Grafenau. Sie könnte am 15. März durchaus für eine Überraschung sorgen. Denn als erste Frau überhaupt, die sich bis dato für das Amt des Landrats im Landkreis Freyung-Grafenau beworben hat, wird Hilde Greiner gewiss auch die ein oder andere weibliche Wählerstimme verbuchen können. Davon geht auch sie aus, wie sie im zweiten Teil unseres Hog’n-Landratskandidaten-Interviews berichtet.
Zudem haben wir die 59-jährige Grafenauerin gefragt, was sie etwa künftig verhindern wolle, dass bei sinkenden Schülerzahlen Berufe abwandern und somit im Landkreis verloren gehen, wie lange ihrer Meinung nach das Grafenauer Krankenhaus noch existieren wird – und warum sie der Überzeugung ist, dass es die AfD „zu verhindern gilt“.
Was wird sich im Landkreis Freyung-Grafenau ändern, wenn Sie zur neuen Landrätin gewählt werden? Was sind Ihre Kernthemen?
Zum einen ist mir wichtig, dass der soziale Wohnungsbau wieder forciert wird. Es werden ja immer wieder von Bund und Ländern Fördermittel zur Verfügung gestellt. Wichtig ist mir zudem, dass der Landkreis energetisch und energie-wirtschaftlich unabhängig wird, indem etwa mehr Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern installiert werden. Ich bin für einen sanften Tourismus, der unsere Radwege besser vernetzt und ausbaut. Ich möchte die Menschen gerne mitnehmen, mir ihre Anliegen anhören und versuchen, sie umzusetzen.
„Die Welt befindet sich in einem totalen Umbruch“
Selbstverständlich sollte die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Wir müssen hier eine Bestandsaufnahme machen und prüfen, wo sich im Landkreis noch weiße Flecken beim schnellen Internet befinden. Es gilt die vorhandenen Arbeitsplätze zu erhalten und weitere zu schaffen, um vor allem die jungen Leute, die einmal Freyung-Grafenau verlassen haben, wieder in die Heimat zurückholen zu können. Die aktuelle medizinische Versorgung sollte damit einhergehend erhalten bleiben und der ÖPNV weiter ausgebaut werden.
Im Grafenauer Land ist eine Fachakademie für Sozialpädagogik geplant, untergebracht an der Berufsschul-Außenstelle in Schlag. Wie finden Sie diese Idee?
Ganz toll. Je mehr fachbezogene Schulen es gibt, desto mehr junge Leute kommen zu uns und siedeln sich hier hoffentlich auch an. Gerade im schulischen und medizinischen Bereich ist dies von Bedeutung. In Freyung gibt es ja bereits die Berufsfachschule für Physiotherapie, daher wäre eine Fachakademie für Sozialpädagogik für Grafenau wünschenswert.
Generell: Wie wollen sie künftig verhindern, dass bei sinkenden Schülerzahlen Berufe abwandern und somit im Landkreis verloren gehen?
Es gilt hier die jungen Leute durch innovative Ideen zu stärken, evtl. entsprechende Beratungsstellen zu errichten – etwa für Jungunternehmer, die finanziell unterstützt werden. Die Welt befindet sich in einem totalen Umbruch, das wäre eine Chance für unseren Landkreis. Es kommen neue Berufe in unterschiedlichen Sparten hinzu – diese müssen besser gefördert werden, damit sie eine Chance haben, sich bei uns niederzulassen.
„Die AfD ist in meinen Augen eine Nazi-Partei“
Es heißt immer wieder mal, dass das Krankenhaus in Grafenau in absehbarer Zeit geschlossen werden soll. Wie wichtig ist diese Einrichtung Ihrer Meinung nach?
Ganz wichtig. Zum einen wegen der Arbeitsplätze, zum anderen wegen der Wahrnehmung, denn: Wenn sich heute jemand hier niederlässt, ist es natürlich wichtig, dass gewisse infrastrukturelle Faktoren gegeben sind. Dazu gehört auch die medizinische Versorgung.
Wird das Krankenhaus Grafenau noch länger existieren, was denken Sie?
Wir waren vor wenigen Wochen bei Kliniken-Geschäftsführer Marcus Plaschke zu Gast, der sich hierzu sehr zuversichtlich geäußert hatte. Mit nur einem Krankenhaus wäre der Landkreis überfordert. Wir haben eine hohe Altersstruktur, das heißt: die medizinische Versorgung ist notwendig. Das Problem heute: Die Bewohner wissen teilweise gar nicht mehr, in welchem der beiden Krankenhäuser – ob Freyung oder Grafenau – welche konkrete Versorgung vonstatten geht. Das muss künftig noch viel besser dargestellt werden. Wichtig ist zudem, dass in beiden Häusern eine Notfallversorgung rund um die Uhr existiert.
„Die AfD gilt es zu verhindern“, sagen sie auf der Website der SPD Grafenau. Warum?
Die AfD ist aus meiner Sicht keine Alternative für den Landkreis. Sie ist eine rechtsgerichtete Partei, deren Aussagen sich inhaltlich teils nicht von der NPD unterscheiden. Die AfD ist in meinen Augen eine Nazi-Partei. Menschenunwürdige Äußerungen wie sie immer wieder von Seiten der AfD-Mitglieder zu hören sind, haben in einer Demokratie nichts verloren. Die Würde des Menschen ist unantastbar – doch die AfD tastet diese immer wieder an. Das geht für mich nicht.
Die AfD liefert zudem keine Inhalte, die Lösungen bereithalten. Das ist reiner Populismus. Ich habe schon immer gegen Rechts gekämpft – und das wird auch weiterhin so bleiben. Dafür stehe ich mit meinen Namen.
„Frauen haben andere Denkweisen als Männer“
Was halten Sie von „Mehr als Du erwartest“, der Imagekampagne des Landkreises FRG? Was halten Sie von der Idee, Leute von außen wieder in den Landkreis zurückzuholen?
Die Idee ist ganz wichtig, die Kampagne ist gut umgesetzt. Der Bayerische Wald leidet teils ja noch immer an einer Art Hinterhof-Image. Der Slogan „Mehr als Du erwartest“ – das macht neugierig. Die Kampagne hebt unsere hohe Lebensqualität hervor, die regionale Produktvermarktung wird groß geschrieben. Regionalität ist aus meiner Sicht ganz wichtig, die Massentierhaltung gilt es generell abzuschaffen, die nachhaltige Landwirtschaft muss viel besser gefördert werden.
Wenn Sie allein aus dem Grund gewählt werden würden, weil Sie eine Frau sind – würde Ihnen das gefallen?
Ja, das würde mir gefallen. Ich bin gerne Frau. Frauen haben andere Denkweisen als Männer. Viele sagen zu mir: Ich wähle Dich, weil Du eine Frau bist. Als sexistisch erachte ich das nicht. Vielmehr sehe ich darin eine Aufwertung, eine Art Zutrauen. Die Politik ist nach wie vor eine Männerdomäne – trotz Versuchen, den Frauen mehr Mitbestimmungsrechte einzuräumen. Und es ist ja nach wie vor so, dass Frauen noch mehr Leistung bringen müssen, um wahrgenommen zu werden. Viele Fehler dürfen sie sich in der Politik nicht erlauben. Als Mann wird man da schon anders betrachtet.
Vielen Dank für Ihre Zeit und weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer