Cham. Ein kleiner Ort im Landkreis Cham, dessen Name hier nichts zur Sache tut. Es geht um eine ganz besondere Bewohnerin, die vermutlich regelmäßig bei offenem Fenster die halbe Nachbarschaft in ihren Bann zieht. Womit? Es ist dieser wohlig warme und heimelige Duft nach frisch Gebackenem, dem wohl kaum einer widerstehen kann.
Bettina Haller ist 36 Jahre alt, gelernte Bürokauffrau und lebt – ganz bodenständig – mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Oberen Bayerischen Wald. Und sie hat eine große Leidenschaft, die nicht nur ihr, sondern auch ihren Mitmenschen im wahrsten Sinne den Tag versüßt: Das Backen!
Kreationen, die es so noch nicht gibt
Die Oberpfälzerin hat einen sehr erfolgreichen Instagram-Kanal und neuerdings auch – ganz unverhofft – ihr erstes eigenes Backbuch mit dem Titel „Backrezepte aus’m Bayerischen Wald“ veröffentlicht. Wir haben gemeinsam mit „Betti“ einen Blick in ihr Meisterstück geworfen und wollen u.a. von ihr wissen: Stammen diese Rezepte wirklich aus’m Woid? Welcher Kuchen schmeckt einfach allen? Und: Wie kommt man als Hobbybäckerin überhaupt dazu, ein eigenes Buch auf den Markt zu bringen?
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Bettina: „Hoiwa-Bananen-Tortn“, „Ribisl-Kuacha“ und „Arberland-Schnitten“ – wo kommen deine Rezepte her? Stammen die aus einem alten Büchlein von deiner Oma oder aus deiner Feder?
Die Namen hab ich mir tatsächlich so gut wie alle selber ausgedacht, weil wir eben dieses bayerische Backbuch mit dem entsprechenden Dialekt machen wollten. Die Torten sind lauter neue Kreationen von mir selbst, die es so noch nicht gibt. Aber es sind auch ganz alte und erprobte Rezepte von meiner Großmutter mit drin – wie etwa Oma’s Zitronenkuchen, die Striezl oder die Nusseckerl.
Ich wollte ein gebundenes Buch mit einer Vielfalt von Rezepten entwickeln, in dem gängige Sachen drin stehen, aber eben auch moderne Ideen, die ebenso junge Frauen und Mütter ansprechen – und die Herren der Schöpfung natürlich auch (lacht).
Ebenso wichtig war mir eine überschaubare Zitatenliste. Man liest ja so viele Backbücher mit einer extrem langen Litanei an Zutaten oder ausgefallene Dingen, wo man von Geschäft X zu Geschäft Y rennen muss, um überhaupt alles Nötige für den Kuchen oder die Torte zu bekommen. Bei meinen Rezepten gibt es alle Zutaten in einem normalen Supermarkt zu kaufen – und man kann sie zu Hause ganz unkompliziert nachbacken.
„…dann soll es auch schmecken“
Ist dir der Gesundheitsaspekt wichtig oder backst du nach dem Motto „Hauptsache lecker“?
Also ich bin der Meinung: Wenn man sich für ein Stück Kuchen oder ein Stück Torte entscheidet, dann soll es auch schmecken – und da gehört für mich auch Zucker mit rein. Auf meinem Instagram-Kanal hab ich ein paar Rezepte mit dazu gepackt, die auch mal mit weniger Zucker auskommen. Im Backbuch jedoch dominiert jedoch das Süße.
Dein Insta-Kanal namens „Bettis leckeres Landleben“ hat inzwischen mehr als 14.000 Follower. Seit wann bist du via Social Media aktiv? Und wann hast du beschlossen, deine Backwerke mit der Öffentlichkeit zu teilen?
Ich habe ja immer schon gerne für private Anlässe gebacken und meine Torten dann auch fotografiert, wenn sie mir schön gelungen sind. 2018 hab ich mich dann mit einem privaten Account auf Instagram angemeldet. Zu der Zeit bin ich Mama geworden, war viel zu Hause und habe den Kontakt zur Außenwelt gesucht. Auf diesem Kanal habe ich dann Fotos aus dem Garten oder eben auch von meinen Torten gepostet. Und gerade bei den Backsachen hab ich schnell gemerkt, dass dazu viel Feedback kommt und meine Freunde und Bekannten mir private Nachrichten geschickt haben, um nach dem Rezept zu fragen. So ist es dann gekommen, dass ich mich mit einigen Bloggern dazu ausgetauscht und dann regelmäßig Rezepte geteilt habe.
„Ich wollte aber den persönlichen Weg gehen“
Vom privaten Account zum erfolgreichen „Back-Kanal“ mit tausenden Fans – wie schafft man das?
