Passau. Tinder, Lovoo, Parship und ElitePartner: Es gibt viele Möglichkeiten, sich über das Internet kennenzulernen. Gerade in Corona-Zeiten mutieren Dating-Plattformen zum maßgeblichen Kennenlern-Milieu. Manchmal reicht es nur für eine Affäre, doch aus dem Online-Treffen kann auch eine ernsthafte Beziehung entstehen – so wie beim Passauer Digitalexperten und Buchautor Dr. Frederik Weinert (39). Seine Auserwählte ist eine Frau aus dem Bayerischen Wald: die Justizbeamtin Birgit Koller (42) aus der Gemeinde Hohenau im Landkreis Freyung-Grafenau.
Gefunkt hat es zwischen den beiden bereits im August 2020: ganz romantisch bei einem Lagerfeuer und Vollmond neben einer Weide mit Pferden. Doch der erste Kontakt zwischen ihnen verlief doch eher ungewöhnlich. „Wir haben uns nicht im Supermarkt kennengelernt, sondern über Tinder“, erklärt Dr. Frederik Weinert. Tinder ist die größte Dating-Plattform der Welt. Wenn sich zwei Menschen ein Like geben, kommt ein sogenannter Match zustande. Erst dann kann man über einen Chat anbandeln und auf Tuchfühlung gehen.
„Corona stärkt den Zusammenhalt“
Digitalexperte Weinert kennt Tinder aus seiner Zeit als Single und schreibt Bücher über das Thema digitale Kommunikation. „Wir haben uns erst über Tinder und dann über WhatsApp ausgefragt. Es ging hin und her. Dann wurden wir immer neugieriger aufeinander“, erklärt Weinert. Es kam zu langen, intensiven Telefonaten und dann zum ersten Treffen. „Mein Bauchgefühl war gut, ich habe echtes Interesse gespürt, also haben wir uns regelmäßig getroffen.“ Seit Mitte September sind Birgit und Frederik fest zusammen. Die Coronakrise hat die beiden noch mehr zusammengeschweißt, „weil der Lockdown aus zwischenmenschlicher Sicht eine echt harte Nuss ist“.
Das große Highlight gab es dann an Weihnachten vor wenigen Wochen. „Erst haben wir mit Birgits Jungs (17 und 19) Heiligabend gefeiert, danach habe ich Birgit in die Schneelandschaft entführt“, sagt Weinert mit einem Grinsen. Auf der Aussichtsplattform in Saulorn (Gemeinde Hohenau) machte Frederik seiner Birgit einen Heiratsantrag – mit Blick auf die verschneiten Alpen. „Seitdem sind wir verlobt.“
Auf Tinder ist das Paar schon lange nicht mehr unterwegs, dafür aber umso mehr in der herrlichen Natur. „Die Corona-Zeit ist eine Bewährungsprobe für Verliebte, weil viele Aktivitäten wie Restaurantbesuche oder Baden in der Therme nicht möglich sind“, erklärt Dr. Frederik Weinert. Stattdessen sind lange Spaziergänge eine schöne Möglichkeit, die Zweisamkeit zu genießen, gemeinsam zu kochen ebenso. „Corona stärkt den Zusammenhalt, weil Paare wegen der Ausgangssperre sehr viel Zeit miteinander verbringen müssen“, sagt Weinert. „Man erkennt die Macken des anderen schneller und lernt, Kompromisse einzugehen.“ Dies sei die Basis für eine lange Beziehung.
„Es ist nicht peinlich, sich über Tinder oder Lovoo kennenzulernen“
Stresssituationen aufgrund der Pandemie härten ab, weshalb es laut Weinert langfristig zu einer „Stressresilienz“ komme. „Ich bin mir sicher, dass Paare, die sich in Zeiten von Corona kennenlernen, länger zusammenbleiben“, sagt Weinert, der auch promovierter Kommunikationslinguist ist. Für ihn ist Kommunikation das A und O, um den Lockdown als Paar gemeinsam zu meistern. Nur so werde klar, welche Bedürfnisse in der Partnerschaft für beide Seiten wichtig sind.
Dr. Frederik Weinert möchte anderen Singles Mut machen: „Es ist nicht peinlich, sich über Tinder oder Lovoo kennenzulernen, deshalb spreche ich offen darüber.“ In Zeiten des Lockdowns seien Berührungen, Ansprache und Zweisamkeit nämlich besonders wichtig. „Online-Dating ist auch etwas für Senioren, aber das wäre es cool, wenn die Enkel die Großeltern ein wenig beraten“, erklärt Dr. Frederik Weinert.
Weinert freut sich auf seine neue Rolle. Für ihn ist es spannend, dass seine Verlobte zwei Buben im Alter von 17 und 19 Jahren hat. „Die Erfahrung ist großartig, weil ich selbst keine Kids habe.“ Mit den Jungs habe Weinert schon PlayStation gezockt und Renovierungsarbeiten gemacht. „Natürlich ist es immer ein Konkurrenzding, wer besser ist“, scherzt Weinert. Und natürlich gebe es auch Diskussionen, warum man ab 21 Uhr keine Freunde mehr besuchen darf. Weinert ist sich sicher, dass seine neuen Erfahrungen in die nächsten Bücher und Vorträge einfließen werden. Derzeit schreibt er sein fünftes Buch über Social-Media-Stars und Influencer Marketing. „Vielleicht können mir die beiden Jungs ja einen Tipp geben, welche YouTuber besonders angesagt sind“, meint Weinert. „Ich bin sehr gespannt, was die Zukunft bringt.“
da Hog’n