Saldenburg. Am Montag fällt die Bundesgesellschaft Endlagerung (BGE) eine erste Entscheidung darüber, ob das Saldenburger Granit als potenzielles Atommüllendlager in Frage kommt. Seit Jahren formiert sich Protest gegen die Ablagerung von radioaktivm Abfall im Bayerischen Wald, allen voran die „Bürgerinitiative gegen ein Atommüllendlager im Saldenburger Granit“. Deren Vorsitzender, Thurmansbangs Bürgermeister Martin Behringer (FWG), wehrt sich vehement gegen ein Endlager. Für ihn steht fest: „Wir wollen nicht das Atommülllager der Nation werden.“ Widerspruch bekommt Behringer ausgerechnet von den Grünen.

27.000 Kubikmeter müssen nach dem beschlossenen Atomausstieg entsorgt werden. Das Saldenburger Granit im Bayerischen Wald steht als mögliches Endlager zur Wahl. Symbolbild: pixabay.com/ rabedirkwennigsen
Gemäß dem 2013 verabschiedeten Standortauswahlgesetz (StandAG) entscheidet die BGE in ihrem „Zwischenbericht Teilgebiete“ am Montag über diejenigen Areale, die für die Standortauswahl prinzipiell in Betracht kommen: „Es werden mindestens zehn und höchstens 100 Gebiete sein“, heißt es hierzu von Steffen Kanitz, Geschäftsführer der BGE und zuständig für den Bereich Standortauswahl. In Ostbayern sind dies neben dem Saldenburger Granit das Fichtelgebirge und der Oberpfälzer Wald.
Verspätete Stromrechnung
Im Jahr 2011 – nach der verheerenden Nuklearkatastrophe in Fukushima – wurde in Deutschland endgültig der Atomausstieg beschlossen. Das letzte Atomkraftwerk soll 2022 vom Netz gehen. Die Bundesrepublik hat über sechs Jahrzehnte lang von den AKWs profitiert, vom billigen Strom und auch von den tausenden Arbeitsplätzen, die dadurch entstanden sind. Die Rechnung kommt erst jetzt, Jahre später: In Form von 27.000 Kubikmetern Atommüll, den zwar keiner haben will, der aber irgendwo entsorgt werden muss. Am liebsten würde man den zum Mars schießen, denn vor der eigenen Haustür will den radioaktiven Abfall selbstverständlich niemand haben.
Geht es nach der Bayerischen Landesregierung, kommt der Freistaat grundsätzlich nicht für ein Endlager in Frage: „Wir denken beim Schutz unserer Heimat über Generationen hinaus. Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist“, heißt es knapp, aber bestimmt im Koalitionspapier.
Martin Behringer, Vorsitzender der „Bürgerinitiative gegen ein Atommüllendlager im Saldenburger Granit“, ist da skeptisch. „Das ist nur Papier“, meldet Behringer auf Hog’n-Nachfrage Zweifel an. Die Initiative gibt es bereits seit 1996, Behringer war von Anfang an dabei, seit 1998 als deren Vorsitzender. Nachdem das Thema zwischendurch fast eingeschlafen war, gestaltet sich das Vereinsleben seit zwei Jahren wieder aktiver. „Derzeit geht es für uns vor allem darum, uns zu vernetzen, zu informieren und die Bevölkerung aufzuklären“, erklärt der Vorsitzende weiter. Das Signal, das Behringer und seine Mitstreiter nach Berlin senden wollen, ist eindeutig: „Bei uns nicht – bei uns beißen Sie auf Granit!“
„Die Zukunftsfähigkeit des Bayerischen Waldes und Niederbayerns“
Auch FRG-Landrat Sebastian Gruber hat erhebliche Bedenken. Grundsätzlich begrüße er das Verfahren des BGE, die Bewertung aufgrund fachlicher und wissenschaftlicher Basis vorzunehmen. „Wer Atommüll produziert“, so Gruber in einer Presseaussendung, „muss sich Gedanken um dessen sichere Lagerung machen. Das kann nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip passieren.“ Gruber warnt jedoch: „Die Zukunftsfähigkeit des Bayerischen Waldes und Niederbayerns hängt maßgeblich von dieser Entscheidung ab.“ Sollte der Bayerische Wald als Atommüllendlager herhalten müssen, wäre „all die mühsame und erfolgreiche Arbeit der letzten Jahrzehnte zunichte“.
„Bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre“
Auch wenn die Entscheidung der BGE noch aussteht, ist sich Behringer bereits jetzt sicher, dass der Granit im Bayerischen Wald nicht für die Lagerung von Atommüll geeignet ist. Man könne quasi mit bloßem Auge erkennen, dass das Granitgestein in der Region „keine kompakte Einheit sei“ und viele Risse aufweise, so Behringer. Sollte die Behörde trotzdem für das Saldenburger Granit votieren, will sich Behringer entschlossen gegen die Entscheidung stemmen: „Ich sehe es als meine Aufgabe und Verpflichtung an, meine Heimat zu schützen“, bekräftigt der Vorsitzende der Bürgerinitiative. Er wolle seinen Nachfahren keinen Bayerischen Wald mit Atommüll im Keller hinterlassen.

Behringer ist sich sicher: Der Granit im Bayerischen Wald ist nicht für die Lagerung von Atommüll geeignet. Symbolbild: pixabay.com/ Hans
Doch klar ist auch, dass niemand den radioaktiven Abfall im Keller haben will. Die BGE betont daher, dass einzig wissenschaftliche Parameter zur Entscheidungsfindung herangezogen werden. „Die BGE geht bei ihrer Suche von einer ‚weißen‘ Landkarte für Deutschland aus“, erklärt BGE-Pressesprecherin Monika Hotopp auf Hog’n-Nachfrage. Prinzipiell kommt also ganz Deutschland für ein Lager in Frage, danach wird anhand gesetzlicher Mindestanforderungen und geologischer Daten aussortiert. Entscheiden soll der objektive Blick, unabhängig parteipolitischer Partikularinteressen. Offiziell startete dieser Prozess bereits im September 2017, der am Montag veröffentlichte „Zwischenbericht Teilgebiete“ listet jene Gebiete, die die BGE „aufgrund ihrer Geologie für weiter untersuchungswürdig erachtet“. Das Ziel des Prozesses klingt dabei nicht gerade unambitioniert: „Einen Standort zu finden, der die bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre bietet“, erläutert die BGE-Sprecherin.
„Würde die Zerstörung der Heimat bedeuten“
Was ist von der BGE am Montag zu erwarten? Max Gibis, CSU-Landtagsabgeordneter, prognostiziert, dass der Bayerische Wald auch nächste Woche weiterhin im Rennen sein wird. Zwar gingen Fachleute davon aus, dass Granit weniger geeignet sei als Ton oder Salz – „da ich Realist bin, gehe ich aber auch davon aus, dass in dieser ersten Auswahlrunde die Granitstandorte noch mit drin bleiben und erst in der nächsten Auswahlrunde rausfallen“. Wie seine Vorredner plädiert auch Gibis dafür, keine politische Entscheidung daraus zu machen, sondern auf fachlicher Basis zu entscheiden. „Wenn die Granitstandorte drinbleiben, werden wir fachliche Argumente, die gegen Granit als Endlager sprechen, nochmals massiv in die Diskussion einbringen.“
Auch FDP-Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann ist laut eigenen Angaben „bei allem dabei, was in einem demokratischen Rechtsstaat möglich ist“, sollte „in diesem Auswahlverfahren nicht nach streng wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen“ werden. Muthmann pocht darauf, „dass in diesem Prozess sauber, transparent und korrekt gearbeitet und bewertet wird“. Gefragt nach der Bedeutung für die Region gibt der FDP-Abgeordnete zu Protokoll: „Ein Endlager im Saldenburger Granit würde die Zerstörung der Heimat bedeuten, tatsächlich und auch emotional. Niemand will in der Nähe eines Endlagers leben oder Urlaub machen. Auch Milliardeninvestitionen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze könnten diese Katastrophe nicht mildern.“
Eine seltene, (fast) parteiübergreifende Einigkeit
Der stellvertretende Vorsitzende der FW-Landtagsfraktion Manfred Eibl erwartet, dass der am Montag veröffentlichte Bericht „in ganz Deutschland riesige Diskussionen auslösen“ wird. Im „Bedarfsfall“ wollen er und seine Partei ihre „Haltung ganz klar deutlich machen“. An vorderster Stelle, betont Eibl, müsse jedoch die „Sicherheit des Endlagers“ stehen: „Eine geologisch stabile, dichte und massive Gesteinsformation.“ Diese sei im Bayerischen Wald jedoch nicht gegeben. Hier ein Endlager zu errichten, hält Eibl daher für „absurd“.
