Freyung-Grafenau. Nach aufregenden Wochen scheinen die Wogen im Asylstreit zwischen CSU, CDU und SPD wieder einigermaßen geglättet. Während die Auseinandersetzung vor allem zwischen CSU und CDU ausgetragen wurde, befanden sich die Sozialdemokraten in der Zwickmühle: Den Forderungen der Unionsparteien nachgeben und sich einen weiteren „Umfaller“ vorwerfen lassen. Oder klare Kante zeigen und damit eine weitere Regierungskrise in Kauf nehmen. Die Landtagskandidatin und Vorsitzende der SPD Freyung-Grafenau, Bettina Blöhm, findet deutliche, aber wenig freundliche Worte für den Koalitionspartner. Seehofers Verhalten sei „eines Innenministers unwürdig“. Sie fordert: Im bayerischen Landtagswahlkampf sollten für die SPD wieder Themen jenseits von Asyl und Migration in den Mittelpunkt rücken.

„Vielleicht ist das ganze Theater aber auch nur Ablenkung, damit Söders Lügen im Zusammenhang mit dem Verscherbeln der GBW-Wohnung in Vergessenheit gerät…“, mutmaßt SPD-Landtagskandidatin Bettina Blöhm. Foto: SPD/Susie Knoll
Frau Blöhm: Ihre Partei, die SPD, hat sich nach langem Ringen und kontroversen Diskussionen mit dem Koalitionspartner auf sogenannte Transferzentren geeinigt. Sogenannte Transitzentren lehnte die SPD noch 2015 vehement ab. Ist der Unterschied zwischen den beiden „Zentren“ wirklich so groß – oder hat man sich inhaltlich neu positioniert? Wie groß waren die innerparteilichen Kontroversen?
Bettina Blöhm: Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man Lagern zustimmt oder nicht. Außerdem bleibt das individuelle Recht auf Asyl unangetastet. Insofern haben wir uns inhaltlich nicht neu positioniert, sondern es gilt für uns nach wie vor der Koalitionsvertrag. Wie es sich für eine demokratische Partei gehört, werden natürlich Themen diskutiert – und das ist nichts Schlechtes.
„Verantwortungslos und eines Innenministers unwürdig“
Von CSU-Chef Seehofer heißt es, man rechne damit, dass maximal fünf Personen täglich in diesen Zentren ankommen. Nun gehört Deutschland zu einem der wohlhabendsten Länder weltweit – und die Regierung wäre beinahe daran zerbrochen, ob man diese fünf Personen nun in Transit- oder in Transferzentren unterbringt. Inwiefern ist das für Sie persönlich nachvollziehbar – inwieweit kann das für einen Wähler nachvollziehbar sein?
Für mich ist es in keiner Weise nachvollziehbar, dass die CSU so ein Theater veranstaltet. Ich finde dieses Verhalten verantwortungslos und eines Innenministers unwürdig.
Auch nachdem die Regierungskrise scheinbar abgewendet wurde, bleibt der Ton weiter rau. SPD-Chefin Andrea Nahles warf der CSU „eine perfide, rechtspopulistische Strategie“ vor. Von Generalsekretär Lars Klingbeil heißt es: „Die CSU verhält sich wie im Wahn.“ Das ist nicht gerade der Ton, den man von Koalitionspartnern kennt und erwartet…
…und beide haben mit ihren Aussagen recht. Das gesellschaftliche Klima so zu vergiften – und das wegen der Landtagswahl in Bayern -, versteht kein Mensch. Zumal diese Koalition sicher keine „Liebesheirat“ war und wir uns die Entscheidung in diese einzutreten wahrlich nicht leicht gemacht haben.
Der SPD wirft man vor, sie habe sich im Laufe der Kanzlerschaft Merkels inhaltlich zu sehr an CSU und CDU angebiedert. Wäre der Asylstreit nicht eine passende Gelegenheit gewesen, wieder einmal klare Kante zu zeigen?
Inhaltlich haben wir klare Kante gezeigt – und von Seehofers Ideen ist nichts übrig geblieben. Endlich kommt das Einwanderungsgesetz. Es gilt der Koalitionsvertrag – auch wenn das Teile der CSU nicht wahrhaben wollen. Irgendjemand muss ja bei diesem ganzen Irrsinn noch einen klaren Kopf bewahren und sich auf Sachpolitik konzentrieren.
„Leider sind Teile der Union mehr damit beschäftigt, sich rhetorisch selbst zu vermarkten, anstatt ihren Job zu machen…“
Oder vielleicht umgekehrt: Wäre die Dominanz des Themas Migration in Politik, Medien und Gesellschaft für die SPD nicht eine Chance, inhaltlich andere Akzente zu setzen?
Wenn man sich den Koalitionsvertrag und auch unser Wahlprogramm für die Landtagswahlen ansieht, merkt man schnell, dass genau diese Themen im Vordergrund stehen. Das ist in meinen Augen verantwortungsvolle Politik. Wir kümmern uns um die Themen, die für die Menschen in ihrem Alltagsleben eine Bedeutung haben. Wo beispielsweise der Freistaat als Arbeitgeber auftritt, hat er eine Vorbildfunktion. Das heißt: weg mit den Befristungen und her mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz. Wir brauchen Investitionen in die Infrastruktur – und damit meine ich nicht nur Straßen- und Datenautobahnen, sondern auch die soziale Infrastruktur. Schulen vor Ort, Hallenbäder, wohnortnahe medizinische Versorgung, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Und nebenbei bemerkt, unsere Ministerinnen und Minister auf Bundesebene arbeiten: Die Rückkehr zur Parität in der Krankenversicherung kommt, die „Eine-für-alle-Klage“ wurde noch rechtzeitig verabschiedet, damit nicht gesagt werden kann, dieser Anspruch ist verjährt. Gerade im Hinblick auf den Dieselskandal war das wirklich wichtig. Leider sind Teile der Union mehr damit beschäftigt, sich rhetorisch selbst zu vermarkten, anstatt ihren Job zu machen. Gerade im Bereich Bau wäre mit allem was dazugehört, viel zu tun – aber der Innenminister, der auch für Bau zuständig ist, ist mit anderen Dingen beschäftigt. Vielleicht ist das ganze Theater aber auch nur Ablenkung, damit Söders Lügen im Zusammenhang mit dem Verscherbeln der GBW-Wohnung in Vergessenheit gerät…
Sie gehen ja mit dem Koalitionspartner äußerst hart ins Gericht. Wenn es nach Ihnen persönlich ginge: Hat diese Koalition eine Zukunft bzw. sollte sie eine haben?
Viele Baustellen, aber auch viel Potenzial im Bayerischen Wald
Im Oktober stehen die Bayerischen Landtagswahlen ins Haus. Mit welchen Erwartungen geht man als Bayern-SPD in den Wahlkampf?
Es wird sicherlich ein schwieriger Wahlkampf – keine Frage. Aber wir sind hoch motiviert, weil wir das Richtige tun und die richtigen Ziele verfolgen. Wir stehen als Sozialdemokraten für ein Bayern des „Leben und Leben lassen“. Für Zusammenhalt statt Spaltung. Unsere Spitzenkandidatin Natascha Kohnen steht für Ernsthaftigkeit in der Politik. Unsere Bayerische Verfassung – übrigens aus der Feder eines Sozialdemokraten – gibt genug Handlungsaufträge.
Mit welchen Erwartungen gehen Sie persönlich in den Wahlkampf? Wie kann man im Woid, mit einer tendenziell sehr CSU-affinen Wählerschaft, als SPD’lerin erfolgreich auf Stimmenfang gehen?
Mit vernünftiger Sachpolitik. Dies ist zumindest meine Herangehensweise. Gerade unser Woid wurde vernachlässigt. Hier gibt es viele Baustellen und es reicht nicht, wenn ab und an mal jemand vorbeikommt und mit einem Förderbescheid wedelt. Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu schaffen, ist Verfassungsauftrag und den sollte man endlich angehen. Der ländliche Raum ist ebenso viel wert wie die Metropolregionen – und dafür stehe ich. In unserem schönen Bayerischen Wald müssen die Menschen eine Perspektive haben, damit sie nicht abwandern.
„Man braucht nicht rechts zu wählen, wenn man nicht rechts ist“
Vor allem in Südost-Bayern scheint die AfD in letzter Zeit besonders stark. Laut jüngsten Umfragen steht sie in Bayern bei 14 Prozent, die SPD bei zwölf Prozent. Wie geht man mit diesem Thema um?
Gute Frage. Jedenfalls halte ich nichts davon, der AfD rhetorisch hinterher zu laufen und sie noch rechts überholen zu wollen – wie die CSU oder Teile der Freien Wähler. Meiner Ansicht nach bestimmt Sprache mitunter das Bewusstsein und erzeugt Bilder in den Köpfen der Menschen. Genau aus diesem Grund bin ich wirklich sauer auf die CSU. Selbst der Ministerpräsident verwendet Begriffe, die die Stimmung nur noch aufheizen – ich finde das einfach nur verantwortungslos und selbst einer CSU unwürdig.
