Viechtach/Regen/Freyung-Grafenau. Um in den Landtag einzuziehen, hatte Stefan Ebner gleich zwei Wahlen zu überstehen. Und nicht für wenige war gerade die erste Abstimmung die schwierigere. Denn um Direktkandidat des Wahlkreises Regen/Freyung-Grafenau zu werden, musste sich der 43-Jährige erst dem Zweikampf mit dem damals amtierenden MdL Max Gibis stellen. Bei der entsprechenden Nominierungsversammlung setzte sich der Viechtacher knapp gegen den Mauther durch. Der zweifache Familienvater aus dem Landkreis Regen hatte somit das Tor zum Maximilianeum weit aufgestoßen. Es zu betreten, war dann, angesichts der traditionell starken CSU im Bayerwald, mehr oder weniger Formsache.
In Teil eins des großen Hog’n-Interviews spricht Stefan Ebner über seine ersten Wochen als Landtagsabgeordneter, welche Erwartungen sich erfüllt haben und was ihn überrascht hat. Es wird dabei deutlich, dass die Eingewöhnungsphase noch nicht ganz abgeschlossen ist. Seine Tätigkeit befindet sich noch im Aufbau – genauso wie sein Regionalbüro in Freyung, wo dieses Gespräch stattgefunden hat.
„Im Landtag geht’s schon deutlicher zur Sache“
Herr Ebner, Ihre ersten Wochen als Landtagsabgeordneter liegen hinter Ihnen. Wir bitten um eine erste kleine Zwischenbilanz.
Es ist total spannend, es ist interessant. In manchen Bereichen sogar aufregend. Und es macht mir sehr viel Freude. Viele Dinge sind genauso so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Es gibt aber auch Überraschungen. Schön ist, dass die Gruppe der Neuen relativ groß ist. 29 von 85 der CSU-MdLs wurden erstmals ins Gremium gewählt. Ein riesen Umbruch. Aber gerade deswegen ist ein guter Spirit da.
Was ist anders als erwartet?
Ich gehöre seit 22 Jahren dem Regener Kreistag an. Das Miteinander dort ist sehr harmonisch. Man kennt sich dort besser, und das Gremium ist insgesamt auch kleiner und überschaubarer als der Landtag. Es gibt viele einstimmige Beschlüsse. Im Landtag geht’s schon deutlicher zur Sache. Und teilweise auch aggressiv – gerade von der rechten Seite. Und auch die Grünen halten sich mit provokanten Zwischenrufen nicht zurück… (überlegt) ja, es ist lauter. Man schenkt sich nix!
Und wie bewerten sie das?
Es ist im Landtag rauer als im Kreistag, weil es deutlicher zur Sache geht. Das war eine neue Erfahrung.
Sitzt man dann als Neuling ehrfürchtig-staunend in den Sitzungen? Oder geht man gleich voll mit?
Dadurch, dass ich seit 25 Jahren in der CSU aktiv bin, kenne ich natürlich die Protagonisten bereits. In den Wahlkämpfen, die ich bisher bestritten habe, hatte ich auch Kontakt zu vielen Ministern, der nicht abgerissen ist. Viele, mit denen ich früher in der JU war, sind nun in verantwortungsvollen Positionen. Es war jetzt also nicht so, dass ich alle Landtagsmitglieder das erste Mal gesehen habe.
„Kurzer Draht zu Ministern“
Was ich sehr toll finde: Im Landtag hat man untereinander einen sehr kurzen Draht. Hat man ein entsprechendes Anliegen, kann man ohne Weiteres auf jeden Minister einfach so zugehen.
Apropos Themen: Welche drei politischen Ziele haben Sie in den nächsten Jahren? Und: Wie wollen Sie diese umsetzen?
