Freyung bekommt nun also doch kein Verwaltungsgericht – und Schuld daran ist allein der Perlesreuter Landtagsabgeordnete Manfred Eibl (Freie Wähler). Zumindest, wenn es nach der Auffassung der örtlichen CSU geht – allen voran Kreisvorsitzenden Olaf Heinrich und sein hyperventilierendes Gefolge, das nun sinngemäß die Kreuzigung Eibls einfordert. Er ist aus Sicht der FRG-Christsozialen der Sündenbock, der jetzt die volle Breitseite abbekommen soll, weil er „engagiert gegen unsere Stadt und gegen die Erweiterung unseres Amtsgerichts gearbeitet hat“, wie der Pressemitteilung des Freyunger CSU-Ortsverbands zu entnehmen ist. Da drängt sich die Frage auf: Ist diese Kritik, diese Reaktion, berechtigt? Machen es sich Heinrich & Co. da nicht etwas zu einfach?
Durch die von Eibl „völlig unnötig angezettelte Standortdebatte ist in unserem Landkreis großer Schaden entstanden“, befindet CSU- Kreisvorsitzender Olaf Heinrich, CSU-Landrat Gruber pflichtet dem bei. „Diese völlig unnötige, schädliche Debatte hat MdL Manfred Eibl unnötig vom Zaun gebrochen. Ich erwarte von ihm, dass er sich nun wenigstens leidenschaftlich dafür einsetzt seinen Fehler wieder gut zu machen“, fordert stellv. Kreisvorsitzender Simon Stockinger und ergänzt, dass es vermutlich der Unerfahrenheit Eibls zuzuschreiben sei, dass er noch nicht gewusst habe, wie schnell fehlende Geschlossenheit im Landkreis ausgenutzt werde.
„How dare you!“
Die Arroganz und Überheblichkeit eines knapp über 30-jährigen Emporkömmlings und „CSU-Akademie“-Absolventen gegenüber einem gestandenen Kommunalpolitiker wie Manfred Eibl ist für diese Partei bezeichnend und – um es mit den eigenen Worten der Kreis-CSU zu beschreiben – einfach nur „peinlich„.
Da hatte sich Perlesreuts Ex-Bürgermeister, der seit zwei Jahren im Münchner Landtag mitmischt und sich für die Belange des Bayerwalds einsetzt, doch tatsächlich erdreistet, selbst zu denken und den unverfrorenen Vorschlag einzubringen, man könnte doch auch Grafenau als Standort für ein mögliches niederbayerisches Verwaltungsgericht in Erwägung ziehen – weil in der Innenstadt eben gewisse Leerstände vorhanden seien, die sich dafür eigneten. Eine Überlegung, die aus Sicht der Freyunger CSU’ler an Majestätsbeleidigung grenzte. Grafenau, eine Stadt, die nicht einmal einen CSU-Bürgermeister hat, kein Amtsgericht besitzt und ohnehin schon von der Behördenverlagerung des Münchner Finanzamts im Übermaß profitiert. „How dare you!“ (zu Deutsch: Wie kannst du es wagen!), hätte Olaf Heinrich in Greta-Thunberg-Manier mit wutverzerrtem Gesichtsausdruck da am liebsten dem Freie-Wähler-MdL entgegen geschmettert…
Man braucht nun einen Prügelknaben, ein Bauernopfer. Doch wofür? Dafür, dass die Herrschaften Söder und Herrmann sich nicht durchsetzen konnten gegen den „kleineren Koalitionspartner“? Dass die beiden voreilig irgendwelche Versprechungen hinausposaunt hatten, um bei den Niederbayern im Allgemeinen und den leidgeprüften Waidlern im Besonderen punkten zu können? Um nun von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken?
„Reiner Populismus der Staatsregierung“
„Die Verlagerung des Verwaltungsgerichts nach Freyung ist einerseits reiner Populismus der Staatsregierung, weil es keinen sachlichen Grund dafür gibt. Andererseits reiner Egoismus der lokalen Politiker, die hier nur an eine Handvoll Arbeitsplätze denken – und mehr sind es nicht -, aber einem Großteil der Bevölkerung zumuten wollen nach Freyung zu kommen, obwohl dies mit öffentlichen Verkehrsmitteln praktisch ausgeschlossen ist“, kommentierte da vor Kurzem recht treffend einer unserer Leser – mit der Ergänzung: „Auch die Errichtung eines eigenen Verwaltungsgerichts in Niederbayern ist schon fragwürdig. Ein Bedarf besteht dafür definitiv nicht. Schaut man sich die Landkarte an, wird man leicht erkennen, dass Regensburg zentral liegt und gut für Oberpfälzer und Niederbayern zu erreichen ist. Also zusammengefasst handelt es sich um eine Verschwendung von Steuergeldern.“
Manfred Eibl hat jedenfalls das getan, was jeder andere Politiker auch getan hätte – und jeder CSU-Politiker in Bayern mit Vorliebe macht: sich selbst und seine Ansicht in die bestmögliche Position zu bringen. Ihm nun vorzuwerfen, er wäre aufgrund unsolidarischen Verhaltens alleine dafür verantwortlich, dass ein Verwaltungsgericht nicht nach Freyung kommt, ist hanebüchen. Schuldzuweisungen, Parteigeplänkel und Machtkämpfe helfen niemandem weiter – weder vor noch nach einer Entscheidung wie dieser.
Kommentar: Stephan Hörhammer
Eine sehr einseitige Berichterstattung über Herrn Eibl. Fakt ist, daß dieser bereits bei der letzten Kreistagsitzung über die Abstimmung seiner Fraktion Bescheid wußte!
Er hat sofort nach der Bekanntgabe für ein VG in Freyung dagegen gearbeitet,
obwohl er wissen müßte, welche Mehrkosten ( Personenschutz ca. 100.000.- Euro im Jahr, usw. ) ein Standort Grafenau gekostet hätte.
Von einem Landtagsabgeorneten erwarte ich etwas anderes und deshalb hat er sich die Anfeindungen der CSU aus der Stadt Freyung und dem Landkreis FRG
selbst zuzuschreiben!
Sehr geehrter Herr Grünzinger,
vielen Dank für ihren Kommentar.
Ich kann ihnen zustimmen. Hier handelt es sich um eine einseitige Berichterstattung. Nämlich um einen Kommentar, wie Kollege Hörhammer deutlich sichtbar gekennzeichnet hat – ein wichtiges journalistisches Stilmittel.
Eine entsprechende Erklärung vom BR an dieser Stelle dazu: „Mit einem Kommentar informiert eine Journalistin/ein Journalist, bringt aber dabei auch ganz klar die eigene Meinung zum Ausdruck.
Journalistische Kommentare sind immer meinungsbetonte Texte. Das heißt: Sie äußern eine Meinung, um bei den Leserinnen und Lesern Meinungen zu bilden. Sie üben Einfluss aus und gehören deshalb zum Typ der „Appelltexte“. Sie wollen Einfluss nehmen und den Leser zu etwas auffordern, sei es zum Nachdenken, zu einem bestimmten Urteil, Handeln oder Verhalten.“
Was ihre Aussage „Anfeindungen selbst zuzuschreiben“ betrifft, kann ich ihnen jedoch nicht zustimmen. Kein Mensch hat eine Anfeindung „verdient“. Sachliche Kritik – ja. Anfeindung, das heißt persönlicher Angriff – nein.
Viele Grüße
Helmut Weigerstorfer
Das Wort “ Anfeindung“ nehme ich zurück.