Haidmühle. Knapp ein Jahr liegen die Kommunalwahlen nun zurück. Seit 1. Mai 2020 sind in Freyung-Grafenau elf Bürgermeister neu im Amt. Fast alle haben dem Onlinemagazin da Hog’n mittlerweile Rede und Antwort gestanden, haben Interviewfragen zu ihren ersten Monaten auf dem Bürgermeistersessel, zu anstehenden Projekten, Problemen und Herausforderungen in ihren jeweiligen Gemeinden beantwortet. Nur einer steht für ein Interview nicht zur Verfügung: Haidmühles neu gewählter Bürgermeister Heinz Scheibenzuber.
Wenn der Rathaus-Chef uns kein Interview geben will, heißt das allerdings gewiss nicht, dass wir nicht über die Gemeinde Haidmühle und die Aktivitäten von Heinz Scheibenzuber berichten (dürfen). Schade nur, dass der erste Bürgermeister seine ersten Taten und Erfolge nicht selbst präsentieren will, wie Hog’n-Redakteurin Sabine Simon findet.
Schon in den ersten Monaten einiges voran gebracht
Heinz Scheibenzuber ist ein Macher. Das merkt jeder, der in der Gemeinde unterwegs ist: Man trifft ihn quasi immer und überall, sieht ihn in seinem kleinen weißen Auto auch sonntags durchs Dorf fahren. Wochentags ist er fast immer im Rathaus zu erreichen. Oder man erlebt ihn, wie er selbst mit anpackt: Im Sommer bei der von ihm und seinen Brüdern gebauten Kneippanlage in Ludwigsreut beispielsweise, wo er mit Gummistiefeln im Wasser stand und Grasbüschel entfernte. Sein Engagement geht über sein Soll als ehrenamtlicher Bürgermeister hinaus.
Dabei fällt ins Auge, dass er etwas voran bringen möchte. Wenige Wochen erst bekleidete er das Amt, da waren bereits alle Bänke an den Wanderwegen und in den Ortsteilen frisch gestrichen. Braucht man im Kindergarten mehr Platz für Laufräder und Tretbulldogs, steht kurz darauf ein dafür geeigneter Container im Garten.
Der Kindergarten soll nun auch bald um einen Anbau erweitert werden. Denn momentan ist eine Gruppe im ehemaligen Philippsreuter Kindergarten untergebracht – eine Notlösung aus Platznot. Nachdem die Erweiterung schon länger geplant war, hat der neue Gemeinderat sie nun zügig auf den Weg gebracht. Im Sommer sollen bereits die Bagger anrücken.
Im Interview hätten wir von Heinz Scheibenzuber etwa gerne gewusst: Wird es auch in Sachen „altes Schulhaus“ in Bischofsreut so schnell vorangehen wie beim benachbarten Kindergarten? Hier ist seit Langem angedacht, es abzureißen und nur eine Teilfront zu erhalten. Noch siecht das Gebäude aber vor sich hin.
Heinz Scheibenzuber möchte nicht nur die Dorfmitten, sondern auch den Haidmühler Stausee attraktiver machen, Toiletten und Umkleiden sowie nicht zuletzt Parkmöglichkeiten schaffen. So stand es in seinem Wahlprogramm. Ob man bereits im Sommer 2021 mit der Umsetzung dieser Ideen rechnen kann? Auch das hätten wir ihn gerne gefragt.
Wer kontrolliert kostenpflichtige Parkplätze?
An anderer Stelle hat er sein Wahlversprechen bereits in die Tat umgesetzt: Die gemeindeeigenen Parkplätze sind seit Kurzem gebührenpflichtig.
Während seine Vorgängerin Margot Fenzl die Verträge der Gemeinde mit dem Landratsamt, die es Haidmühle bis 2017 ermöglicht hatten, auf dem Parkplatz am Dreisessel Gebühren zu erheben – inzwischen kassiert der Landkreis bekanntlich dort selbst – nicht weiter verlängerte, hat Scheibenzuber eine alternative Einnahmequelle gefunden: Jeder, der in den Ortsteilen Frauenberg, Haidmühle und Bischofsreut parkt, um Langlaufloipen oder Wanderwege zu nutzen, bezahlt nun einen Euro pro Stunde an Gebühren.
