München/Passau. Nach einer hitzigen Aussprache im bayerischen Landtag, bei der vor allem Innenminister Herrmann (CSU) von Seiten der Opposition in die Mangel genommen worden war, wurde am Dienstagabend gegen 20.45 Uhr über das umstrittene neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) namentlich abgestimmt. Nach der Auszählung der Stimmkarten stand fest, womit aufgrund der CSU-Merhheit im Gremium von Vornherein zu rechnen war: Die Verabschiedung des Gesetzes, das somit am 25. Mai in Kraft treten wird.
Zuvor hatten sich Toni Schuberl, Passauer Spitzenkandidat der Grünen, und CSU-Landtagsabgeordneter Max Gibis im Hintergrund einen Disput rund ums neue PAG geliefert. Der Grund: Gibis hatte Ende April mit 19 weiteren Abgeordneten einen Dringlichkeitsantrag in den Landtag eingebracht, wodurch „mit Befremden“ festgestellt werden sollte, „dass sich demokratisch legitimierte Parteien wie SPD, Grüne und FDP mit Linksextremisten und anderen verfassungsfeindlichen Organisationen in einem Bündnis gegen das PAG-Neuordnungsgesetz zusammengeschlossen haben“. Weiter heißt es in dem Antrag: „Der Landtag fordert alle demokratischen Kräfte in diesem Bündnis auf, verfassungsfeindliche Organisationen auszuschließen oder andernfalls das umstrittene Bündnis zu verlassen.“
In der Antragsbegründung ist zu lesen, dass „derzeit eine beispiellose Desinformationskampagne über die egeplante Novelle des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in den sozialen Netzwerken und Medien in Bayern herrscht“. Dabei würden auch zahlreiche Unwahrheiten über den Inhalt des Gesetzes verbreitet. Des Weiteren fänden sich im Bündnis noPAG mehrere Gruppierungen, die im Verfassungsschutzbericht des vergangenen Jahres aufgeführt sind, wie etwa DKP, Linksjugend [’solid] Landesverband Bayern, Rote Hilfe OGMünchen, Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus.
„Wenn sich auch noch demokratisch gewählte Parteien wie SPD und Grüne in dieses Bündnis einreihen, ist dies eine Gefahr für unseren Rechtsstaat“, ist dazu seitens Gibis und seiner Mitstreiter zu vernehnen. „Es ist daher absurd, dass SPD und Grüne immer wieder behaupten, dass die PAG-Novelle eine Gefahr für unseren Rechtsstaat darstellt, wenn sie nun Seite an Seite mit Linksextremisten und anderen verfassungsfeindlichen Organisationen gegen das PAG kämpfen.“ SPD und Grüne würden mit ihrer Kampagne „verantwortungslos zu einer Verunsicherung der Öffentlichkeit“ beitragen, heißt es abschließend.
Schuberl: „Der Macht wegen wird ein äußerer Feind konstruiert“
Eine Einschätzung, die bei Toni Schuberl auf breite Ablehnung stößt. Per Offenem Brief teilt dieser dem „Landtagsabgeordneten meiner Heimatregion“ zunächst mit, dass er davon ausgehe, Gibis würde die Grundwerte der Gesellschaft höher gewichten als den kurzfristigen Erhalt der absoluten Mehrheit seiner Partei. Er habe einen Dringlichkeitsantrag in den Landtag eingebracht, mit dem Schuberl zufolge „die Gegner der Verschärfung des Polizeiaufgabengesetzes in ein schlechtes Licht gerückt werden sollen“.
Als niederbayerischer Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl wolle er deshalb Gibis‘ Vorstoß nicht unkommentiert lassen. Die beiden sind laut Schuberl zwar Konkurrenten im Wahlkampf, doch eine sie das höhere Ziel, diese Gesellschaft als stabile Demokratie zu erhalten – so zumindest die Hoffnung des 35-jährigen Grünen-Politikers.
Dieser sieht den demokratischen Grundkonsens in Gefahr – eine Entwicklung, zu der es laut Schuberl Parallelen in der ganzen Welt gebe, „von den USA über Italien, Polen, Ungarn und der Türkei bis Russland“. Das Muster sei überall gleich: Der Macht wegen werde ein äußerer Feind konstruiert und die Angst vor ihm stetig geschürt. „Bei uns sind dies die Flüchtlinge. Zentral ist die Zerstörung von Wahrheit durch das Vertauschen von Begriffen. Lügen werden zur Wahrheit und Fakten zu Fake-News deklariert. Der Angriff auf den Rechtsstaat wird zu seiner Rettung und die Retter werden zu dessen Gefährdern ernannt. Genau diese Umwertung von Begriffen betreiben Sie in Ihrem Antrag“, so der Vorwurf an Gibis.
