Freyung. Die bayerischen Spitzenpolitiker scheinen ein neues, lohnenswertes Ausflugsziel entdeckt zu haben: In Sachen Landesgartenschau sowie Nationalpark(-Erweiterung) waren Söder, Glauber, Kaniber & Co. zuletzt regelmäßig im Bayerischen Wald vertreten. So auch am Dienstagvormittag: Am 1. August hat eine Sitzung des Kabinetts in der Volksmusikakademie in Freyung stattgefunden. Dabei wurden bei der obligatorischen Pressekonferenz nach der Zusammenkunft einige verheißungsvolle Verkündigungen gemacht. Die Frage, die sich viele nun stellen: Bleibt es – wieder einmal – nur bei Versprechungen?
Trainings- und Tagungszentrum der Polizei
Einen „Durchbruch“ in Sachen geplantes Trainings- und Tagungszentrum der Polizei verkündete eingangs Ministerpräsident Markus Söder. Nun könne man mit diesem Projekt, „das lange in der Luft hing“, endlich starten. Man hätte sich mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich bis Ende September noch die geschlossene Bavaria Klinik befand (da Hog’n berichtete mehrfach), auf einen Preis einigen können. „Der weitere Kauf ist eigentlich Formsache“, wie Bauminister Christian Bernreiter deutlich machte.
„Vergleichbar mit Ansiedlung der Bundeswehr in den 60er-Jahren“
Und auch den Rest wolle man in „Rekordzeit“ umsetzen. „Ein Umbau ist nur in Teilabschnitten nötig“, sodass einer „schnellen polizeilichen Nutzung“ nichts im Wege stehe. Bis zu 240 Polizisten sollen in absehbarer Zeit am Geyersberg Intensivtrainingseinheiten absolvieren können. Bereits im Dezember soll Bernreiter zufolge der entsprechende Haushaltsbeschluss gefasst werden, ehe ein Generalplaner beauftragt werden kann. Auf Nachfrage, wann denn konkret erste Beamte vor Ort sein werden, antwortet der Verkehrsminister vage: „So schnell wie möglich.“
Die Verkündung, dass die Polizeiakademie fix nach Freyung kommen soll, sah Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich als „große Signalwirkung“. Ein derart komplexes Vorhaben konsequent „aufs Gleis zu setzen ist der Beweis dafür, wie leistungsfähig unsere Verwaltung ist“. Zudem lasse sich laut Heinrich „so eine große Narbe der Stadt endgültig heilen“. Landrat Sebastian Gruber freute sich nicht nur für seinen Heimatort, sondern für ganz Freyung-Grafenau: „Das ist ein bayernweites Pfund und gleichzusetzen mit der Ansiedlung der Bundeswehr in den 60er Jahren.“
„Wir können Sanierung nicht alleine stemmen“
Verkehr
Der ÖPNV im Bayerwald soll weiter gestärkt werden, darin waren sich Ministerpräsident Söder sowie die Staatsminister Hubert Aiwanger und Christian Bernreiter einig. Es sollen aber nicht nur Tickets verbilligt, sondern allen voran der On-Demand-Bereich weiter ausgebaut werden. „Wir brauchen aber auch weiterhin die Straße“, betonte Bernreiter. Die B533 werde deshalb derzeit umgebaut, nach der Gartenschau soll der „Kreisverkehr in Freyung“ höhenfrei umgestaltet werden, die B11 in Regen stünde im Fokus und es sollen weitere Überholspuren auf den Hauptverkehrsadern des Bayerwaldes entstehen.
Auch die Nationalpark-Basisstraße war Thema. „Wir können die Sanierung nicht allein stemmen“, stellte Landrat Sebastian Gruber noch einmal fest. Er hätte aber rund um die Kabinettssitzung in Freyung vernommen, dass – sollten die 16 Millionen, die der Freistaat zur Verfügung stellt, nicht reichen – durchaus noch Gesprächsbereitschaft bestünde.
Weitere Themen
- Die Sanierung des Waldschmidthauses am Rachael soll im Jahr 2024 starten. „Somit würde eine große Lücke ertüchtigt werden“, sagte Landrat Gruber dazu
- Die Außenstelle des Landesamtes für Digitalisierung in Freyung soll bis 2025 weiter ausgebaut werden, weitere 40 Arbeitsplätze sollen entstehen
- Planungen für das Walderlebniszentrum Bodenmais werden „massiv beschleunigt. Nicht irgendwann, sondern jetzt“ (Markus Söder)
- Der Berufsschulstandort Waldkirchen soll mit der Fachkraft für Caravan- und Reisemobil-Bau eine weitere Fachrichtung bekommen
„Heizen ohne Holz schließen wir aus“
- Krankenhäuser der Region sollen erhalten bleiben. Markus Söder dazu: „Die Pläne aus Berlin lehnen wir ab.“
- Stärkung des Glasstandortes – auch in kultureller Hinsicht. Das Budget für die Glasgründerwerkstatt in Zwiesel und Glas-Netzwerk Arberland steigt laut Ministerpräsident auf zwei Millionen Euro – und werde somit vervierfacht.
