Freyung. Als Benjamin Pauli begonnen hatte, sich mit dem Thema Fotografie auseinander zu setzen, wuchs in ihm der Wunsch, die Besonderheiten der Natur festzuhalten und sie anderen Menschen nahezubringen. Wenn man sich dabei auch noch Zeit nimmt, sich hinsetzt und die Natur um einen geschehen lässt, eröffnen sich oftmals neue Blickwinkel – davon ist der Freyunger überzeugt. „Die Lichtverhältnisse ändern sich, Tiere kommen aus ihrem Versteck, Pflanzen bewegen sich im Wind und vieles mehr. Mit etwas Geduld kann man auch auf engstem Raum die schönsten Besonderheiten der Natur entdecken.“ Vor allem im Bayerischen Wald.
„Um Natur zu erleben, braucht es keine weiten Wege oder Reisen“, weiß der 35-jährige zweifache Familienvater aus eigener Erfahrung zu berichten, denn: „Bereits vor der eigenen Haustüre kann man die Natur genießen – sei es auf einem Spaziergang oder bei einer Wanderung.“ Im Woid findet der Ingenieur Ruhe und Erholung von seinem oft stressigen Alltag, wenn er mit seiner Kamera loszieht.
Von Mitte März bis Mitte September dieses Jahres wird seine Fotoausstellung mit dem Titel „Zweiter Blick“ in der Nationalpark-Infostelle in Mauth zu sehen sein. Wir haben uns im Vorfeld mit Benjamin Pauli über seine Foto-Leidenschaft unterhalten:
Wahrnehmen und entdecken
Benjamin: Wie und wann genau bist Du zur Fotografie gekommen? Gab es da eine Art Schlüsselmoment?
In Zeiten von Corona habe ich mir vorgenommen, endlich mal ein bisschen Gewicht zu verlieren – und da die Fitnessstudios alle geschlossen hatten, habe ich mich ca. viermal die Woche morgens um 5 Uhr aufgerafft und bin laufen gegangen, um dann mit der Familie, meine Tochter war gerade ein paar Monate alt – gemeinsam den Tag beginnen zu können. Dabei habe ich morgens immer die schönsten Lichtverhältnisse und Begegnungen mit Tieren im Wald erlebt.
Ich hatte jedoch meist nur mein Handy dabei, um diese Momente festzuhalten und sie daheim dann meiner Frau zu zeigen. Dabei habe ich häufiger festgestellt, dass die Situation vor Ort eigentlich ganz anders war. Ich wusste schlichtweg nicht, wie ich die Stimmung am Ort des Geschehens am besten einfangen konnte, weshalb ich mich dann ernsthaft mit Fotografie auseinandergesetzt und mir das Ganze selbst beigebracht habe.
Was fasziniert Dich am Fotografieren? Was macht aus Deiner Sicht den „Zauber“ aus?
Fotografieren nimmt deshalb einen besonderen Stellenwert in meinem Leben ein, weil es für mich einen guten Ausgleich zum meist stressigen Alltag darstellt. Seitdem ich fotografiere und mich dadurch in gewisser Weise ausdrücken kann, ist auch der Alltag für mich leichter zu bewältigen. Ich kann dadurch zeigen, wie ich die Natur draußen wahrnehme und kann anderen Menschen mitteilen, was es dort alles zu entdecken gibt.
Kannst du Dich noch an Dein erstes Foto erinnern?
Auf einem meiner ersten Fotos war das Gleis der Ilztalbahn umgeben von einem herbstlichen Wald zu sehen. Damals befand ich mich auf dem Nachhauseweg von der Arbeit – und die Stimmung war einfach sehr schön. Das Bild ist mir deshalb in Erinnerung geblieben, weil mir kurz nach dem Drücken des Auslösers zwei kleine Füchse über den Weg gelaufen sind.
Über Tiere, Landschaften und Pilze
Deinen Schwerpunkt hast Du der Naturfotografie gewidmet. Warum hast Du Dich gerade für diesen Bereich entscheiden?
