Freyung. Als aktueller Amtsinhaber hat Sebastian Gruber, wie er im ersten Teil unseres Interviews erklärt, durchaus Vorteile im Landrats-Wahlkampf 2020. Diese Situation sorge allerdings auch für Angriffsflächen, da der 38-Jährige in seiner bisherigen Amtszeit durchaus unpopuläre Entscheidungen treffen musste. Dazu zählt allen voran die Schließung des Waldkirchener Krankenhauses, aber auch die Umsetzung des neuen ÖPNV-Konzeptes, über das der CSU-Politiker im zweiten Teil des Interviews spricht. Zudem ist seine Kandidatur auf der Freyunger Stadtratsliste genauso Thema wie der geplante Verkehrsknoten bei Freyung-Ort.
Herr Gruber: Wird die Landratswahl letztendlich eine Wahl der Regionen? Waldkirchen für Pöschl, Grafenau für Greiner, Perlesreut für Hödl und Freyung für Gruber?
Es ist naheliegend, dass jeder Kandidat in seinem persönlichen Umfeld sehr hohe Wertschätzung erfährt und deshalb die Ergebnisse „dahoam“ sehr gut ausfallen. Das wünscht sich jeder Politiker – auch ich. Nichtsdestotrotz ist die Landratswahl nach wie vor eine Persönlichkeitswahl, in der nicht der Ort oder die Partei eine große Rolle spielen, sondern der jeweilige Name bzw. die Person. Gleichwohl bin ich gespannt, wie sich die bundespolitischen Trends auf kommunaler Ebene widerspiegeln werden – oder auch nicht, was ich hoffe…
„Finde es legitim, dass ich auch auf der Stadtratsliste bin“
Apropos Freyung: Sie stehen auf Listenplatz zwei der örtlichen CSU, obwohl sie dieses Mandat als Landrat nicht annehmen könnten. Warum?
Ich habe 2002 das erste Mal für den Stadtrat kandidiert und bin seitdem immer auf dieser Liste gestanden. 2014 hat übrigens auch Alexander Muthmann für den Freyunger Stadtrat kandidiert. Jetzt ist es so, dass drei der vier Landratskandidaten auf den Listen ihrer Heimatgemeinden stehen – Max Pöschl darf ja nicht, weil er geschäftsleitender Beamter ist. Insofern finde ich es legitim, dass ich da dabei bin.
Drei Fragen an CSU-Landratskandidat Sebastian Gruber im Hog’n-Video:
Was entgegnen Sie denjenigen, die behaupten, Ihre Kandidatur sei nur Mittel zum Zweck, um Stimmen zu sammeln und einen weiteren CSU-Sitz im Freyunger Stadtrat zu erreichen?
Sollte ich nicht mehr zum Landrat gewählt werden, hätte ich, vielleicht mit Ausnahme des Kreistages, kein politisches Mandat mehr. Deshalb habe ich mich für den Stadtrat beworben. Und in Sachen Stimmenfang: Das würde ja dann auch auf die Kollegen Hödl und Greiner zutreffen. Insofern handelt es sich hier um kein personenzentriertes Gruber-Thema, sondern man muss dies nüchtern auf alle Landratskandidaten herunterbrechen.
„Ob wir beide Alpha-Tiere sind, müssen andere beurteilen“
Eine weitere steile These, die hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird: Landrat Sebastian Gruber soll der verlängerte Arm von Freyungs Bürgermeister und Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich sein, der letztlich den Takt in Freyung-Grafenau vorgibt.
(lacht) Es ist unbestritten, dass Olaf Heinrich und ich sowohl persönlich als auch politisch ein sehr gutes Verhältnis pflegen – und zudem noch ungefähr gleich alt sind. Das trifft aber auch auf viele andere Bürgermeister- und Mandatsträgerkollegen im Landkreis Freyung-Grafenau zu – und das nicht nur bei CSU-Mandatsträgern. Die angesprochene Meinung wird manchmal kolportiert – das ist natürlich auch zu mir vorgedrungen, entbehrt aber jeglicher Grundlage. Olaf Heinrich ist Olaf Heinrich – und Sebastian Gruber ist Sebastian Gruber.
Der Mikrokosmos CSU-FRG verträgt also zwei Alpha-Tiere?
Ob wir beide Alpha-Tiere sind, müssen andere beurteilen. Aber ich denke, es ist generell kein Schaden für Freyung-Grafenau, wenn möglichst viele Mandatsträger – egal aus welcher Partei – aus dem Landkreis kommen und gut zusammenarbeiten.
Von der Gegenwart in die Zukunft: Wird es die AfD erstmals in den Kreistag schaffen? Und: Wie gedenken Sie, mit dieser Partei umzugehen? Ist das von Ihnen zuvor angesprochene hervorragende Miteinander im Kreistag in Gefahr?
Es ist davon auszugehen, dass die AfD dem künftigen Kreistag angehört – in welcher Stärke, wird uns der 15. März zeigen. Es ist wichtig, dass sich alle anderen Gruppierungen darüber einig sind, wie man mit dieser Partei im FRG-Gremium umzugehen hat. Die AfD muss sich im Kreistag an die Spielregeln, an die Gepflogenheiten halten, sowohl was den zwischenmenschlichen Umgang als auch den Geschäftsbetrieb angeht. Was Sachfragen betrifft, wird man mit diesen gewählten Vertretern der Bürger ins Gespräch kommen müssen. Fest steht aber auch: Radikalen Tendenzen muss man sofort einen Riegel vorschieben.
Themawechsel: Das ÖPNV-Konzept war ein weiterer Punkt, der Sie während ihrer Amtszeit schwerpunktmäßig begleitet hat. Sind Sie mit dem aktuellen System zufrieden?
Auf alle Fälle muss man am Nahverkehr weiter arbeiten. Wir haben bereits einiges erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun. Wir stehen vor großen Herausforderungen hinsichtlich der landkreisübergreifenden Verbindung, können jedoch bei der ein oder anderen Taktung der Linien noch besser werden. Nachholbedarf gibt es vor allem noch beim Thema Öffentlichkeitsarbeit, aber auch in Sachen Bewusststein der Bevölkerung samt Annahme des Angebotes.
„Gefährlich, wenn solche Debatten ideologisch geführt werden“
Was man in diesem Zusammenhang nicht vergessen darf: Wir sind ein Flächen-Landkreis, keine Metropol-Region. Deshalb wird in Freyung-Grafenau der Individualverkehr immer eine starke Rolle spielen – was aber nicht heißt, dass man sich um die öffentlichen Angebote nicht kümmern müsste. Ich finde es stets gefährlich, wenn solche Debatten ideologisch geführt werden. Das Auto alleine ist nicht das Nonplusultra – aber auch nicht der Bus oder die Schiene.
Stichwort: Straßennetz. Wie zufrieden sind Sie damit?
Die Zustände unserer Straßen im Landkreis könnten an vielen Stellen besser sein, das steht außer Frage. Wir haben die Haushaltsmittel dafür ohnehin deutlich aufgestockt. Für die 340 Kilometer Kreisstraßen könnten wir aber locker das Vier- bis Fünffache ausgeben. Ähnlich hat auch der Freistaat und der Bund in den vergangenen Jahren gehörig in die Straßenkörper investiert. Wobei generell gilt: Ein bisschen mehr wäre immer besser.
Was halten Sie vom geplanten Knoten bei Freyung-Ort?
Zu Beginn meiner Amtszeit war ich mit dem Staatlichen Bauamt intensiv im Gespräch wegen eines Kreisverkehrs. In derartigen Abläufen ist jedoch irgendwann der Punkt erreicht, an dem man sich von der persönlichen 1A-Lösung verabschieden muss, wenn diese nicht umsetzbar ist. Bevor überhaupt nix passiert und der Unfallschwerpunkt weiterhin bestehen bleibt, muss man sich auch mit einer 1B-Lösung zufrieden geben. Das ist jetzt der Fall.
Vorletzter Schwerpunkt: die Jugend. Was ist für unseren Nachwuchs geplant – vor allem in kultureller Hinsicht?
Wir haben uns in diesem Bereich ja personell verstärkt – durch Frau Kirchpfening als neue Mitarbeiter in der kommunalen Jugendpflege. Der Landkreis kann eigentlich nur Jugendarbeit in Zusammenarbeit mit den Kommunen betreiben, die unmittelbar mit den Jugendlichen in Kontakt stehen. Aus diesem Grund haben wir diverse Jugendkonferenzen abgehalten, um überhaupt in Erfahrung zu bringen, wo der Schuh drückt. Zwei Schwerpunkte, die sich dabei herauskristallisiert und aktuell bearbeitet werden, sind: Jugendkultur sowie Angebote für Mädchen und junge Frauen. Wir rechnen hier demnächst mit ersten Ergebnissen der Ideenfindung.
Kliniken: „Der Status quo ist zukunftsfähig“
Abschließend: Was wird auf dem Klinken-Sektor passieren? Wie kann das große Minus minimiert werden? Und was passiert mit dem Grafenauer Krankenhaus?
Die Tendenz beim Defizit geht in die richtige Richtung – 2018 waren wir bei fünf Millionen Euro, 2019 steht ein Zweier vorm Komma – und der Wirtschaftsplan 2020 geht von einem annehmbaren Ergebnis aus. Wir wollen ja mit dem Gesundheitsbereich nichts verdienen, sondern vordergründig für eine gute medizinische Versorgung sorgen. In diesem Zusammenhang ist auch das Grafenauer Krankenhaus sehr wichtig. Mit zwei Standorten sind wir gut aufgestellt.
Wie lange noch?
Diese Frage kann ich leider nicht abschließend und langfristig beantworten, weil man hier auch davon abhängig ist, was der Gesetzgeber auf Bundesebene macht. Meiner Meinung nach ist der Status quo, die zwei Krankenhäuser in Freyung und Grafenau sowie das Gesundheitszentrum Waldkirchen, aber zukunftsfähig.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer