Waldkirchen. Nun liegt sie also vor: Die endgültige Umbaulösung des Staatlichen Bauamtes Passau für die so genannte Monsterkreuzung an der Staatsstraße 2131 nahe des Waldkirchner Bahnhofs. Bürgermeister Heinz Pollak hätte gerne die Bürgerschaft darüber entscheiden lassen, ob die Variante mit zweiter Brücke und „oben liegendem Kreisverkehr“ zu bevorzugen ist. Der Stadtrat lehnte dies allerdings ab – und muss nun selbst entscheiden. Sollte das Votum gegen diesen Umbauvorschlag ausfallen, wird die Behörde nach eigener Aussage „den Ausbau des Knotenpunktes aufgeben“.
„Da die sogenannte Monsterkreuzung alle Waldkirchnerinnen und Waldkirchner betrifft, bin ich der Meinung, dass die Bürger entscheiden sollen, ob die Stadt für den Umbau so viel Geld ausgeben sollte“, äußert sich Rathaus-Chef Heinz Pollak auf Hog’n-Nachfrage. „Die Mehrheit des Stadtrats war allerdings der Meinung, dass dies durchaus auch das Gremium entscheiden kann.“
Bauamt sieht keine andere Lösung
2,4 Millionen Euro veranschlagt das Staatliche Bauamt für die Maßnahme, dreißig Prozent davon müsste die Stadt Waldkirchen selbst stemmen – und Pollak fürchtet, dass die Kosten am Ende noch weit höher liegen könnten. Er hat die Summe von 4,5 Millionen Euro in den Raum gestellt.
Der so genannte oben liegende Kreisverkehr sei die verkehrssicherste und leistungsfähigste Variante für diese Kreuzung, meint das Bauamt. „Wir haben alle an uns herangetragenen sinnvollen Lösungsvorschläge aus der Bevölkerung sowie aus dem Stadtrat von einem externen Gutachterbüro untersuchen lassen“, teilt Sabine Süß, Pressesprecherin der Behörde, auf Hog’n-Nachfrage mit.
Weit über 20 Knotenpunkts- und Kreisverkehrslösungen in der unteren und oberen Ebene der Kreuzungsanlage seien untersucht worden, um die geeignetste Version zu finden. „Diese muss im Besonderen drei Kriterien erfüllen: weniger Umweg, mehr Verkehrssicherheit durch weniger Unfälle und mehr Leistungsfähigkeit durch weniger Stau“, informiert Süß.
Ein beauftragtes Gutachterbüro habe festgestellt, dass außer der aktuellen Planvariante mit dem oben liegenden Kreisverkehr und einer zweiten Brücke keine der vorgelegten Lösungsmöglichkeiten ausreichend verkehrssicher und leistungsfähig sei. „Diese Meinung der externen Fachleute teilen wir: Ein Kreisverkehr in der unteren Ebene zum Beispiel, wie er von Teilen der Bevölkerung und des Stadtrats gefordert wurde, würde die Anforderungen nur unzureichend erfüllen“, teilt Süß weiter mit. „Wir müssen immer auf die geeignetste Lösung abzielen und dürfen nicht erneut Kompromisse zu Lasten dieser zwei Kriterien eingehen. Lösungsvorschläge, die hier Defizite aufweisen, können nicht weiterverfolgt werden.“
Stadträte urteilen unterschiedlich über Bürgerbeteiligung
„Für mich sind keine der Gründe nachvollziehbar, aber so hat jeder seine Ansichten“, erwidert Waldkirchens Stadtoberhaupt Pollak dazu. Wie er hätte auch Stadtrat Franz Brunner (UCW) es gut geheißen, wenn es einen Bürgerentscheid in Sachen „Monsterkreuzung“ gegeben hätte. „Persönlich bin ich der Meinung, dass mit dem Ratsbegehren ein wesentlich höherer öffentlicher Druck auf die starre Haltung des Straßenbauamts möglich gewesen wäre“, betont er auf Hog’n-Nachfrage. Da viel Geld in den Umbau seitens der Stadt investiert werden müsste, das an anderer Stelle eingespart werden muss, hätte er gerne den Bürgerinnen und Bürgern ein Mitspracherecht gegeben.