Es gibt ja diesen sog. Algorithmus auf Instagram, bei dem es vor allem darauf ankommt, wie häufig und vom wem deine Beiträge kommentiert werden. Ich habe natürlich irgendwann meinen privaten Account ganz bewusst öffentlich gemacht und auch ganz gezielt Rezepte von anderen Bäckerinnen und Bäckern auf Instagram kommentiert. Dadurch haben meinen Kanal wieder andere Menschen gesehen – und der Kreislauf beginnt. Und wenn man regelmäßig aktiv ist – indem man Storys postet, Fotos hochlädt und andere Beiträge kommentiert -, kommt man irgendwann in den Bereich, in dem die Beiträge eben auch fremden Leuten angezeigt werden, womit die Zahl der Follower nach und nach weiterwächst. Das wird dann zu einer Art Selbstläufer.
Als der Kanal sich fortentwickelte, habe ich noch viel häufiger gebacken und ansprechende Bilder für Instagram gemacht. Ich habe selber Fotohintergründe entworfen, damit die Kuchen und Torten ästhetisch und schön arrangiert dargestellt werden und nicht einfach in der Tupperdose auf dem Tisch stehen. Das macht natürlich viel aus, denn bei Social Media isst auch das Auge mit.
Entscheidend war schließlich, dass meine Follower auch mein Gesicht sehen konnten. Ich glaube, das hat nochmals zum Erfolg des Kanals beigetragen. Das machen nämlich ganz viele Blogger nicht. Man sieht nur den Kuchen, aber nicht den Menschen dahinter. Ich wollte aber den persönlichen Weg gehen und meinen Anhängern offen zeigen, wer ich bin und wer die Person hinter ‚Bettis leckerem Landleben‘ ist.
Für den Erfolg deines Kanals hast du offenbar einiges getan und viel Zeit investiert. Wie war das mit dem Backbuch? Es ist ja als Neuling auch nicht gerade einfach, einen Verlag zu finden.
Der Verlag hat in dem Fall mich gefunden. Sie sind tatsächlich auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich nicht Interesse an einem Backbuch hätte. Für mich kam das völlig unerwartet und war natürlich eine absolute Ehre. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich einmal ein eigenes Buch schreiben darf, deswegen hab ich auch sofort Ja gesagt.
Der Battenberg-Gietl-Verlag ist ein sehr regionaler Verlag mit Sitz im Oberen Bayerischen Wald im Landkreis Regensburg. Man hatte zwar schon ein Backbuch im Sortiment, was aber wohl schon etwas in die Jahre gekommen ist. Sie wollten daher in dem Bereich etwas Frisches, Modernes auf den Markt bringen. Durch Instagram ist der Verlag auf mich aufmerksam geworden. Das Layout für das Buch, die Schrift, die Farben usw. hat der Verlag für mich übernommen und auch konzeptionelle Vorgaben – zum Beispiel für das Cover – gemacht. Das war sehr hilfreich für mich, in diesem Punkt unterstützt zu werden.
„Ich hab das Backen nie professionell gelernt“
Hattest du bei den vielen Bildern im Backbuch auch professionelle Unterstützung? Oder sind die Fotos – wie für deinen Instragram-Kanal – bei dir zu Hause entstanden?
Ja, jedes einzelne Bild ist von mir. Eine ganz liebe Freundin ist Fotografin und hat mir Tipps gegeben. Ich hab mir während der Entstehung des Buches sogar noch ein neues Objektiv gekauft, weil das nochmal einen Unterschied macht. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit den Fotos.
Sieht auf jeden Fall alles sehr verführerisch aus. Hast du ein persönliches Lieblingsrezept im Buch?
Für mich ist tatsächlich die Erdbeer-Kokos-Torte ‚zum Reinlegen‘, deswegen hab ich die auch so genannt (lacht). Wenn ich selber privat für uns daheim oder auch mal für eine Hochzeit oder einen Geburtstag gebacken habe, war es eigentlich immer diese Torte – weil ich einfach gewusst hab: Die schmeckt den Leuten und mir selbst genauso, deswegen ist sie mein absoluter Favorit.
So eine Torte ist ja durchaus etwas anspruchsvoller als ein Marmor-Kuchen. Sind deine Rezepte alle auch für Anfänger geeignet?
Wenn jemand absoluter Back-Neuling ist, würde ich erstmal mit dem Kleingebäck oder einem Kuchen anfangen. Und wenn man sich etwas herangetastet hat und es einem Spaß macht, kann man sich natürlich auch als Anfänger an einer Torte versuchen, die vielleicht nicht ganz so viele Arbeitsschritte erfordert.
Ich habe viele Rückmeldungen – auch von „Back-Laien“ – bekommen, dass meine Rezepte leicht gelingen. Klar, schiefgehen kann immer mal etwas, für mich sind gewickelte Rouladen bis heute noch der Horror (lacht) – und auch ich hab das Backen nie professionell gelernt. Aber: Übung macht bekanntlich den Meister – und meine Rezepte sollen einfach Spaß machen und am Ende gut schmecken.
Interview: Jennifer Schaller
Bettina Haller, „Backrezepte aus’m Bayerischen Wald“, Battenberg-Gietl-Verlag 2023, gebundene Ausgabe, 160 Seiten, ISBN: 978-3-95587-820-7