Das hat wohl mehrere Gründe. Einerseits bin ich seit meiner Kindheit von der Natur begeistert. Ich habe damals schon sämtliche Tierbücher verschlungen und konnte bei einem Besuch im Zoo meinen Eltern und Großeltern sämtliche Fakten über Tiere liefern, von denen sie teilweise noch nie etwas gehört hatten.
Andererseits hat die Natur selbst etwas Unberechenbares, was einen bestimmten Reiz auf mich ausübt. Manche Fotos sind schlichtweg harte Arbeit – auf so manches habe ich bis zu sieben Monate hingearbeitet. Dabei kann man immer etwas erleben – egal, ob man mit einem Foto nach Hause kommt oder nicht.
Wenn Du Landschaften fotografierst – worauf achtest Du dabei genau?
Bei schönen Landschaftsfotos achte ich – wie bei anderen Fotos auch – darauf, dass ich zur richtigen Tageszeit rausgehe. Dieses Zeitfenster öffnet sich vor allem vor dem Sonnenaufgang bzw. nach dem Sonnenuntergang und variiert im Laufe des Jahres. Das Licht stellt das A und O bei guten Fotos dar.
Bei Landschaftsfotos läuft man oft Gefahr, dass diese zu leer wirken. Deshalb versuche ich einen interessanten Vordergrund auf das Bild zu bekommen, um eine Tiefenwirkung im Bild zu erzeugen. Ein weiterer Tipp: Einfach mal das Weitwinkel-Objektiv zur Seite legen und mit einem Tele-Objektiv sich einzelne spannende Landschaftsteile herauspicken.
Auch Pflanzen und Pilze gehören zu Deine Lieblingsmotiven. Warum gerade Pilze?
Eine Frage, die mir auch meine Frau jedes Jahr im Herbst aufs Neue stellt (lacht). Pilze selber gehören ja weder den Tieren noch den Pflanzen an, sondern sind eine eigene Art für sich. Es gibt sie in einer riesigen Vielfalt, was Formen, Farben etc. angeht – doch sie werden als Fotomotiv nur allzu häufig übersehen. Man muss bei jedem Pilz anders vorgehen, um diesen ästhetisch darzustellen – genau diese Herausforderung reizt mich.
In 80 Prozent der Fälle passiert einfach gar nichts
Das Fotografieren von Tieren, das ebenso zu Deinem Portfolio zählt, dürfte ebenso eine besondere Herausforderung darstellen, oder?
Die wohl größte Herausforderung ist es, die Tiere erst einmal zu finden (schmunzelt). Das ist oftmals gar nicht so einfach, denn hier im Bayerischen Wald sind viele Tiere meist sehr scheu und kommen erst spät abends aus ihren Verstecken. Um die möglichen Orte ausfindig zu machen, bin ich oftmals in der Dämmerung unterwegs und verhalte mich ruhig.
Es gibt jedoch auch Tiere, die weniger scheu, aber an spezielle Habitate gebunden sind. Hierbei spreche ich mich oft mit Freunden und Bekannten ab, die vielleicht wissen, wo man die Tiere findet – und dann gehört freilich auch eine Portion Glück dazu, dass man die gewünschte Art vor die Linse bekommt. Da gilt es viel Geduld aufzubringen. Und in 80 Prozent der Fälle passiert einfach gar nichts.
Sind Fotos von Menschen dann nicht so Dein Ding?
Doch, ich fotografiere auch Menschen. Jedoch sind die Fotos nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Privat werden meine Mädels oftmals abgelichtet – und ab und an werde ich gefragt ob ich z.B. Mitarbeiterfotos machen könnte. Den Großteil fotografiere ich jedoch in der Natur.
Welche Effekte verwendest Du? Und: Wie sehr bearbeitest Du Deine Bilder nach?
