Landkreis Freyung-Grafenau/Regen. Wie unser Bayerwald-Wetterfrosch Martin Zoidl die Hog’n Leser unlängst wissen lies, wird auch die Region Bayerischer Wald nicht vom Klimawandel verschont bleiben. Auch laut einem Beitrag von SPIEGEL ONLINE gilt zukünftig deutschlandweit nur noch jedes zehnte Skigebiet als schneesicher. Jede weitere Investition in die deutsche Ski-Infrastruktur, so heißt es im Artikel weiter, sei ein Fehler. Was bedeutet das alles für den Wintertourismus unserorts? Welche Alternativen bieten sich für Beschäftigte und Betreiber der Wintertourismusbranche im Woid?

Das Skizentrum Mitterdorf lässt Skifahrerherzen höher schlagen. Der Temperaturanstieg in der Region bereitet jedoch vielen Lift- und Hotelbetreibern Bauchschmerzen. Wie es in der Region zukünftig weiter geht, darüber ist man sich noch uneins. Foto: Archiv.
Mögen einzelne Prognosen auch variieren, eines ist sicher: Auch im Bayerischen Wald wird es zu einem Temperaturanstieg kommen, Schneehöhe und Schneedeckendauer werden in gravierendem Maße abnehmen. Das Onlinemagazin „Da Hog’n“ hat bei regionalen Vertretern nachgefragt, wie sich die Wintersportregion auf die neuen, veränderten Verhältnisse einstellen wird.
„Eine Schlüssel-Lösung liegt bis jetzt noch nicht vor“
Christian Koch, Inhaber und Betreiber des Landhotels „Haus Waldeck“ in Mitterfirmiansreut sieht die Region künftig zwar mit weniger Schnee gesegnet – eine Gefährdung für den Fortbestand seines Unternehmens kann er daraus jedoch nicht ableiten. Es sei nun an der Zeit, ein ganzjähriges Angebot zu befördern und umzusetzen, gibt er sich im Gespräch mit dem Onlinemagazin „Da Hog’n“ selbstbewusst.
Die zurückliegenden Jahre beurteilt der 46-Jährige – was den Wintertourismus betrifft – als „schwierig“, da die Schneemenge teils nicht den erhofften Vorstellungen entsprach. Auch die Lifte seien aktuell nur noch drei Monate im Jahr in Betrieb. Trotzdem: Skifahren ist Koch zufolge nur ein Baustein des Wintertourismus – und man werde zukünftig auf Alternativen setzen. Wie genau diese Alternativen aussehen werden, möchte der Inhaber des Landhotels jedoch nicht verraten. Nur so viel: Eine „Schlüssel-Lösung“ liegt bis jetzt noch nicht vor.
Trotz der eher widrigen Umstände würde das „Haus Waldeck“ derzeit wachsen – und könne sogar laufend neue Mitarbeiter einstellen. Insbesondere das Konzept „Urlaub mit Hund“ trage dabei zur Kompensation des schwächer werdenden Wintertourismus bei, erklärt Koch. Die Frage, ob die Region den Klimawandel verschlafen und sich den neuen Verhältnissen zu spät angepasst hätte, verneint der Hotelbetreiber umgehend. Laut seiner Aussage ist noch nicht absehbar, wohin der Klimawandel die Region führen wird. Langfristige Planungen, die allzu weit in die Zukunft reichen, seien daher nicht unbedingt erstrebenswert. Am Ende könne der Klimawandel nämlich auch zu einer deutlichen Zunahme der Schneemenge sowie einer Abnahme der Temperaturen im Bayerischen Wald führen, bemerkt der 46-Jährige abschließend.
„Die Möglichkeit, etwas zu bewegen, ist da“

Dem Klimawandel einen Schritt voraus: „Wir arbeiten aktiv daran, nicht mehr voll auf den Wintertourismus angewiesen zu sein“, sagt Florian Hollmann, Liftbetreiber aus Zwiesel. Foto: Archiv.
Florian Hollmann, Betreiber des Glasberglifts in Zwiesel, scheint dieser „SchlüsselLlösung“ schon deutlich näher zu sein: „Wir arbeiten aktiv daran, nicht mehr voll auf den Wintertourismus angewiesen zu sein.“ Dabei hat der 49-Jährige vor allem einen Radwanderweg mit besonderem Bezug zum E-Biking im Sinn. Zu seinen zwei weiteren Projekten wolle er sich noch nicht äußern. Allgemein gehe es ihm jedoch darum, langfristig schneeunabhängig zu werden und den Fokus auf den Ganzjahrestourismus zu legen. Danach gefragt, was dies konkret für den Glasberglift in Zwiesel bedeute, antwortet Hollmann, dass die Fahrtage in Zukunft wohl weiter zurückgehen und sich auf den Monat Januar konzentrieren werden.
Viele Beschäftigte aus der Region werden sich künftig aufs Pendeln einstellen müssen, befürchtet der Liftbetreiber. In diesem Zusammenhang spiele nicht nur der Klimawandel, sondern auch der demographische Wandel eine entscheidende Rolle. „Leider sind größere Unternehmen und Verwaltungen immer etwas träge, sich den Gegebenheiten anzupassen.“ Kleinere Unternehmen haben nach Meinung des 49-Jährigen hingegen immer die Möglichkeit, entsprechend zu reagieren. „Die Möglichkeit, etwas zu bewegen, ist da“, konstatiert Hollmann zuversichtlich.
„Das große Glück ist unser Nationalpark“

