München/Freyung. Sechs Jahre war Alexander Muthmann Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau. Seit 2008 gehört der Freyunger dem bayerischen Landtag an. Darüber hinaus ist der 62-Jährige als Stadt- und Kreisrat auf kommunalpolitischer Ebene aktiv. Politik gehört zweifelsohne zum Lebensinhalt von Alexander Muthmann – und macht ihm „viel Freude“, betont der Jurist im Hog’n-Interview. Doch seine langjährige Leidenschaft sei nicht alternativlos. Vor den Landtagswahlen 2018 zog der frühere Freie Wähler und jetzige FDP-Mandatsträger ernsthaft in Erwägung, nicht mehr zu kandidieren, wie er im ersten Teil unseres Nachwahl-Gespräches offen zugibt…
Herr Muthmann. Beginnen wir mit einer etwas provokanteren These: Wenn Sie bei den Freien Wählern geblieben wären, würden Sie demnächst als Minister dem bayerischen Kabinett angehören. Was sagen Sie dazu?
Diese These provoziert mich nicht mehr, weil ich sie mir in den vergangenen Wochen bereits einige Male anhören musste. Darüber hinaus wurde mir oft die Frage gestellt, ob ich angesichts der aktuellen Entwicklungen meine Entscheidung bereue. Nochmal für alle: Nein, ich bereue meinen Wechsel von den Freien Wählern zur FDP nicht. Der Schritt war gut durchdacht – und keine Kurzschlussreaktion.
Erklären Sie doch noch einmal, warum Sie vor gut einem Jahr die Freien Wähler in Richtung FDP verlassen haben.
Ich möchte nicht mehr gemeinsam in einem Team mit Hubert Aiwanger verantwortlich sein. Natürlich ist gerade Verantwortung in der Politik sehr reizvoll und interessant. Man möchte ja gestalten können – aber nicht um jeden Preis. Insofern ist alles gut so wie es ist. Ich habe mich auf Oppositionsarbeit eingestellt und auch von dieser Position aus kann ich in Anbetracht der wohl künftigen Konstellation einiges für den ländlichen Raum erreichen.
„Die Politik von Hubert Aiwanger war nicht mehr akzeptabel“
Nochmal explizit nachgefragt: Der Grund für den FW-Austritt war Hubert Aiwanger?
Wenn man es auf den Kern zurückführt: Ja. Auf keinen Fall ursächlich waren die Freien Wähler hier in der Region, mit denen man vernünftig zusammenarbeiten kann. Renate Cerny, Walter Bermann, Martin Behringer – das sind Leute aus der Mitte der Gesellschaft. Diese Personen waren sicher nicht der Grund für meinen Abschied. Vielmehr waren Stil und Inhalt der Politik von Hubert Aiwanger für mich zunehmend unverträglicher – und letztlich nicht mehr akzeptabel.
In Ihrer Aufzählung von verdienten regionalen FW-Politikern fehlt Neu-MdL Manfred Eibl. Bewusst?
Nein, auf keinen Fall. Nur: Während meiner Zeit bei den Freien Wählern ist Manfred Eibl über sein Bürgermeisteramt hinaus nicht sonderlich in Erscheinung getreten. Er hat sich ausschließlich auf Perlesreut und das Ilzer Land konzentriert. Diejenigen, die ich vorher aufgezählt hatte, haben bei den Freien Wählern führende Rollen eingenommen – mit ihnen habe ich in der Folge verstärkt zusammengearbeitet. Noch einmal: Hier in der Region hat es mit keinem Vertreter der Freien Wähler ernsthafte Dissonanzen gegeben.
Aber der aktuelle Erfolg bei den Landtagswahlen gibt Hubert Aiwanger sowie dessen Stil und Inhalten offenbar doch noch Recht.
Erfolg braucht keine Argumente. Und an dieser Stelle lässt sich Hubert Aiwanger regelmäßig feiern. Die Freien Wähler haben zuletzt geschickt auf gewisse Inhalte gesetzt – und insbesondere das Thema Migration/Integration/Flüchtlinge nicht mehr angerührt, um damit nicht potenzielle Anhänger zu verstoßen. Inhalte wie die Beitragsfreiheit für Kindergärten haben – auch parteiintern – eben nicht die große Sprengkraft wie das Asyl-Thema. Insofern war die Strategie der Freien Wähler ganz geschickt und erfolgreich. Nun muss man abwarten, wie sie sich im Alltagsgeschäft in der Koalition mit der CSU schlagen werden.
Warum sind Sie dann ausgerechnet zur FDP gewechselt?
Es gibt wohl keine Partei bzw. kein Parteiprogramm, mit dem man persönlich vollkommen übereinstimmt. In den zentralen Eckpunkten und Grundströmungen ist jedoch die FDP diejenige Partei, mit der ich mich am besten identifizieren kann. Die Einstellung, dass nicht der Staat für das Wohl und Wehe jedes einzelnen Bürgers verantwortlich ist, teile ich. Zunächst einmal ist jeder seines eigenen Glückes Schmied, ein gelingendes Leben zu sichern. Gleichwohl ist es laut FDP die Aufgabe des Staates, die Grundvoraussetzungen für jeden Einzelnen zu schaffen, dass ein solches selbstverantwortetes Leben auch möglich ist. Wiederum ein Grundkoordinat, mit dem ich mich gut identifizieren kann. Und dennoch gab es zwei Fragen, die ich mit den FDP-Granden vor meinem Parteieintritt klären musste…
„Es gibt andere Aufgaben, die ich mir vorstellen könnte“
Welche denn?
