Vyšovatka. Karel Jakoubek aus Vyšovatka (zu Deutsch: Scheiben), einer kleinen Ortschaft in der Böhmerwald-Gemeinde Buk (Buchen), östlich von Vimperk (Winterberg) und etwa 35 Kilometer vom Grenzort Philippsreut entfernt gelegen, hat über viele Jahre hinweg Kamerunschafe gezüchtet. Doch dann bekam er ein Problem, das im Laufe der Zeit massiv zugenommen hat: Seine Herde verkleinerte sich immer mehr. Für diese Entwicklung gab es ihm zufolge einen konkreten Grund: nach Nahrung suchende Wölfe.
Aufgerissene Bäuche, aus denen Innereien hervorquellen, Knochen, Blutspuren. Der Anblick der getöteten Tiere ist wahrlich nichts für schwache Nerven und erinnert an den Vorfall von Jandelsbrunn im März 2023 (da Hog’n berichtete), bei dem ebenfalls Kamerunschafe einem oder mehreren Wölfen zum Opfer gefallen sind. Ein Anblick, der den tschechischen Züchter zum Handeln zwang – und ihn auf einen Spießrutenlauf durch verschiedene Institutionen schickte. Ergebnis: Er fühlt sich bis heute alleine gelassen.
Werde gewiss kein „Futter“ für Wölfe mehr züchten
Im September vergangenen Jahres, nachdem Wölfe ein weiteres Mal seine Herde angingen, sandte Karel Jakoubek eine Beschwerde (siehe unten) an alle möglichen tschechischen Behörden – wegen Untätigkeit. Das Gemeindeamt von Buk kontaktierte ihn daraufhin mit der Aussage: „Wir haben Ihre E-Mail registriert und haben den Nationalpark Böhmerwald (Šumava) informiert.“ Jan Mokrý, Leiter der zoologischen Abteilung im Šumava, habe in der Folge dem Gemeindeamt rückgemeldet, dass die Überprüfung derartiger Sachverhalte in der Regel etwa zwei Monate dauere.
Fotos der Kamerunschafe, die von Wölfen getötet wurden (September 2023):
Anschließend kontaktierte Jakoubek das Regionalbüro in Budweis (České Budějovice), Abteilung für Umwelt, wo ihm mitgeteilt wurde, dass man den gesamten Vorfall bearbeiten und diesen gemäß dem vorgegebenen Verfahren an das Finanzministerium weiterleiten würde. Der geschädigte Schafzüchter wurde daraufhin von der Staatsbehörde kontaktiert – und ihm wurde mitgeteilt, dass seine Beschwerde an die entsprechende Sachverständigenabteilung weitergeleitet worden sei. Die Gemeinde Winterberg ließ Jakoubek ausrichten, dass sie in dieser Angelegenheit nicht zuständig sei – und verwies ihn an die Nationalparkverwaltung.
Die von Karel Jakoubek im September 2023 eingereichte Beschwerde im Wortlaut:
„Hiermit reiche ich eine Beschwerde gegen die Untätigkeit der zuständigen Behörden in Sachen Wölfe in Vyšovatka ein. Im Jahr 2010 begann ich mit der Zucht von Kamerunschafen – ausschließlich auf Weideflächen, die sonst nicht genutzt wurden. Im Laufe der Zeit wuchs die Herde auf 30 Tiere an. Alles hat gut funktioniert, der Zaun war in Ordnung.
Vor zwei Jahren etwa gab es dann den ersten Wolfsangriff, bei dem zwei meiner Schafe getötet wurden. Ich habe den Vorfall der Polizei in Winterberg gemeldet. Sie haben ihn dort registriert – und damit war die Sache erledigt. In diesem Frühjahr gingen weitere Schafe verloren. Vor drei Wochen verschwanden über Nacht zehn Schafe. Ich habe alles nochmals der Polizei gemeldet.
Letzte Woche gab es erneut einen Verlust von sieben Schafen: Zwei habe ich in der Nähe des Grundstückszauns gefunden, eines davon teilweise angefressen, das andere gerissen. Ich ging erneut zur Polizei, wo ich schließlich mit Jan Mokrý vom Nationalpark Böhmerwald in Verbindung gesetzt wurde. Er führte eine Vor-Ort-Besichtigung inklusive Fotodokumentation durch. Anschließend schickte er mir einen Antrag auf Entschädigung, den ich zusammen mit den tierärztlichen Befunden an das Südböhmische Bezirksamt in Budweis schickte. Bis dato habe ich keine Antwort bekommen.
Ich möchte nun wissen, warum die zuständigen Behörden nicht handeln, wenn Schafe (Vyšovatka), Kälber (V. Březí), Damwild (Pravětín) und Hunde (Radhostice) angegriffen und getötet werden. Jeder entschuldigt sich im Namen des Ministeriums, das natürlich auch nicht handelt. Die Zahl der Wölfe in Winterberg ist bereits auf 58 angewachsen. Werden wir nun abwarten, bis die Wölfe den Menschen angreifen? Weil die Tiere ihre Angst vor dem Menschen verloren haben? Ich kann nachvollziehen, warum unserer Vorfahren diesen Schädling in unserem Gebiet ausgerottet haben. Zweihundert Jahre lang haben wir ohne Wölfe gelebt – bis jemand dachte, dass wir ohne den Wolf nicht leben können. Doch das ist absoluter Unsinn!
Ich habe leider keine Schafherde mehr – und ich werde gewiss kein „Futter“ für Wölfe mehr züchten. In unserem Rechtsstaat ist das Töten eines Wolfes ein größeres Verbrechen als das Töten eines Menschen. Ich bin gegen die Existenz von Wolfsrudeln auf unserem Territorium. Es bringt nichts – außer Schaden.“
Wolfspopulation auf böhmischer Seite gestiegen
Im Juli 2023 hatte sich da Hog’n mit Šumava-Mitarbeiter Jan Mokrý zuletzt über die Wolfspopulation im Böhmerwald unterhalten. Damals erklärte er, dass die Zahl der bekannten Wolfsterritorien die gleiche sei wie im Wolfsjahr 2021/2022, als in vier von ihnen eine Fortpflanzung stattfand: in den Rudeln Železná Ruda, Srní, Borová Lada und Zadní Zvonková. „Zwei Territorien wurden von Wolfspaaren neu besetzt: in der Pilsner Region in der Umgebung von Pancíř und in der Südböhmischen Region bei Boubín“, informierte Mokrý weiter und ergänzte: „Im Jahr 2022 gab es überall Nachwuchs, mit Ausnahme des Rudels Srní“, dem ersten Rudel im Böhmerwald, dessen Vermehrung im Jahr 2017 erstmals festgestellt wurde.
Das via Social Media verbreitete Video mit heulenden Wölfen soll zwischen Volary und Blažejovice aufgenommen worden sein:
Zum damaligen Zeitpunkte schätzten Experten die aktuelle Wolfspopulation auf 36 Individuen – etwa ein Viertel größer als im Jahr 2021. Sollte die Zahl von Karel Jakoubek, der die Wolfspopulation in seinem Beschwerdebrief auf mittlerweile 58 Exemplare beziffert, stimmen, hätte sich die Anzahl der Wölfe innerhalb eines Jahres auf tschechischer Seite erneut beträchtlich vergrößert…
Ein Beitrag in Zusammenarbeit mit unserem tschechischen Partnerblog sumava.eu
„Es bringt nichts außer Schaden“. Nein, es bringt Freude, dass wir die Welt wieder teilen mit diesen schönen Geschöpfen. Ansonsten könnten wir gleich alle Beutegreifer töten, weil sie sich erdreisten, andere Tiere zu fressen. Entschädigt den Typen und wenn er sich keine entsprechenden Schutzmaßnahmen leisten kann oder will, soll er halt keine Schafe züchten. Ist ja nicht sein Naturrecht Schafzüchter zu sein. Sollen wir alle Haie ausrotten, weil es immer wieder zu unschönen Szenen kommt?
Hallo, das ist ein vielleicht teilweise richtiger Kommentar, was das Existenzrecht Wölfe betrifft. Aber aber doch recht unschön und auch herabsetzend formuliert, und natürlich bar jeder Anteilnahme. Armes Deutschland, noch dazu weil es soch um einen Vorfall aus Tschechien handelt, nur 2h Laufweg von den Wölfen entfernt! Wir sollten froh sein um solche Informationen, somit sind wir Haustier- und Nutztierhalter zumindest etwas vorgewarnt, und können uns „gscheide Schutzmassnahmen“ sowie Verhaltensregeln im Wald vorab überlegen, soweit sinnvoll. Und du bleib lieber in der Stube und schau Haifilme.
traurig wenn Wildtiere wichtiger sind als Nutztiere, Nahrungsmittel