Salzweg/Freyung. Die Ampel muss weg, die Bauern-Proteste sind berechtigt, der Politikverdrossenheit muss man mit Präsenz entgegentreten – grob hat Neu-MdL Josef Heisl seine derzeitige politische Agenda im ersten Teil unseres großen Hog’n-Interviews umrissen. Im zweiten Abschnitt des Gespräches wird der 41-jährige CSU’ler nun konkreter: Es geht noch einmal um die Asylpolitik, um die Agrarpolitik sowie um den Bürokratie-Abbau. Außerdem ordnet der Hutthurmer die derzeitige Rolle der CSU ein – und erklärt, warum ihm sein Freund Andreas Scheuer leid tut.
Herr Heisl: Zurück zu den Landwirten. Worin unterscheiden sich aus Ihrer Sicht Bauern-Protestler und Klimakleber?
Technisch ganz einfach erklärt: Der Landwirt kann im Fall der Fälle – beispielsweise wenn ein Krankenwagen vorbei muss – seinen Bulldog wegfahren. Der Klimakleber hingegen schafft Fakten, die nicht so einfach aufzuheben sind. Ein Unding. Es gibt Gruppen, die sich anders für das Klima einsetzen – wie Fridays für Future. Das finde ich vollkommen in Ordnung und legitim. Der Klimakleber fügt dieser Bewegung eher einen Schaden zu.
Sollten Bauern dafür bestraft werden, wenn sie Straßen ohne Erlaubnis blockieren?
Ganz einfach: Ich würde es allen empfehlen, Demonstrationen anzumelden. Darüber hinaus muss man den Bauern eine gewisse Lernphase eingestehen. Jetzt muss alles geordneter ablaufen. Und das tut es auch, soweit ich das vernommen habe.
„Asylzentren in Afrika oder der Türkei sind Teil der Lösung“
Nun also zum Thema Migration. Die Aufgriffe im Bayerischen Wald sind zuletzt zurückgegangen. Hat sich das Problem damit erledigt – oder herrscht nur „Winterpause“?
Das Problem hat sich überhaupt nicht erledigt. Zuletzt wurden nur die richtigen Maßnahmen ergriffen. Die Bayerische Grenzpolizei hat gute Arbeit geleistet. Genauso die Bundespolizei. Ich habe gehört, dass alleine in unserem Gebiet 130 Schleuser festgenommen wurden. In der Folge werden auch die Flüchtlinge vorübergehend weniger. Diese kurze Verschnaufpause müssen wir dafür nutzen, eine große Lösung für das generelle Problem zu finden.
Ist das möglich?
Kommt der Flüchtling nach Europa, geht er bevorzugt nach Deutschland, weil wir die höchsten Sozialleistungen haben. Wir müssen deshalb besser zwischen dem Wirtschaftsflüchtling und dem Menschen, der einen wirklichen Asylgrund hat, unterscheiden. Das muss aber nicht hier vor Ort passieren, sondern bereits an der EU-Außengrenze. Asylzentren auf afrikanischem Boden oder in der Türkei sind ein Teil der Lösung.
„Hilfsbedürftige fair verteilen“
Aber dann sind wir ja praktisch wieder auf das Wohlwollen des Türkei-Demagogen Erdogan angewiesen?
Es wird uns nichts anderes übrig bleiben. Vielleicht dazu noch eine Erklärung: Es gibt viele arme Menschen unter den Flüchtlingen, denen unbedingt geholfen werden muss. Das steht außer Frage. Die Schwarzen Schafe müssen aber herausgesucht werden. Und im zweiten Schritt brauchen wir eine große Lösung. Die Hilfsbedürftigen müssen fair verteilt werden. Und um das zu schaffen, müssen wir leider auch solche wie Erdogan mit ins Boot holen.
Viele würden sich auch eine einfachere Asyl-Bürokratie wünschen…
2015/16 haben sich viele Helferkreise gebildet, von denen es nur noch wenige gibt. Die Masse, die hilft, ist nicht mehr vorhanden. Deshalb ist es schwieriger geworden. In diesem Bereich muss man aber auch auf die Eigenverantwortung des Flüchtlings setzen. In Kirchham etwa gibt es vorbildliche Ehrenamtliche, die zwar helfen, aber auch fordern. Die Asylbewerber müssen von Beginn an auf das Leben bei uns vorbereitet, müssen schnellstmöglich selbstständig werden, sich selber versorgen können etc..
„Kann nicht sein, dass ein Flüchtling arbeiten will, aber nicht darf“
Also verlässt man sich im Endeffekt auf freiwillige Helfer in Sachen Bürokratie?
Nein, nein. So darf man das nicht sehen. In unseren Landratsämtern wird gute Arbeit geleistet. Überall gibt es Integrationsbeauftragte. Und ja, unsere Bürokratie ist zu langwierig. Es kann nicht sein, dass ein Flüchtlinge arbeiten will, darf es aber zwei Jahre lang nicht, weil irgendein Formular fehlt. Unser Markt braucht ja auch dringend Arbeitnehmer. Egal, ob es der Ukrainer, Syrer oder Afghane ist.
Thema: Ländlicher Raum. Kann unsere Region nur (über-)leben durch Subventionen, Förderungen und Stabilisierungshilfen? Hängen wir am Tropf der wirtschaftsstarken Ballungszentren?
An dieser Stelle darf ich an die Situation in meiner Kindheit erinnern. Damals hatten wir im Bayerischen Wald eine Winter-Arbeitslosigkeit von 30 bis 40 Prozent. Heute herrscht Vollbeschäftigung. Alleine dieses Beispiel macht deutlich, wie viel sich getan – und zum Positiven gewandelt hat. Nicht nur durch staatliche Unterstützung, sondern wegen den fleißigen Leuten hierzulande.
„Im Woid braucht man ein Auto“
Es ist auch nicht verwerflich oder unfair, wenn wir zum Beispiel die Stabilisierungshilfen für unsere Region beanspruchen. Wir haben einfach andere Voraussetzungen als Großstädte. Genau um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, gibt es solche Gelder ja. Es ist keine Schande, sie dann auch anzunehmen.
Thema: Verkehrswende. Wie gestaltet sich aus ihrer Sicht der Status Quo?
Wohne ich in München, habe ich die Möglichkeit, S- und U-Bahn sowie den Bus zu nutzen. In Haidmühle oder Breitenberg wird das nie möglich sein. Deshalb wird – Verkehrswende hin oder her – eine Familie immer auf mindestens ein Auto angewiesen sein. Alles andere ist Träumerei. Dementsprechend müssen unsere Straßen ausgebaut werden.
Apropos: Kennen Sie den ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer persönlich?
Natürlich.
Scheuer hat „ausbaden müssen, was andere vorbereitet haben“
In der Folge der gescheiterten Maut ist Scheuer heftig angegriffen worden. Zurecht?
Ich pflege persönlich ein sehr, sehr gutes Verhältnis zu ihm. Und mir hat er damals leid getan. Aus meiner Sicht hat er etwas ausbaden müssen, was andere vorbereitet haben. Die massive Kritik war übertrieben. Hätte er die Unterschrift nicht geleistet und kurze Zeit später wäre das System als rechtens eingestuft worden, hätte man ihn dafür kritisiert. Er konnte es praktisch nicht richtig machen.
Muss man nicht damit leben, teilweise heftig in der Öffentlichkeit kritisiert zu werden, wenn man diese auf der anderen Seite auch mit Nachdruck sucht?
Es wird wohl so sein, dass man als Politiker mit diesen Extremen leben muss. Ich wünsche es aber keinem, dass man derart an den Pranger gestellt wird wie Andreas Scheuer.
Söders Stil „kommt an“
Dann sind wir schon bei der CSU an sich. Seitdem Markus Söder Ministerpräsident ist, sind die Wahlergebnisse nach und nach schlechter geworden. Ist er noch der richtige Mann an der Spitze?
Ja! Er gibt die richtigen Themen vor und auch sein Stil kommt an. Mit knapp unter 40 Prozent sind wir nach wie vor auf einem Niveau, das sich viele andere wünschen. Und die Zeiten haben sich schlichtweg geändert. Im Vergleich zu früher gibt es ein deutlich größeres Partei-Angebot. Ich bin voll davon überzeugt, dass die CSU wieder über 40 Prozent holen wird. Das Potenzial ist da.
Von welchem Lager sollen Stimmen zurückgewonnen werden?
Die Freien Wähler wildern in unserem Bereich. Die konservativen Bürger, die die AfD gewählt haben, aber – ganz wichtig – nicht rechtsradikal sind, gehören auch dazu. Leider haben es dadurch viele Volksvertreter in den Landtag geschafft, die sich nicht mehr auf demokratischem Boden bewegen.
