Bischofsreut. Ein denkmalgeschützter Bauernhof in der Ortsmitte von Bischofsreut: Christian Staudacher hat ihn vor gut zehn Jahren gekauft, um ihn eigenhändig zu renovieren. Nun sucht er Unterstützer für sein ehrgeiziges Projekt. Was er mit dem Haus am Ende machen will, weiß er noch nicht. Ein Bürgercafé oder eine Art Freilichtmuseum – er wäre für vieles offen.
Es geht ihm nicht ums Geld. Christian Staudacher sucht niemanden, der ihm finanziell unter die Arme greift. Er sucht nach Leuten, die mit anpacken wollen. Das Material für die Renovierung des so genannten Köberl-Hauses hat er bereits, sagt er: „Viel mehr als Holz und Sand brauch ich gar nicht.“ Denn der 56-Jährige möchte das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert so renovieren, wie es die Erbauer auch gemacht hätten. „Ich würde es zum Beispiel gerne wieder mit handgeklopften Schindeln eindecken.“
Zum Renovieren fährt er 1.200 Kilometer weit
Er selbst hat bereits viel Arbeit in das Haus gesteckt, es zum Teil komplett entkernt, einen alten Kartoffelkeller freigelegt, massive Balken in den Grundmauern durch neue ersetzt sowie weitere tragende Holzelemente verstärkt. Bei der letztmaligen Renovierung des Hauses in den 70er-Jahren sei der „Waidler-Stil“ des uralten Bauernhauses leider an vielen Stellen verloren gegangen, bedauert Staudacher.
Die Schwierigkeit bei der Rückversetzung des historischen Bauwerks in seinen Ursprungszustand: Der gebürtige Dachauer wohnt mittlerweile mit seiner Frau Natalia, einer Französin, und den beiden gemeinsamen Kindern in Frankreich. „Ich komm immer dann, wenn ich mal länger Zeit habe, nach Bischofsreut, um weiterzumachen“, erzählt er. Die Strecke, die er dabei von seinem Wohnort in den Woid zurücklegen muss: 1.200 Kilometern – einfach. Wenn Staudachers hier ihren Urlaub verbringen, sehe das zumeist so aus: „Papa arbeitet am Haus, Frau und Kinder müssen Material besorgen, damit ich weitermachen kann“, berichtet der Hausbesitzer mit einem Schmunzeln.
Immer, wenn er für ein paar Wochen in den Bayerwald kommt, steht er vor einem zusätzlichen Problem: „Ich möchte da weitermachen, wo ich beim letzten Mal aufgehört habe – doch dann gibt’s meist schon wieder etwas anderes zu reparieren“, sagt er. „Ich komme nicht voran.“ Wenn er alleine weiterarbeitet, werde er es wohl nicht schaffen, alles so fertig zu kriegen, wie er sich’s vorstellt.
Mit Baufirmen wiederum könne er schlecht zusammenarbeiten, weil die eben nach neuesten Baumethoden an die Sache herangehen wollen – und nicht wirklich daran interessiert sind, so zu bauen wie vor zweihundert Jahren. Im Heustadl im hinteren Teil des Gebäudes zeigt Staudacher auf einen tragenden Holzbalken: „Das sind handgeschlagene Balken, mehr als zweihundert Jahre alt.“ Sie einfach auszutauschen oder beispielsweise das Granitfundament durch Beton zu ersetzen – derlei Arbeitsschritte könne er sich unmöglich vorstellen.
„Baustoffindustrie hat Vorteile alter Materialien vergessen gemacht“
Er habe auch schon überlegt, das Haus wieder zu verkaufen. Allerdings nur an jemanden, der genau die gleiche „Vision“ für das Haus verfolge wie er selbst: „Und so jemanden findet man schwierig auf Immobilienportalen“, wie er weiß. „Die Chronik dieses Hauses ist lückenlos dokumentiert, hier drin ist schon so viel passiert.“ Deshalb wolle er nicht, dass jemand es verfallen lässt oder so umgestaltet, dass die ursprüngliche Form wieder verdeckt werde: „Dann darf ich das Haus nie wieder sehen – sonst bin ich todunglücklich.“
Das Knowhow für seine Renovierungsarbeiten hat sich Christian Staudacher selbst beigebracht. Viel Unterstützung erhalte er auch von der Denkmalschutzbehörde. Um etwa einen so genannten Kalkspatzen-Putz herzustellen, habe er lange im Internet nach einer Anleitung gesucht. „Ich habe dann schließlich auf YouTube einen tschechischen Beitrag gefunden“, sagt der gelernte Pädagoge und lacht. Verstanden habe er zwar nicht, was dort erklärt wurde, aber zumindest habe er gesehen, wie der historische Bauputz angerührt wird.
