Röhrnbach. Wie steht es eigentlich um unseren politischen Nachwuchs? Welche Generation reift da als nächstes heran? Welche Ziele verfolgt sie? Welche Ideen hat sie? Ein Vertreter dieser „Next Generation“ ist Daniel Traxinger, Vorsitzender der Jungen Union im Landkreis Freyung-Grafenau. Das Motto des 24-jährigen Röhrnbachers, der sich seit April 2015 in dieser Position befindet: „Politik für junge Menschen interessant machen.“ Mit rund 110.000 Anhängern ist die Kaderschmiede der „Schwarzen“ die mitgliedsstärkste ihrer Art in ganz Europa. Dass die Christsozialen und Christdemokraten – im Gegensatz zu anderen Parteien – in Sachen Nachwuchsarbeit spitze sind und hier beispielhaft vorangehen, ist hinlänglich bekannt. Auch im Landkreis Freyung-Grafenau ist der Unions-Nachwuchs mit rund 300 Mitgliedern sehr gut vertreten.
Im Interview mit Hog’n-Autor Johannes Greß spricht Daniel Traxinger unter anderem über Gestaltungsmöglichkeiten im Landkreis Freyung-Grafenau, die Forderung nach einer Obergrenze bei den Flüchtlingszahlen, rechtspopulistische Strömungen und deren Gefahrenpotenzial, eine mögliche rot-rot-grüne Bundesregierung, generationengerechte Politik, die immer größere werdende Schere zwischen Arm und Reich sowie die Frage, ob er sich einen muslimischen Bundespräsidenten vorstellen könne.
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Herr Traxinger: Die JU Freyung-Grafenau ist im Landkreis mit mehr als 300 Mitgliedern in 13 Ortsverbänden vertreten. Was sind die Probleme in der Region? Wo drückt der Schuh – und wo will die JU dabei besonders ansetzen?
Das ist eine gute Frage. Wir setzen uns für eine ausgleichende, gesellschaftsgerechte Politik ein. Dafür, dass der Landkreis eine Zukunft für junge Leute zu bieten hat. Eines der wichtigsten Themen ist dabei die Infrastruktur – vom Straßennetz bis hin zur Internet- und Mobilfunkabdeckung. Ich denk da immer an eine Geschichte eines Unternehmers aus unserer Region, der – man muss sich das mal vorstellen – mitten in der Nacht in sein Firmenbüro gegangen ist, um nötige Datentransfers durchzuführen, weil die Verbindung nur nachts gut genug war. Gerade aufgrund solcher Vorkommnisse ist uns dieses Thema sehr wichtig – und deswegen werden wir uns weiterhin für eine starke Infrastruktur einsetzen. Wir wollen sicherstellen, dass die Grundlagen geschaffen sind, dass der Landkreis in eine gute Zukunft blicken kann. Wir sind auf einem sehr guten Weg.
Lobenswert zu erwähnen ist hierbei die jüngst vom Regionalmanagement gestartete Kampagne „Made in FRG – Mehr als du erwartest„. Dabei wird versucht, den Landkreis nach außen hin noch besser zu verkaufen, ihn noch schöner darzustellen. Angesichts der jüngsten Zahlen ist wieder ein verstärkter Zuzug in den ländlichen Raum zu verzeichnen. Da wollen auch wir ansetzen, um mit Aktionen die Schönheit des Bayerischen Waldes, unserer Heimat, darzustellen. Es gilt, zu verdeutlichen, dass es hier inzwischen auch hochspezialisierte Jobs gibt, etwa bei der Thomas Krenn AG. Wir haben sehr niedrige Einbruchsraten in der Region. Hier kennt jeder jeden, es ist wie ein kleines Dorf, da passt jeder auf den anderen auf. Das sind positive Faktoren, die man noch mehr hervorheben muss. Dieses Ziel wollen wir vorantreiben.
„Ich würde eher von Parteiverdrossenheit sprechen“
Medial ist immer wieder von Politikverdrossenheit die Rede – insbesondere bei jungen Menschen. Spürt die Junge Union davon etwas?
In den letzten Jahren hatten wir in der JU einen allgemeinen Mitgliederrückgang zu verzeichnen. Ich würde aber nicht von Politikverdrossenheit sprechen – vielmehr von einer Parteiverdrossenheit. Oder besser: einem fehlenden Interesse an der Arbeit der Parteien und deren Jugendorganisationen. In früheren Zeiten gab es die Union und die SPD. Entweder stand man der einen Volkspartei näher oder der anderen. Es gab ein Schwarz und ein Weiß. Mittlerweile hat der Parteienpluralismus zugenommen, sodass sich eine Graustufe entwickelt hat. Viele können nun nicht mehr sagen: Ich stehe zu 100 Prozent hinter dieser einen Partei. Deswegen treten meines Erachtens auch weniger junge Leute politischen Gruppierungen bei.
Die JU ist die Jugendorganisation der beiden Schwesterparteien CSU und CDU. Inwiefern unterscheidet man sich programmtechnisch? Auf welche Inhalte legt die JU im Vergleich zur CSU besonderen Wert?
Man muss klar differenzieren: Es gibt eine JU Bayern und eine JU Deutschland. Die JU Bayern ist die Jugendorganisation der CSU, die JU Deutschland ist die Jugendorganisation der CDU. Es gibt manche Unterschiede zwischen der JU Bayern und der JU Deutschland – doch was uns beide verbindet, ist eine generationengerechte Politik. Natürlich haben wir auch alle weiteren Gesellschafts- und Altersgruppen im Blick. Da gerade wir jungen Leute als sogenannte Digital Natives wissen, wie wichtig zum Beispiel das Thema Infrastruktur ist, tragen wir diese Aspekte immer wieder an die CSU heran.
„Eine starre Obergrenze wird definitiv nicht funktionieren“
Kommen wir zu einem anderen Thema: Derzeit flüchten Hundertausende aus den umkämpften syrischen Städten Aleppo und Mossul, Hilfsorganisationen sprechen von bis zu 1,2 Millionen Vertriebenen. Auch übers Mittelmeer kommen wieder vermehrt Menschen nach Europa. Viele davon mit dem erklärten Ziel: Deutschland. Ist unsere Region einer ansteigenden Zahl flüchtender Menschen – vergleichbar zum letzten Herbst – gewachsen? Oder anders gefragt: „Schaffen wir das“ – immer noch?
Ich bin davon überzeugt, dass die Diskussion der CSU über einer Obergrenze absolut berechtigt ist. Wir im Landkreis Freyung-Grafenau und im Landkreis Passau wissen, wie das im September 2015 damals war, als täglich 8.000 bis 9.000 Flüchtlinge angekommen sind. Das hätte damals nicht ohne die fantastische ehrenamtliche Arbeit bewältigt werden können.
Da haben besonders die Passauer Politiker, allen voran Oberbürgermeister Jürgen Dupper und Landrat Franz Meyer, fantastische Arbeit geleistet. Doch ohne den Einsatz der Ehrenamtlichen hätte das niemals funktioniert. Wenn in Wegscheid 52 Busse mit je 50 Personen ankommen, ist das eine sehr große Herausforderung. Sollte solch eine Situation noch einmal eintreten, muss dies von Anfang an besser funktionieren.
In Zukunft muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge personell besser besetzt werden. Wir müssen uns besser darauf vorbereiten können. Damals wurden wir überrumpelt. Die christlichen Werte der Nächstenliebe und Barmherzigkeit wie auch humanitäre Hilfe zu leisten sind der JU und CSU absolut wichtig – aber auch diese haben ihre Grenzen, nämlich in staatlicher, regionaler und gesellschaftlicher Hinsicht. Wir können vieles schaffen, aber nicht alles. Wenn so etwas wieder passieren sollte, müssen wir uns eingestehen, dass irgendwann die Zahl erreicht ist, bei der es auch ehrenamtlich nicht mehr zu schaffen ist.
Kann man das beziffern?
Es ist schwierig zu sagen: Schaffen wir 200.000 oder schaffen wir 250.000? Ich denke, es ist wichtig, einen Richtwert zu haben. Es wird definitiv nicht so sein, dass der Zweihunderttausendunderste, der Schutz braucht und von seinen Werten her zur Gesellschaft, zu Deutschland und Europa passt, einer, der wirklich hier leben will, weil er unsere Werte respektiert, zurückgeschickt wird. Eine starre Obergrenze wird definitiv nicht funktionieren.
„Wir müssen künftig etwas supranationaler denken“
Wer passt denn in unsere Gesellschaft?
Dazu müssen wir uns erstmal überlegen, was die deutsche und die europäische Gesellschaft ausmacht. Ich war vor Kurzem auf einem Seminar im Kloster Banz zum Thema „Das Politische System der Europäischen Union„. Dort haben wir uns auch mit der Geschichte der EU auseinandergesetzt. Wir müssen europäischer denken. Es geht um die Frage: Wer passt nicht nur nach Deutschland, sondern wer passt in die Europäische Union. Ich glaube, dass wir endlich etwas supranationaler denken müssen. Sollte so eine Vielzahl an Menschen wieder kommen, müssen wir es schaffen, das Ganze nicht nur national, sondern supranational zu lösen.
Wenn man in der Geschichte zurückgeht, sieht man, dass jene in die Europäische Union passen, die zu unseren wichtigsten Werten stehen. Werte, die bei uns im Grundgesetz verankert sind. Werte, die vor allem die Menschenwürde und die Gleichheit betreffen. Das Thema des christlichen Glaubens ist hier ebenso zu nennen, weil wir ein sehr abendländisch geprägtes Land sind. Wenn die Menschen unser Grundgesetz und unsere Grundwerte leben, funktioniert das alles viel einfacher. Und dann würde das in der Bevölkerung auch nicht auf teils derartig erheblichen Widerstand stoßen.
Gerade in Fragen der Integration fährt insbesondere die CSU in den vergangenen Monaten einen restriktiveren Kurs. Fürchtet man da um die Wähler, die möglicherweise nächsten September ihr Kreuzchen bei der AfD setzen könnten?
Nein! Die CSU ist die Partei der Konservativen. Die CSU bleibt – seit sie 1945 gegründet worden ist – ständig ihrer Linie treu. Sie sagt: Wir sind die Partei der Konservativen, der bürgerlichen Mitte – und wir bewegen uns auf der rechten Seite des Politikspektrums. So wie sich die SPD auf der linken Seite bewegt, ist es absolut legitim, dass die CSU über sich sagt, eine Rechts-/Rechts-Mitte-Partei zu sein.
Man muss nur klar definieren, ob man eine Rechts-/Rechts-Mitte-Partei im Sinne von konservativ ist – oder, ob man eine rechtsradikale Partei ist. Wir müssen aufpassen, dass die CSU eine klare Abgrenzung schafft von Parteien wie etwa der AfD. Die CSU hat ihre Grundwerte – und diesen bleibt man treu. Das erachte ich bei der CSU für wichtig.
„Die CDU ist nach links gegangen – nicht die CSU nach rechts“
Dennoch ist in der CSU ein gewisser Rechtsruck erkennbar. Alexander Rulitschka, Vorsitzender JU München-Nord behauptete unlängst in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Wir haben unseren Platz im politischen Spektrum, den die AfD nun für sich reklamiert. Mit dem, was wir tun, wollen wir nur unseren Platz verteidigen.“
Die CSU rückt nicht nach rechts. Das Gefühl, dass dem so sei, kommt daher, dass die CDU in letzter Zeit nach links gegangen ist. Die CSU war schon immer konservativer und ein bisschen weiter rechts als die CDU. Dadurch war der Abstand der Schwesterparteien nicht so groß. Aufgrunddessen, dass die CDU nach links gewandert ist, ist der Abstand zur CSU jedoch größer geworden.
Jene Themen, bei denen, wie Sie sagen, die CDU nach links gerückt ist – sind das nur Fragen, die die Flüchtlingspolitik betreffen? Oder scheiden sich die Geister auch bei anderen Themen?
Wenn man die Presse der vergangenen eineinhalb bis zwei Jahre verfolgt hat, war das Tagesgeschehen sehr von der Flüchtlingskrise überlagert, definitiv. Der Linksruck der CDU lässt sich stark an der Flüchtlingssituation erkennen, weil das Konservative und Bürgerliche schlichtweg nicht mehr so gelebt wird, wie die CSU darauf Wert legt.
„Ich habe große Befürchtungen, was die AfD anbelangt“
Zurück zur AfD. Diese Partei wird von vielen als „rechtspopulistisch“, gar als „rechtsextrem“ eingestuft – laut Umfragen liegt sie bundesweit derzeit bei ungefähr 15 Prozent. Ist diese Partei eine Gefahr für die deutsche Demokratie?
Grundsätzlich gilt, dass die deutsche Demokratie auf einem Parteienpluralismus basiert. Solange eine Partei nicht durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde, ist sie als grundsätzliche Bereicherung für den Parteienpluralismus und für die Demokratie zu betrachten. Wenn eine Partei wie die AfD 15 Prozent in Umfragen erreicht, muss sich eine deutsche Demokratie auch mit den Gedanken, den Wünschen und Befürchtungen dieser 15 Prozent auseinandersetzen. Und man muss auch darüber nachdenken, ob diese Befürchtungen auftauchen würden, wenn es diese Partei nicht gäbe.
Ich will die AfD definitiv nicht schönreden – ich habe große Befürchtungen, was die AfD anbelangt. Doch wenn man sich diese Partei etwa im Landtag in Baden-Württemberg anschaut – da hat es keine zwei Wochen gedauert, bis deren Mitglieder zerstritten waren. Diese AfD hat keine Struktur, keine Organisation, keinen Gemeinschaftssinn.
In punkto Meinungsaustausch und Pluralismus ist das Erscheinen der AfD selbstverständlich positiv – aber man muss diese Partei mit ganz viel Vorsicht betrachten. Vor allem, weil die AfD sehr viele Falschinformationen verbreitet. Da muss der mündige Bürger definitiv unterscheiden können – das ist wichtig. Ich glaube, dass es die Aufgabe von uns – von uns Bürgern, von der Gesellschaft und von anderen Parteien – ist, den Leuten die Wahrheit vor Augen zu führen. Das, was teils an Falschinformationen von Gruppierungen wie AfD und Pegida hervorgebracht wird, sollte man klar differenzieren – und sich selbst davon distanzieren können.
„Schwierig“: Bundespräsident muslimischen Glaubens
Im Februar 2017 soll ein neuer Bundespräsident gewählt werden. Wenn Sie sich einen Kandidaten aussuchen könnten, wer würde das sein?
Mein Lieblingskandidat wäre Norbert Lammert gewesen. Aus einem einfachen Grund: Ich bin der Auffassung, dass ein Bundespräsident ein gesamtdeutscher Präsident sein soll, der von allen Parteien geschätzt wird. Lammert repräsentiert nicht nur die CDU, die SPD, die CSU oder die Grünen – er ist Repräsentant des gesamten deutschen Volkes. Er ist jemand, der über Parteigrenzen hinweg sehr angesehen ist – ein sehr kompetenter, sehr intelligenter Mensch.
Könnten Sie sich auch einen Bundespräsidenten muslimischen Glaubens vorstellen?
Nein, definitiv nicht. Deutschland und Europa ist in seiner Geschichte sehr abendländisch geprägt. Wenn man ein gesamtdeutsches Volk vertritt, sollte man auch die Mehrheit des Volkes vertreten. Und die überwiegende Mehrheit in Deutschland ist nunmal christlichen Glaubens. Ich erachte es daher für schwierig, wenn ein Bundespräsident muslimischen Glaubens wäre.
Aber wenn jemand Muslim ist, muss das doch nicht zwingend mit unserem Grundgesetz kollidieren…
Definitiv nicht. Wir haben in unserem Grundgesetz ja auch die Religionsfreiheit verankert. Ich sehe das so: Wenn ich die Interessen eines Volkes vertrete und das Volk zu einer Mehrheit aus einer bestimmten „Eigenschaft“ besteht, halte ich es für sinnvoll, wenn auch der Bundespräsident diese Eigenschaft hat.
„Eine rein linke Regierung? Da bin ich absolut dagegen“
Im September 2017 steht dann gleich die nächste große Wahl an: die Bundestagswahl. Wie glücklich wären Sie mit einer Rot-Rot-Grünen Regierung?
Überhaupt nicht glücklich. Ich befürchte zudem, dass eine erneute große Koalition zu erheblichen Problemen führen würde. Man sieht, dass das Vertrauen in die Volksparteien sinkt – und wenn die SPD noch weiter fällt, weiß ich nicht, ob man überhaupt noch länger von einer Volkspartei sprechen kann. Die CDU und die CSU haben in den letzten Jahren eine sehr generationengerechte Politik vorangebracht, die auch weitergeführt werden soll. Die schwarze Null, die Schäuble unbedingt haben möchte, erachte ich für wichtig. Man darf den nachfolgenden Generationen nicht die Grundlage entziehen. Rot-Rot-Grün vergibt viele Wahlgeschenke, macht aber keine generationengerechte Politik. Deshalb ist es wichtig, dass ein konservativer, demokratischer, sozialer Partner an der Regierung beteiligt ist.
Die Union alleine würde aber wohl keine absolute Mehrheit erreichen…
Sehe ich auch so – und die werden sie auch 2017 deutlicher verfehlen als das 2013 der Fall war. Mein Wunsch für 2017 wäre eine Koalition zwischen der CDU/CSU und den Liberalen. Auch über eine Koalition mit den Grünen sollte man nachdenken. Aber eine rein linke Regierung aus SPD, Linken und Grünen – da bin ich absolut dagegen.
„Wenn einer keine Leistung bringt, muss man ihn motivieren“
Die Große Koalition ist so unbeliebt wie nie, soziale Fragen sind nur sehr unbefriedigend gelöst worden. Wir haben ein Höchstmaß an Ungleichheit im Land. Was würde die CDU/CSU mit den Liberalen oder den Grünen an ihrer Seite besser machen?
Das wichtigste – ich habe es mehrmals betont – ist die Generationengerechtigkeit. Wir müssen uns davon verabschieden, immer nur Wahlgeschenke zu machen. Thema Renten – ich bin überzeugt, dass wir das noch einmal gründlich überdenken müssen. Das ist meines Erachtens keine generationengerechte Politik. CDU und CSU sind die Parteien derjenigen, die Leistung in einer Gesellschaft bringen wollen. Und CDU/CSU legt sehr viel Wert darauf, dass auch die Leistung einer Frau oder eines Mannes, die bzw. der sich daheim um die Erziehung der Kinder kümmert, wieder als höherwertig angesehen wird. Der Vorstoß der CSU, das Betreuungsgeld einzuführen, wurde damals als verfassungswidrig abgelehnt, weil der Bund keine Gesetzgebungskompetenz hatte. Die CSU hatte das dann ihrerseits auf Landesebene durchgesetzt.
Was ist mit denen, die keine Leistung bringen wollen oder können?
Der deutsche Staat hat für eine Grundsicherung zu sorgen. Jedoch sollte man überlegen, welche Sanktionsmöglichkeiten ein Staat hat, wenn sich jemand tatsächlich weigert, eine Leistung für die Gesellschaft zu erbringen. Dies kann auch eine ehrenamtliche Leistung sein – sie muss nicht etwa darin bestehen, Lohnsteuer zu bezahlen.. Es geht darum, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu erzeugen – das wird von CDU/CSU unterstützt. Wenn einer keine Leistung bringt oder bringen möchte, muss der Staat überlegen, welche Möglichkeiten er hat, um solche Menschen zur Leistungsbereitschaft zu motivieren.
Im Verlauf dieser Legislaturperiode ist die Schere zwischen Arm und Reich immer größer geworden. Die Armen sind nach unten abgerutscht, die Reichen haben sich nach oben abgesetzt. Was ist da falsch gelaufen?
Das ist kein Thema, was man auf eine Legislaturperiode festsetzen kann, sondern das sich in den letzten 20 bis 25 Jahren herausgebildet hat. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. In früheren Jahren war folgendes Schema typisch: Du warst jung, dann erwachsen, hast einen Mann bzw. eine Frau kennen gelernt, hast geheiratet und hattest eine gesicherte Familie – du hast einen Haushalt geführt. Inzwischen ist es so – und das bestätigen Umfragen und Statistiken sehr deutlich -, dass es sehr viele Single-Haushalte gibt und sehr viele Alleinerziehende. Dann sind es schon zwei Haushalte, die benötigt werden.
Oft müssen dann beide Haushaltsvorstände arbeiten gehen. Dazu kommen Wohnungen und Mieten – der gesamte Lebensunterhalt ist ja nicht gerade günstig. Die Gefahr besteht, dass diese Menschen zu wenig zum Leben haben. Da sich dieser Bereich in den letzten 20 bis 25 Jahren stark ausgeweitet hat, weil viel mehr Leute in dieses Schema fallen, wird diese Schere eben immer größer.
„Uns ist bewusst: Vertrauen in die Etablierten ist stark gesunken“
Also ist der Grund für die vergrößerte Schere zwischen Arm und Reich, dass das traditionelle Familienbild nicht mehr in der bisherigen Form besteht?
Nein, man darf das nicht nur auf einen Punkt begrenzen. Ich finde es sehr wichtig, dass die Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau vollständig angepasst werden. Wer die gleiche Leistung bringt, soll auch gleich bezahlt werden. Das sind kleine Mosaiksteinchen, die man da aufgreifen und umsetzen muss. Aber es gibt nie nur ein Problem. Die Schere zwischen Arm und Reich wieder etwas zu schließen ist sowohl Aufgabe der Gesellschaft als auch Aufgabe des Staates.
Wie geht es für Sie persönlich weiter in der Jungen Union?
Ich habe vor Kurzem angekündigt, dass ich mich 2017 wieder zur Wahl um das Amt des Kreisvorsitzenden bewerben werde. Die Kreisversammlung wird im Frühjahr 2017 darüber entscheiden. Mir ist wichtig, dass wir als Junge Union Freyung-Grafenau nach außen hin, also auf Bezirks- und Landesebene, aber auch intern in den Gremien der CSU gut vertreten sind. Darf ich noch einen Wunsch äußern?
Gerne, der wäre?
Der JU und CSU ist bewusst, dass das Vertrauen in die Politik der Etablierten, also der Volksparteien, in der letzten Zeit stark gesunken ist, was vor allem an der Asylthematik liegt. Ich hoffe und wünsche, dass besonders unsere Landkreisbürger erkennen, dass es uns in Bayern und Deutschland sehr gut geht, dass die Politiker unserer Region seit Jahren hervorragende Arbeit leisten und dass die Bürger das nicht mit einer Unzufriedenheit der Landes- oder Bundespolitik vermischen. Selbstverständlich bestehen regional wie national Probleme, die gelöst gehören. Es wäre aber schön, wenn wir etwas öfter über die positiven Dinge sprechen als häufig nur über die negativen. Das gilt nicht nur für unsere Region, sondern auch für Bayern, Deutschland und Europa.
Herr Traxinger, vielen Dank für das ausführliche Gespräch.
Interview: Johannes Greß
das wundert mich nicht, hier einige Fakten zu Bayern:
– nirgendwo anders als in Bayern werden Statistiken so dreist schöngerechnet und verfälscht wie in Bayern um das Versagen der Politik zu vertuschen und um sich selbst wirtschaftlichen Sachverstand zu zu schreiben und das das System des sich bei jeder Gelegenheit die Taschen vollzustopfen zu rechtfertigen (siehe Gröbenzell Rente mit 43 und lesen sie weiter unten***). Die oft mickrigen Altersrenten und die Zunahme der prekären Beschäftigung und die hohe Zahl der „Stillen Reserve“ in ländlichen Regionen sind Beleg für meine Darlegungen!
Die AWO zeigt mit ihrem Sozialatlas „AWO-Sozialatlas“: In Bayern leben zu viele Menschen am Rand der Gesellschaft. Betroffen sind davon die unterschiedlichsten Gruppen – von jung bis alt.
Nach der offiziellen Armutsdefinition seien 1,72 Millionen Menschen im reichen Freistaat von Armut gefährdet und tatsächlich arm. Betroffen sind davon die unterschiedlichsten Gruppen – von jung bis alt:
-Kinder: Rund 120 000 junge Bayern sind noch nicht mal 16 Jahre alt und leben demnach schon von „Hartz IV“.
– Alleinerziehende: 41 Prozent der 400 000 Alleinerziehenden im Freistaat sind den Zahlen der AWO zufolge von Armut gefährdet. Das wiederum ist für AWO-Vorsitzende Thomas Beyer ein Armutszeugnis: „Eigentlich eine Schande“, kommentierte er diese Zahlen.
– Rentner: Rosig ist auch die Lage der Durchschnittsrentner und derjenigen, die es bald werden, im Freistaat nicht, wenn man den Zahlen der AWO glaubt. Demnach lag die durchschnittliche Rente für die Erstbezieher im Jahre 2012 bei 723 Euro (Männer: 941, Frauen: 516, Bundesdurchschnitt 757 Euro). Zum Vergleich die griechische Durchschnittsrente im Jahr 2014: 960 Euro. Daher ist jeder vierte Rentner im Freistaat von Armut bedroht. Deswegen fordert die AWO in ihrem Sozialatlas, das Rentenniveau nicht weiter abzusenken und zudem eine Mindestrente zu gewähren.
– Pflegebedürftige: 34 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen sind nach den Zahlen aus den AWO-Heimen auf Sozialhilfe angewiesen.
– Obdachlose: Wie vielen Menschen in Bayern das Geld nicht mal mehr für ein eigenes Zuhause reicht, wisse man nicht, weil es darüber keine Statistik gebe. Zahlen darüber seien „nicht gewollt“, ist der AWO-Vorsitzende überzeugt.
-kürzlich war zu lesen „In keinem anderen westlichen Bundesland nehmen sich so viele Menschen das Leben wie in Bayern. Mit 1.727 Suiziden gab es hier im Jahr 2013 mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, Drogen, Aids, Mord und Totschlag“ – die Politik wird ihren Anteil daran haben! In Deutschland nehmen sich 11000 bis 13000 Menschen jährlich das Leben (das sind mehr Tote als durch Verkehrsunfälle, illegale Drogen, Gewalttaten und Aids zusammen).
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Selbstbedienungs-Paradies Bayern: In allen Bundesländern bewilligen sich Politiker selbst viel Geld – „aber der Freistaat treibt es auf die Spitze“, urteilt Verwaltungsrechtler Hans-Herbert von Arnim. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim prangert die Selbstbedienungsmentalität der bayerischen Politiker an: „Bayern ist Deutscher Meister im gezielten Verstecken verbotener selbstbewilligter Zuwendungen.“ Besonders großzügig ist das bayerische Recht bei den Mitgliedern der Regierung. Sie kassieren das Gehalt als Minister oder Staatssekretär plus einen Teil der Abgeordnetendiät plus einen Teil der steuerfreien Kostenpauschale. Andere Bundesländer verrechnen das viel radikaler: Da gibt’s dann gar keine oder eine stark gekürzte Abgeordnetendiät. Das führt dazu, dass in Bayern schon ein Staatssekretär mit 19.116 Euro im Monat deutlich mehr verdient als der Ministerpräsident von Hessen (16.628 Euro), Niedersachsen (15.660 Euro), Saarland (14.398 Euro) oder gar Schleswig-Holstein (12.558 Euro, jeweils verheiratet ohne Kinderzuschläge).