Altreichenau. Tinkturen, Salben, Säfte, Liköre und vor allem: Bäder und Seifen. All diese Naturprodukte stellt Helene Zitzelsberger auf ihrem Kräuterhof in Branntweinhäuser bei Altreichenau eigenständig her – und verkauft sie auf Märkten in der Region. Sie bezeichnet es als ihr Hobby. Dahinter steckt enorm viel Wissen und Zeit, Leidenschaft für Natur und Kräuter.
Helene Zitzelsberger steht in einer Art Großküche, die sie sich eingerichtet hat, um hier mit Lauge und Natron hantieren und alle Zutaten grammgenau abmessen zu können, auf genau die richtige Temperatur zu bringen und schließlich Seifen und Bäder daraus zu machen. Heute mischt sie Natriumbicarbonat mit Zitronensäure und gibt Rosenblätter dazu, die sie zuvor getrocknet und im Thermomix zerkleinert hat.
Von der Landwirtin zur Kräuterfrau und Seifenmacherin
„Das habe ich vorher noch nie so gemacht“, erzählt sie. Ein Bad soll daraus entstehen. Milch und Maisstärke kommen dazu, um es milder zu machen. Und schließlich Kakaobutter. Die Seifenmacherin füllt die Masse in Formen, danach muss sie nur noch trocknen. Doch bevor sie das Rosenbad auf dem Markt verkaufen kann, muss sie herumexperimentieren und herausfinden, ob die Masse überhaupt fest genug wird. „Das sollte jetzt pulvrig sein, ist aber etwas grob. Und ich weiß nicht, wie das aussieht, wenn es sich in der Badewanne wieder auflöst“, sagt sie meiner gewissen Portion Skepsis im Blick. Wenn die zerkleinerten Rosenblätter an der Oberfläche schwimmen, ist das Experiment gescheitert.
Die Rosenblätter stammen aus dem eigenen Garten der Seifenmacherin. „Gräfin Diana“ heißt die stark duftende Sorte, die dem Bad seinen Geruch und auch seine hellrote Farbe verleiht. Es ist Helenes Mann Alois, der die Blumen hegt und pflegt. „Ohne ihn könnte ich das alles nicht machen“, sagt die 71-Jährige.
Bis vor vier Jahren hat Helene Zitzelsberger zusammen mit ihrem Mann eine große Landwirtschaft betrieben: 80 Hektar, 80 Angus-Rinder. Jetzt, im Ruhestand, hat sie Zeit dafür, Kräuter, Blumen und andere Schätze aus ihrem Garten zu Naturkosmetik zu verarbeiten. Sie macht, was ihr Freude bereitet. Sie kreiert immer wieder neue Seifen und Bäder. Ein großer Gegensatz zum Leben als Landwirtin: „Man hat immer müssen: füttern zum Beispiel. Du musst, du musst. Das ist jetzt nicht mehr. Wenn es mir Spaß macht, mache ich es – und wenn nicht, dann eben nicht“, sagt sie.
„Ich mache alles mit einem Gedanken dahinter“
Wer ihren kleinen Hofladen betritt, kann sich gut vorstellen, dass es selten Tage gibt, an denen sie nicht fleißig ist. Regale voller Seifen und Bäder stehen hier, aber auch Ringelblumensalben, Arnika-Tinkturen und vieles mehr kann hier erworben werden. Wenn man sie über ihre Seifen reden hört, wird einem schnell klar, dass sie sie nicht herstellt, um einfach nur Geld damit zu verdienen. „Ich mache alles mit einem Gedanken dahinter.“ Keine ihrer 28 Seifen riecht einfach nur gut – jede ist für einen bestimmten Zweck bestimmt: Da gibt es die Kinderseife, die nichts enthält außer Kakaobutter, Sheabutter und Olivenöl. Die Karottenseife, die gemahlenen Kaffee als Peeling enthält. Die Ringelblumenseife, die bei Neurodermitis oder Akne antibakteriell wirkt.
In ihrem Garten baut Helene Zitzelsberger schon immer Kräuter und Heilpflanzen an. Vor 16 Jahren nahm sie dann an einer eineinhalb Jahre dauernden Schulung zur Kräuterpädagogin teil, bei der sie ihr Wissen vertieft hat. Dort hat sie aber auch gelernt, wie man das Wissen über Kräuter weitergibt. Seither bietet sie immer wieder Kurse für Kräuterinteressierte an: Sie zeigt den Teilnehmern, was man aus den verschiedenen Kräutern alles herstellen kann und wie man deren Heilkräfte nutzen kann.
Nicht nur Kräuter, auch die Seifenherstellung hat sie schon lange interessiert. Die erste eigene Seife stellte sie aber erst her, nachdem sie ebenfalls einen Kurs besucht hat. „Weil ich mich da gar nicht drüber getraut hab“, erklärt sie. „Seifenmachen ist nicht leicht, man arbeitet schließlich mit Lauge. Und mit Ölen und Fetten, da kann man der Haut ganz böse was antun.“ Wenn sie Seifen macht, trägt Helene Zitzelsberger Schutzkleidung: Handschuhe, eine Brille, langärmelige Klamotten. „Ich habe sogar eine Maske.“ Denn die Seifenzutaten könnten im schlimmsten Fall die Luftröhre verätzen. Wie schnell etwas passieren kann, hat die Seifenmacherin auch schon einmal erlebt: „Ich habe mal Rote-Bete-Seife gemacht und hatte den Rote-Bete-Saft zu wenig gekühlt. Ich habe Lauge dazu gegeben – und dann ist es mir explodiert.“ Alles sei danach rot gewesen: „Es hat ausgesehen, als hätten wir geschlachtet.“
„Fichte riecht zum Beispiel leicht modrig“
Mit der Zeit hat sie viele Tricks entwickelt, damit keine Pannen entstehen. Eiswürfel stellt sie zum Beispiel immer bereit, um die Temperatur der Zutaten regeln zu können. Am liebsten arbeitet sie früh am Morgen in ihrem Seifenlabor: „Da brauche ich meine Ruhe. Da stehe ich um vier Uhr auf – und wenn mein Mann aufsteht und der Tag beginnt, bin ich fertig.“
Das Rosenbad will auch nach einer Stunde noch nicht so recht fest werden. „Ich glaube das wird so nix“, befürchtet Helene Zitzelsberger. „Bis ich ein neues Bad oder eine Seife verkaufen kann, probiere ich x-mal herum, verschenke die Sachen.“ Vor allem mit dem Duft der Seife müsse sie meist lange experimentieren. Denn die naturreinen Öle, die sie verwendet, riechen oft nicht so, wie man es von synthetischen Düften gewohnt ist. „Fichte riecht zum Beispiel leicht modrig.“ Deshalb enthält ihre Baumwipfelseife neben Fichten-, Kiefern-, Tannen- und Zedernöl auch Minze.
„Erst wenn eine Seife richtig gut ist, wenn alles passt, dann lass ich sie zertifizieren.“ Ein Kosmetikprodukt darf man nämlich – anders als Tinkturen, Säfte oder Sirup aus eigener Herstellung – nur dann verkaufen, wenn man sie zertifizieren lässt. Bei jeder neuen Seife und jedem neuen Bad, das Helene Zitzelsberger verkaufen will, muss sie die Rezeptur – aufs Gramm genau – zusammen mit dem fertigen Produkt einschicken. Alles wird im Labor genau geprüft. Und nur, wenn die Herkunft aller Zutaten bis ins kleinste Detail nachgewiesen ist und das Produkt vom Labor für einwandfrei befunden wird, erhält die Seifenmacherin ein so genanntes Sicherheitsdatenblatt.
„Man kann nicht immer nur das Gleiche machen“
Die Kräuter und Blumen aus dem eigenen Garten setzt sie für ihre Seifen ein. Allerdings darf sie auch das nur, wenn sie die Pflanzen vorher zertifizieren lässt. Und das ist teuer: Jede Untersuchung kostet etwa 400 Euro – und die Zertifizierung gilt dann lediglich für fünf Jahre. Trotzdem sei es ihr das wert. Und die genaue Prüfung habe durchaus ihren Sinn, wie sie betont: „Zertifizierung heißt auch, Verantwortung für seine Sachen zu übernehmen.“
Helene Zitzelsberger investiert deshalb immer wieder Geld in ihre neuen Seifen-Kreationen. „Wenn man so ein Hobby hat, dann kann man nicht immer das Gleiche machen“, sagt die Seifenmacherin. Neue Ideen hat sie ständig. Immer wieder hätten Kunden zum Beispiel nach Shampoo-Seife gefragt – also hat sie kurzerhand eine kreiert. Wenn die Käufer der Seife ihr jetzt berichteten, dass sie zuvor Kopfhautprobleme hatten und es besser geworden sei, seit sie die Shampooseife benutzten, „dann macht mich das schon stolz“.
Sabine Simon