Passau-Eggendobl. Im zweiten Teil unserer Serie „Mord verjährt nie“, die da Hog’n gemeinsam mit dem Passauer Franz Hartl ins Leben gerufen hat, geht es um den Mord dreier amerikanischer Offiziere unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wie können Menschen nur sowas tun?“ – jene Frage stellt sich nicht nur der geneigte Leser bei der Lektüre der folgenden Tat im Passauer Ortsteil Eggendobl. Sie ist gleichzeitig der Titel des Buches des 84-jährigen Autors. Darin sind spektakuläre Kriminalfälle aus der Dreiflüssestadt und deren Umland niedergeschrieben worden – so auch Teil (2): „Dreifacher Offiziersmord in der Koller-Villa“.
„Jenes bestialische Verbrechen in der Nacht zum 7. Januar 1946 brachte den Namen Passaus plötzlich und auf unrühmliche Weise in die Schlagzeilen der gesamten Weltpresse: In der brennenden Koller-Villa in Eggendobl hatte die alarmierte Feuerwehr die verkohlten Leichen von drei amerikanischen Offizieren gefunden. Sie waren nicht etwa durch das Feuer umgekommen; in den Schädeln von Major Everett S. Cofran, Hauptmann Adrian L. Wessler und Oberleutnant Stanley M. Rosewater klafften tiefe, eingesplitterte Wunden. Wenige Tage später zog ein Taucher der US-Armee ein Beil aus der Donau – nahe genug am Ufer, um den Schluss zuzulassen, der Mörder habe es nach der Tat in den Fluss geschleudert.
War es ein politisches Verbrechen?
Die Ermittlungen leitete der damalige stellvertretende Militärgouverneur Hauptmann James M. Leech, bis sich die Kriminalpolizei der Armee einschaltete. Bald stand fest, dass zwei der ermordeten und dann mit Benzin übergossenen Offiziere einem Irrtum zum Opfer gefallen waren: Der Täter hatte es offensichtlich auf Major Cofran abgesehen, der in jener Nacht sein eigenes Zimmer aus Gastfreundschaft dem auf Besuch weilenden Oberleutnant Rosewater überlassen hatte.
Als Hauptmann Wessler, wahrscheinlich durch die verdächtigen Geräusche, erwachte, wurde er von dem Eindringling mit der Axt erschlagen. Erst dann stieg der Mörder in die Dachkammer: Dort schlief tatsächlich der Major. Später sagten die Feuerwehrleute aus, der Mörder müsse eine Feuergasse durch das ganze Haus bis zum Eingang gelegt haben, um die Spuren zu verwischen.
Hauptmann Leech – der als Nachfolger seines bisherigen Chefs, des Majors Cofran, zum Gouverneur des Bezirks Passau aufgerückt war – ließ mehrere Nationalsozialisten verhaften. Der Verdacht eines politischen Verbrechens ließ sich jedoch bald entkräften. Dafür häuften sich plötzlich die Verdachtsgründe gegen Leech selbst: Der ehrgeizige Offizier, der sich vom einfachen Soldaten bis zum Hauptmann hinaufgearbeitet hatte, bekleidete bereits selbst das Amt eines Gouverneurs von Passau – bis ihm Major Cofran vor die Nase gesetzt worden war.
Cofran schuf sich in Leech auch dadurch einen möglicherweise erbitterten Feind, weil er dessen deutsche Freundin aus der Militärregierung entließ. Außerdem widersetzte er sich energisch einer Kredithilfe aus städtischen Mitteln für deren wirtschaftlich bedrängten Vater – sehr zum Verdruss seines Stellvertreters James M. Leech. Cofran war als untadeliger und strenger Besatzungsoffizier bekannt.
Ohne Geständnis könne er nicht vor den Richter gestellt werden
Mehrere deutsche Zeugen belasteten Leech, der in der Mordnacht in der Botschafter-Villa (unmittelbar neben dem Hause Koller gelegen) gewohnt hatte. Ein Mann, so berichteten Zeugen später, hätte zur Zeit der Tat etwas in die Donau geworfen und sei von der Villa Koller just zur Villa Botschafter hinüber gelaufen. Die später aus dem Strom getauchte Axt stammte aus der Villa Botschafter. Als ein Hausmädchen unmittelbar nach der Benzinexplosion in der Villa Koller, halb verrückt vor Angst und Schrecken, hilfesuchend an die Tür des Hauptmanns Leech hämmerte, stand der in voller Uniform, eine Taschenlampe in der Hand, im Türrahmen – um 3 Uhr morgens und obwohl er später angab, er sei früh zu Bett gegangen.
Die Mauer der Indizien schien sich lückenlos um Leech zu schließen. Er wurde verhaftet, vier Monate lang verhört, zwei Monate lang in einer psychiatrischen Klinik untersucht und schließlich wieder auf freien Fuß gesetzt. Sein energisches Leugnen und die Armeebürokratie retteten ihn vor dem elektrischen Stuhl. Denn ohne Geständnis, so argumentieren die amerikanischen Behörden, könne er nicht vor den Richter gestellt werden. Leech wurde ehrenvoll aus der Armee entlassen, kehrte heim nach Lima in Ohio und ließ sich als Kesselschmied bei der Ölraffinerie „Esso“ nieder. Als der Krieg in Korea ausbrach, ging er an die Front und war wieder zwei Jahre Offizier der amerikanischen Armee.
Der Arm der Gerechtigkeit blieb müde
Insgesamt acht Jahre lang blieb der dreifache Mord in der Koller-Villa in den Akten vergraben. Erst Mitte Mai 1954 erhob der Militärrichter White auf Veranlassung des amerikanischen Staatsanwalts in Frankfurt, William C. Canfielt, Anklage gegen Leech wegen vorsätzlichen Mordes sowie Brandstiftung – und stellte außerdem einen Antrag auf Auslieferung nach Deutschland. Denn in den USA konnte er wegen eines im Ausland verübten Verbrechens nicht verurteilt werden. Auch die Hinterbliebenen der drei ermordeten Offiziere ließen nicht locker.
Im Juli 1955 stieß William Canfielt, der sich ein Jahr zuvor als amerikanischer Staatsanwalt in Deutschland schon um die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Leech bemüht hatte, bis zum Senat in Washington vor. Doch schon bald schlossen sich wieder unauffällig die mittlerweile meterdicken Akten des Falles „Cofran-Rosewater-Wessler“, ermordet am 7. Januar 1946 in Passau. James Leech konnte weiter unangetastet die Kessel in der Ölraffinerie seiner Heimatstadt Lima reparieren. Der Arm der Gerechtigkeit blieb müde.
Zehn Jahre nach jener grauenvollen Nacht in der Hacklberger Villa blitzte ein heftiger Feuerschein in Lima, Ohio (USA), über die Stelle, an der eben noch ein Öltank gestanden hatte. Eine ohrenbetäubende Detonation donnerte über die Ölraffinerie der „Standard Oil Company“. Die Verletzten wurden in das nächste Hospital transportiert- darunter auch ein großer, breitschultriger 46-jähriger Kesselschmied. Wenige Stunden später, am 3. März 1956, starb der Mann an seinen schweren Verbrennungen: James M. Leech, ehemals stellv. Militärgouverneur in Passau und mutmaßlicher Mörder dreier amerikanischer Besatzungsoffiziere.
Hatten in den USA unbekannte Täter nachgeholfen?
Vorausgesetzt, diese Mitteilung entsprach der Wahrheit, ergibt sich die Frage: War der Unfalltod Leechs ausgleichende Gerechtigkeit des Schicksals? Oder hatten in den USA unbekannte Täter nachgeholfen? Nach einer anderen Version wurde vermutet, dass James M. Leech mit der Öltankexplosion Selbstmord begangen haben soll. Der dreifache Mord bleibt unaufgeklärt und ungesühnt.“
da Hog’n
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Mord Eggendobl:
Meine Großtante Charlotte, die Ehefrau des damaligen Chefs(?) der Stadtwerke Passau, Hans Höller, wohnte damals mit diesem in der Angerstraße 43a, ganz in der Nähe. Sie erzählte, daß in ihrem Haus ebenfalls hohe amerikanische Militärs einquartiert waren und ihr und ihrem Mann nur das Dachgeschoß verblieb. Das Badezimmer unten durften sie aber mit den Amerikanern weiterhin gemeinsam benutzen. Der Chef der einquartierten Amerikaner trug den deutschen Namen „Friedl“ (Schreibweise nach dem Hörensagen).
Eines Tages klingelte es an der Haustür, aber keiner der Amerikaner öffnete. So dachte sie, sie wäre allein im Haus und ging nach unten an die Tür. Da stand ein ehemaliger deutscher Soldat, immer noch in Wehrmachtsuniform. Er bat eindringlich um Zivilkleidung, da es ihm in seinem Aufzug mehr als unangenehm war.
Sie bat ihn herein und versprach ihm, etwas von ihrem Mann zusammen zu suchen. Er sollte schon mal ins Bad gehen und sich waschen und rasieren. Als er daraufhin ins Bad ging, knallte ein Schuß. Friedl, der in der Badewanne lag, hatte den Mann erschossen.
Sie sollte schweigen. In der darauffolgenden Nacht trugen die Amerikaner den Leichnam über eine Innentreppe nach unten in die Garage, wo ein Jeep stand. Auf der Rückbank nahmen zwei US-Soldaten stützend den Leichnam in ihre Mitte, verschwanden in der Nacht und kehrten ohne diesen wieder zurück.
Von dem jungen deutschen Soldaten wußte sie keinen Namen. Er hatte vorne 1-2 Goldzähne. Mehr wußte sie nicht von ihm.
Aus Angst vor Repressalien der Amerikaner und später der deutschen Justiz behielt sie diese Geschichte für sich und erzählte sie erst kurz vor ihrem Ableben in der Familie.