Zum Thema AfD habe ich eine klare Haltung, auch wenn diese viele nicht hören wollen: Wer eine Partei wählt, die von Rechtsradikalen durchsetzt ist, den entschuldige ich nicht. Auch der Wähler hat Verantwortung – wir sprechen schließlich von erwachsenen, mündigen Bürgern und nicht von kleinen Kindern. Es gibt mittlerweile so viele Parteien im Parteienspektrum, da braucht man nicht rechts zu wählen, wenn man nicht rechts ist.
Mein Augenmerk liegt auf den Menschen, die sich für ein friedliches, gesellschaftliches Zusammenleben engagieren, im Ehrenamt aktiv sind oder hier nur einfach ganz normal zusammen leben wollen. Es gibt viele wunderbare Menschen bei uns – und für diese setze ich mich gerne ein. Diese Menschen sind nicht unbedingt laut, aber sie machen unsere Gesellschaft schließlich aus. Um deren Probleme möchte ich mich kümmern.
Auch viele ehemalige SPD-Wähler wanderten ja zur AfD ab…
Das stimmt leider, jedoch hatten die Unionsparteien größere Verluste. Mit Angst und dem Schüren von Ressentiments lässt sich leichter Wahlkampf machen als mit an Problemen orientierter Sachpolitik. Ich zähle auf die vernünftigen Menschen hier bei uns – und diese lassen sich nicht von Hass und Hetze anstecken.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Johannes Greß
„Europa ist zu wichtig, um es aufs Spiel zu setzen“
das mag sein, aber was hat Europa den Bürgern dieses Landes gebracht, bzw. die Politik von SPD CDU CSU?
kürzlich war zu lesen:
Vermögensschock: Die Deutschen sind die armen Würstchen der EU
Der Welt-Reichtums-Report zeigt, wie arm die meisten Deutschen wirklich sind. Von den Ländern der alten EU liegt nur Portugal hinter Deutschland. In den meisten Ländern besitzen die Bürger mehr als doppelt so viel Vermögen wie hierzulande.
Der Medianwert des geldwerten Vermögens für die Erwachsenen liegt in Deutschland bei 47.000 Dollar. Schon im krisengebeutelten Griechenland sind es mit 55.000 Euro 8000 Euro pro Nase mehr. Dass die unmittelbaren Nachbarn – Holländer (94.000), Dänen (87.000 Dollar), Belgier (168.000 Dollar) – reicher als die Deutschen sind, kann kaum verwundern. Man sieht es bei jedem Besuch. Erstaunlich allerdings, dass Franzosen (120.000) und Italiener (125.000) mehr als doppelt so reich wie die Deutschen sind. Lichtenstein (168.000) und Schweiz (229.000) bilden erwartungsgemäß die Spitze.
> „Europa ist zu wichtig, um es aufs Spiel zu setzen“
>
> das mag sein, aber was hat Europa den Bürgern dieses Landes gebracht,
> bzw. die Politik von SPD CDU CSU?
Europa hat den Leuten schon einiges gebracht, aber das wird
alles heute als selbstverständlich angenommen. Dazu zählt die
Freizügigkeit. Gerade hier im Grenzland denke ich dass das ein wichtiger
Punkt ist. Ich kenne Österreicher die in D arbeiten und Deutsche die in
A arbeiten. Es gibt aber auch Deutsche, die in A wohnen und zum Arbeiten
wieder nach D fahren. Niemand kann den Leuten das verbieten, das ist ihr
verbrieftes EU Recht. Ich möchte fast behaupten, dass wir von Bayern
bis Norditalien einen zusammengehörenden Wirtschauftsraum haben.
Möchten wir wieder zurück ins Zonenrandgebiet, das am Tropf einer
Regierung hängt? Denken wir daran: Unsere Väter mussten noch nach
München, … zum Arbeiten fahren. Das bleibt der Jugend von Heute
zum großen Teil erspart, weil es im Vergleich zu früher viel mehr
Möglichkeiten bei uns hier gibt.
Ein zweiter Punkt sind in meinen Augen die gemeinsamen Regeln.
Diese schlimmen Vereinheitlichungen und Regeln der EU haben es erst
möglich gemacht z. B. Autos nach europaeinheitlichen Standards zu
bauen. Das bedeutet, dass ich ein Auto in Italien kaufen kann und in D
anmelden ohne es umbauen zu müssen! Das haben jahrelang viele genutzt.
Teileweise gibt es auch heute noch EU Wägen die den Verbrauchern günstig
angeboten werden. Anderes Beispiel wären die Handy Roaming Gebühren.
Früher habe ich immer die SIM Karte aus dem Handy genommen, wenn ich
nach Italien gefahren bin, aus lauter Angst, dass sich das Ding doch
irgendwo einwählt. Der Druck er EU hat es möglich gemacht die Roaming
Gebühren auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
Dritter Punkt. In einem Land, in dem ein großer Prozentsatz der
Produktion von den übrigen EU Ländern importiert wird, soll auch das
reine Eigeninteresse nicht unerwähnt bleiben. Viele Betriebe leben davon
in diese Länder Waren zu exportieren – auch der in dem ich arbeite.
Der EU Vertrag bietet unseren Betrieben die Sicherheit das auch morgen
noch tun zu dürfen. Das ist _nicht selbstverständlich_ siehe Trump.
Im Moment sind _wir_ es, die mit unserem _Dumping_ andere Volkswirtschafen
wie z. B. Frankreich unter Druck setzen!
> kürzlich war zu lesen:
> Vermögensschock: Die Deutschen sind die armen Würstchen der EU
>
> Der Welt-Reichtums-Report zeigt, wie arm die meisten Deutschen wirklich sind.
> Von den Ländern der alten EU liegt nur Portugal hinter Deutschland.
> In den meisten Ländern besitzen die Bürger mehr als doppelt so viel
> Vermögen wie hierzulande.
Schön dass sie diese Länder aufzählen. Das sind alles EU Länder.
Im Umkehrschluß kann also die EU nicht für unsere soziale Schieflage
verantwortlich sein. Denn die EU macht keine Sozialpolitik. Letztenendes
ist die EU immer noch eine Wirtschaftsgemeinschaft mit ein paar
persönlichen Freiheiten die den Menschen garantiert werden.
Die EU hat uns nicht gezwungen als eines der letzten Länder der EU auf
einen Mindestlohn zu verzichten!
Die EU hat uns nicht gezwungen Gesetze einzuführen, die einen 60
Jährigen, wenn er arbeitslos wird, nach einem Jahr mit Leuten gleich
stellt, die in dritter Generation von Sozialhilfe leben!
Die EU hat uns nicht gezwungen die Vermögenssteuer abzuschaffen und
dafür die Mehrwertsteuer zu erhöhen!
Und jetzt noch ein Wort an meine Mitbürger.
Das was wir verdienen und wie wir es verdienen legt nicht die Politik
fest, sondern das müssen wir uns erstreiten! Während vor allem die
Großkonzerne global mit Wirtschaft und Politik vernetzt sind schaffen wir
es nicht einmal unsere ureigenen Interessen landesweit durchzusetzen. Ich
bin alt genug um mich an Zeiten zu erinnen in denen regelmäßig gestreikt
wurde. Kohlebergbau, Stahl, Metall, Elektrotechnik überall!
Heute ist das anders. Da sitzen alle duckmäuserisch herum – jammern,
schimpfenm, granteln. Du bekommst aber niemanden dazu in eine Gewerkschaft
einzutreten oder vielleicht für sogar für seine Sache auf die Straße
zu gehen. Im Gegenteil Leute die das tun werden noch schräg angeschaut.
Konkretes und bekanntes Beispiel: Wenn sich die Leute bei Amazon nicht
zusammentun und gemeinsam dem Herrn Amazon auf die Zehen steigen wird sich
an ihren Arbeitsbedingungen und an ihrem Lohn niemals was ändern. Herr
Amazon hat diesbezüglich wohl keine Hämmungen.
Ich sage euch, wenn ihr eure Interessen nicht lautstark zum Ausdruck
bringt, dann tut es keiner.
Nach meiner Ansprache weiter oben möchte ich noch einen Punkt anbringen der mir jetzt als wichtigster erscheint. Ich glaube tatsächlich die lange Zeit des Friedens und der politischen Stabilität hat etwas mit Europa und den zugehörigen Verträgen und Organisationen zu tun. Fast 75 Jahre Frieden. Ich glaub das hat es in Europa noch nicht gegeben. Das es auch 2018 anders geht zeigt ein berühmter Politiker, der Gegenwart, der mit Wohlgefallen Keile zwischen die Nationen und damit die Menschen treibt.