Anderer Meinung sind die beiden Grünen-Stadträte Hubert Holzbauer und Uli Bogner: „Wir sind nicht generell gegen Bürgerentscheide. In diesem Fall hat der Entscheid aus unserer Sicht aber nur Nachteile“, ist Holzbauer überzeugt. „Wir sind der Meinung, dass den Bürger*innen letztendlich nur die Wahl zwischen einer schlecht funktionierenden Kreuzung und einer für Waldkirchen unzumutbar teuren Alternative bleibt, bei der nicht sicher ist, ob sie wirklich besser funktioniert.“ Falls die Bürger allerdings die Umbaulösung des Bauamtes abgelehnt hätten, wäre laut Holzbauer zu befürchten gewesen, dass künftig die Kreuzung gar nicht mehr verändert wird: „Nach dem Motto: Wir fassen die Kreuzung nie mehr an, die Bürger*Innen wollen das schließlich nicht.“
Auch SPD-Stadtrat Josef Süß hat sich gegen einen Bürgerentscheid ausgesprochen: „Ich als gewählter Stadtrat habe bereits den Auftrag meiner WählerInnen erhalten, passend für die Kommune zu entscheiden. Dessen bin ich mir bewusst. Und sind wir uns ehrlich, allen kann man es nicht recht manchen.“
Wie steht der Stadtrat zum oben liegenden Kreisverkehr?
Fest steht: Der Waldkirchner Stadtrat muss nun selbst entscheiden, die Umbaulösung des Bauamtes anzunehmen – oder nicht. Aber wie ist die Stimmung im Gremium? „Ich kann, ehrlich gesagt, keine Tendenz erkennen“, sagt Heinz Pollak. Es gebe durchaus Stadträte, die sich für die Umbauvariante des Bauamtes aussprechen. Er selbst akzeptiere alle Entscheidungen des Stadtrats und setze diese, wie gesetzlich vorgeschrieben, um.
Claus Kappl – Sprecher der Fraktionsgruppe aus SPD, Grünen und ÖDP – betont, dass man auch zukünftig den „Zweibrückenkreisel“ ablehnen werde. „Die SPD sowie verschiedene Kollegen des vergangenen Stadtrates haben mehrheitsfähige, ebenerdige Kreiselentwürfe erarbeitet, die alle vom Staatlichen Bauamt abgeschmettert wurden. Stattdessen werden wir vor eine Alternative gestellt, einen 4,5 Millionen Euro teuren Zweibrückenkreisel zu akzeptieren oder nichts zu bekommen“, spricht Kappl Klartext. Statt den Vorschlag des Bauamtes zu akzeptieren, wolle man das Geld lieber investieren, um „eigene sinnvolle Verbesserungen“ an der Kreuzung vorzunehmen.
Aufgetaucht sind dabei bereits Vorschläge wie eine Verbreiterung der Bannholzstraße entlang des Edeka-Marktes „Schwaiberger“. Kappl führt außerdem an, man könne bestimmte Abbiegemöglichkeiten, die stauverursachend wirken, „dicht machen“.
