Arnschwang/Bayerischer Wald. Die Europamedaille aus den Händen von Staatsministerin Melanie Huml ist eine weitere Auszeichnung, die sie natürlich ehrt und mit Stolz erfüllt. Weitaus wichtiger als derart öffentlichkeitswirksame Verleihungen betrachtet Heidi Wolf allerdings das, was sie mit ihrer Arbeit vor Ort erreicht hat. Der Journalistin liegt seit jeher das deutsch-tschechische Miteinander am Herzen. Die Völkerverständigung war und ist ein wesentlicher Teil ihrer Berichterstattung – und ihres Lebens. Als die wohl größte Anerkennung gilt deshalb ihr Beitrag zum inzwischen überaus harmonische Zusammenleben von Bayern und Böhmen, die jahrzehntelang durch den Eisernen Vorhang getrennt waren.
Geboren im oberpfälzischen Arnschwang, bezeichnet sich Heidi Wolf als „in Niederbayern sozialisiert“. Vor allem der Bayerische Wald hat es ihr angetan. „Mir liegt die Mentalität der Waidler. Zwar muss man mit den Menschen hier erst warm werden – aber dann sind sie umso herzlicher.“ Diese oft dargestellte Charaktereigenschaft der Bevölkerung zwischen Dreisessel und Pröller gehöre genauso zur Region wie die einstige Grenze am Schlagbaum in Richtung Osten. Bereits vor dem Ende des kommunistischen Regimes besuchte sie im Rahmen ihrer journalistischen Arbeit Prag. „Damals eine graue Stadt. Nicht nur äußerlich, sondern auch gefühlsmäßig. Ich erinnere mich an die vielen Einschränkungen und Gebote, wenn ich dorthin gereist bin.“
Die Menschenkette in Eisenstein als Schlüsselerlebnis
Aus dem bedrückenden Gefühl wurde im Februar 1990 ein erstaunt-berauschendes. Schlüsselerlebnis war vor 31 Jahren die Menschenkette in Bayerisch Eisenstein, die symbolisch den Fall des Eisernen Vorhangs endgültig besiegelte. „Das war der Anlass, meine Berichterstattung in Sachen deutsch-tschechisches Miteinander auszudehnen.“ Und es entwickelte sich nicht nur ein Mehr an Arbeit, sondern es entstand daraus ein Lebensinhalt. Als BR-Redakteurin wurde Heidi Wolf, die ihr genaues Alter nicht verraten möchte („gut in den 60ern„), Korrespondentin für den Bayerischen Wald und den Böhmerwald. So begleitete sie von 1984 bis 2009 und 2014 bis 2017 alle maßgeblichen Entwicklungen in Sachen Annäherung zwischen Ost und West.
„Endlich waren alle Himmelsrichtungen unserer Welt frei zugänglich. Verständlicherweise war diese Freiheit zunächst von Skepsis begleitet. Mit der Zeit haben aber nicht nur ich, sondern alle Waidler regelrecht gebrannt darauf, das einstige verbotene Land zu entdecken“, beschreibt die oberpfälzische Niederbayerin die damalige Lage, die sich mehr und mehr zum Besseren wandte. Bis Corona kam. Die Pandemie und die damit verbundene Schließung der Grenze hatte für einen Einbruch gesorgt, sagt sie. „Einige Tschechen hatten wieder böse Bilder der Vergangenheit im Kopf. Sie haben die Rückkehr der Polizisten an den Grenzübergängen als Demütigung empfunden. Ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird.“
Helmut Weigerstorfer