Unweit des kleinen tschechischen Örtchens Loreta, rund 40 Kilometer vom Grenzübergang Bayerisch Eisenstein entfernt, erheben sich mitten im Böhmerwald die majestätischen Reste einer Kirche. Viel davon ist nicht mehr übrig, doch die Grundmauern lassen erahnen, wie beeindruckend dieser Bau einmal gewesen sein muss.
Anfang des 18. Jahrhunderts, im Jahr 1730, ist die Johannes-von-Nepomuk-Kapelle (auf Tschechisch: Kaple svatého Jana Nepomuckého) im Barockstil unter der Ägide des tschechischen Adelsgeschlechts von Maximilian Krakovski (Maximilian Norbert Krakau) erbaut worden. Von 1790 an wurde das Gebäude seinem Schicksal überlassen und verfiel seitdem mehr und mehr. Vor 1939 wurde es noch von Touristen als „Aussichtsturm“ benutzt.
Kapelle ist heute tschechisches Kulturdenkmal
Heutzutage bröckeln die malerischen Mauern vor sich hin. Im Innern des einstigen Gotteshauses hat zum Zeitpunkt unseres Besuchs einen Tisch mit Kerzen und Marienbildern aufgestellt. Das einstige Kuppeldach fehlt gänzlich, man kann den Himmel durch die riesige, kreisrunde Öffnung erblicken. Eine Besonderheit ist der sehr originelle Boden, ein Werk namens ‚Drop‘ (oder auch ‚Level of Depth‘ genannt), wie eine tschechische Website informiert. Das Bodenkunstwerk wurde einstmals von der Studentin Kristýna Kužvartová als Teil des Projekts „Vanished and Endangered Churches“ der westböhmischen Kunst- und Design-Hochschule aus etwa 7.000 Ziegeln, Kies und Sand geschaffen. Davon ist derzeit aber nichts mehr zu sehen.
Im Gegensatz zu einem halbverbrannten Buch mit Formeln für Geisterbeschwörungen, das auf dem Boden liegt – ein gruseliger Hauch von „Blair Witch Project„. Die Anhänger der Schwarzen Magie haben offenbar auch dieses Bauwerk für sich entdeckt. Und trotzdem – die Atmosphäre hier erscheint still und friedlich. Wer die vierseitige Geschosskapelle, die laut tschechischem Wikipedia-Eintrag den Status eines Kulturdenkmals besitzt, besucht, sollte die Ruinen mit Respekt behandeln – in Erinnerung an die einstige Würde des Gebäudes. Es ist es wert, dass auch spätere Generationen sich noch an diesen Anblick erfreuen können. Zum Denkmal führt ein markierter Weg aus Richtung Týnec sowie aus Richtung Klatov.
Sabine Hamberger
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In unregelmäßigen Abständen präsentiert da Hog’n an dieser Stelle sog. Lost Places – also Orte, die im Kontext ihrer ursprünglichen Nutzung in Vergessenheit geraten sind – in der bayerisch-böhmischen Grenzregion.