Salzweg/Freyung-Grafenau. Die 100-Tage-Marke wird bei Politikern gerne für eine erste Zwischenbilanz verwendet. Es werden dann oft auch Vergleiche zu den Vorgängern gezogen. Josef Heisl folgte als CSU-Vertreter im Stimmkreis Passau-Ost/Freyung-Grafenau auf Gerhard Waschler, der auf zwei Intervalle aufgeteilt insgesamt 15 Jahre dem Landtag angehörte. Eine schiere Ewigkeit in der schnelllebigen Politik, weshalb ein Vergleich im Detail wohl etwas hinkt. Was aber jetzt bereits auffällt: Als Hutthurmer ist Heisl nicht nur geographisch am Woid näher dran als sein Vorgänger – er legt auch einen verstärkten Fokus auf den Teil des Landkreises FRG, der zu seinem Wahlbezirk gehört, was Besuche in Haidmühle und Grainet unmittelbar nach dem Amtsantritt unterstreichen.
Und das soll auch so bleiben, wie der 41-Jährige bekräftigt. Der Handelsfachwirt betrachtet sich als „Mann des Volkes“ – und will langfristig zeigen, dass es sich hier nicht – wie bei so manch anderem Landtagsmitglied – nur um eine leere Worthülse handelt. Im ersten Teil des großen Hog’n-Interviews geht Neu-MdL Josef Heisl genau auf jene Volksnähe ein, die gerade in Zeiten einer aufgeheizten bundespolitischen Lage als weiter entfernt denn je erscheint. Er spricht auch die Bauern-Demos an – und erklärt, warum die Ampel nicht weiterregieren kann.
„Bin keiner, der sich wegduckt“
Herr Heisl, die Stimmung in Deutschland ist derzeit aufgeheizt. Es gibt wohl angenehmere Einstiegsphasen für ein neues Mitglied des Bayerischen Landtages…
Ja, das kann man durchaus so sagen. Es wird einem derzeit nicht langweilig. Aber egal, ob große oder kleine Probleme – die Politik muss dafür da sein, diese zu lösen. Und genau darin sehe ich meine Aufgabe.
Hat die Bevölkerung – entschuldigen Sie den Begriff – die Schnauze voll, was Politik betrifft?
Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Deshalb muss man hier etwas tiefer gehen. Ja, auf den ersten Blick ist eine große Politikverdrossenheit zu erkennen. Fragt man aber genauer nach, was die Bürger vom jeweiligen Abgeordneten oder Bürgermeister halten, schwenkt die Stimmung bereits wieder um. Dann hört man Sätze wie „Auf die kann man sich schon vorlassen“ – oder „Die sind schon für uns da“. Aktuell fehlt das Vertrauen in die große Politik. Jetzt ist es wichtig, dieses Vertrauen wieder zurück zu gewinnen. Mit kleinen Themen, die die Menschen beschäftigen.
So einfach ist das?
Auch wenn es manchmal etwas schwierig werden kann: Man muss als Abgeordneter gerade jetzt draußen Präsenz zeigen. Die Leute müssen spüren, dass sie gehört werden – und nicht alles von oben herab aufgesetzt bekommen. Ich bin keiner, der sich wegduckt. Aber noch einmal: Wir müssen auf das eingehen, was die Leute beschäftigt, bewegt, stört.
Spontane Wirtshausbesuche
Zum Beispiel?
Migration. Mit diesem Thema beschäftigen wir uns derzeit innerhalb der CSU-Fraktion sehr intensiv. Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek hat uns aufgetragen, dass jeder Abgeordnete Praxis-Beispiele aus seinem Wahlkreis erarbeiten muss, wo er Probleme in der Asylpolitik sieht – und wie diese gelöst werden können.
Dazu später mehr. Vorher noch einmal zurück zur Politikverdrossenheit. Ist es in diesen Tagen überhaupt noch möglich, an die Bewohner von Thyrnau, Salzweg oder Haidmühle so vorzudringen, dass man etwas erklären kann? Wird man nicht vorher bereits abgewimmelt?