Einerseits will ich natürlich Themen zu Ende bringen, die bereits angefangen worden sind. Es bringt ja nichts, wenn das alles auf einem Blatt steht – und nur dort bleibt. Ganz konkret: Die Sanierung des Waldschmidthauses. Erst kürzlich hatte ich zusammen mit Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth dazu wieder ein Gespräch mit Verkehrsminister Christian Bernreiter. Hier sind die nächsten Schritte geplant, sodass da zeitnah wirklich Handwerker oben stehen.
Zweites Ziel?
Das Trainings- und Tagungszentrum der Polizei. Ganz entscheidend, dass es hier weitergeht. Das Ganze muss ja noch durch den Haushaltsausschuss. Drittes Thema: Bahnstrecke Viechtach-Gotteszell. Der Dauerbetrieb muss sicher kommen. Wir haben die Zusage, die Umsetzung muss folgen. Jetzt sind’s aber schon vier Ziele (lacht). Sehr, sehr wichtig sind mir auch eigene Handlungsspielräume zu nutzen, was das Thema Migration betrifft.
Migration: „Ein oder andere Stellschraube, an der man drehen kann“
Das ist bekanntlich nicht der Fall.
Nicht ganz. Es ist frustrierend, dass wir auf Landesebene relativ wenig machen können diesbezüglich. Hier bestimmt die Europa- und Bundespolitik. Und trotzdem hat man die ein oder andere Stellschraube, an der man drehen kann. Wo genau, das das prüfen wir aktuell.
Gibt es ein konkretes Beispiel?
Ja. Einer meiner Vorschläge ist bereits bekannt. Warum versucht man nicht, Asylbewerber zu verpflichten, gemeinnützige Arbeit zu machen? Das Gesetz ermöglichst das bereits. Ich weiß, dass das in der Umsetzung wieder den ein oder anderen Rattenschwanz nach sich zieht. Ich denke, dass dies eine der Stellschrauben sein kann. Weiter konkret: Unbegleitete Minderjährige werden der Quote des Verteilerschlüssels angerechnet. Dadurch werden Ressourcen im Landratsamt gebunden, die woanders fehlen.
Bavaria Klink als „glückliche Fügung“
Waldschmidthaus, polizeiliches Trainings- und Tagungszentrum am Geyersberg – es wurde bereits Erfreuliches zu diesen Vorhaben verkündet. Die Umsetzung dauert jedoch sehr lange. In der Bevölkerung wird bereits gemunkelt, dass es wieder einmal nur bei Versprechungen bleibt. Ist es nicht frustrierend, zwischen den Stühlen zu sitzen? Auf der einen Seite sind Sie im Landtag dabei, wenn derartige Entscheidungen gefällt werden. Auf der anderen Seite spüren Sie den Unmut der Bevölkerung, wenn Sie in Ihrem Wahlkreis unterwegs sind…
Frustrierend wäre es dann, wenn wirklich nichts weitergeht. Beim Waldschmidthaus und Trainings- und Tagungszentrum gibt es fixe Zusagen…
…so wie damals beim einst geplanten und schließlich doch wieder fallen gelassenen „Trainingszentrum für die Spezialeinsatzkräfte der bayerischen Polizei“ nahe der Freyunger Bundeswehr-Kaserne?
Ja, es stimmt, dass aus finanziellen und anderen Gründen umgeplant wurde. Gott sei Dank gab es mit der Bavaria Klinik aber eine glückliche Fügung. Freyung hat einen emsigen Bürgermeister, der diese Chancen auch sieht. Die Planungen in Sachen Trainings- und Tagungszentrum schreiten flott voran. Ich hoffe, das bleibt so.
Ein erstes Schwerpunkt-Thema: Regionale Strukturpolitik
Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam.
Ja. Wir haben einen entwickelten Staat mit viel zu viel Bürokratie. Aber nochmal: Es geht bei diesem Thema in die richtige Richtung.
Sie sind Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Medien, Energie und Digitalisierung. Welche Berührungspunkte gibt es dabei mit dem Bayerischen Wald?
