Hamry. Die Lage könnte wohl idyllischer nicht sein: An der Úhlava gelegen, umgeben von Birken und uralten Buchen, stehen die überwucherten Reste eines einst imposanten Baus. Am Eingang sind noch Reste eines Eingangstores zu sehen, dahinter ein hoher Backsteinkamin, verziert mit interessanten Mustern. Hohe, langsam zerbröckelnde Hallen, daneben ein Anbau, der nach Büroräumen anmutet. Hier wurde einst produziert…
In den Jahren 1882 bis 1884 gründete an diesem Ort in der Nähe von Hamry, dem einstigen Hammern, ein gewisser Julius Otto Petzold eine Holzschleiferei, in der Rohstoffe für die Papierproduktion verarbeitet worden sind. Die waldreiche Gegend bildete den idealen Standort für die Papierfabrik Gustavsthal; der Strom für die Produktion wurde durch Turbinen erzeugt, angetrieben durch das Wasser der nahen Úhlava. Im Jahre 1930 kaufte Stanislav Koutek die gesamte Anlage. Sie war vor dem Krieg im Besitz der Firma Weis, wie andernorts zu lesen ist.
Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit
Mit der Annexion des Sudetenlandes durch die Nazis 1939 war man gezwungen, die Fabrik zu verkaufen. Alle Anstrengungen, sein Eigentum nach dem Krieg wiederzuerlangen, waren vergeblich. Nach mehreren Besitzerwechseln (darunter auch die tschechischen Staatsforsten, die bis 1975 hier Schnittholz herstellten) wurde die Produktion schließlich eingestellt. Nachdem 1989 ein Privatunternehmen den Besitz kaufte, begann der allmähliche Zerfall.
Heute übernimmt die Natur mehr und mehr das ehemalige Fabrikgelände. In den Hallen und durch das teilweise eingestürzte Dach wachsen Bäume, Vandalen haben die Innenräume demoliert und die Fenster zerstört, an den Mauern sind die obligatorischen Graffitis zu sehen.
Wer die Fabrik aufsucht, sollte jedenfalls vorsichtig sein: Vieles ist bereits derart baufällig, dass Lebensgefahr besteht und der Zutritt vermieden werden sollte. Aber auch nur von außen betrachtet, erscheint die Ruine eindrucksvoll – wie ein Überbleibsel aus einer längst vergangenen Epoche…
Sabine Hamberger
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In unregelmäßigen Abständen präsentiert da Hog’n an dieser Stelle sog. Lost Places – also Orte, die im Kontext ihrer ursprünglichen Nutzung in Vergessenheit geraten sind – in der bayerisch-böhmischen Grenzregion.