Ja, man kann und darf noch erklären. Die Menschen spüren, wenn da einer steht, der ihnen tatsächlich zuhört. Es kann schon mal vorkommen, dass ich auf der Heimfahrt von einem Termin spontan in ein Wirtshaus gehe und mich an den Stammtisch setze. Das kommt an. Und in solchen Momenten ist niemand aggressiv. Ganz im Gegenteil. Es ergeben sich da gute Gespräche. Und genau das sind die Inhalte, die ich als Abgeordneter nach München mitnehmen muss.
„Bin überzeugt, dass es keinen Umsturz geben wird“
Sie haben also keine Angst davor, dass die aufgeheizte Stimmung in Aggression gegenüber Politikern umschwenkt?
Nein, überhaupt nicht. Ich war bei der Bauern-Demo in Karpfham dabei. Da waren tausende Menschen. Und keiner war auch nur im Ansatz aggressiv mir gegenüber.
Was denken Sie: Eskalieren die Proteste noch? Bleiben Umsturzphantasien nicht nur Phantasien?
Ich bin überzeugt davon, dass das nicht passieren wird. Gerade unsere Landwirte und auch der Großteil der Demonstranten sind vernünftige Bürger, die wissen, dass sie sich nur selber schaden würden, wenn die Lage eskaliert. Die Bauern wissen die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich – und schätzen das. Wenn es zum Gewaltexzess kommt, würde sich der Großteil von den Landwirten abwenden. Das möchten die Bauern verhindern. Habecks Umsturzgedanken sind Käse…
„Nie einer alleine schuld“
Bevor Cem Özdemir von den Grünen zum Landwirtschaftsminister ernannte wurde, waren 15 Jahre Unionspolitiker am Landwirtschaftsruder. Ist es da nicht zu kurz gedacht, die ganze Wut der Bauern auf die Ampel abzuwälzen?
Es hat nie einer alleine schuld. Bestimmt haben auch die Vorgänger von Cem Özdemir nicht alles richtig gemacht. Vielleicht hat man auch nicht alles richtig machen können, weil es beispielsweise EU-Vorgaben gibt. Aber: Entscheidend ist, wie ich diese Richtlinien umsetze. Sprich: Setze ich noch eins drauf?
Der derzeitige Landwirtschaftsminister hat das gemacht?
Ja. Zudem ist es ja so, dass der Agrardiesel und die Kfz-Steuer die letzten Tropfen waren, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben.
„Die Ampel macht nicht alles schlecht“
Es hat sich herauskristallisiert, dass das Kernthema der Bauern-Proteste „Die Ampel muss weg“ lautet.
Genau. Ich stehe zu 100 Prozent hinter den Demos. Und ja, es geht nicht nur um die Bauern. Es geht auch um die Gastronomie und die damit verbundene Mehrwertsteuer-Erhöhung. Die Spediteure beklagen die Mautsteigerung. Und und und. Es gibt unzählige politische Themen, die aktuell unmittelbar den Verbraucher betreffen. Irgendwann ist es einfach zu viel. Wir befinden uns in der Vorstufe, dass sich der normale Bürger sein Leben nicht mehr leisten kann.
Sie haben es selbst gesagt: Einer ist nie alleine schuld. Also ist es ja auch falsch, die derzeitige Situation einzig und alleine der Ampel zuzuschreiben – auch wenn es die einfachste Lösung ist.
Man macht es sich nicht einfach. Das lassen die komplizierten Zusammenhänge gar nicht zu. Die Ampel macht nicht alles schlecht. Ich bin aber überzeugt, dass wir es besser machen, wenn wir regieren würden. Um das aufzuzeigen, ist es wichtig, herauszuarbeiten, was schief läuft und welche Lösungsansätze die Union hat. Nur schimpfen ist zu einfach.
„Nicht Gesicht verlieren“
Wo konkret ist das der Fall?
Da sind wir schnell wieder bei der Migration. Die Möglichkeiten der Landesregierungen sind hier beschränkt. Wir sind aber dran, eine Bezahlkarte einzuführen. Eine schnelle und unkomplizierte Angelegenheit, die viel Positives bewirken wird. Heißt: Wir machen unsere Hausaufgaben. Wir kehren vor unserer Haustüre. Und deshalb dürfen wir auch sagen, was woanders – auf Bundesebene – falsch läuft.