Ich wollte sicherstellen, dass ich weiterhin den Nationalpark Bayerischer Wald ohne Einschränkungen unterstützen kann. Diese Einrichtung halte ich für richtig und wichtig für die Region. Der zweite Gesichtspunkt, den es zu klären galt: Kann man sich innerhalb der FDP für staatliche Maßnahmen zugunsten des ländlichen Raumes stark machen – gerade vor dem Hintergrund gleichwertiger Lebensbedingungen? Nachdem auch diese Frage positiv beantwortet wurde, war für mich klar, dass ich mich der FDP anschließen werde.
Wo liegen die größten Unterschiede zwischen der FDP-Programmatik und Ihrer persönlichen Einstellung?
Was ich mir schon noch mehr wünschen würde bei der FDP, ist eine klarere Positionierung in Sachen Umweltschutz, Artenvielfalt und Klima. Es gibt da bereits Meinungen – diese werden aber noch nicht offensiv genug kommuniziert.
Ist Ihr Wechsel zur FDP gleichbedeutend mit bundesdeutschen Ambitionen, die mit der FDP leichter umzusetzen sind als mit den im Bund eher unbedeutenden Freien Wählern?
Nein, ich habe keine bundespolitischen Ambitionen. Mir macht Politik viel Freude, deshalb habe ich auch nochmal kandidiert. Ich hätte ja auch aufhören können…
Hatten Sie diesen Schritt denn in Erwägung gezogen?
Ja. Ein warmes Mittagessen wäre auch nach der Politik gesichert gewesen (lacht). Es hätte auch die ein oder andere Aufgabe gegeben, die ich mir hätte vorstellen können – zum Beispiel eine Rückkehr als Beamter in eine Behörde oder in ein Ministerium. Interessant wäre ebenfalls gewesen, mich wieder als Jurist selbstständig zu machen. Etwa im Bereich Öffentliches Recht, wo ich mich gewiss sehr wohl gefühlt hätte. Es gibt beispielsweise kaum einen Rechtsvertreter hier in der Region, der Gemeinden und Städten als Rechtsberater zur Seite steht. Eine Marktlücke.
Warum obsiegte schließlich doch noch einmal der Entschluss, in den Landtag einziehen zu wollen?
Bereits vor meiner Zeit als Landrat von Freyung-Grafenau (von 2002 bis 2008 – Anm. d. Red.) habe ich mich dazu entschieden, mich für diese Region hier einsetzen zu wollen. Über einen so langen Zeitraum die Entwicklung des Bayerischen Waldes zu begleiten, lässt einem Land und Leute ans Herz wachsen. Ich konnte viele Erfahrungen und Kompetenzen sammeln. Darüber hinaus beschäftige ich mich gerne mit diesem Thema. Deshalb war es auch nicht so, dass ich zur Kandidatur getragen worden bin. Es war schon mein eigener Entschluss – aus der Überzeugung heraus, für die Region nochmal das ein oder andere zu erreichen.
„Das Risiko, nicht mehr gewählt zu werden, war sehr hoch“
Welche Rolle spielten hierbei gewisse persönliche Eitelkeiten eines Politikers, der bereits länger im Geschäft ist?
Hier muss ich Sie etwas enttäuschen. Ich habe mich nie – und das würde ich auch jedem empfehlen, der in die Politik geht – der Illusion hingegeben, dass so manches Schulterklopfen mir persönlich gilt, sondern vielmehr dem Amt, das ich bekleide. Deshalb ist es mir wichtiger, einige persönliche Freundschaften zu pflegen, die unabhängig sind von meiner aktuellen beruflichen Tätigkeit, als mich in irgendwelchen persönlichen Eitelkeiten zu sonnen.
(überlegt) Natürlich, irgendwie sind wir alle eitel. Wäre ich das jedoch im Sinne ihrer Frage, hätte ich mich wohl nicht mehr getraut, bei der Landtagswahl anzutreten. Es wäre durchaus leichter gewesen, sich nun zu verabschieden – als für die FDP auf dem niederbayerischen Listenplatz 2 zu kandidieren. Das Risiko, nicht mehr gewählt zu werden, war schon sehr hoch.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer
Im zweiten Teil des Hog’n-Interviews geht Alexander Muthmann auf die Ergebnisse der Landtagswahl 2018 ein und erklärt, warum sich die FDP dabei – im Gegensatz zu den Grünen – unter Wert verkauft hat. Außerdem sucht er nach Lösungsansätzen für die Frage, warum der Bayerische Wald nach den Bundestagswahlen ein weiteres Mal zur AfD-Hochburg mutierte.
Mit diesem Zug zur FDP hat unser Wahlkreis 3 Abgeordnete bekommen. Anders wäre das sicher nicht der Fall gewesen. Ich wünsche und hoffe, das alle drei Abgeordnete nun auch zu Ihren Wahlversprechen stehen und unsere Region tatsächlich stärken.
Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Alexander Muthmann ist ein Mann der Klartext redet, manchmal unbequem aber ehrlich. Und das hat im in verschiedenen Positionen nicht immer Segen gebracht. Aber genau diese Art mag ich an Alexander Muthmann, Wir kennen uns seit dem Wahlkampf 2001 wo er in Zenting seinen Startpunkt hatte und sind immer wieder in Kontakt. Und wo ich mich an Alexander Muthmann gewandt hatte, da hat er stets sein Bestes versucht. Ich bin froh das er uns, egal bei welcher Partei, wieder im Landtag vertritt.