„Die AfD – da wird mir schlecht“
Wie konservativ ist die CSU überhaupt noch? Viele machen einen deutlichen Linksrutsch aus…
Das trifft wohl eher auf die CDU zu. Unsere Partei ist nach wie vor konservativ. Als Volkspartei hat man aber deutlich mehr zu tun als nur eine Richtung zu bedienen. Es hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur die Welt verändert, auch die Menschen haben einen anderen Anspruch. Und somit muss auch eine Volkspartei offener werden, um allen das Angebot zu machen, wählbar zu sein. Was wir nicht machen dürfen, ist, uns an den Grünen zu orientieren. Wir müssen unsere eigene Politik machen und darauf einen Fokus legen. Dann schaffen wir auch wieder mehr als 40 Prozent.
Apropos: Täuscht der Eindruck oder will die CSU seit der vergangenen Landtagswahl der AfD nacheifern?
Nein, auf gar keinen Fall. Überhaupt nicht. Die AfD hat den Vorteil, mit Migration genau das Thema zu bearbeiten, das die Leute derzeit bewegt. Sie haben halt auch nur dieses eine Thema. Sie sprechen es an, haben aber keine Lösung dafür. Ich als CSU’ler bin darauf aus, lösungsorientiert zu arbeiten. Von Nacheifern kann also keine Rede sein. Die AfD, überhaupt – da wird mir schlecht.
Stadler „schwerst rechts“
Warum?
Der Großteil der derzeitigen Landtagsfraktion ist zutiefst rechtsradikal. Gerade die Jungen, die nachgerutscht sind. Mit denen möchte ich nicht zusammenarbeiten. Es ist auch – schlicht und einfach – nicht möglich. Ich will auf demokratischem Boden stehend diskutieren – und nichts anders. Die AfD’ler, mit denen man zusammenarbeiten könnte, weil sie konservativ und nicht mehr sind, spielen in dieser Fraktion keinen Rolle. Sie sitzen in der letzten Reihe, werden nicht mitgenommen, sogar übergangen.
Zu welcher Gruppe gehört Wahlkreis-Kollege Ralf Stadler?
Zu den Schwerst-Rechten.
Aiwanger „verliert sich in Sachen, die ihn nichts angehen“
Wäre es dann vielleicht sogar einmal sinnvoll, wenn die Ein-Themen-Partei AfD, die keine Lösungen hat, in Regierungsverantwortung kommt, damit deren Unfähigkeit deutlich sichtbar wird?
Könnte man im ersten Schritt denken, ja. Gerade vorher haben wir aber von vier verlorenen Jahren gesprochen. Die reichen mir vollkommen (schmunzelt). Die AfD können wir klein halten, in dem wir das Migrationsthema bearbeiten, aber richtig – mit Gefühl, Hirn und Lösungen.
Sehr beliebt ist derzeit Hubert Aiwanger. Ist der Chef der Freien Wähler gefährlich für die CSU, für die Demokratie?
Nein, weder für die CSU noch für die Demokratie. Ich erwarte nur von ihm, dass er sich endlich wieder als Wirtschaftsminister um das kümmert, für das er gewählt worden ist. Kein Mensch versteht, was die Jagd im Wirtschaftsministerium zu suchen hat. Er verliert sich in Sachen, die ihn nichts angehen. Zur Erinnerung: Unsere Landwirtschaftsministerin ist Michaela Kaniber – und die macht einen tollen Job.
„Viel Arbeit, viel Energie“
Ist Hubert Aiwanger der neue, wirkliche Landesvater?
Nein, nie. Ich bin überzeugt, dass er auch andere politische Höhen anstrebt. Er würde sich selber gerne in Berlin sehen. Es ist immer sehr gefährlich, wenn man in sehr hohen Sphären schwebt – dann ist nämlich die Fallhöhe sehr hoch. Er soll sich bitte darauf konzentrieren, seinen Job in Bayern gut zu machen, dann kann man auch mit den Freien Wählern gut zusammenarbeiten.
Der abschließende Blick in die Zukunft. Wie sieht der Ihrige aus?
Wir stehen vor der Periode der großen Themen. Derzeit haben wir eine Phase, in der Bundesthemen auch auf lokaler Ebene interessant sind. Bürokratie-Abbau, Migration, Stärkung der Wirtschaft, Fachkräftemangel. Uns wird nicht langweilig werden, wie eingangs erwähnt. Trotz alle dem darf gerade ich als Abgeordneter nicht vergessen, die Leute in meinem Wahlkreis zu hören.
Hört sich nach viel Arbeit an. Zu viel?
Es ist viel Arbeit, ja. Aber ich habe gute Mitarbeiter und viel Energie. Fehlt mir diese irgendwann einmal, muss ich mir überlegen, ob ich noch der Richtige bin für ein politisches Amt.
Klare Aussage! Dann wünschen wir viel Energie für die Zukunft!
Das Gespräch führte: Helmut Weigerstorfer
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