Waldkirchen. Mit erst 33 Jahren zählt Josef Süß definitiv zur jüngeren Garde der regionalen Politikvertreter. Dem Sozialpädagogen aus Waldkirchen liegt dabei vor allem – wie könnte es bei einem SPD-Anhänger typischerweise auch anders sein – das menschliche Miteinander am Herzen. Er ist davon überzeugt, „dass wir die soziale Partei in Deutschland sind, die am nächsten am Menschen dran ist“.
Bei der SPD bekleidet Josef Süß auf regionaler Ebene so einige Posten: Er ist u.a. Vorsitzender des Ortsvereins Waldkirchen, stellv. Vorsitzender des Kreisverbands, stellv. Vorsitzender des Unterbezirks Deggendorf, Beisitzer der Niederbayern-SPD sowie Jusos-Vorsitzender auf FRG-Kreisebene und im Unterbezirk Deggendorf. Zudem sitzt er im Waldkirchener Stadtrat, wo er als Fraktionssprecher der SGÖ-Fraktion (SPD, die Grünen, ÖdP) fungiert. Sozial engagiert er sich u.a. als Jugendleiter der BRK-Wasserwacht Waldkirchen oder als Vorstandsmitglied im BRK-Kreisverband Freyung-Grafenau.
„… und macht Gesetze, die nicht allen gefallen“
Blickt man auf die aktuellen Umfrage-Werte der Bayern-SPD, hat sich im Vergleich zum „katastrophalen SPD-Ergebnis“ (Flisek) bei der Landtagswahl 2018 offenbar herzlich wenig getan in Sachen Wählergunst. Die einstige „Volkspartei“ dümpelt weiter unter zehn Prozent vor sich hin. Was ist da los bei den Sozialdemokraten? Hat man sich inzwischen aufgegeben?
Aktuelle Umfragewerte zeigen ein zweistelliges Ergebnis. Zufrieden bin ich damit nicht. Wir leben in Zeiten, in denen sich die neue Generation von Wählerinnen und Wählern nicht mehr auf eine bzw. die Partei festlegt. Außerdem leben wir in einem Landkreis, der ohnehin wenig für die SPD übrig hat. Ich versichere: Man hat sich bisher nicht aufgegeben. Wir haben noch funktionierende Ortsverbände, viele Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte, die sich für die Belange der Kommunen einsetzen.
Was denken Sie: Wie „sozial“ ist diese Partei eigentlich noch? Und: Warum haben Sie sich für dieses Parteibuch einst entschieden?
Ich denke, dass wir die soziale Partei in Deutschland sind, die am nächsten am Menschen dran ist. Wir sind eine Partei, die mit sozialer Politik an alle denkt. Heil und Pistorius machen es im Bund vor. Ich habe mich im Herbst 2013 für die SPD entschieden, weil es die für mich am besten passende Partei bzw. Gruppierung war, die meine Inhalte und Werte für die Gesellschaft vertritt und dafür einsteht.
Mit knapp über 30 Jahren vertreten Sie die jüngere Generation der SPD. Was haben „die alten“ Sozialdemokraten falsch gemacht, was „die jungen“ nun ausbaden dürfen?
Muss es immer die Schuldfrage sein? Ich sehe es eher als Generations- und Entwicklungsänderung in unserer Gesellschaft. Die Themen vor 20 Jahren sind sicherlich noch vorhanden, aber nicht mehr dieselben. Durch den demografischen Wandel und der Entwicklung der Welt ist es immer schwieriger, das Richtige zu tun und alle Bürgerinnen und Bürger mitnehmen zu können. Was ich aber kritisiere, ist, dass derzeit im Bund die Ampel zerschossen wird. Wir hatten 16 Jahre eine CDU-geführte Regierung – in dieser Zeit sind soziale und gesellschaftlich wichtige Regelungen nicht gemacht worden. Die Ampel „räumt“ dies nun auf – und macht natürlich Gesetze, die nicht allen gefallen.
„Ich stehe der Kindergrundsicherung positiv gegenüber“
Ihr Schwerpunktthema ist eine Politik im Sinne der Kinder. Denken Sie, dass für Kinder und Jugendliche in Bayern ausreichend getan wird?
Eins meiner Schwerpunkte sind die Kinder und Jugendlichen unseres Freistaates. Und nein, es wird nicht ausreichend für sie getan. Wir brauchen unter anderem mehr Bus und Bahn im ländlichen Raum bzw. im gesamten Freistaat; wir brauchen günstige bis kostenlose Tarife; wir müssen Schulen kostenlos machen, denn eine gute Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein; wir brauchen endlich die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunal- und Landtagswahlen – die Mitbestimmung bei politischen Entscheidungsprozessen muss mit den betreffenden Menschen getroffen werden; zudem müssen wir den Zugang zu Freizeiteinrichtungen und Sportstätten sowie kulturellen Angeboten erhalten.
Eine wichtige Rolle wird die Einbindung von multiprofessionellen Teams – Erzieher, Lehrkräfte, Sozialpädagogen etc. – spielen. Auf meinen Stimmkreis bezogen, geht’s um bedarfsorientierte und kindgerechte sowie standortsichernde Maßnahmen, wie Neubau von Kindergärten mit neuen pädagogischen Konzepten oder inklusiven Schulen.
Wie stehen Sie zur Kindergrundsicherung?
Ich stehe der Kindergrundsicherung positiv gegenüber. Wir führen mit der Kindergrundsicherung Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderregelbedarf aus Bürgergeld und Sozialhilfe sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets zusammen.