Ich versuche meistens, die Bilder bereits so aufzunehmen, dass ich später in der Bearbeitung nicht mehr viel zu tun habe. Ich sitze durch meine Arbeit ohnehin bereits neun Stunden täglich vorm PC. In Sachen Bildbearbeitung nutze ich Adobe Lightroom. Meistens passe ich noch den Weißabgleich sowie die hellen und tiefen Stellen im Bild an und schneide dieses richtig zu. Mehr passiert nicht.
„KI wird niemals das eigene Erleben ersetzen können“
Was hältst Du vom Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Fotobereich?
Schwieriges Thema. Einerseits finde ich es faszinierend, was mittlerweile alles möglich ist. Andererseits ist es irgendwie gruslig zu beobachten, wie gut das Ganze funktioniert – und man ohne Hintergrundwissen teils gar nicht mehr feststellen kann, ob das Foto nun echt ist oder nicht. Ich habe erst vor Kurzem ein Bild entdeckt, auf dem Vollmond und Milchstraße darauf zu sehen sind. Am Anfang ist man begeistert, aber wenn man sich dann genauer damit beschäftigt, weiß man, dass die Milchstraße in der Realität aufgrund des hellen Vollmonds kaum zu sehen ist.
Ich selber mache mir diesbezüglich aber keine Kopf, da für mich das Natur-Erlebnis weit wichtiger ist, als mit einem guten Foto nach Hause zu kommen. Deshalb bringt es mir nichts, wenn ich daheim im Wohnzimmer ein Naturfoto zusammenbastle. KI wird für mich niemals das eigene Erleben in der Natur ersetzen können.
Hast Du irgendwelche Fotografen-Vorbilder, nach denen Du Dich orientierst und die Du bewunderst?
Regional betrachtet ist es Hog’n-Fotograf Georg Knaus, weil man mit seinem Namen einfach grandiose Naturfotos verbindet. Ansonsten bin ich großer Fan von Radomir Jakubowski, Hermann Hirsch, Jan Leßmann und Chris Kaula – allesamt bekannte YouTube-Fotografen.
Ist es angedacht, dass Du Deine Bilder irgendwann zum Kauf anbietest? Oder soll es einfach nur ein Hobby bleiben?
Ein paar Bilder habe ich tatsächlich schon verkauft. Derzeit befinde ich mich gedanklich genau an diesem Punkt, an dem ich überlege, ob ich es auch nebenberuflich versuchen sollte. Ich kann dazu noch nicht viel sagen, weil ich hier selbst noch in der Planungsphase bin. Andererseits ist es bei einem Hobby ja so, dass man Spaß an der Sache haben kann, ohne sich dabei Gedanken über Finanzielles zu machen. Mal schauen, was die Zukunft bringt.
„Darauf aufmerksam machen, was in der Welt passiert“
Und zuletzt: Wo siehst Du Dich in zehn, fünfzehn Jahren mit Deiner Fotografie?
Ich hoffe mit meinen Bildern mehr und mehr Leute zu erreichen – und darauf aufmerksam machen zu können, wie schön es auch vor der eigenen Haustüre sein kann. Man muss nur mit offenen Augen durch die Natur gehen und kann dabei die faszinierendsten Dinge beobachten, wenn man sich einfach nur etwas Zeit nimmt. Weiterhin möchte ich mit meiner Fotografie versuchen, auf die fragile Natur da draußen aufmerksam zu machen.
Ich habe oftmals das Gefühl, dass ich mehr mit meinen Fotos erreichen kann, als sie nur daheim auf der Festplatte zu speichern. Mit der Fotografie kann man auf vieles aufmerksam machen, was in der Welt passiert. Ich möchte mit meinem Bildern künftig mehr in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten.
Die erstbeste Gelegenheit steht mit der Fotoausstellung „Zweiter Blick“ nun ja unmittelbar bevor. Vielen Dank für Deine Zeit – und weiterhin viel Freude mit dem Fotografieren.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer