Jandelsbrunn. Der Wolf ist auf dem Vormarsch in Mitteleuropa – und somit auch im Bayerischen Wald. Das ist längst kein Geheimnis mehr. Ein Zeichen dafür sind nicht nur die zunehmend dokumentierten Populationen, sondern auch die Einzelnachweise, die sich laut Monitoring-Bericht des Landesamts für Umwelt häufen. Allein 31 sog. C1-Nachweise führt die LfU-Liste seit Beginn des Jahres. Darunter befindet sich nun auch der Vorfall vom 21. März bei Jandelsbrunn (da Hog’n berichtete). Daher besteht nun Gewissheit: Es war ein Wolf, der die Schafe gerissen hat.
„Genetik (Rissabstrich – Nutztier)“ lautet der kurze Vermerk in der dritten Spalte namens „Hinweisart„. Die Auswertung der genetischen Proben nahm – wie erwartet – zehn Tage in Anspruch. Der Wolf konnte DNA-analytisch nachgewiesen werden, nachdem ein Mitglied des Netzwerks „Große Beutegreifer“ den Vorfall bei Jandelsbrunn dokumentiert und einen Abstrich genommen hatte.
„Keine Bedrohung des Menschen durch den Wolf“
„Dazu gibt’s eigentlich nicht mehr viel zu sagen“, kommentiert der betroffene Schafhalter (Name der Redaktion bekannt) das aus seiner Sicht wenig überraschende Ergebnis. Er sei von Anfang an davon ausgegangen, dass es sich um einen Wolfsriss handeln musste. „Für mich war es wichtig, dass dies nun offiziell bestätigt wird“, teilt er gegenüber dem Hog’n mit – und ergänzt: „Künftig werde ich Weidetiere nur noch halten, wenn ich einen absolut wolfssicheren Zaun habe – wobei es ja einen hundertprozentigen Schutz nie geben wird.“
„Solange es einzelner Wolf ist, der durchzieht, besteht keine Gefahr für unser heimisches Vieh“, ist Josef Nußer, erster Vorsitzender der Wolfsteiner Jägerschaft, überzeugt – und fügt hinzu: „Wir werden uns dem großen Beutegreifer nicht verwehren können.“ Der Luchs sei bekanntlich schon wieder in der Region heimisch geworden, der Wolf werde sich künftig ebenso mehr und mehr ansiedeln, glaubt Nußer. „Und wenn sie keine Wildtiere als Beute bekommen, bedienen sie sich eben bei den Weidetieren.“ Die Folge: „Wir Jäger müssen dafür sorgen, dass genügend Wild übrig bleibt. Ich sehe aber insgesamt keine Bedrohung des Menschen durch den Wolf.“
Bilder, die das Ausmaß des Wolfsriss bei Jandelsbrunn dokumentieren:
Jandelsbrunns Bürgermeister Roland Freund findet es „natürlich sehr schade, dass die Tiere verenden mussten“ und für verweist für weiterführende Informationen an das Landratsamt Freyung-Grafenau. Die dort ansässige Untere Naturschutzbehörde war bis dato jedoch für eine Stellungnahme nicht bereit.
Ereignisgebiet mit Radius von zehn Kilometern
Der Wolfs-Nachweis bei Jandelsbrunn hat jedenfalls Auswirkungen hinsichtlich der „Förderung von Investitionen in Herdenschutzmaßnahmen gegen Übergriffe durch den Wolf“, wie die entsprechende Richtlinie (kurz: FöRIHW) betitelt ist.
Laut LfU wird nun ein offizielles Ereignisgebiet ausgewiesen – somit werden in einem gewissen Umkreis um den Nutztierriss entsprechende Schutzmaßnahmen generell förderfähig – sowohl für private als auch gewerbliche Nutztierhalter. „Bei aktuellen Wolfsereignissen (…) außerhalb der bekannten Gebiete mit standorttreuen Wölfen werden sog. Ereignisgebiete mit einem Radius von zehn Kilometern ausgewiesen. Diese sind sowohl in die Förderkulisse für Herdenschutzzäune als auch in die Förderkulisse für Herdenschutzhunde integriert“, ist auf der LfU-Website zu lesen. Ansprechpartner ist hier das Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF). Weitere Infos in Sachen Förderung vermittelt auch die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).
„Die Rückkehr von Luchs, Wolf oder Bär stellen Nutztierhalter, insbesondere bei der Ausübung einer extensiven Beweidung, vor teilweise erhebliche Probleme. Große Beutegreifer sind sehr anpassungsfähig und lernen schnell, wo sie relativ leicht an Nahrung gelangen können. Über Präventionsmaßnahmen, insbesondere beim Herdenschutz, sollen hier mögliche Konfliktbereiche minimiert werden.“ (LfU Bayern)
Umweltminister fordert mehr rechtliche Instrumente
Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber fordert vom Bund erweiterte rechtliche Instrumente für das Wolfsmanagement zum Erhalt der Weidewirtschaft, der Schafhaltung und der Alm- und Alpbewirtschaftung, wie das Umweltministerium jüngst mitteilte. „Der Bund muss jetzt handeln“, so der Minister.
„Die Weidewirtschaft leistet einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft und zum Artenschutz. Es ist unser klares Ziel, die für die Artenvielfalt so wichtige Weidetierhaltung auch bei Wolfsanwesenheit in Bayern flächendeckend und dauerhaft zu erhalten. Der Beginn der diesjährigen Weidesaison steht vor der Tür. Wir brauchen endlich die angekündigten Rechtsänderungen, um die Weidetierhaltung zu unterstützen.“
Allein von Mai 2020 bis Ende 2022 sind laut Umweltministerium in Bayern mehr als zehn Millionen Euro für die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen aufgewendet worden.
Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer
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