Beim Thema Atommüll scheint eine seltene, weil parteiübergreifende Einigkeit, vorzuherrschen, dass der Bayerische Wald als Atommüll-Endlager nicht geeignet sei. Am Ende sind es ausgerechnet die Grünen, deren Anti-Atomkraft-Haltung zur DNA der Partei gehört, die hier einen etwas differenzierteren Blick wünschen. Toni Schuberl, Grüner Landtagsabgeordneter, warnt vor vorschnellen Schlüssen. „Ich habe ein großes Problem damit, wenn wir ohne wissenschaftliche Argumente einfach so ‚Nein‘ sagen“, betont Schuberl in einer Pressemitteilung.
Vorschnelle Ablehnung könnte zur Retourkutsche werden
Seiner Meinung nach soll das Endlager an jenem Ort stehen, das sich aus wissenschaftlicher Sicht am besten dazu eignet. Und „wenn Wissenschaftler der Meinung sind, dass Saldenburg nicht von vornherein ungeeignet ist, dann muss auch Saldenburg untersucht werden“. Schuberls Befürchtung: Liegt der Entscheidung über den Standort eine politische und keine wissenschaftliche Entscheidung zu Grunde, „dann wird der Atommüll dort verklappt, wo es am wenigsten Widerstand gibt“.

Schuberl: „Dann wird der Atommüll dort verklappt, wo es am wenigsten Widerstand gibt.“ Foto: Hog’n-Archiv
Über die Suche nach einem Atommüllendlager solle nicht das „starke Wort“ der niederbayerischen Landräte, sondern dasjenige der Wissenschaftler entscheiden, fordert auch der Landesvorsitzende der Grünen, Eike Hallitzky. Werde die Endlagersuche nicht mit maximaler Transparenz und auf Basis wissenschaftlicher Expertise ablaufen, könne das „gerade für die bayerischen Standorte wie den Saldenburger Granit auch nach hinten losgehen“, warnt Hallitzky. Denn die Bereitschaft der restlichen Bundesländer, den bayerischen Atommüll zu beherbergen, dürfte sich in Grenzen halten. Sollte die Frage nach dem Endlager am Ende zum politischen Kräftemessen werden, könne eine vorschnelle Ablehnung am Ende zur Retourkutsche werden.
Gräben verlaufen zwischen den Regionen
Unabhängig davon, was der Bericht am Montag bringt: In der Frage nach einem geeigneten Standort dürften die politischen Gräben weniger zwischen Parteien als vielmehr zwischen den in Frage kommenden Regionen verlaufen. Dem will die BGE mit maximaler Transparenz entgegenwirken, um den Eindruck einer interessensmotivierten Entscheidung tunlichst zu vermeiden. Eine endgültige Entscheidung über den Standort fällt im Jahr 2031.
Johannes Greß
Wohin mit all dem Mist?
… oder:
Die Zeit ist reif für eine „saubere“ Stromabrechnung!
Nachdem das ja nichts geworden ist mit der sichersten „FJS-Fahrradspeichenfabrik“ in Wackersdorf haben sich viele Menschen eine echte „Birne“ gemacht, wie die paar Tonnen Strahlenmüll der einstigen Atom-Energie-Revolution gut untergebracht werden könnten.
Klar, hier geht´s ja nur um ein, zwei, drei, … hunderttausend Jahre.
Also:
Alles halb so wild, alles nur eine Frage von wenigen Halbwertszeiten.
(Mich beschleicht das Gefühl, es könnte zwischen verstrahltem Wildschweinbraten und hell leutchtender bayerischer Schwammerlbrühe irgendeine Parallele zur aktuellen Seuche bestehen?
… möglicherweise:
Wie wär’s mit radioaktivem Milchpulver im Kampf gegen Covid-19?)
Die Helden von damals bauten also auf die Helden von heute, … und die Helden von heute … tja, die haben leider auch keinen Plan.
Wohin also mit all dem Mist?
… der Versuch einer Antwort, irgendwo zwischen „Bavaria One“ und „Künstlicher Intelligenz“:
Die dezentrale Entsorgung radioaktiver Abfälle in privaten Haushalten!
Sehen Sie selbst, der Filmemacher Oliver Gilch hat möglicherweise eine ultimative Lösung gefunden:
https://video.gmachtin.bayern/?v=271&i=99
Auf eine strahlende (bayerische) Zukunft!
Peter