St. Oswald/ Ruhstorf an der Rott. Die Rap- und Hiphop-Szene im Unteren Bayerwald ist quasi seit Jahrzehnten nicht existent – im Gegensatz zum Mittleren Woid, wo „Monaco F“ und (seit vergangenem Jahr) auch das „Fichtenkartell“ zumindest einen Hauch dieser Art von Musik (auf sehr gelungene Weise) generieren. Die Zeiten von Baseballcaps und Baggypants, bei denen aufgrund der „Tragetiefe“ der so typischen Hose auch schon mal der Hintern zum Vorschein kam, sind ohnehin längst vorbei.
Großartig ändern wird diesen Zustand wohl auch Andreas Kochseder nicht können. Doch er probiert’s zumindest. Nicht, indem er sich modisch in die 90er-Jahre-Klamotten schmeißt, sondern indem er seinen ganz eigenen Beitrag in Sachen (Unterer) Bayerwald-Rap leistet. Als „Charly Bavaria„.
Humor, Sarkasmus und „ein Quäntchen Ernsthaftigkeit“
Der gebürtige Rottaler aus Ruhstorf lebt seit vier Jahren mitsamt Familie und Hündin Tessa in Höhenbrunn bei St. Oswald. Die Oma war eine Waidlerin, weshalb er die Liebe zum Woid, die er mitunter auch in seinen Texten immer wieder gerne unterstreicht, mehr oder weniger von klein auf in sich trägt. 300 Abonnenten bei YouTube und mehr als 2.000 Facebook-„Freunde“ zählen mittlerweile zur Gefolgschaft des gelernten Anlagenmechanikers, zu dessen Spezialität selbstgedrehte „Spontan-Videos“ sowie boarische Rap-Songs mit viel Humor, Sarkasmus und „einem Quäntchen Ernsthaftigkeit“ gehören. Wir haben uns mit dem 31-Jährigen über sein Schaffen unterhalten.
Charly: Wie bist du zum Rappen gekommen? Seit wann rappst du?
Begonnen hat alles in der Schulzeit. Mit zwölf hab ich meine ersten Texte – meist in Reimform – verfasst. Ich hab vieles ausprobiert. Teilweise war auch viel Grampf dabei, mit wenig Sinn dahinter (lacht). Damals war das noch mehr am englischen Rap orientiert. Die weiteren Texte waren a Mischmasch aus Hochdeutsch und ein paar boarischen Akzenten. Vor zirka acht Jahren hab ich dann mit den ersten Song-Aufnahmen angefangen.
„Dialekt ist einfach echter“
Was hast du damals in deiner Jugendzeit Rapmäßiges gehört?
Insbesondere die Tracks von Eminem, Cypress Hill und Limp Bizkit haben mich dazu bewogen, mich für diese Art von Musik zu interessieren.
Warum rappst du heute auf Boarisch? Und warum nicht mehr auf Englisch?
Ich hab mich vor ungefähr fünf Jahren fürs Boarische entschieden. Combos wie dicht&ergreifend oder Monaco F hatten mich damals dazu gebracht und mich dazu inspiriert, dass ich direkt aufs Boarische umgestiegen bin. Auf Englisch mach ich nichts mehr, ich hab mich auf den Dialekt eingeschossen, der ja auch a bissal am Aussterben ist, was ich sehr schade finde. Dialekt ist einfach echter – und mir fällt’s leichter mich auf diese Weise auszudrücken.
Wie lange brauchst du für einen Song wie „Berg aaf“?
Ich hab ungefähr zwei Wochen daran geschrieben. Dann nochmal zwei Wochen für die Aufnahme und die Produktion. In dem Song kommt unter anderem der Lusen vor, was daran liegt, dass ich gerne in der Natur unterwegs bin. Mein Vater ist vor Kurzem gestorben, da hatte ich eine ziemliche Down-Phase – bis ich realisiert habe, dass ich mich nicht hängen lassen darf und es eben auch wieder mal „Berg aaf“ geht. Ich hab das auch in dem Song verarbeitet.
Die Mischung macht’s
Wovon handeln deine Texte generell? Was möchtest du den Leuten mitteilen?
Mir ist wichtig, dass der Humor nicht zu kurz kommt, aber auch eine gewisse Ernsthaftigkeit dabei ist. Es soll eine gute Mischung aus beidem sein. Manchmal ist die Botschaft nicht gleich aufs Erste zu erkennen, sondern ist etwas verdeckt, also zwischen den Zeilen, in den Texten vorhanden. Inhaltlich geht’s manchmal gesellschaftskritisch zu. Häufig geht’s auch in Richtung klischeehaften Rap mit humorvollen Punchlines.
Auch zu Corona hast du gemeinsam mit dem „Gschoada Bua“ bereits einen Song gemacht. Wie stehst du zu dem Thema?
Der Song ist sehr satirisch gemeint. Darin haben wir u.a. thematisiert, dass die Hilfsgelder nicht so zeitnah ausgeschüttet werden, obwohl sich das Ganze ja Soforthilfe nannte. Solche Sachen etwa werden von uns kritisch betrachtet. Im Großen und Ganzen ist Corona jedoch ein Thema, das man freilich ernst nehmen sollte.
Der Gschoada Bua ist einer meiner Spezln. Er ist für die Produktion verantwortlich und mischt und mastered die Songs. Teilweise sind auch die Beats von ihm. Meine Lieder entstehen daheim am Computer mit Mikro und Monitorboxen. Die Texte dafür fallen mir auch mal ganz spontan beim Wandern durch den Woid ein. Die spreche ich dann gleich aufs Handy, damit ich sie nicht vergesse.
Warum nennst du dich eigentlich „Charly Bavaria“? Wie ist es zu diesem Namen gekommen?
Ein Bekannter von mir hieß Charly. Das war ein sehr witziger Typ – und der Name hat mir gut gefallen. Das Bavaria hat sich so ergeben, weil ich als Bayer eben Wert auf das Bayerische lege (lacht).
„Was sich ergibt, das ergibt sich“
Hast du Kontakt zu Rappern wie Monaco F oder dem Fichtenkartell?
Ja, mit den Jungs vom Fichtenkartell steh ich gelegentlich in Kontakt. Ich kann mir vorstellen, dass wir mal was gemeinsam machen (schmunzelt). Ich bin da sehr offen. Solang’s mir gefällt, was die machen und es passt zwischenmenschlich, immer gerne.
Welche Pläne hast du mit deiner Musik? Wo siehst du dich in ein paar Jahren?
Ich könnt mir vorstellen auch mal auf einer Bühne aufzutreten. Derzeit rappe ich aus Liebe zur Musik und ich freu mich darüber, wenn jemand damit was anfangen kann. Direkt geplant hab ich aktuell nichts. Es wird sicher immer wieder mal was kommen, ein Mix-Tape oder auch mal ein Album. Was sich ergibt, das ergibt sich…
Dafür wünschen wir dir alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer