Jandelsbrunn. Dass er vor sechs Jahren auf Anhieb in den Kreistag gewählt wurde, kam für Max Pöschl überraschend, wie er im ersten Teil des Hog’n-Interviews offen zugab. Nun haben ihn die Freien Wähler im Landkreis Freyung-Grafenau zu ihrem Landrats-Kandidaten auserkoren. Die Bürger haben damit die Möglichkeit, sich zwischen unterschiedlichen Charakteren zu entscheiden, sagt Pöschl. Neben seinen Konkurrenten Sebastian Gruber (CSU) und Hans-Jürgen „HaJü“ Hödl (Grüne) wirkt der 52-Jährige – genauso wie die einzige Frau im Rennen, Hilde Greiner (SPD) – eher bescheiden und zurückhaltend. Er weiß: Der amtierende Landrat ist durchaus ein harter Konkurrent – denn Gruber habe vieles richtig gemacht in den letzten Jahren. Allerdings gibt es auch Themen, die Pöschl klar kritisiert…
Vor allem in einem Punkt zeigt sich Max Pöschl sehr kritisch: bei der Schließung des Waldkirchener Krankenhauses. Der Jandelsbrunner ist deutlich im Raum Waldkirchen verortet und vertritt nicht nur in punkto Krankenhaus eine recht ähnliche Meinung wie Bürgermeister Heinz Pollak. Kämpft er als Landratskandidat deshalb in erster Linie fürs Abteiland? Teil zwei unseres Hog’n-Kandiaten-Interviews:
„Krankenhaus-Schließung war politisch motiviert“
Herr Pöschl: Ist die Landratswahl diesmal eine Wahl der Regionen? Steht Sebastian Gruber für Freyung, Sie für den Waldkirchner Raum, Hilde Greiner für Grafenau – und HaJü Hödl für alle Zugezogenen?
Ich denke, dass ich in Waldkirchen einen guten Rückhalt habe. Gerade durch das Konkurrenzverhältnis zwischen Freyung und Waldkirchen hat es vielleicht auch den Anschein, dass die Wahl eine regionale Angelegenheit sein wird. Dieses Konkurrenzverhältnis wird meiner Meinung nach aber zu Unrecht hochgekocht. Ich bin gerade jetzt während des Wahlkampfes sehr häufig im Grafenauer Land unterwegs. Wenn ich Landrat werden darf, bin ich es für den gesamten Landkreis – und nicht für Waldkirchen oder Jandelsbrunn. Die Fläche von Freyung-Grafenau ist natürlich groß – das wird mir jetzt erst so richtig bewusst…
Landratskandidat Max Pöschl (Freie Wähler) im Hog’n-Video-Interivew:
Welche Rolle spielen Themen wie die Schließung des Waldkirchener Krankenhauses in ihrem Wahlkampf? Sprich: Themen, bei denen es insbesondere aus dem Waldkirchener Raum offene Kritik an Landrat Gruber gab?
Das war ja mit einer der Gründe, warum ich mich für eine Kandidatur entschieden habe. Mir ist klar, dass der Entschluss, das Krankenhaus zu schließen, eine demokratische Entscheidung gewesen ist. Wobei ich immer noch der Meinung bin, dass sie politisch motiviert – und ein Fehler war.
Ich habe als Standesbeamter oft mit dem Krankenhaus zusammengearbeitet und habe gesehen, wo die Leute überall hergekommen sind: Bei Weitem nicht nur aus dem Waldkirchener Umkreis, sondern auch aus dem Raum Hutthurm oder Passau. Deswegen verstehe ich nicht so recht, warum man es aufgegeben hat. Doch das kann man nicht mehr korrigieren. Man muss nun aufpassen ein Konzept fortzuführen, das den Bedürfnissen der Regionen gerecht wird. Das wird man sich noch einmal ganz genau anschauen müssen.
Ganz konkret: Wäre es mit Ihnen als Landrat unwahrscheinlich, dass auch das Grafenauer Krankenhaus in naher Zukunft schließen muss?
Ich verspreche nicht gerne etwas, von dem ich nicht überzeugt bin, dass ich es halten kann. Dass jede Region um sein Krankenhaus kämpft, ist mir klar. Ebenso, dass es Gründe dafür gibt, um so eine Einrichtung zu erhalten. Inwieweit man einen Prozess stoppen kann, der bereits ins Rollen gebracht wurde, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau sagen. Jedenfalls würden wir dies sehr genau prüfen.
„Leistungsträger dürfen nicht abwandern“
Gibt es weitere Themen aus dieser Legislaturperiode, bei denen Sie sagen: Da würde ich es anders machen als der amtierende Landrat?
Das ist eine schwierige Frage, weil wir – ganz ehrlich gesagt – in Freyung-Grafenau nicht allzu viel Spielraum haben, etwas anders zu machen. Es gilt die Pflichtaufgaben, die der Landkreis hat, abzuarbeiten. Ich denke, man muss etwa genau hinschauen, wie sich die Schülerzahlen der Gymnasien und Realschulen künftig entwickeln. Hier wäre es mir ein großes Anliegen sich rechtzeitig vorzubereiten – nicht erst dann, wenn man feststellt, dass die Schule zu klein oder zu groß geworden ist. Das müssen wir frühzeitig analysieren.
Ein weiterer Punkt: Wir sind in der jüngsten Jugendhilfe-Ausschusssitzung darüber informiert worden, dass Jugendliche zwischen 17 und 24 Jahren zu sehr großen Teilen aus dem Landkreis abwandern. Sicherlich gehört es mit dazu, dass man als Heranwachsender einmal hinausgelangt in die große weite Welt – aber die Frage ist: Kommen sie früher oder später auch wieder zurück? Dazu gibt es keine belastbaren Aussagen, keine genaueren Studien. Es gilt zu prüfen, wie wir es schaffen können, diese Leute hier zu behalten. Ich vermute, dass vor allem diejenigen Leute abwandern, die einen höheren Bildungsabschluss haben. Das sind die Leistungsträger der Gesellschaft – und wir sollten es uns nicht leisten, diese Menschen leichtfertig gehen zu lassen. Da müssen wir mehr Energie reinstecken.
Genau zu diesem Thema gibt es die Landkreis-Imagekampagne MADE, die alle einst Weggezogenen von außen wieder zurück in den Woid holen will. Was halten Sie davon?
Ich unterstütze das voll. Wir müssen das, was im Landkreis vorhanden ist, herausstellen und damit Werbung machen. Es gibt aber nach wie vor Gewerbebetriebe, die noch nicht Teil der MADE-Kampagne sind. Wir sollten versuchen auch sie mit ins Boot zu holen, um mehr Geschlossenheit zu erreichen.
„… wenn unsere Technokraten endlich einmal einlenken würden“
Ein weiteres Thema, das aktuell die Gemüter erhitzt, sind große Verkehrsprojekte – Stichwort „Oben-liegender-Kreisverkehr“ bei der sogenannten Waldkirchener „Monsterkreuzung“. Wie ist Ihre Meinung zu den Plänen des Staatlichen Bauamtes?
Wenn ich die jüngsten Planungen betrachte, verstehe ich schlicht und einfach nicht, warum man eine zweite Brücke benötigt – und warum man diejenigen Knoten, an denen es wirklich zwickt, unberücksichtigt lässt. Die eigentlichen Schwachpunkte dieser Kreuzung werden außen vorgelassen. Das muss mir jemand erklären. Da sollte man mal einen Ausflug nach Linz wagen, um zu sehen, wie oft man in Österreich auf einer Bundesstraße durch einen Kreisverkehr fährt. Dort funktioniert das. Ich denke, in Deutschland würde das auch funktionieren – wenn unsere Technokraten endlich einmal einlenken würden.
Das heißt also: Ein Landrat Max Pöschl wäre in diesen Angelegenheit für das Staatliche Bauamt ein unangenehmerer Gesprächspartner als CSU-Landrat Gruber?
Ich weiß nicht, wie unangenehm da ein CSU-Landrat wäre oder ist. Ich weiß, dass man als Kommunalpolitiker das Nachsehen hat, sobald vom Staatlichen Bauamt Baumaßnahmen beschlossen worden sind, die eine Staatsstraße betreffen. Das ärgert mich – nicht nur an der Kreuzung in Waldkirchen, sondern auch an vielen anderen Stellen. Vor allem ärgert mich, dass man fast keine Möglichkeiten hat, etwas zu bewegen. Aber unangenehm wäre ich da trotzdem…
Die Themen Krankenhaus und Kreuzungsumbau zeigen: Sie sind im Waldkirchener Raum gut verwurzelt. Wie eng wird die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Bürgermeister Pollak sein, sollten Sie beide gewählt werden?
Wenn es mir wirklich gegönnt ist Landrat zu werden, werde ich natürlich zu jedem Bürgermeister den Kontakt suchen – und werde jedem Bürgermeister meine Zusammenarbeit anbieten. Natürlich ist man nie davor gefeit, nach dem sog. Nasenfaktor zu arbeiten. Dass Heinz Pollak und ich uns auch privat gut kennen, verhehle ich nicht. Ich würde aber etwa auch mit Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich eine gute Zusammenarbeit anstreben. Das befruchtet beide Seiten doch nur.
„Der Wahlkampf gegen ihn ist eine Herausforderung“
Was ist in den vergangenen sechs Jahren aus Ihrer Sicht im Landkreis besonders gut gelaufen?
Unter Sebastian Gruber wurde der Landkreis-Haushalt sehr gut konsolidiert – wobei wir uns dies als Freie Wähler auch ein bisschen auf die Fahnen schreiben. Denn durch den Konsolidierungsausschuss, den wir vorgeschlagen haben und der dann auch einberufen wurde, haben wir sehr viele Kostenstellen beleuchtet und geschaut, wo wir Geld einsparen können. Ich denke, man hat den Spagat sehr gut hinbekommen, einerseits die Verschuldung des Landkreises abzubauen, und andererseits Spielräume zu ermöglichen, um notwendige Investitionen zu treffen.
Wen würden Sie wählen, wenn Sie das Kreuzchen nicht bei sich selbst machen dürften?
Wahrscheinlich Sebastian Gruber. Es ist ja nicht so, dass ich sage, er kann nichts – oder dass ich ihm alles in Abrede stellen würde. Er ist ein fähiger Mann, der sich auszudrücken versteht, der rhetorisch sehr gut drauf ist. Und der natürlich auch einen gewaltigen Vorsprung hat aufgrund seiner sechsjährige Regentschaft als Landrat. Es ist eine Herausforderung gegen ihn anzutreten.
Und warum wären Sie dennoch der bessere Landrat?
In erster Linie wird es eine Charakterfrage sein, bei der jeder Bürger für sich entscheiden darf: Den kann ich mir als Landrat vorstellen oder nicht.
Mein Anspruch ist es, so vielen Menschen wie möglich gerecht zu werden, wenngleich ich auch weiß, dass ich das nicht bei allen schaffen kann. Wir haben in unseren Gruppierungen bei den Freien Wählern einen sehr tollen Querschnitt, ein sehr tolles Abbild der Gesellschaft. Da ist der Doktor genauso dabei wie der Handwerksmeister oder der Landwirt. Bei uns gibt es keinen Unterschied – jeder darf seine Bedürfnisse einbringen, jeder wird ernst genommen.
Mit wie viel Prozent rechnen Sie bei der Landratswahl?
(lacht) Ich habe es mir noch nicht ausgerechnet. Ich rechne aber damit, dass wir es in die Stichwahl schaffen. Bei vier Kandidaten ist es wahrscheinlich, dass zunächst einmal zwei wegfallen. Und ich würde mir wünschen, dass ich bei den zwei Verbleibenden bin, die es in die Stichwahl schaffen.
Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute!
Interview: Sabine Simon