Mit derartigen Materialien zu arbeiten, habe Staudacher zufolge einen enormen Vorteil: „Ich heize das Haus im Winter kaum“, sagt er. „Die Materialien von früher halten das aus.“ Wo bei Renovierungsarbeiten hingegen moderner Putz aufgebracht worden sei, da bröckele es an der Fassade schon nach ein paar Jahren wieder. „Die Baustoffindustrie hat die Vorteile der alten Materialien leider vergessen gemacht“, findet der Hausbesitzer. Im Fall des Kalkspatzen-Putzes sei auch ziemlich klar, warum: Staudacher gibt zu, dass das Arbeiten mit diesem Putz Charme habe – „aber es dauert ewig, bis er hart wird“, sagt er.
Waidler-Haus als Stück Identität erhalten
Trotzdem will er unbedingt, dass das Köberl-Haus und sein historischer Charakter erhalten bleibt. „Es ist das einzige Bauernhaus im Dorf, das noch halbwegs in einem ursprünglichen Zustand ist“, sagt er. „Solche alten Häuser sind doch auch ein Stück weit unsere Identität.“ Und die gelte es zu bewahren. Staudacher hat auch mit der Gemeindeverwaltung in Haidmühle bereits Kontakt aufgenommen. „Da war allerdings kein Interesse da, ein renovierungsbefürftiges Gebäude zu erhalten“, bedauert er.
Dieses Gespräch sei schon einige Zeit her, erinnert sich Bürgermeisterin Margot Fenzl. Staudacher habe damals nicht genau benennen können, wie er sich die Hilfe der Gemeinde vorstellt. „Er müsste ganz konkret sagen, wie ihm die Gemeinde helfen soll“, sagt Fenzl auf Hog’n-Nachfrage. Die Renovierung generell übernehmen könne man aber nicht: „Da käme ja dann jeder“, sagt sie. Generell sei ihr jede Bereicherung für den Ort willkommen.
Staudacher selbst könne sich gut vorstellen, im Haus eine Begegnungsstätte à la Bürgercafé einzurichten. Doch er benötige zuallererst Hilfe, um überhaupt so weit zu kommen. „Wenn andere mithelfen würden, könnte ich mir auch vorstellen, öfters her zu kommen“, versichert er. Seine Idealvorstellung wäre, dass sich Leute zusammentun, die gerne etwas Altes erhalten und beim Renovieren gemeinsam mitanpacken wollen, sodass eine Art Freilichtmuseum mitten in Bischofsreut entsteht.
„Wenn sich zum Beispiel zehn Leute finden würden, die den Winter über Schindeln klopfen – dann könnte man im nächsten Jahr das Dach wieder mit handgemachten Schindeln eindecken“, gerät Staudacher ins Träumen. Und er ist sich sicher: Handgeklopfte Schindeln würden um einiges länger halten als die gesägten, die man heutzutage kaufen kann.
KuLaMu-Aus als Hindernis?
Das Onlinemagazin da Hog’n hat sich einmal unter den Bischofsreutern umgehört. Demnach sprechen mehrere Dinge dagegen, dass Staudachers Wunsch Wirklichkeit wird: Zum einen hätten die Leute meist genug Arbeit mit ihren eigenen Häusern. Zum anderen gibt es da negative Erfahrungen mit einem anderen Projekt, in das viel ehrenamtliches Engagement geflossen ist: Das „KuLaMu“ (Kulturlandschaftsmuseum).
Der dazugehörige Förderverein, der unter Regie von Michael „Sem“ Sellner auch die Festspiele in Leopoldsreut veranstaltete, musste im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden. „Die haben das alte Schulhaus gekauft und hatten auch große Pläne – und jetzt steht es da und verfällt“, bedauert eine Bischofsreuterin. Im Nachhinein hätten viele das Gefühl, sie wären da auf etwas hereingefallen.
Wenn Christian Staudacher Helfer aus dem Dorf sucht, gelte er sie davon zu überzeugen, dass er sie nicht ausnutzt. Aber vielleicht ist es am Ende doch ganz leicht: „Er muss halt einfach zu den Leuten gehen und sagen, wo er Hilfe braucht. So macht man das im Dorf“, meint ein anderer Bischofsreuter kurz und knapp. Wailder-Stil eben.
Sabine Simon