Perlesreut/München. Man merkt’s ihm an: So ganz loslassen will er von „seiner“ Gemeinde noch nicht – und das wird er wohl auch nie können. Dafür ist Manfred Eibl zu sehr mit seiner Heimat verbunden, wie er im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n mehrmals betont. Seit einigen Wochen sitzt der ehemalige Bürgermeister von Perlesreut nun als neues Mitglied für die Freien Wähler im Bayerischen Landtag. Die Bodenhaftung wolle er dabei nicht verlieren, wie er sagt – er wolle sich auch als Abgeordneter in München weiterhin mit seinen jetzt Ex-Bürgermeister-Kollegen austauschen, die „Rückkopplung“ zur Basis aufrecht erhalten.
Künftig zeichnet Manfred Eibl als Wahlkreisbetreuer der Freien Wähler für die Landkreise Freyung-Grafenau, Regen, Deggendorf und Passau verantwortlich. Ein Gebiet mit mehr als 400.000 Bewohnern. Eine „große Herausforderung“ sowie eine „reizvolle Aufgabe“, gibt sich der 58-Jährige optimistisch. Wie überraschend der Einzug in den Landtag für ihn kam, wie er auf die kommende Bürgermeister-Wahl in Perlesreut blickt, ob er sich in München bereits eingelebt hat und ob er den Wahlerfolg der Freien Wähler auf das Versagen der Großen Koalition in Berlin zurückführt, darüber spricht Manfred Eibl im ersten Teil unseres Hog’n-Interviews.
„Unterstützend war’s nicht, sondern eher eine Schwierigkeit“
Herr Eibl, was obsiegt bei Ihnen: die Freude am Einzug in den Landtag oder die Trauer über den Abschied als Perlesreuter Bürgermeister?
Wenn man sich um ein sehr hochwertiges und verantwortungsvolles Amt wie dem des Landtagsabgeordneten bewirbt, ist eine gewisse Grundfreude vorhanden – vor allem auch mit dem Hintergrund, dass man immerzu hofft am Ende auch gewählt zu werden. Aber erwartet hab ich’s nicht, weil ich keinen so intensiven Wahlkampf betrieben habe wie etwa meine Kollegen.
Mir war’s wichtig, dass wir Freien Wähler wieder ein Gesicht im Landtag haben, das die Landkreise Freyung-Grafenau und Regen in München vertritt. Am Wahlabend stand noch nicht fest, dass ich das Mandat errungen habe. Da war ich natürlich erfreut über das gute Wahlergebnis, gerade in Anbetracht der Schwierigkeiten, die wir hatten, denn: Es war eine sehr kurzfristige Entscheidung anzutreten. Zudem war ich im Landkreis Regen gänzlich unbekannt.
Wehmut empfinde ich nach 17 Jahren als Bürgermeister der Gemeinde Perlesreut dennoch. Ich hatte perspektivisch betrachtet noch das ein oder andere Projekt vor. Doch ich nehme das Amt gerne an – und freue mich auf die anstehenden Herausforderungen als Landtagsabgeordneter. Ich bin ein Mensch, der stets nach Herausforderungen sucht.
Das heißt, der Einzug in den Landtag kam tatsächlich überraschend für Sie?
Wir hatten bei den Freien Wählern in Niederbayern bisher drei Mandatsträger. Die Regionen Landshut und Dingolfing brachten dabei ein sehr großes Stimmenpotenzial mit. Ich wusste, dass der ehemalige Landrat Hubert Faltermeier in Kehlheim kandidiert – ein ernst zu nehmender Mitstreiter. Auch Straubing hatte einen sehr guten Kandidaten ins Rennen geschickt. Daher war es lange nicht klar, dass meine Stimmen am Ende ausreichen würden. Auch Dank der Stimmen aus dem Raum Passau reichte es schließlich aus, insgesamt waren’s annähernd 14.000 Stimmen – ein Erfolg und, ja, ein überraschender.
Ihr ehemaliger Parteikollege Alexander Muthmann wechselte 2017 zur FDP, für die er jüngst auch in den Landtag eingezogen ist. Durch seinen Wegfall hatten sich Ihre Aussichten auf einen Platz im Landtag entsprechend gebessert. Ein günstiger Umstand, nicht?
Ob der Umstand günstig war, sei dahingestellt. Es war eine schwierige Aufgabe für mich. Kollege Muthmann war viele Jahre Vertreter der Freien Wähler im Wahlkreis FRG und REG, zudem sechs Jahre Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau. Er hatte bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad – und dann komme ich als Newcomer auf Landtagsebene ins Spiel. Es war deshalb für mich eher hart – weil ich wusste, dass Alexander Muthmann nach wie vor viele Befürworter in der Region hat und deshalb viele Stimmen auf sich vereinen wird. Das war auch der Fall. Deshalb: Unterstützend war’s nicht, sondern eher eine Schwierigkeit.
„Man muss das Heft auch mal selbst in die Hand nehmen“
Perlesreut steht aktuell noch ohne Bürgermeister da, die Neuwahlen finden am 27. Januar statt. Für die Freien Wähler geht Diana Scheibelberger ins Rennen. Wie stehen ihre Chancen gegen Herausforderer Gerhard Poschinger von der CSU?
Derzeit traue ich mir nicht darüber zu urteilen, wer die besseren Chancen hat. Ich denke, dass es darauf ankommen wird, wer sich am besten in seinem Wahlkreis präsentiert. Wer er versteht, die Menschen von seinen Visionen zu überzeugen. Klar ist: Beide Kandidaten sind befähigte Personen. Aber es geht eben um die Schwerpunktsetzung und vor allem um die Aussagekraft sowie die Nachvollziehbarkeit dieser Aussagen. Nehmen die Menschen den Kandidaten ihre Vorstellungen ab?
Ich werde mich persönlich nicht in den Wahlkampf einmischen, weil es für mich wichtig ist, nach der Wahl mit allen gut zusammen zu arbeiten. Von mir bekommt jeder die Informationen, die er benötigt. Wir haben zuletzt noch so einige Maßnahmen in meiner Verantwortung beschlossen – dahingehend gibt es auch Abstimmungsgespräche mit der Kandidatin und dem Kandidaten. Eine Wahlaussage mache ich nicht, weil die Bürger sehr wohl in der Lage sind einzuschätzen, wer für sie der beste Kandidat ist. Das möchte ich nicht durch mein Zutun beeinflussen.
Marktplatz-Erneuerung, Errichtung der Bauhütte, Projekt „Lebendige Nachbarschaft“ – in den vergangenen Jahren hat sich in Perlesreut so einiges unter Ihrer Ägide getan. Sind Sie etwas enttäuscht darüber, diese Projekte nun nicht mehr weiterführen bzw. abschließen zu können?
Wir haben sehr vieles angeschoben, das ist richtig. Einige Projekte sind derzeit noch im Werden begriffen: Eins der größten, das es in den nächsten Jahre umzusetzen gilt, ist das Inklusionsbad. Dabei sind wir als eines von wenigen bundesweiten Bädern in den Genuss einer Förderung gekommen. Das Projekt hat eine Größenordnung von über drei Millionen Euro. Es wird einen beispielhaften Charakter mit sich bringen, weil wir dafür Sorge tragen, dass wir allen Bevölkerungsschichten den uneingeschränkten Zugang zu dieser Einrichtung gewähren – in Verbindung mit dem bestehenden Gesundheitspark in Perlesreut. Voraussichtlich im Frühjahr 2019 kann mit dieser Maßnahme begonnen werden.
Ob ich enttäuscht bin? Nein. Ich habe zusammen mit den Marktgemeinderatskollegen dazu beigetragen, dass wir in den letzten Jahren eine sehr tolle Entwicklung eingeläutet – und auch in einer sehr peripher gelegenen Gemeinde, abseits der Haupt-Erschließungsstraßen, positive Entwicklungen aufgezeigt haben. Diese Botschaft ist ganz zentral: Man darf nicht immer nur darauf warten, was von oben auf uns zukommt, sondern man muss das Heft auch selbst in die Hand nehmen und die Möglichkeiten nutzen. Und diese Möglichkeiten gibt es.
FDP-Angriffe: „Wir werden uns zu wehren wissen“
Blick nach München: Haben Sie sich schon eingelebt?
Wenn ich ehrlich sein darf: Die Akklimatisierung dauert noch an. Ich wurde von Medienseite auch schon nach dem bis dato prägendsten Eindruck gefragt. Daraufhin habe ich geantwortet: Der schönste Eindruck ist für mich immer wieder die Autobahn-Auffahrt in Richtung Bayerischer Wald (lacht). Ich bin mit Leib und Seele mit dem Bayerwald verwurzelt.
Wie ist die Atmosphäre im Landtag?
Unter den Kollegen innerhalb der Freien-Wähler-Fraktion ist die Atmosphäre sehr gut und sehr offen. Wir haben gute Leute mit dabei. Auch interfraktionell ist mit den Kollegen der CSU eine gute Basis gegeben. Der größte Widersacher ist momentan, so scheint es, die FDP. Deren Vertreter sind mit hoher Aggressivität zugange, die gewöhnungsbedürftig ist. Und das bei allen Themen. Sie greifen die Freien Wähler immer sehr heftig an. Wir werden uns jedoch zu wehren wissen.
Die Freien Wähler sind drittstärkste Fraktion im Landtag, haben mit 11,6 Prozent ein beachtliches Resultat eingefahren. Ist dieser Erfolg das Ergebnis der eigenen guten Arbeit – oder die Folgen des Versagens von Union und SPD?
Es trifft alles zu. Ich möchte nicht sagen, dass der Erfolg allein der Themensetzung der Freien Wähler geschuldet ist, sondern auch einer gewissen Unzufriedenheit innerhalb der Wählerschaft. Den großen, renommierten Parteien wird oft nachgesagt, dass sie die Bodenhaftung verloren haben. Dies hatten sich die Freien Wähler ganz weit oben auf ihrer Agenda notiert. Wir sind nach wie vor an der Basis tätig und hören, welche momentane tendenzielle Entwicklung in der Bevölkerung vorherrscht. Wie Hubert Aiwanger immer wieder richtigerweise betont: Wir müssen das Gras wachsen hören. Diese Philosophie ist ganz wichtig und entscheidend für die Zukunft aller Gruppierungen, die sich in Bundestags- oder Landtagsmandaten bewegen.
Die Freien Wähler hatten gute Schwerpunkte gesetzt, vor allem in familienpolitischer Hinsicht. Diese haben auch in den Koalitionsvertrag Einzug gehalten. Aber wie gesagt: Es war beides.
Interview: Stephan Hörhammer
Im zweiten Teil unseres Hog’n-Interviews mit MdL Manfred Eibl geht es um die Zusammenarbeit innerhalb der Regierungskoalition mit der CSU, um Hubert Aiwangers Verhalten während bzw. unmittelbar nach den Koalitionsverhandlungen, um die Frage, wie sich die Arbeit in den Ausschüssen gestalten wird sowie das Dilemma mit den Flut-Poldern.