Freyung. Dass im altehrwürdigen Lang-Stadl im Stadtzentrum von Freyung die Volksmusikakademie samt Übernachtungshaus entsteht, dürfte inzwischen bekannt sein. Doch so wirklich vorstellen können sich viele Waidler noch nicht, was in diesen Räumlichkeiten ab April dieses Jahres vonstatten gehen soll – zumal die Einrichtung bisher insbesondere aufgrund der regelmäßig steigenden Umbaukosten in den Schlagzeilen gestanden hat. Vor allem von Seiten der Politik hat die Volksmusikakademie, die vom Bezirk Niederbayern bezuschusst wird, bisher reichlich Vorschusslorbeeren erhalten, die auch das Onlinemagazin da Hog’n bereits kritisch hinterfragt hatte.
Im folgenden Hog’n-Gespräch geht der künstlerische Akademie-Leiter Dr. Philipp Ortmeier darauf ein, was genau im Lang-Stadl künftig passieren wird. Der 40-jährige Passauer und promovierte Musikwissenschaftler blickt zudem auf den Wandel der Volksmusik, den die Einrichtung in Freyung für sich nutzen will.
„Für Außenstehende ist das Ganze noch nicht vorstellbar“
Herr Ortmeier, erklären Sie uns bitte kurz Ihren persönlichen Werdegang.
Bereits während meiner Schulzeit in Passau gehörte Musik zu meinem Leben. Vor allem die klassische Musik mit Klavier, Cello und verschiedenen Schlagwerken. Diese Instrumente begleiten mich bis heute. Nach meinem Abitur mit Leistungskurs Musik bin ich zum Studieren nach Würzburg gegangen – mein Studiengang: Musikwissenschaften. Im Rahmen meiner Promotion habe ich mich hauptsächlich mit zeitgenössischer Musik des 20. Jahrhunderts beschäftigt.
2008 begann mit meiner Anstellung beim Bezirk Niederbayern in der Kultur- und Heimatpflege dann mein Interesse für Volkskultur und –musik zu wachsen. Inzwischen zählt auch das Traditionelle zu meinen Leidenschaften. Ich trete damit in die Fußstapfen meines Großvaters, der begeisterter Ziach-Spieler war. Unter anderem setzte ich mich regelmäßig mit dem Zwiefachen auseinander, eins meiner Steckenpferde. Durch die Kooperation mit der Stadt Freyung im Rahmen der Volksmusikakademie bin ich im Januar 2018 zum künstlerischen Leiter dieser Einrichtung ernannt worden.
Können Sie uns anhand von Beispielen erklären, was genau in der Volksmusikakademie vor sich gehen wird?
Eins vorweg: Im vergangenen Jahr haben wir uns auch mit baulichen Dingen beschäftigt, die mich als künstlerischen Leiter betroffen haben. Mir ist klar, dass für Außenstehende das Ganze noch nicht so richtig vorstellbar scheint bzw. viele sich fragen, was wir in der Volksmusikakademie überhaupt machen. In letzter Zeit war es meine Hauptaufgabe, ein Programm für dieses Jahr auszuarbeiten, das aus zwei Bereichen besteht: Einerseits werden wir eigene Seminare anbieten, die wir für Musikanten, Sänger und Tänzer selber organisieren. Andererseits steht unser Haus allen Musikgruppen offen, die Räumlichkeiten für ihre Proben suchen.
„Unsere Aufgabe ist es, das Haus mit Leben zu füllen“
Zusammengefasst ist die Volksmusikakademie demnach eine erweiterte Musikschule?
Ja, so in der Richtung – wobei Musikschule vielleicht der falsche Begriff ist. Wir bieten keinen regelmäßigen Unterricht an, sondern Seminare, die mehrere Tage dauern. Sprich: Intensivkurse, gebündelter Unterricht. Deshalb wird es ja auch Übernachtungsmöglichkeiten geben, um einen längeren Aufenthalt gewährleisten zu können.
Mit diesem Image-Video will die Volksmusikakademie auf sich neugierig machen
Und bis dato gibt es nichts Vergleichbares zur Volksmusikakademie?
Vom Angebot her ist die Freyunger Einrichtung vergleichbar mit den anderen Musikakademien in Bayern – wie etwa in Alteglofsheim oder Marktoberdorf. Der Schwerpunkt Volksmusik ist bisher jedoch einzigartig. In diesem Zusammenhang möchte ich betonen, dass die Proberäume für alle Musiker da sind – stilistisch gibt es da keinerlei Grenzen.
Viele Leute wissen zwar, dass in Freyung eine Volksmusikakademie entsteht, können aber den Stellenwert dieser Einrichtung nicht wirklich einschätzen.
„Volksmusik gilt als frech und unverbraucht“
In der Volkmusikszene herrscht große Begeisterung aufgrund der Errichtung einer Volksmusikakademie. Da gibt es keine kritischen Stimmen. Unsere Aufgabe ist es nun, das Haus mit Leben zu füllen, die Volksmusikakademie dem breiten Publikum zugänglich zu machen, Aufklärungsarbeit zu leisten. Das ist viel Arbeit.
Nicht zu unterschätzen ist gewiss auch die Wirtschaftskraft der Akademie?
Auf alle Fälle. Es werden einige Arbeitsplätze geschaffen – zumal ja auch das Übernachtungshaus samt Catering-Küche betrieben werden muss. Es werden dabei verschiedenste Berufe – vom Servicemitarbeiter über den PR-Beauftragten bis zum Buchhaltungsexperten – gebraucht.
Warum sind gerade Sie der ideale Leiter für die Volksmusikakademie?
(überlegt und lacht dann) Gute Frage. Weil ich zum einen das Fachwissen mitbringe, um eine solche Einrichtung leiten zu können. Zum anderen bringe ich auch das Naturell mit, um ein guter Hausherr zu sein. Man muss mit Menschen umgehen können, ein geselliger Typ sein – vor allem, wenn es um Volksmusik geht. Volksmusik hat einen hohen sozialen Faktor.
Wie hat es diese Musikrichtung geschafft, wieder als „cool“ zu gelten?
Es ist schwer, diese Entwicklung an einem Punkt festzumachen. Die verzopfte, konservatorische Volksmusikpflege unmittelbar nach dem Krieg hatte zur Folge, dass Volksmusik etwas belächelt worden ist. Aus dieser verkrusteten Form heraus haben sich Gegenbewegungen entwickelt, die für einen gewissen Aufschwung gesorgt haben. Ich denke da an Hubert von Goisern, Biermösl-Blosn oder Wolfgang Ambros. Das alles sind Volksmusiker, die einen anderen Weg gegangen sind. Vorreiterrollen, die nach und nach auf die Basis übergeschwappt sind. Und plötzlich war Volksmusik wieder „in“, gilt seitdem als frech und unverbraucht.
Im April geht’s richtig los – mit einem Forschungsseminar
Und auf diesen Zug will auch die Volksmusikakademie aufspringen. Wann geht’s los?
Die Volksmusikakademie startet im April mit einem Forschungsseminar, in dessen Rahmen sich die wesentlichen Köpfe der Volksmusikpflege Bayerns hier in Freyung treffen. Es folgt das Auftakt-, ein Zwiefacher- und ein Landler-Seminar. Es geht in die heiße Phase.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer