Freyung. Auf seiner Facebook-Seite konzentriert sich MdL Alexander Muthmann überwiegend darauf, sachlich auf politische Diskussionen einzugehen. Zur Auflockerung gibt’s immer wieder mal ein schönes Landschaftsbild seiner waidlerischen Heimat. Am vergangenen Samstag jedoch reagierte der FDP-Politiker richtig emotional. „Dieses Thema hat mich zuletzt sehr beschäftigt und mich auch persönlich nicht mehr losgelassen“, macht der 64-Jährige gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n deutlich. Der Grund für seine Aufregung: Während der Einzelhandel aufgrund der Coronakrise und den damit verbundenen Beschränkungen bis mindestens 14. Februar seine Pforten schließen muss, dürfen Discounter nicht nur weiterhin Klamotten, Sportgeräte und Kleinmöbel anbieten, sondern ihre derzeitige Monopol-Stellung durch ein vergrößertes Angebot weiter ausbauen.
Muthmann hatte sich die Mühe gemacht und mehrere Prospekte, die jeden Samstag in den Briefkästen landen, ausgewertet. Sein Ergebnis: „Lidl wirbt unter anderem auf 19 der 44 Seiten für Non-Food-Produkte, bei Real sind es 29 von 55. Norma nutzt sogar die ersten Seiten für Werbung in dieser Hinsicht. Mich stört nicht nur, dass die Discounter diese Artikel derzeit verkaufen dürfen, sondern auch, dass sie so offensiv darauf aufmerksam machen.“ Der ehemalige Landrat von Freyung-Grafenau, aktuelles Mitglied des Freyunger Stadtrats sowie des Kreistags steht augenscheinlich mit seiner Meinung nicht alleine da. Der entsprechende Post, der am Samstagabend (23. Januar) gegen 20 Uhr vom Landtagsabgeordneten veröffentlicht wurde, hatte bis Montagnachmittag 204.000 Personen erreicht, wurde mehr als 340 mal geliked und rund 2.000 Mal geteilt. Hinzu kommen rund 130, meist zustimmende Kommentare.
„Von Chancengleichheit kann man hier nicht mehr sprechen“
„Ein Zustand, welcher bei der letzten Konferenz mit allen vier MDLs schon angeprangert wurde. Leider ist überhaupt nichts geschehen. Ist es wirklich das Ziel der Politik, die großen Unternehmen noch größer zu machen und den Mittelstand mit aller Gewalt zu vernichten? Anscheinend funktioniert die Lobbyarbeit der Industriekonzerne perfekt“, springt unter anderem der Facebook-Account der Werbegemeinschaft Freyung Alexander Muthmann zur Seite. Dieser wiederum konkretisiert im Gespräch mit dem Hog’n seine Social-Media-Ausführungen weiter:
In den vergangenen Wochen und Monaten hätte er mit mehreren familiengeführten Betrieben der Einzelhandelssparte gesprochen. Viele hätten alles daran gesetzt, detaillierte Hygienekonzepte auszuarbeiten und umzusetzen, um die Verluste des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 wieder gut zu machen. „Alle haben sich deshalb auf das Weihnachtsgeschäft gefreut“, berichtet er. Mitte Dezember machte eine neuerliche Verschärfung der Corona-Beschränkungen die Pläne der Unternehmer zunichte. Sport- und Modegeschäfte mussten schließen, die Discounter hingegen konnten weiter ihre Kunden empfangen, da sie mit ihrem Angebot an Lebensmitteln die Grundversorgung sichern. Diese Supermärkte bieten aber seit Jahren nicht nur Gemüse, Obst & Co. an, sondern u.a. auch Kleidung, Sportgeräte und Möbelstücke.
„Der Staat hat mit seinen Beschränkungen für eine Wettbewerbsverzerrung gesorgt. Das ist eine Gerechtigkeitsfrage. Denn von Chancengleichheit kann man hier nicht mehr sprechen – ein unhaltbarer Zustand“, wettert Muthmann, der diesen Gedanken auch politisch weiterspinnen will. Denn er selber weiß: „Kritisch auf einen Missstand hinzuweisen ist das eine – doch die Politik muss hier mehr tun.“ Wie genau er seinen Unmut gegenüber den Regierenden äußern will, stehe noch nicht fest. Die Bühne allerdings schon. Am kommenden Mittwoch findet im Landtag eine Aussprache in Sachen Corona-Maßnahmen statt. „Ich würde mir es wünschen, hier dieses Thema zur Sprache bringen zu können.“ Einen Dringlichkeitsantrag hat er bereits abgeschickt.
Der 14. Februar ist laut Muthmann nicht in Stein gemeißelt
Für den FDP-Politiker sind die Alternativen klar: Entweder die Discounter müssen ihre Non-Food-Bereiche schließen – oder die Einzelhändler dürfen wieder ihrer Bestimmung nachgehen. „Ich vertraue hier auf die Hygiene- und Abstands-Konzepte der Betriebe. Und Wissenschaftlicher haben ohnehin geäußert, dass nur ungeschützte Kontakte vermieden werden sollen – in einem Geschäft sehe ich in diesem Zusammenhang keine Gefahr.“ Alexander Muthmann geht soweit, dass eine entsprechende Änderung der aktuellen Infektionsschutzverordnung, die vorerst bis 14. Februar Gültigkeit hat, bereits vor Mitte des kommenden Monats vorgenommen werden muss. „Der Mittelstand wird in der Politik oft als Rückgrat der Wirtschaft besungen. Wenn’s drauf ankommt, haben aber die Großkonzerne mehr Rechte. Es muss sich schnell etwas ändern. Jede Woche zählt.“
Helmut Weigerstorfer