Regen. Als 1933 die Hakenkreuz-Flagge in seinem Dorf gehisst wird, zieht sich ein Schriftsteller in die Wälder zurück – und macht dort eine schicksalhafte Begegnung. So lautet der Inhalt von „Flucht in die Wälder“, dem neuen Film von Jungregisseur Emil Spiewok, in einem Satz zusammengefasst. Darsteller Robert Mika („Nackt unter Wölfen„) spielt in der 360-Grad-Produktion, die in und um den Regener Ortsteil Weißenstein gedreht wurde, die Hauptrolle als Siegfried von Vegesack.
„Am Herzen liegt mir, dass wir besser mit Natur und Klima umzugehen lernen und unsere Gesellschaft offener gestalten – das spiegelt sich auch im Film wider“, sagt der 36-jährige, in Weißenstein geborene und derzeit in Langdorf lebende selbständige Filmemacher. Wir haben uns mit Emil Spiewok über sein neues Werk unterhalten.
„Er war ein Außenseiter im Bayrischen Wald“
Emil: Dein Film „Flucht in die Wälder“ hätte eigentlich schon früher erscheinen sollen. Warum hat’s nun doch a bisserl länger gedauert?
Erst hat Corona die komplette Planung durcheinander geworfen, dann war die digitale Nachbearbeitung sehr aufwendig -und schließlich haben wir den Veröffentlichungstermin mit der Neueröffnung der Ausstellung im „Museum im Fressenden Haus“, die am 4. Mai stattfinden wird, abgestimmt.
Erzähl uns bitte in wenigen Sätzen, worum’s in dem Film geht.
„Flucht in die Wälder“ ist ein immersiver 360-Grad-Film, inspiriert von wahren Begebenheiten. Wir folgen dem Schriftsteller Siegfried von Vegesack auf seiner poetischen Reise durch den Bayerischen Wald, bis er der Realität des nationalsozialistischen Deutschlands der 1930er Jahre gegenüberstehen muss.
Siegfried von Vegesack hat lange Phasen seines Lebens in Weißenstein verbracht. Was hat dich an seiner Person gereizt?
Vegesack hat über Grenzen hinaus gedacht. Er hat z.B. den ersten elektrischen Strom weit und breit erzeugt, sich für den Pfahl als Naturschutzgebiet eingesetzt, war am Paneuropa-Kongress beteiligt, bei dem erstmals die Idee eines Europas ohne Grenzen diskutiert wurde. Er war ein Außenseiter im Bayrischen Wald, der dort aber schlussendlich eine Heimat gefunden hat. Ein außergewöhnlicher Mensch also, der dort gelebt hat, wo ich selbst als Kind immer gespielt hatte.
„Es spitzt sich immer mehr zu“
Was denkst du: Wie aktuell ist der Filmstoff?
Der Film dreht sich um das Thema Heimat, aber aus Sicht eines Zugezogenen. Wird er dort anerkannt und geschätzt? Und was muss er tun, damit er sich dort selbst wohlfühlt? Ich denke, diese Themen sind zwar immer aktuell, zur Zeit aber besonders präsent – und leider auch geprägt von Populismus und rechtsextremen Auswüchsen. Und es spitzt sich immer mehr zu. Ich denke schon, dass derzeit ein ziemlicher Kulturkampf in unserer Gesellschaft herrscht.
„Flucht in die Wälder“ ist ein sog. Virtual-Reality-Film. Was bedeutet das konkret?
Das bedeutet: Statt auf einem Monitor wird der Film mit einer Virtual-Reality-Brille angesehen und bietet so einen 360-Grad-Rundblick. Man taucht damit in die Szenen ein und kann sich umsehen – so, als ob man wirklich vor Ort wäre.
Der Film soll keinem breiteren Publikum präsentiert werden – warum ist das so? Und: Wann und wo wird er dann zu sehen sein?
Der Film wird ab dem 4. Mai 2024 im „Museum im Fressenden Haus“ in Weißenstein ausgestellt, also öffentlich zugänglich sein. Aber auch auf Film-Festivals werden wir touren. 360-Grad-Streaming-Portale gibt es auch, aber ihn hier vor Ort zugänglich zu machen, war uns fürs erste wichtiger.
„Zu neuen Ufern aufzubrechen finde ich aufregend“
Gab’s besondere Momente während der Dreharbeiten, die dir in Erinnerung geblieben sind?
Die Dreharbeiten waren insgesamt großartig, vor allem wegen des tollen Teams und der vielen Unterstützerinnen und Unterstützer – an der Stelle ein dickes Dankeschön an alle, die in der einen oder anderen Form mitgewirkt haben. Da haben Leute ihren Oldtimer-Bulldog aus den 20er Jahren beigesteuert, oder haben mir gezeigt, wie man früher ganze Felder gesenst hat.
Mit welchen Reaktionen rechnest du beim Publikum, nachdem es den Film gesehen hat?
Ich rechne mit Faszination darüber, was sie da gerade erlebt haben. Diese Reaktion sehe ich oft, wenn Menschen VR- Brillen nutzen. Aber ich bin zuversichtlich, dass auch der Film selbst gut ankommt.
Für die Finanzierung des Films war ein durchaus beachtlicher Aufwand nötig. Hat sich der Aufwand gelohnt?
Storys in Virtual Reality zu erzählen, ist im Moment immer noch Pionierarbeit – zu neuen Ufern aufzubrechen finde ich aufregend. Und wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer zusätzlich Freude daran haben, hat sich der Aufwand doppelt gelohnt.
Der Drang zum Filme machen
Abschließend: Gibt’s schon weitere Filmprojekte, die du gerne umsetzen möchtest?
Im Moment habe ich genug mit meiner Lohnarbeit zu tun, aber ich habe definitiv den Drang, weitere Virtual-Reality-Filme umzusetzen. Ob es eine VR-Dokumentation, ein Spielfilm oder eine interaktive Installation sein wird, weiß ich aber noch nicht.
Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast – und alles Gute weiterhin.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer
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