Wir haben die Schwerpunkte festgelegt, die ich behandeln werde. Eines ist die regionale Strukturpolitik. Ein weiteres: neue Technologien, Digitalisierung. Gerade das passt sehr gut zu mir aufgrund meiner beruflichen Vergangenheit. Nach den vergangenen Wahlen sind auch die Jagd und die Staatsforsten zu diesem Ministerium dazu gekommen. Der Wald passt einerseits zum Waidler und als Inhaber eines Jagdscheins kommt mir die Jagd natürlich auch entgegen.
„Natürlich gestalten wir, auch wenn…“
Wiederum die Bitte um ein konkretes Beispiel: Mischen Sie sich künftig ein, wo wann welcher Baum in den Staatswäldern geschlagen wird?
Nein, das nicht (schmunzelt). Bei Jagd und Wald beschäftigten wir uns in diesem Ausschuss bisher mit einigen Petitionen.
Es gibt also keine konkreten Ziele oder Vorhaben, Sie lassen das Ganze einfach auf sich zukommen?
Doch. Beispiel Jagd: In der CSU-Fraktion haben wir schon eine Interessensgruppe dazu gegründet, die besteht aus lauter Jägern. Da thematisieren wir die Belange der Jagd. Und was die eigentlichen Themen des Wirtschaftsausschusses betrifft, sind wir sehr aktiv und gestalten mit, auch wenn es mal Bundesthemen sind. Der bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger legt ja seine Schwerpunkte gerade auf andere Felder, wo er keine Verantwortung und Handlungskompetenz hat, anstatt Wirtschaftspolitik für Bayern zu machen. Als CSU haben wir beispielsweise die Sache mit der höheren Mehrwertsteuer für die Gastronomie noch einmal diskutiert und Anträge formuliert. Zudem gehen wir die Entbürokratisierung mit Nachdruck an.
„Redet’s nicht mehr darüber, weil sowieso nichts geschieht“
Ach, tatsächlich. Wieder einmal.
Ja, ich weiß (schmunzelt). Viele sagen: Redet’s nicht mehr drüber, weil sowieso nichts geschieht (schmunzelt). Aber als Fraktion setzen wir das Thema ganz oben auf die Agenda. Und gerade die neuen Landtagsmitglieder sind der Meinung, dass man bei diesem steigenden Bürokratie-Wahn nicht mehr wie das Kaninchen vor der Schlange einfach nur dasitzen kann. Man kann da nicht weiter zusehen – irgendwann muss ein Stopp her. Wir wollen das Leben der Menschen wieder einfacher machen. Deswegen habe ich Anfang Januar aufgerufen, dass mir die Menschen Ideen und Erfahrungen schicken sollen, an welchen Stellen – aus der Praxis heraus – es Probleme mit der Bürokratie gibt. Bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Metzger, beim Landwirt, im Vereinsleben und so weiter und so fort. Ich habe über 100 Zuschriften bekommen. Im zweiten Schritt kümmern wir uns dann um Lösungen. Ein weiteres Thema?
Gerne.
Mir ist es wichtig – nicht nur, weil ich Wirtschaft studiert und dort viele Jahre Praxiserfahrung gesammelt habe – dass ich unsere regionalen Unternehmen im Auge behalte. Ein Abgeordneter hat meiner Meinung nach die Aufgabe, nah dran zu sein an den Firmen in seinem Wahlkreis. Ich möchte bei der Vernetzung genauso helfen wie bei Förderungen. Unsere Region darf nicht nur von der Natur und der guten Luft leben, sondern muss auch darauf achten, wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben.
Interview: Helmut Weigerstorfer
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Landwirtschaft, Kreuzerlass, Gendern, Asylpolitik, AfD, Verwaltungsgericht Freyung, Krankenhäuser – im zweiten Teil unseres Intervies mit MdL Stefan Ebner geht es um derzeit prägende politische Themen auf Landesebene, aber auch in seinem Wahlkreis.