Ebenso stehen die Themen Kommunales, Soziale Bereiche und Ehrenamt/Vereine auf ihrer Agenda. Was können bzw. wollen Sie hier bewegen?
Die Zukunft der Kommunen wird davon abhängig sein, ausreichend Fachkräfte für die kommunale Verwaltung sowie kommunal engagierte Bürgerinnen und Bürger zu finden. Des Weiteren ist die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel seitens der Kommunen selbst, aber auch von Bund und Land notwendig, um zukunftsorientierte Infrastrukturprojekte umzusetzen – was wiederum notwendig ist, zukünftig die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen zu gewährleisten.
„Den rechten Rand nicht gewinnen lassen“
Die Grundlage jeder modernen Sozialpolitik ist die Bereitstellung ausreichender finanzieller und personeller Mittel. Nur dadurch kann die Pflege älterer Menschen aber auch die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben sichergestellt werden. Bezahlbarer Wohnraum, eine kostengünstige Gesundheitsvorsorge sowie eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur sichern die großen sozialen Herausforderungen der Zukunft.
Ohne das Ehrenamt und die Vereine wäre der Freistaat nicht der, der er ist. Wir müssen deshalb die ehrenamtlichen Strukturen unterstützen und finanziell besser ausstatten. Anreize und Steuererleichterungen können auch hier den Kräftemangel ein wenig beheben. Unsere vielfältigsten Vereine gehören auf höchstem Niveau gewürdigt und ebenso unterstützt. Ohne diese Einrichtungen würden viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene keine gesellschaftliche Gemeinschaft haben und erleben können.
Thema Rechtsruck auf dem Lande: Was denken Sie, warum die AfD im Bayerischen Wald so viele Wähler hat? Und: Wie schafft die SPD es, im Woid wieder mehr Wählerstimmen zu bekommen?
Die Politik darf die Nähe zum Menschen nicht verlieren, sie muss die Basis mitnehmen und sie teilhaben lassen. Viele Entscheidungen – sei es in Berlin, aber auch in Bayern – sind für viele unserer Mitmenschen zu unverständlich oder erzeugen Missdeutung. Seit 75 Jahren sichert das Grundgesetz das demokratische Zusammenleben in Deutschland. Wer einen „Führerstaat“ anstelle einer demokratischen, inklusiven und gerechten Gesellschaft will, ist Gegner aller demokratischen Parteien.
Bildung, Aufklärung und Prävention stehen an erster Stelle, um rechtes Gedankengut gar nicht erst entstehen zu lassen. Zivilgesellschaftliches Engagement, Solidarität und Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte sind notwendig im Kampf gegen Rechts. Die Gesetzgebung muss die Grundlage schaffen, um die Strafverfolgungsbehörden in ihrem Vorgehen gegen rechtsextreme Verbrechen abzusichern. Die SPD ist Teil dieser gesamtgesellschaftlichen Sache. Es ist keine Parteienaufgabe, sondern ein Kraftakt der gesamten Menschheit, den rechten Rand nicht gewinnen zu lassen.
„Auf Augenhöhe und nah an den Bürgern“
Thema Klimawandel: Wie sehr/in welchen Bereichen ist ihr Stimmkreis davon betroffen? Und: Was müsste auf kommunaler Ebene unternommen werden, um gegen die Auswirkungen des Klimawandels künftig gewappnet zu sein?
Ich würde dies nicht nur auf meinen Stimmkreis beschränken, denn weitreichender Klimaschutz ist notwendig, um den Klimawandel einzudämmen und die Zukunft unseres Planeten zu sichern. Weitreichender Klimaschutz fordert ein Umdenken in allen Lebensbereichen, fordert eine Zusammenarbeit auf internationaler Ebene und globales Denken. Weitreichender Klimaschutz muss sozial verträglich gestaltet werden und darf den Einzelnen nicht allein lassen. Finanzielle Förderprogramme und zeitlich überschaubare Stufenpläne sind notwendig, um alle Bürgerinnen und Bürger bei den Klimaschutzmaßnahmen mit ins Boot zu holen.
Das gesamte Spektrum alternativer und erneuerbarer Energien sichert sowohl die Energiewende wie auch die nachhaltige Energieversorgung von Wirtschaft und privaten Haushalten – und leistet seinen Beitrag zum Klimawandel ebenso wie es Arbeitsplätze sichert. Es müssen zukünftig alle Anstrengungen unternommen und alle Förderungen ausgeschöpft werden, um den riesigen zukünftigen Energiebedarf zu sichern. Finanzielle Anreize und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen sind unabdingbar.
Was würde die typische Süß’sche Handschrift im Münchner Landtag im Falle eines Einzugs ausmachen? Welchen Politikstil wollen Sie sich auf die Fahnen schreiben?
Ich stehe für eine bürgernahe und sozial gerechte Politik. Dabei sind mir Themen wie die Zukunft der Kommunen, soziale Kinder- und Jugendarbeit, moderne Sozialpolitik, alternative und erneuerbare Energien sowie ein weitreichender Klimaschutz besonders wichtig. Ich werde den gesamten Freistaat Bayern im Blick haben und alle Mitbürgerinnen und Mitbürger repräsentieren. Ein „Weiter so“ wird es mit mir nicht mehr geben! Wir müssen anpacken und eine sozial gerechte Politik gemeinsam gestalten und umsetzen – auf Augenhöhe und nah an den Bürgerinnen und Bürgern unserer Region.
Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer