Freyung-Grafenau/München. Die Diskussionen rund um die jüngste Entscheidung in Sachen Verwaltungsgericht Niederbayern, die zu großen Enttäuschungen in der Region und gegenseitigen politischen Schuldzuweisungen geführt hat (da Hog’n berichtete), wollen nicht abreißen. Dazu weiter beigetragen haben die Freien Wähler mit ihrem Vorstoß, die Staatliche Lotterieverwaltung von München in den Landkreis Freyung-Grafenau zu verlegen. FW-Fraktionsvorsitzender Florian Streibl sprach von der „Behörden-Bazooka„, die bei Finanzminister Albert Füracker und den heimischen Landtagsabgeordneten laut Hog’n- Umfrage für Verwunderung und Skepsis statt für Begeisterungstürme sorgte. Wir haben bei Streibl nachgefragt, wie es zu diesem Vorschlag kam.
„Ich habe bereits vor einem Jahr gesagt, dass ich mir die Bayerische Lotterieverwaltung als Behörde für Freyung-Grafenau sehr gut vorstellen könnte“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Sie sei aufgrund der Personalstärke eine gewichtige Behörde, die eine größere Aufwertung für den Landkreis mit sich bringe als ein Verwaltungsgericht, so Streibl. „Das heißt: Mit dieser Idee sind wir schon sehr lange schwanger gegangen – und jetzt hat man sie im Grunde nur nochmals öffentlich wiederholt.“
Fürackers Einwände sind „kein Argument“
Zu Fürackers Einwand, dass sich die Lotterieverwaltung erst vor wenigen Jahren an ihrem aktuellen Standort niedergelassen habe und somit ein neuerlicher Umzug aufgrund unverhältnismäßig hoher Verlagerungskosten, die dem Minister zufolge auf die aufwändige Technik im Hintergrund zurückzuführen sind, derzeit nicht sinnvoll sei, erwidert der FW-Abgeordnete: „Es gab in Bayern schon häufiger Behörden, die relativ schnell und kurzfristig verlagert worden sind, so etwa das Landesamt für Umwelt, das heute in Augsburg seinen Hauptsitz hat.“ Für ihn ist Fürackers Einspruch daher „kein Argument“.
Es sei ohnehin nicht so, dass die gesamte Lotterieverwaltung von heute auf morgen in Grafenau oder Freyung angesiedelt werden müsse, so Streibl weiter. Eine derartige Verlagerung dauere meist viele Jahre. „Das ist generell eine Sache, die vom politischen Willen abhängt. Bei Behörden gehören Umstrukturierungen zum täglichen Geschäft.“
Die Verlagerung des Verwaltungsgerichts hätte einen „größeren gesetzgeberischen Aufwand“ bedeutet, wie Streibl im Nachgang feststellt. Daher hätten sich die Freien Wähler letztlich für Behörden „mit einer größeren Substanz“, sprich: mehr Personal, entschieden. Beim VG wäre anfangs seiner Ansicht nach ohnehin nur ein Teil des Servicepersonals mitumgezogen – „und so wie ich die Richter kenne, wären sie dann wohl nur an Gerichtstagen nach Freyung oder Grafenau gefahren.“ Wenn man jedoch einen tatsächlichen Strukturwandel und eine Stärkung für die Region möchte, brauche man eine Behörde, die 200 bis 300 Leute mit in die Region ziehe.
Vorstoß aus emanzipatorischen Gründen
Generell seien die Freien Wähler mit der Verkündung der Behördenverlagerung durch Ministerpräsident Söder vor einem Jahr überrascht worden. Man sei Streibl zufolge nur sehr kurzfristig informiert, Details seien nicht abgesprochen worden. „Ich erwarte von einer guten Koalition, dass auch der Partner sich zu Wort melden darf, dass wir unsere eigenen Gedanken zur Behördenverlagerung ebenso ins Spiel bringen.“ Von einer Blockadehaltung, wie die Christsozialen den Freien Wählern vorwerfen, wolle er nichts wissen.
Den allgemeinen Eindruck, dass innerhalb der Regierungskoalition gewisse Kommunikationsprobleme herrschten, sich die Koalitionspartner in Sachen Behördenverlagerung augenscheinlich nur wenig bis gar nicht im Vorfeld austauschten, kann Streibl nicht nachvollziehen: „Es wird viel gesprochen innerhalb der Koalition, nur: Wenn die CSU mit einem Vorschlag rausgeht, ohne diesen mit uns abzusprechen, erlauben wir und das auch.“
Also ein Wie-du-mir-so-ich-dir-Reflex? Streibl: „Ansonsten heißt es ja auch immer, dass wir nur ein Anhängsel wären. Daher muss man sich auch mal mit Vorschlägen wie der Verlagerung der Lotterieverwaltung zu Wort melden.“ Die Freien Wähler haben demnach aus emanzipatorischen Gründen jenen Vorstoß gewagt, wie auch der FW-Vorsitzende auf Hog’n-Nachfrage bestätigt, um sogleich nochmals zu betonen: „Die Sache mit der Lotterieverwaltung ist in der Staatskanzlei aber schon länger bekannt.“
„Schau ma mal, wie die Geschichte weitergeht“
Die Kritik von FDP-MdL Alexander Muthmann, der von einem Überbietungswettbewerb zwischen CSU und Freie Wähler spricht, den die Region nicht brauche, schmettert Streibl mit den Worten ab: „Der Herr Muthmann soll sich mal überlegen, was er denn braucht und was er will. Wenn nichts kommt, dann schreit er, dass die Region nicht berücksichtigt wird – wenn was kommt, dann spricht er vom Überbietungswettbewerb.“ Muthmann müsse in seiner Argumentation stringent bleiben.
Zu MdL Max Gibis‚ Frage, ob es sich beim FW-Vorschlag in Sachen Lotterieverwaltung nur um eine „Luftblase“ handle, äußert sich der Fraktionsvorsitzende wie folgt: „Die CSU kann ruhig andere Vorschläge machen, aber die müssen von einem ähnlichen Gewicht sein wie die Lotterieverwaltung. Wenn ein anderer guter Vorschlag kommt, werden wir uns dem sicher nicht verwehren.“ Dass es sich Gibis zufolge lediglich um ein Manöver der Freien Wähler handeln könnte, „um von ihrem Versagen in Sachen Verwaltungsgericht abzulenken“, bezeichnet Streibl als „Schmarrn“.
Der Aussage seines Parteikollegen Manfred Eibl, dass nun die Realisierung einer Verlagerung der Lotterieverwaltung in den Landkreis FRG allein von der Reaktion der Christsozialen abhänge, könne er nur zustimmen – mit der Ergänzung: „Beide Koalitionspartner wollen für die Region etwas Gewichtiges stemmen, doch über die Behörde, die da verlagert werden soll, sind wir uns noch uneins. Doch letztlich kann die CSU uns jetzt entweder zustimmen oder sie macht einen Vorschlag von ähnlicher Qualität – und dann können wir über diesen reden. Schau ma mal, wie die Geschichte weitergeht.“
Stephan Hörhammer