Bad Füssing. Das Kabinett der Bundesregierung denkt angesichts sinkender Inzidenzwerte in Deutschland über Lockerungen nach. Niedersachsen und Bayern haben deshalb der Tourismusbranche eine erste Öffnungsperspektive in Aussicht gestellt. Liegt der Inzidenzwert unter 100, könnten u.a. Hotels und Campingplätze bereits zu Pfingsten wieder Gäste empfangen. Eine Nachricht, die Bad Füssings Bürgermeister Tobias Kurz sowie die neue Kur- und Tourismusmanagerin Daniela Leipelt positiv stimmt – insbesondere in Anbetracht dessen, dass aus der Teilnahme als Modellregion im Bereich Gesundheitstourismus nichts geworden ist, wie der Rathaus-Chef im Gespräch mit dem Hog’n berichtet. „Es konnten sich nur kreisfreie Städte und große Kreisstädte bewerben.“
Des Weiteren geht Kurz auf den Auswahl- und Bewerbungsprozess für den neu geschaffenen Leitungsposten im Bad Füssinger Tourismussektor ein – und stellt sich der Kritik, dass man sich bereits eher auf die Suche nach einer Nachfolgerin für den ehemaligen Kurdirektor Rudolf Weinberger hätte machen müssen. Zudem gibt er einen Einblick in seine Vorstellung von einer angemessenen Öffnungsstrategie.
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Herr Kurz: Wie schwierig war es, eine geeignete Nachfolgerin für Herrn Weinberger zu finden? Wie viele Bewerber gab es?
Herr Weinberger war natürlich eine Größe hier in Bad Füssing. Er ist 18 Jahre an der Spitze des Kur- und Gästeservice gestanden. Da brauchten wir jemanden, der in diese Fußstapfen treten kann. Der Gemeinderat hat sich in einem ausführlichen Prozess Gedanken darüber gemacht, wie die Stelle künftig inhaltlich bewertet werden soll, welche Anforderungen und welche Qualifikation wir uns von der neuen Leitung des Tourismusbereichs erhoffen. Wir haben auch die Ansichten und Meinungen der Leistungsträger vor Ort und verschiedener Verbänden einfließen lassen. Dabei herausgekommen sind eine Stellenausschreibung und ein mehrstufiger Bewerbungsprozess, bei dem wir den Bewerbern auf den Zahn und die fachliche Qualifikation gefühlt haben.
„Man kann diskutieren, ob Vorgehensweise richtig oder falsch war“
Letztlich freuen wir uns sehr, dass Frau Leipelt die Nachfolge zum 1. April von Rudi Weinberger übernommen hat. Es gab mehr als 70 Bewerbungen, die Entscheidung fiel uns bei dieser Bandbreite nicht leicht.
Was war am Ende ausschlaggebend dafür, sich für Frau Leipelt zu entscheiden?
Frau Leipelt war bereits an vielen Stellen in der Bundesrepublik im Einsatz. Sie hat schon viel gesehen, hat in verschiedenen Verbänden Lobbyarbeit betrieben und kennt sich mit Destinationsmarketing im Tourismus aus. Das war ein wichtiger Punkt, der uns signalisiert hat, dass sie Bad Füssing entsprechend nach vorne bringen kann.
Kritische Stimmen meinten ja, dass man sich angesichts der Coronakrise zu spät auf die Suche nach einem neuen Tourismusmanager gemacht habe und man eher hätte reagieren sollen. Wie sehen Sie das?
Als sich die politischen Kräfte und die touristischen Akteure vor Ort mit der Nachbesetzung der Stelle zu befassen begonnen haben, ist Corona noch gar kein Thema gewesen. Es stand dann auch ein Umbruch auf dem Bürgermeisterposten an – und viele waren der Meinung, man solle dem neuen Bürgermeister die Entscheidung vorbehalten, in welche touristische Richtung der künftige Weg führen soll. Man kann darüber diskutieren, ob diese Vorgehensweise richtig oder falsch war. Aber Frau Kreuzhuber-Zöls hat die Leitung von Rudi Weinberger kommissarisch übernommen und diese herausfordernde Zeit sehr gut überbrückt, bis wir dann eben diesen Bewerbungsprozess abgeschlossen hatten.
„Habe Kritik in keiner Weise nachvollziehen können“
Hotelier Christian Holzapfel meinte ja sinngemäß nach der ersten Welle im Sommer 2020 im Hog’n-Interview, dass Bad Füssing in Zeiten der Coronakrise etwas orientierungslos agieren würde, insbesondere in Bezug auf das rechtzeitige Einleiten gewisser Werbemaßnahmen. Er hätte sich etwas mehr Führungsstärke gewünscht damals. Wie blicken Sie darauf zurück?