- „Heizen ohne Holz schließen wir aus“, versicherte Söder
- Das Bauen kommunaler Infrastruktur soll beschleunigt und zudem die Schaffung von Eigenheimen durch Zinsverbilligungen unterstützt werden
- Wirtschaftsminister Aiwanger zufolge soll die „Tourismus-Perle“ Bayerwald weiter ausgebaut werden – u.a. durch die Seilbahnförderung und einem Fokus auf Schneekanonen. „Wir brauchen Sommer- und Wintertourismus.“
Die am 1. August stattgefundene Pressekonferenz im original Re-Live-Stream (ab 6:30):
Reaktionen: Zügige Umsetzung „wäre neu“
- MdL Max Gibis (CSU): „Mit der Klinik Bavaria als Standort für das Fortbildungs- und Tagungszentrum der bayerischen Polizei können zwei Fliegen mit einer Klatsche geschlagen werden. Zum einen haben wir einen fast bezugsfertigen Standort für das im Jahr 2022 versprochene Fortbildungs- und Tagungszentrum der bayerischen Polizei und können es nun zeitnah umsetzen. Und zum anderen haben wir eine wunderbare Nachnutzung der leer stehenden ehemaligen Rehaklinik am Geyersberg gefunden. Man kann nun alle Beteiligten nur beglückwünschen. Die Klinik Bavaria hat eine Nachnutzung gefunden, der Freistaat Bayern eine optimale Immobilie sowie die Stadt Freyung um Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich erhält zeitnah eine staatliche Einrichtung mit geschätzten 80 dauerhaften Arbeitsplätzen.“
- MdL Alexander Muthmann (FDP): „Jetzt hat sich die Staatsregierung schon so oft für Ankündigungen feiern lassen. Doch damit ist es nicht getan: Nun muss das alles auch endlich einmal zügig umgesetzt werden. Und das wäre neu!“
- Rudolf Presl (Geschäftsführer Bavaria Klinik Freyung GmbH & Co. KG, Auszug einer Pressemitteilung): „Mit großer Freude kann ich heute berichten, dass das Unternehmen Bavaria Klinik Freyung, vertreten durch Herrn Rudolf Presl, sich mit dem Freistaat Bayern auf eine mögliche Nutzung als Tagungszentrum/Akademie für die Polizei geeinigt haben. So konnte dem Freistaat Bayern zum 31. Juli 2023 ein unkündbares Angebot übergeben werden, das der Freistaat jederzeit annehmen kann. In den nächsten Monaten werden die sicherlich umfangreichen, notwendigen Planungen zur teilweisen oder ganzen Inbetriebnahme der geplanten Tagungsstätte/Akademie durch den Freistaat durchgeführt. Die Vertragspartner haben vereinbart, dass die inhaltlichen Details der Absprachen nicht öffentlich kommuniziert werden.“
- MdL Christian Flisek (SPD): „Besser spät, als nie. Gut, dass endlich ein geeigneter Standort für das Polizeitagungszentrum in Freyung gefunden wurde. Der entscheidende Beschluss im Haushaltsausschuss wird allerdings erst nach der Landtagswahl mit neuen Mehrheiten erfolgen. Man kann nur hoffen, dass sich eine künftige Staatsregierung und vor allem der künftige Haushaltsgesetzgeber an die getroffenen Beschlüsse gebunden fühlt. Leider konnte innerhalb der Koalition keine Einigung hinsichtlich der längst versprochenen Errichtung eines Verwaltungsgerichts in Niederbayern erzielt werden. Es ist kein gutes Zeichen, dass die CSU die unselige Blockade der Freien Wähler nicht brechen konnte. Die Bilanz der Staatsregierung bei den zu Beginn der Legislaturperiode vollmundig angekündigten Behördenverlagerungen für den Bayerischen Wald bleibt daher leider mau. Darüber kann auch das heutige PR-Feuerwerk nicht hinwegtäuschen.“
Helmut Weigerstorfer
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- Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung: Bericht aus der Kabinettssitzung (einfach klicken)