Im Interview hätten wir gerne nachgehakt: Für was wird das Geld verwendet? Wäre es nicht sinnvoll gewesen, mit den Nachbargemeinden ein gemeinsames Parksystem rund um den gut besuchten Dreisessel zu planen? Und durch Parkgebühren beispielsweise auch Toiletten und Umkleiden für Tourengeher und Langläufer zu finanzieren? Wie soll langfristig kontrolliert werden, ob die Besucher ihr Ticket lösen? Wie soll „wildes Parken“ entlang der Straßen vermieden werden?
In den ersten Tagen konnte man den Bürgermeister dabei beobachten, wie er persönlich auf den Parkplätzen nach dem Rechten schaute und augenscheinlich auch Strafzettel austeilte. Auf Dauer wird er aber kaum selbst jeden Tag durch die Gemeinde patrouillieren können…
Neues Tourismuskonzept braucht Öffentlichkeit
Mag sein, dass ihm Fragen nach Parkgebühren unangenehm wären. Dasselbe gilt vielleicht für Fragen nach geplanten Gewerbe- und Neubaugebieten. Denn hier muss sich ein Bürgermeister verteidigen, begründen, warum weitere Flächen versiegelt werden sollen. Warum das neue Baugebiet nahe eines „Kleinods“ wie der Kapelle Sankt Marien am Eisernen Zaun liegen muss und warum hier Baufläche höher wiegt als Landschaftsschutz. Fragen, denen sich ein Gemeindeoberhaupt aber stellen muss.
Bei anderen Themen ist ein Bürgermeister sogar darauf angewiesen, dass sie publik gemacht werden. Nur dann können beispielsweise Tourismuskonzepte gelingen. Will man Urlauber in die eigene Gemeinde locken, muss man nicht nur Werbekonzepte entwickeln, sondern sie auch einem möglichst breiten Publikum vorstellen.
Scheibenzubers Vorgängerin wollte zu Beginn ihrer Zeit als Bürgermeisterin ein großes Tourismuskonzept auf den Weg bringen: die „Koboldgemeinde“. Sie erarbeitete gemeinsam mit dem Buchautor und Regisseur der Leopoldsreuter Festspiele, Michael „Sem“ Sellner, ein umfassendes Konzept, um Tourismus und auch Umweltschutz im Rahmen eines groß angelegten EU-Förderprogramms ganz neu aufzustellen. Werbewirksam eingesetzte Kobolde sollten dabei helfen, Haidmühle bekannt(er) zu machen.
Das Konzept scheiterte im Gemeinderat. All die investierte Arbeit: umsonst. Margot Fenzl hatte dabei einen großen Fehler gemacht: Sie hatte ihre Ideen und das gesamte Konzept erst dann kommuniziert, als bereits alles ausgearbeitet war.
Auch in Scheibenzubers Wahlprogramm findet sich ein neues Tourismuskonzept für die Grenzgemeinde: Er will Haidmühle zur Kneippgemeinde machen. Was er bei der Umsetzung besser gestalten will als Fenzl, das hätten wir ihn im Interview gerne gefragt. Auch generell: Was er im Vergleich zu ihr anders anpacken möchte in den kommenden Jahren, wo er andere Schwerpunkte legen und was er in seiner Amtszeit neben dem Kneippgemeinde-Vorhaben unbedingt verwirklichen möchte.
Viele offene Fragen zum Thema „Kneippgemeinde“
Beim Thema Kneippgemeinde hatte der CSU-Mann jedenfalls den Gemeinderat von Anfang an hinter sich. Auch den gesamten ILE-Verband „Abteiland“. Er hat bereits die Zusage, dass die ILE-Gemeinschaft 10.000 Euro beisteuert, um das Konzept für das Projekt Kneippgemeinde erstellen zu lassen. Haidmühle selbst muss dadurch nur noch 5.000 Euro übernehmen.
