierten Preis von etwa 150 Euro pro Person und Nacht zahlen, da sind sich die beiden sicher. Eine Jugendherberge und Unterkünfte im preiswerten Segment gibt es in Frauenberg bereits. Luxus-Chalets dagegen noch nicht. In der ganzen Region sind es momentan aber vor allem die gehobenen Unterkünfte, die besonders erfolgreich sind. Anita hat bei den Tourismusämtern in der Region nachgefragt: Die offiziellen Zahlen bestätigen das.
Die Schönbergers haben alles genau durchgerechnet und geplant. Eugen wird viel in Eigenregie herstellen: Fenster und Türen, die gesamte Inneneinrichtung, spezielle Holzliegen für die Terrasse. Wie die Hütten am Ende genau aussehen werden, wird sich ergeben, sagen die beiden. „Die besten Ideen kommen während der Arbeit.“ Jede der drei Hütten soll anders werden: Die eine moderner, die andere urig – fest steht da noch nichts Genaueres.
Im Laufe des Jahres werden die Dreisessel-Chalets Form annehmen. Ab Januar 2018 sollen die ersten Buchungen entgegengenommen werden können. Da Hog’n wird das Projekt weiter begleiten, seine Leser über die Bauarbeiten auf dem Laufenden halten – und natürlich erzählen, wie es den beiden Hotel-Neulingen bei der Umsetzung ihres Projektes geht.
Sabine Simon