Mauth/Freyung. Franz Staller war ein außergewöhnlicher Mensch, der sich gemeinsam mit seiner Frau Sophie trotz aller widriger Umstände und Nöte für ein kleines Dorf im hinteren Bayerischen Wald als Lebensmittelpunkt und Heimat entschied. Der Freyunger Heimatkundler und langjährige Betreuer des Wolfsteiner Heimatmuseums („Schramlhaus“) Max Raab hat sich mit der Geschichte des Mauther Kunstmalers und Lebenskünstlers befasst und seine Nachforschungen dankenswerterweise dem Onlinemagazin da Hog’n zur Veröffentlichung überlassen. Teil eins: Ein glücklicher Zufall.
(Die folgenden Angaben und Daten wurden aus den Sterberegistern Mauth und Freyung sowie dem Trauungseintrag des Standesamtes Nürnberg entnommen)
Franz Staller wurde am 27. Juni 1880 als Sohn des Architekten Wilhelm Staller und seiner Frau Walburga (geb. Müller) in München geboren. Er stammte also aus geordneten, wohlhabenden Verhältnissen. Am 23. April 1908 heiratete er in Nürnberg. Er war zu dem Zeitpunkt 28 Jahre alt. Als Beruf war in der Heiratsurkunde Kunstmaler eingetragen. Seine Auserwählte war Sophie Margarete Meyer, lt. Heiratseintrag ohne Beruf, geb. am 12. März 1866 in Nürnberg. Seine Angetraute war demzufolge 14 Jahre älter als er und bereits 42 zum Zeitpunkt der Eheschließung. Eltern der Braut waren der Großfragner Joh. Gg. Meyer und seine Frau Maria Sabine Charlotte Sophie, geb. Amon, aus Nürnberg – also auch hier ein gutsituiertes Elternhaus. Die Ausübung eines Berufes war daher für Sophie keine Notwendigkeit und bei Frauen des gehobenen Bürgertums zu dieser Zeit auch nicht üblich.
Doch der Zufall war ihm behilflich
Beide lebten ab 1922 in der Gemeinde Mauth. Sophie Staller starb am 30. August 1948 im Alter von 82 Jahren. Entgegen der allgemeinen Auffassung war Sophie Staller nicht von adeliger Abstammung. Franz Staller wurde 75 Jahre alt und starb am 11. Februar 1956 in Freyung. Eingetragene Todesursachen (Sterberegister) waren Adernverkalkung, Erschöpfungszustand und Kreislaufversagen. Als Berufsbezeichnung war auch hier der Begriff „Kunstmaler“ eingetragen. Wie schon seine Frau acht Jahre zuvor wurde Staller am Friedhof seiner Wahlheimat Mauth beerdigt.
„Vor einigen Jahren überprüfte ich das Depot des Wolfsteiner Heimatmuseums, darunter auch die Bildersammlung“, berichtet Max Raab. Dabei sind ihm zwei besondere Bilder aufgefallen: „Sie waren in Aquarelltechnik gefertigt, nicht besonders groß, etwa im DIN-A5-Format und einfach gerahmt.“ Das erste zeigte das Schloss Wolfstein von der Westseite als Gesamtansicht, das zweite detailliert den Schlossinnenhof in einer besonderen Maltechnik. „Da es sich um Originale handelte und sie zum Museum passten, nahm ich sie aus dem Depot und hing sie an einem schönen Platz in der großen Stube auf. Beide Bilder waren signiert mit Franz Staller.“
Trotz intensiver Suche war ein Maler dieses Namens Raab zufolge nirgends zu finden. Doch der Zufall war ihm behilflich. „Einige Tage später stand ein mir persönlich gut bekannter Besucher lange vor den Bildern und sagte, nachdem er die Signatur entziffern konnte, er kenne diesen Maler aus seiner Kindheit, die er in Mauth verbracht hatte.“ Dies war der Startpunkt für Max Raab und seine Nachforschungen in Sachen Franz Staller. „Es war mir nach und nach möglich, Zeitzeugen zu finden, die den armen Mauth’ler Maler, wie viele ihn bezeichneten, noch persönlich kannten und ihn in Erinnerung hatten. Freilich, sie alle waren damals noch Kinder, jeder hatte ihn ein bisschen anders im Gedächtnis, es lagen ja mehr als 60 Jahre dazwischen. Alle waren sich aber in einem Punkt einig: der Maler Franz Staller war eine außergewöhnliche Erscheinung. Das gleiche galt, vielleicht sogar noch etwas mehr, für seine Frau Sophie.“
Max Raab/da Hog’n
Im zweiten Teil unserer Serie über Franz Staller kommen Zeitzeugen zu Wort, die den Kunstmaler, der von 1922 bis 1956 in der Gemeinde Mauth lebte, gekannt haben. Max Raab: „Vor unserem geistigen Auge entsteht das Bild eines Menschen, wie ihn die Dorfgemeinschaft, in der er über 35 Jahre lebte, wahrgenommen und gesehen hatte. Und ihn nie akzeptierte.“