Zunächst: Ich war damals keiner derjenigen, der sagte, dass wir für die Nachbesetzung unbedingt erst die Bürgermeisterwahlen abwarten sollten. Ich war der Meinung, dass man sich frühzeitig Gedanken machen sollte. Wir haben unsere Aufgaben trotzdem gemacht – und ich habe die Kritik in keiner Weise nachvollziehen können. Ich hatte den Leistungsträgern gegenüber offen in mehreren Gesprächen kommuniziert, in welch schwierigen Situation wir uns im vergangenen Jahr befunden haben und warum nicht mehr zusätzliches Geld für die Werbung zur Verfügung gestanden ist. Wir haben mit dem Möglichsten versucht Bad Füssing zu unterstützen. Wir hatten verschiedene Werbemaßnahmen letztes Jahr in der Corona-Pandemie sofort gestoppt und das Budget dann geballt für den ersten Re-Start nach dem ersten Lockdown zur Verfügung gehabt. Ich sehe es deshalb nicht so, dass wir zu spät dran gewesen wären oder nicht richtig reagiert hätten.
Welche Erwartungshaltung haben Sie als Bürgermeister bzw. hat die Gemeinde Bad Füssing gegenüber der neuen Tourismusmanagerin?
Wir wollen nun gemeinsam mit den Leistungsträgern vor Ort die künftige Ausrichtung besprechen, wollen sogleich tatkräftig vorangehen und unsere Destination im Gesundheitstourismus noch beliebter und noch erfolgreicher machen, als dies ohnehin schon der Fall ist. Die Herausforderungen sind ja riesig, die die Corona-Pandemie noch an uns stellen wird. Frau Leipelt hat vom ersten Tag an mit angepackt, was mich sehr positiv gestimmt hat. Unsere Erwartung ist, dass wir genau in diese Richtung motiviert weiterarbeiten. Chancen gibt es viele – vom Comeback der Kur bis zu der Entwicklung von Post-Covid Angeboten.
„Dafür setzen wir uns gerade auf allen Ebenen ein“
Der Kurort Bad Füssing wollte Modellregion werden, um eine sichere und verantwortungsvolle Wiederöffnung des Gesundheitstourismus zu erproben.
Richtig. Bad Füssing hatte sich sogleich beworben für das Modellfeld Gesundheitstourismus, um zu zeigen, dass wir verantwortungsvoll öffnen können. Vom Ministerium kam dann eine offizielle Ausschreibung, die besagt, dass sich jedoch nur kreisfreie Städte und große Kreisstädte bewerben können. Dabei dürfen nur die Außengastronomie, die Ladengeschäfte, die Theater, Konzerthäuser und Kinos geöffnet werden. Das heißt: Der Tourismus spielt hier gar keine Rolle. Doch wir haben uns nun nochmals gegenüber Gesundheitsminister Holletschek positioniert und ihm mitgeteilt: Wenn das Thema Tourismus an der Reihe ist, dann möge Bad Füssing als größter Kurort Europas auch entsprechend berücksichtigt werden.
Nun freuen wir uns aber, dass uns endlich die langersehnte Perspektive für die Gastronomie und dann ab Pfingsten auch für den Tourismus in Aussicht gestellt wurde – unsere Leistungsträger bereiten sich weiterhin intensiv auf die Öffnung vor. Wir erwarten aber auch, dass mit der Hotellerie auch unsere Thermen öffnen dürfen. Diese sind für ein Funktionieren unseres Gesundheitsstandortes unverzichtbar. Anerkannte Heilbäder und Kurorte müssen ihre Gesundheitseinrichtungen auch zu Pfingsten wieder komplett öffnen dürfen. Dafür setzen wir uns gerade auf allen Ebenen ein.
Welche Erwartungen bzw. Forderungen haben Sie nun an die Politik, um die Krise bewältigen zu können? Sind Sie zufrieden mit der bisherigen Strategie?
Es ist immer eine Abwägungssache und ich möchte auch nicht in der Haut des Ministerpräsidenten stecken, derlei Entscheidungen treffen zu müssen. Das Verständnis ist da. Doch wir haben es im vergangenen Jahr bewiesen, dass wir mit unseren Hygienekonzepten verantwortungsvoll öffnen können. Es wäre mir daher ein großes Anliegen, wenn man in dieser Hinsicht noch ein wenig kreativer sein und den Orten und den Unternehmern mehr Vertrauen entgegen bringen kann. Wir sind jedenfalls bereit.
„Negativ getestet, zweimal geimpft oder nachweisbar genesen“
Was wäre Ihrer Meinung nach die richtige Öffnungsstrategie?
Impfungen und Testungen sind die Schlüsselpunkte. In Verbindung mit der Kurkarte wollen wir uns hier soweit vorbereiten, dass wir gewisse Sicherheiten schaffen können. Sprich: Diejenigen, die mit einem entsprechenden Vermerk auf der Kurkarte negativ getestet, zweimal geimpft oder nachweisbar genesen sind, können in die Therme, in die Spielbank usw. gehen – und können auch sicher im Hotel einchecken. Das wäre der grundsätzliche Gedanke. Allen Geimpften sollten ihre Grundrechte wieder zurückgegeben werden – so wie dies ohnehin gerade diskutiert wird.
Vielen Dank für Ihre Zeit – und weiterhin alles Gute.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer