Waldkirchen. Nun hat er begonnen, der Wahlkampf zur Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr: Heinz Pollak, Bürgermeister der größten Stadt im Landkreis Freyung-Grafenau, sieht sich ab sofort seinem (ersten) Herausforderer Manfred Dersch gegenüber. Die Waldkirchener CSU-Ortsgruppe hat den 43-jährigen Inhaber eines Pflegedienstes zu ihrem Bürgermeister-Kandidaten ernannt. Und – allem Anschein nach werden ihm weitere Bewerber um den Rathaus-Sessel aus den Reihen kleinerer Parteien folgen. Dass mehrere Kandidaten dem Amtsinhaber von der „UCW-FW“ Paroli bieten wollen, ist dabei durchaus positiv für die Stadt und ihre Bürger zu werten.
Eines ist unbestritten: Seit seinem Amtsantritt 2014 hat Heinz Pollak in Waldkirchen einiges auf die Beine gestellt: Die Ringmauerstraße ist komplett saniert, Waldkirchen wächst Jahr um Jahr weiter, Baugebiete werden erschlossen, Betriebe siedeln sich neu an, der Mittelschul-Neubau ist abgeschlossen, Spielplätze wurden gebaut, die Übernachtungszahlen steigen.
Dersch kann auch Entscheidungen der CSU-Riege bemängeln
Der Zusammenhalt im Stadtrat sei groß, sagte Pollak bei seiner Ansprache in der letzten Sitzung des Jahres 2018. Selbst Manfred Dersch betont, dass das Verhältnis zwischen ihm und dem Rathaus-Chef sehr gut wäre.
Ist demnach schon klar, dass der amtierende Bürgermeister nächstes Jahr wiedergewählt wird? Ist es egal, ob die CSU einen Gegenkandidaten ins Rennen schickt? Sicher nicht. Denn es gibt sie, die Kritikpunkte an Pollaks Politik. Darüber zu diskutieren – fair und konstruktiv – ist wichtig, um als Bürgermeister den Rückhalt aus der gesamten Stadtbevölkerung zu erhalten. Das weiß auch Pollak selbst: „Ich nehme meinen Konkurrenten sehr ernst“, sagt er.
Wenn da nun ein Mann auftaucht, der bereits bei seiner Ernennung zum CSU-Bürgermeister-Kandidaten die ersten „Duftmarken“ setzt, gibt er damit all denjenigen eine Stimme, die ebenfalls nicht alles als „wunderbar“ abnicken möchten, was Bürgermeister Pollak bisher geleistet hat.
Der 43-jährige Dersch ist zwar langjähriges Mitglied der Waldkirchener CSU – im Stadtrat saß er bisher aber nicht. Er kann im Wahlkampf also auch Entscheidungen des Gremiums bemängeln, die die CSU-Stadträte mitgetragen haben. Ein Vorteil.
Gegenkandidat Dersch: Waldkirchen isoliert sich im Landkreis
Zunächst sind es aber keine Einzelentscheidungen, die Manfred Dersch kritisiert. Dass Waldkirchen sich momentan zu sehr von den Nachbargemeinden isoliere, missfällt dem Gegenkandidaten besonders am Führungsstil des Stadtoberhaupts. „Wenn ich ständig gegen den Landkreis und den Bezirk schimpfe, mache ich mir keine Freunde“, sagt er im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n.
Als Beispiel nennt Dersch die Reaktion auf die Schließung des Waldkirchener Krankenhauses: Bürgermeister Pollak stellte sich dabei klar auf die Seite derer, die sich so lange wie möglich dagegen wehren wollten, organisierte gar einen Demonstrationszug. „Dazu kamen dann noch Online-Petitionen“, erinnert sich der Herausforderer, der im Rückblick vor allem die damalige Forderung als „kindisch“ erachtet, die Stadt Waldkirchen solle den Landkreis Freyung-Grafenau verlassen – und sich dem Landkreis Passau anschließen.
Damit erreiche man ganz und gar nicht, dass Waldkirchen mehr Beachtung finde, wenn es etwa um die Neu-Ansiedlung von Behörden geht. Im Gegenteil: Man bewirke damit nur, dass wichtige Entscheidungsträger auf Landkreis- und Bezirksebene nicht hinter einem stünden. Dersch hingegen wolle die Zusammenarbeit im Landkreis suchen und damit Vorteile für Waldkirchen herausholen. Er freue sich zwar, wenn Waldkirchen weiter wachse und Unternehmen sich ansiedeln, doch größere Projekte – ähnlich der Freyunger Volksmusikakademie – seien nur dann zu realisieren, wenn man mit dem Kreis zusammenarbeite.
Gegenposition zu Pollak zu beziehen, kann grandios scheitern
Als Pollak gegen die Krankenhaus-Schließung demonstrierte, nahm halb Waldkirchen daran teil. Es ist wahrlich nicht einfach, sich gegen ihn zu positionieren. Ein Versuch der Waldkirchener CSU im vergangenen Sommer misslang gründlich. Stadtrat Josef Saiko erzählte damals gegenüber der Lokalzeitung, welche Ideen seine CSU habe, um den Stadtpark wieder attraktiver zu machen. Er bemängelte bei dieser Gelegenheit auch gleich die neuen Spielplätze, die Pollak sich kurz zuvor als seinen Verdienst auf die Fahnen geschrieben hatte. Zu viel Plastik sei da verbaut worden, so Saiko.
Ein Thema, mit dem die CSU wohl wenige Wähler überzeugen konnte. Die Kritik an den Spielplätzen löste vielmehr heftige Diskussionen aus. Vor allem, weil Pollak den Zeitungsartikel sofort in seiner (geschlossenen) Facebook-Gruppe, die zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Namen Heinz Pollak – Mein Bürgermeister in dem Sozialen Netzwerk zu finden war, teilte und sich dazu entsprechend äußerte. Zudem schrieb die „Passauer Woche“: Der CSU stinke wohl die erfolgreiche Arbeit des Bürgermeisters, weshalb sie nun seine Arbeit torpediere.
Pollak postet alles, was er für berichtenswert hält
Artikel wie in der „PaWo“ sind freilich ganz im Sinne Pollaks. Denn dieser verfolgt seine ganz eigene PR-Strategie, um Waldkirchen und die Erfolge seiner Politik bekannt zu machen: Er setzt die Themen selbst, will nicht warten, bis Journalisten auf sie aufmerksam werden.
Auch der Münchner Merkur kam gerne der Einladung des Bürgermeisters nach, über die Vorzüge Waldkirchens im Vergleich zum Großstadtleben zu berichten. Er habe eine Email an die Redaktion geschickt, da es ihn ärgere, dass man ständig über Wohnungsmangel und Probleme in München berichte, schreibt Pollak in seiner Facebook-Gruppe Heinz Pollak – Mein Bürgermeister, Bezirks- und Kreisrat (seit der Wahl im Herbst hat sich der Name der Gruppe geändert). Er wolle die Städter nun auf die Idee bringen, aufs Land – genauer gesagt – nach Waldkirchen zu ziehen.
Ein Beitrag des BR-Magazins „quer“ zum Thema „Münchener in den Bayerwald locken“:
Pollak versteht es dabei, seine Standpunkte zielgerichtet unters Volk zu bringen: Seine (geschlossene) Facebook-Gruppe zählt mittlerweile an die 3.500 Mitglieder. Hier, in seiner mehr oder weniger privaten Echo-Kammer, fand bereits ein wichtiger Teil seines Wahlkampfes statt. Und vom ersten Tag im Rathaus an postete der Bürgermeister alles, was er für berichtenswert hielt – und vor allem seiner eigenen Fasson entsprach. Auch mit persönlichen Worten geizt er dabei nicht, wenn er sich falsch verstanden oder angegriffen fühlte – in den Kommentarspalten tun es ihm einige Waldkirchener gleich.
Nicht jeder darf sich gegen harsche Kritik wehren
Genau das ist ein weiterer Punkt, den Gegenkandidat Dersch zur Sprache bringt: Er kritisiert, dass hier teilweise sehr aggressiv kommentiert werde. „Pollak ist nie aus dem Wahlkampf-Modus rausgekommen“, findet der CSU-Mann. Er betrachtet zudem alle Nicht-Mitglieder der Pollak’schen Facebook-Gruppe wegen deren Status („geschlossen“ – und somit nur für „erlesene“ Nutzer einsehbar) als ausgegrenzt.
„Ich habe mitbekommen, dass einige rausgeflogen sind aus der Gruppe“, sagt Dersch. Man habe ihnen damit die Möglichkeit genommen, mitzudiskutieren oder Kritik an der Politik des Bürgermeisters zu äußern. Dass Dersch diesen Umstand ganz offen anspricht, wird wohl zu (weiteren) Diskussionen führen. Vielleicht schafft er es auf diese Weise aber auch, wieder Themen in die Debatte einzubringen, die momentan unter dem Pollak-Radar verschwinden. Dersch kann ein Sprachrohr für alle Nicht-Mitglieder des Pollak’schen Social-Media-Mikrokosmos werden.
Es bleibt spannend, ob der CSU-Bürgermeister-Kandidat im kommenden Jahr gewisse Themen besetzen kann, die ihm gewisse Chancen bei der Kommunalwahl 2020 eröffnen. Und ob bzw. wann weitere Kandidaten auftauchen, die einen erfolgreichen, aber nicht unumstrittenen Amtsinhaber herausfordern werden.
Kommentar: Sabine Simon