Noch nicht entschieden hat sich dagegen Franz Brunner von der UCW, ob er der Umbaulösung des Staatlichen Bauamts letztlich zustimmen wird. „Es fehlen noch viele konkrete Informationen“, findet er. „Meines Wissens nach gibt es ein solches Bauwerk mit obenliegendem Kreisel schon an anderer Stelle. Wie das dort funktioniert, sollte vom Straßenbauamt eingehend erläutert werden – inklusive Kosten und deren Verteilung.“
Zahlreiche kleinere Verbesserungsvorschläge im Gespräch
Auch Stadtrat Max Ertl (CSU) erhofft sich noch Informationen seitens der Passauer Behörde: „Darunter auch, warum die Vorschläge der CSU und der SPD über einen Kreisel mit ‚Bypässen‘ nicht möglich sind. Die Antwort hierauf, es wurde begutachtet und für nicht gut befunden, ist mir zu wenig“, zeigt sich Ertl unzufrieden. „Beim derzeitigen Vorschlag stehen für mich die Kosten und der Nutzen nicht im Verhältnis.“
Auch Ertl sieht kleinere Verbesserungsmöglichkeiten im Kreuzungsbereich, vor allem bei der Brücke über die Staatsstraße: „Die sofort zu verwirklichende Verbesserung wäre, die vorläufigen Markierungen, die seit fast neun Jahren aufgebracht sind, jetzt endgültig zu machen oder wieder auf die ursprüngliche Lösung zurückzuführen. Hier ist eine Entscheidung überfällig“, findet er. „Ebenfalls dringend ist eine Einordnungslinie einzuzeichnen, um den Richtung Stadt/Berufsschule wartenden Fahrzeugen den richtigen Platz zu geben und immer noch rechts vorbeifahren zu können. Meist ordnen sich jetzt die Fahrzeuge parallel zur Fahrbahn ein und keiner kann zur Brücke auffahren, was zu einem Rückstau führt.“ Ertl ist sich sicher: „Mit diesen kleinen Verbesserungen könnte man mit der Kreuzung leben und braucht keine kostspieligen Lösungen: Denn egal, ob Freistaat oder Kommune das Bauwerk bezahlt, es ist immer das Geld der Bürger.“
Eine noch klarere Aussage gegen die Umbaupläne des Bauamtes treffen die beiden Grünen-Stadträte: „Wir lehnen den Umbau in der vorgeschlagenen Form strikt ab. Das zweite Brückenbauwerk ist sowohl für die Stadt Waldkirchen als auch für die Steuerzahler*innen unzumutbar teuer“, nimmt Hubert Holzbauer Stellung. Er sehe vor allem die Situation für Fußgänger und Radfahrer am Knotenpunkt problematisch. „Auch die Bushaltestellen sind sehr schlecht erreichbar. Hier setzen wir uns für Verbesserungen ein.“
Mit der jetzigen Situation durchaus abfinden kann sich SPD-Stadtrat Josef Süß. Er sieht Vorteile darin, wenn ein Umbau der „Monsterkreuzung“ abgelehnt wird: „Denken wir doch positiv. Wir haben dann geschätzt 1,5 Millionen Euro mehr zur Verfügung, die die Kommune definitiv brauchen kann. Wir wachsen stetig und da gibt’s viel für die Gesellschaft zu investieren! Zudem kennen wir die Kreuzung bereits und müssen uns nicht mehr auf einen neue Fahrtrichtung einstellen.“
Für Lkw-Fahrer ist das Passieren der Kreuzung ein „Kraftakt“
Gar nicht abfinden kann sich mit der aktuellen Situation ein unmittelbar Betroffener: Matthias Schmöller betreibt im Gewerbegebiet Manzing den Betrieb „S&D Cartransport“. Auf einem Parkplatz lagert er etwa 500 Reisemobile. Diese holt er in Jandelsbrunn beim Hersteller ab und organisiert dann den Weitertransport. „Zu uns kommen Spediteure aus aller Herren Länder, die täglich 30 bis 40 Reisemobile abholen“, informiert Schmöller.
Mit einem Sattelzug aus Richtung Passau kommend seinen Betrieb zu erreichen, sei dabei ein Kraftakt: Dabei muss jeder Lkw viermal rechts und einmal links abbiegen. Das größte Problem dabei sei die Abbiegung auf die Brücke: „Der Kurvenradius ist für uns hier einfach zu eng“, schildert der Spediteur. Denn die voll beladenen Lkw seien bis zu 20 Meter lang. „Wir müssen auf die linke Fahrspur ausweichen, anders geht es nicht.“ Genauso erginge es auch den Langholztransporten, die das benachbarte Sägewerk ansteuern.
Wenn ein Lastwagen die Straße blockiere, müssten Autofahrer warten. „Da ist auch schon ein Unfall passiert, weil das Fahrzeug ausgeschert und dabei ein Auto erwischt hat“, berichtet Schmöller. Auch Staus entstehen im Bereich des Knotenpunkts dadurch schnell. „Unsere langen Lkw belegen ja die gesamte Abbiegespur“, erklärt der Unternehmer weiter. An einem Freitagnachmittag, wenn auch viele Autofahrer zum Einkaufen unterwegs sind, könne es locker 15 Minuten dauern, bis man den Knotenpunkt mit einem Lastwagen aus Manzing kommend Richtung Jandelsbrunn passiert hat.
Schmöller spricht sich seit jeher für einen großen Kreisverkehr an dieser Stelle aus. Er ist sich sicher: Diese Lösung würde nach wie vor auch die Mehrheit finden, könnten die Bürger darüber entscheiden. Doch wäre es zu einem Bürgerentscheid gekommen, hätten die Waldkirchner lediglich über den „oben liegenden Kreisverkehr“ mit zweiter Brücke abstimmen können. Diese Lösung hält Schmöller für viel zu teuer im Unterhalt.
Diskussion um die Kreuzung dauert bereits über 20 Jahre
Mehr als 20 Jahre lang diskutiert man nun über den Knotenpunkt an der Staatsstraße 2131. Bereits 1997, lange bevor die bestehende Kreuzung überhaupt errichtet wurde, sprach man sich im Waldkirchner Stadtrat für einen Kreisverkehr an dieser Stelle aus. „Der einstige Bürgermeister Peter Jarosch war bei Minister Beckstein in München, um den damals einstimmigen Stadtratsbeschluss für einen Kreisverkehr durchzubringen – leider ohne Erfolg“, erinnert sich Stadtrat Franz Brunner.
Das Staatliche Bauamt war dagegen, denn der Durchgangsverkehr habe Priorität an dieser Stelle. „Im Stadtrat befinden wir uns aktuell in der gleichen Situation wie bei den Planungen für die jetzige Kreuzung. Das Straßenbauamt sagt ganz klar, dass es die vorgeschlagene Lösung gibt – oder alles bleibt so wie es ist“, fasst Brunner die Situation zusammen. Motto: Vogel friss oder stirb!
Man errichtete also eine Brücke über die Staatsstraße. 2007 war das komplexe Kreuzungsgebilde schließlich geboren. Seit 2013 wiederum sucht man eine Umbaulösung. Denn die Verkehrsbelastung habe sich anders entwickelt, als ursprünglich prognostiziert, wie das Bauamt damals feststellte. Eine Vorfahrtsänderung an der Abbiegung zur Brücke über die Staatsstraße wurde vorgenommen, brachte aber kaum Besserung mit sich.
Seither wird rege diskutiert, analysiert, es werden Vorschläge erarbeitet und immer wieder taucht die Frage auf: Warum nicht einfach einen großen Kreisverkehr errichten? Dieser Frage erteilt das Bauamt nun also offenbar die endgültige Absage.
„Es gibt keinen Zeitplan“
„Es ist in Waldkirchen gute Tradition, dass die Mitglieder im Stadtrat die mit Mehrheit getroffenen Entscheidungen dann auch mittragen“, resümiert Franz Brunner. „Auch wenn der Vorschlag des Straßenbauamts abgelehnt wird, sehen wir das keineswegs als Vorwand, dass sich das Amt dann zurücklehnen kann. Das Straßenbauamt handelt letztendlich im Auftrag der Bürger*innen und hat immer noch die Aufgabe Verbesserungen herbeizuführen“, ergänzt Hubert Holzbauer.
Wann das Gremium seine Entscheidung über die Umbaulösung fällen wird, steht übrigens noch nicht fest: „Es gibt keinen Zeitplan. Im Laufe der nächsten Monate werden wir das Thema nochmals behandeln“, sagt Bürgermeister Heinz Pollak.
Sabine Simon