Und weiter: „Wir leben so sicher, wie noch nie, doch die CSU hat es in Zusammenarbeit mit der AfD geschafft, dass sich viele Menschen nicht mehr ohne Angst aus dem Haus trauen. In Bayern wird die Polizei hochgerüstet, wie es in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos ist. Flüchtlinge werden ausgegrenzt, die Gesellschaft gespalten und der Rechtsstaat unterhöhlt.“ Wer darüber berichtet, betreibe gemäß der CSU „Lügenpropaganda“ – Schuberl verweist damit auf die jüngsten Äußerungen des bayerischen Innenministers Herrmann. Der Kern des Rechtsstaats, die Möglichkeit, sich gegen staatliches Handeln vor Gericht zu wehren, werde als „Anti-Abschiebe-Industrie“ umgedeutet, die der Sabotage des Rechtsstaats diene – ein Seitenhieb Schuberls auf CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
Gibis: „Phrasen so dar, als ob das das Ende des Rechtsstaats wäre“
Gibis‘ Dringlichkeitsantrag reihe sich ein „als Baustein zur Zerstörung des Vertrauens der Öffentlichkeit in Begriffe und Berichterstattung“. Schuberl hofft jedoch, „dass Sie nicht bewusst dieses Ziel verfolgen, sondern eigentlich nur ein kleines Wahlkampfmanöver unterstützen wollten“. Der Grünen-Politiker glaubt, „wir müssen bei uns vor Ort beginnen, anders zu sprechen und zu handeln, um die Richtung der Entwicklung wieder zu ändern. Wir müssen uns bei aller im Wahlkampf nötigen Schärfe und Härte der Debatte in der Sache immer der Wahrhaftigkeit verpflichten und Weitsicht, Augenmaß und Respekt wieder als politische Werte verinnerlichen. Ich möchte Sie bitten, in dieser Hinsicht mit mir an einem Strang zu ziehen, um nicht Höheres den kurzfristigen Zielen, wie einer absoluten Mehrheit, zu gefährden.“
Max Gibis reagiert auf Schuberls Brief genervt, wie einer Hog’n-Nachfrage beim Landtagsabgeordneten zu entnehmen ist. „Wie in vielen anderen Mails und Zuschriften, die ich in den letzten Tagen erhalten habe, stellt auch Herr Schuberl die geplanten Änderungen des Polizeiaufgabengesetzes nur mit allgemeinen Phrasen so dar, als ob das das Ende des Rechtsstaats wäre.“ Weiter heißt es von seiner Seite: „Wenn er sich inhaltlich wirklich mit den konkreten Änderungen des PAG beschäftigt hat, dann soll er bitte konkret die Punkte nennen, die ihm nicht gefallen.“
Gibis diskutiere dann mit Schuberl die konkreten Änderungspunkte, er werde sich aber nicht in eine Diskussion begeben, „in dem nur pauschale Vorwürfe gemacht werden, Vergleiche mit anderen Staaten verwendet werden und nur Angst und Unwahrheiten bzw. Falschinterpretationen gemacht werden“.
Abschließend wolle er zum Dringlichkeitsantrag noch angemerkt wissen, dass es der Wahrheit entspreche, „dass sich die SPD und die Grünen in ein Bündnis mit vom Verfassungsschutz beobachteten und verfassungsfeindlichen Organisationen zusammengeschlossen haben“.
Grüne und SPD wollen Verfassungsklage einreichen
Fakt ist: Das PAG ist nun beschlossene Sache. Die absolute Mehrheit der CSU im Landtag machte dies mit 89 zu 67 Stimmen (von SPD, Freie Wähler und Grüne) möglich – wenn auch weiterhin Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestehen sowie weiterhin Skepsis und eine massive Protesthaltung in vielen Teilen der Bevölkerung gegenüber dem PAG vorherrscht. Kritiker monieren insbesondere, dass die CSU mit dem Begriff „drohende Gefahr“ als künftiger Basis für Eingriffe der Polizei Befugnisse (Personenüberwachung, DNA-Probenentnahme, Online-Durchsuchungen) einräumt, die zu weit gehen und die Freiheitsrechte der Bürger zu sehr einschränken. SPD und Grüne wollen dagegen vor dem Verfassungsgerichtshof klagen.
da Hog’n
Ab jetzt heißt es dann das Maul halten und sich ducken und keinen von unseren Politikern von der so christlichen Partei widersprechen, sonst landen wir wie beim Hitler in einer nicht gewollten Unterkunft!