„Dass wir es besser machen, wenn wir regieren würden“ – hier möchten wir einhaken. Werden, wie angekündigt, alle Ampel-Entscheidungen rückgängig gemacht, wenn die Union wieder ans Ruder kommen sollte? Wäre das dann nicht eine Rückkehr in längst vergangene Tage?
Die Frage ist, wie viel man wieder rückgängig machen kann. Ich bin überzeugt davon, dass viele Entscheidungen sogar rückgängig gemacht werden müssen! Ansonsten würden wir unser Gesicht verlieren. Wir können nicht erst etwas anprangern – und dann, wenn wir entscheiden dürfen, das wieder relativieren. Stellen wir uns bei den derzeitigen Protesten an die Seite der Bauern, dürfen wir diese nicht verlassen, wenn wir nicht mehr Opposition sind.
„Momentan nicht nur Stillstand, sondern sogar Rückschritt“
Sind also die vier Jahre unter SPD/FDP/Grünen verlorene Jahre für Deutschland?
Absolut, ja. Momentan werden wir so regiert, dass wir nicht nur Stillstand haben, sondern sogar Rückschritt.
Welche Entscheidungen müssen konkret rückgängig gemacht werden?
Ich bin ja eigentlich nur Landespolitiker. Also sind Bundesthemen nicht mein Kerngeschäft.
„Leben günstiger machen“
Sie haben damit angefangen. Also…
Also gut. Es kann nicht sein, dass wir nur auf E-Autos setzen. Nur auf ein Standbein. Wir brauchen hier einen guten Mix – und dazu zählen auch Verbrennermotoren. In beiden Bereichen muss weitergeforscht werden. Beide Antriebsformen müssen effektiver werden. Größte Aufgabe ist es, Maßnahmen zu ergreifen, um das Leben der Menschen generell wieder günstiger zu machen. Beispiel: Gastronomie-Mehrwertsteuer.
Hat die Union, wie zu lesen war, unsachliche und verleumderische Kampagnen gegen die Ampel gestartet – gerade in Sachen Heizungsgesetz?
Nein, das sehe ich anders. Man hat einfach aufgedeckt, was nicht passt. Genau das ist ja unsere Aufgabe. Die Ampel hat gerade beim Heizungsgesetz viele Fehler gemacht. Sie hätten das Ganze in einem Paket zusammenschnüren und erst dann vorstellen müssen. Dadurch, dass Informationen nur tröpfchenweise bekannt gegeben wurden und oft nachjustiert worden ist, waren die Menschen sehr verunsichert. Die Waidler vor allem, als es hieß, dass kein Holz mehr verbrennt werden darf.
„Der Ampel den Stecker ziehen!“
Ist die Ampel noch zu retten?
Wir stehen bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Also Neuwahlen?
Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Ampel vernünftige Politik machen kann. Die politischen Ausrichtungen von SPD, FDP und Grünen sind dafür zu unterschiedlich. Das Beste wäre es, der Ampel den Stecker zu ziehen.
Interview: Helmut Weigerstorfer
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Im zweiten Teil des Hog’n-Interviews steigt Landtagsabgeordneter Josef Heisl noch intensiver in Sachthemen ein. Es geht noch einmal um die Asylpolitik, um die Agrarpolitik und um den Bürokratie-Abbau. Außerdem ordnet er die derzeitige Rolle der CSU ein – und erklärt, warum ihm sein Freund Andreas Scheuer leid tut…
Griass eich
Hob des Interview grod glesn.
i glaub a ned an Umsturzfantasien.Oba wenn ma de kloan Leid Wossa obgrobt des hoist in den spärlichen Giadbeidl einaglangt.dann wirds hoid eng.
Man kann wos in 30 Johr versammt woin is ned in oiner Wahlperiode einahoin und schoi goa ne im Woid. mia san doch e owei hintn dran gwen.
a schens wochenende
Schoos