In einem Interview hätten wir Scheibenzuber zum Projekt befragt – aber gerne auch kritische Fragen gestellt. Etwa: Warum holt man erneut das Planungsbüro FNL mit an Bord, um das Tourismuskonzept „Kneippgemeinde“ zu erarbeiten? Kann die Gemeinde dies nicht selbst stemmen, obwohl bereits zahlreiche Ideen da sind, die der Tourismusausschuss laut einem Bericht der Lokalzeitung gemeinsam mit dem Kneippverein Haidmühle, dem Kneippkindergarten und dem Förderverein Bischofsreuter Waldhufen formuliert hat?
Insgesamt sieben Kneippanlagen sollen am Ende in der Gemeinde vorzufinden sein. Aber wird es sie in jedem Fall geben? Oder ist der Bau nur dann möglich, wenn Fördergelder fließen? Und wie stehen die Chancen für das ehemalige Haidmühler Schwimmbad? Könnte es im Rahmen einer Kneippgemeinde wiedereröffnet werden? Ist ein Schwimmbad gar entscheidend, um das Prädikat „Kneippgemeinde“ überhaupt erhalten zu können?
Kritische Fragen sind nötig
Mit kritischen Fragen wie diesen wollen Journalisten die Kommunalpolitiker nicht ärgern. Sie ermöglichen ihnen dadurch ihr Konzept zu verteidigen – und sich auch darüber Gedanken zu machen, wie die Öffentlichkeit zu dem Projekt steht, was man noch verbessern könnte usw.
Vielleicht denkt auch Heinz Scheibenzuber in dieser Hinsicht irgendwann einmal um – und vielleicht erhalten die Hog’n-Leser dann ja gewisse Antworten…
Kommentar: Sabine Simon
In eigener Sache
Warum Heinz Scheibenzuber nicht mit uns reden will und warum er am Ende sogar seiner Verwaltung untersagt hat, dem Onlinemagazin da Hog’n Sachfragen zu den oben angesprochenen Themen zu beantworten, bleibt offen. Darüber kann nur spekuliert werden, was jedoch nicht zielführend ist. Zu einem Interview zwingen kann man natürlich niemanden. Irritierend ist es trotzdem, wenn man gerne über all das berichten würde, was in der eigenen Gemeinde im ersten Jahr der Amtszeit des Bürgermeisters passiert ist, wenn man den neuen Bürgermeister vorstellen und ihm Raum dafür geben möchte, seine Pläne einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren – und wenn er diese Möglichkeit am Ende – warum auch immer – nicht nutzen will.
Zu den Aufgaben eines Bürgermeisters gehört es jedenfalls seine Gemeinde zu repräsentieren. Auch in den Medien. Als Bürgermeister sollte man die Öffentlichkeit nutzen, um für die Kommune zu werben, Touristen anzulocken und vieles mehr.
Dass ein Bürgermeister dabei nur die Lokalpresse nutzt und dem Hog’n Interviews verweigert, sich am Telefon mehrmals verleugnen lässt und selbst auf Sachfragen, die von Behörden im Rahmen einer Auskunftspflicht eigentlich beantwortet werden müssten, Antworten schuldig bleibt, ist nicht neu. Auch in anderen Fällen hatten Lokalpolitiker und Rathaus-Chefs augenscheinlich Angst davor, da Hog’n könne ihre Arbeit allzu kritisch betrachten.
Sicherlich verstehen wir uns in der Redaktion als kritische Beobachter und fragen vielleicht das ein oder andere Mal etwas tiefergehender und unangenehmer nach als andere Medien in der Region. Gerade das macht aber (Lokal-)Journalismus in unseren Augen aus. Fair und so objektiv wie nur möglich zu bleiben, ist dabei selbstverständlich.
da Hog’n
Meiner Meinung ist das hier Journalismus der Marke beleidigte Leberwurst.
Hallo Herr Zellner,
das sehe ich etwas anders. Es wurden im o. g. Artikel nur Fakten genannt. Sonst nichts.
Sehen Sie es mal von einer anderen Seite. Vielleicht fragt sich der eine oder andere Bürger(-meister), warum „da Hogn“ nicht über den Bürgermeister von Haidmühle schreibt? Wird er von vom „Hogn“ gemieden? Wenn ja, warum?
Für mich ist dieser Artikel keine Marke „beleidigte Leberwurst“, sondern nüchtern dargelegte Fakten.