„Es wird auch wieder aufwärts gehen“, sagt Manfred Selwitschka vom Zweckverband Skizentrum Mitterdorf. Foto: Archiv
„Ich kann nichts Schlechtes sagen“, zeigt sich Manfred Selwitschka vom Zweckverband Skizentrum Mitterdorf in Anbetracht der letzten fünf Jahre zufrieden. Doch auch wenn der Wintertourismus seiner Meinung nach in der Zukunft noch lange Bestand haben werde, müsse man Abstriche in Kauf nehmen. Ohne Beschneiungsanlagen geht dem 64-Jährigen zufolge in Sachen Skisport ohnehin nichts mehr. „Das große Glück ist unser Nationalpark. Hier wird es auch in den kommenden Wintern die Möglichkeit zum Wandern geben.“
Dennoch werde die Beschäftigung im Tourismus unweigerlich zurückgehen, erklärt Selwitschka im Gespräch mit dem Onlinemagazin „Da Hog’n“. Da die Gegend um Mitterfirmiansreut (Gemeinde Philippsreut) außer in der Gastronomie und Hotelerie hinsichtlich Jobmöglichkeiten nicht viel anzubieten habe, werde es jedoch schwierig werden, geeignete Beschäftigungsalternativen zu finden. Viele Waidler würden wohl künftig nicht ums Aus-Pendeln herumkommen, schlussfolgert, wie schon sein Zwieseler Kollege Hollmann, auch der Verantwortliche des Skizentrums. Trotzdem könne man nicht behaupten, die Region habe sich zu spät auf den Klimawandel eingestellt. Denn dabei handelt es sich nach Meinung des 64-Jährigen nur um eine temporäre Entwicklung: „Es wird auch wieder aufwärts gehen!“.
„Gedanken machen, wenn es soweit ist“

Man werde sich „Gedanken machen, wenn es soweit ist“ – Philippsreuts Bürgermeister Helmut Knaus bezeichnet die Beschäftigungssituation in Mitterfirmiansreut als „schwierig“. Foto:Archiv
Philippsreuts Bürgermeister Helmut Knaus bezeichnet die aktuelle Lage als „schwierig“. So seien derzeit in seiner Gemeinde zwar immer noch genügend Übernachtungen zu verbuchen: Insbesondere dank zusätzlicher künstlicher Beschneiung und Flutlichtanlage im Skigebiet Mitterdorf sei der Wintertourismus nach wie vor durchführbar. Mit Blick in die Zukunft äußert der 53-Jährige allerdings Bedenken. Mehr als ein zögerliches „Ich hoffe, dass es klappt“ ist ihm deshalb auch nicht zu entlocken. Was das Klima anbelangt, könne er keine Prognose abgeben – aus seiner Sicht ist vorschneller Aktionismus daher nicht zielführend. Als Alternativ-Vorschlag könne sich der Bürgermeister zum Beispiel Abfahrten auf Gummi-Matten vorstellen. All dies sei allerdings stark von der finanziellen Situation abhängig.
Bezüglich der Beschäftigungssituation wolle man sich „Gedanken machen, wenn es soweit ist“, so Knaus wörtlich. Man werde sich zusammensetzen müssen, um gemeinsam mit verschiedenen Vertretern eine Lösung zu finden.
„Brauchen das Rad nicht neu erfinden“
Relativ gelassen beurteilt die Lage Marco Felgenhauer, Pressesprecher der Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH. Eine der teils sehnsüchtig erwünschten Alternativen ergibt sich seiner Meinung nach von alleine: „Der Bayerwald bietet mit Winterwandern und Nationalpark genügend Alternativen zum Wintersport. Für eine Woche „ausschließlich alpines Skifahren“ käme sowieso kaum ein Urlauber in den Woid. Hierbei stünden die Skigebiete in den Alpen bei den Touristen sicher höher im Kurs. Grundsätzlich ist es Felgenhauer zufolge den Gästen egal, ob sie nun eine „lockere Runde Langlaufen gehen“ oder sich die Zeit mit Winterwandern vertreiben. Es bestehe also keine Notwendigkeit, das Rad neu zu erfinden. Der 32-Jährige betrachtet den Bayerwald in diesem Zusammenhang sogar besser auf den bevorstehenden Wandel vorbereitet als die Alpenregion.
In den kommenden Jahren müsse man zwar mit einem verspäteten Wintereinbruch rechnen – trotzdem bleiben der Region die schneesicheren Pisten und Loipen in den Augen Felgenhauers mindestens noch für die nächsten eineinhalb Jahrzehnte erhalten. „Im Moment wird der Wintertourismus noch viel zu sehr mit dem alpinen Skisport gleichgesetzt.“ An dieser Wahrnehmungs- und Kommunikationsform werde man künftig etwas ändern müssen, bemängelt Felgenhauer, der sich ansonsten sehr zuversichtlich zeigt.
Tourismus wird auch weiterhin die Lebensader der Region bleiben
Abschließend lässt sich zusammenfassen: Wenn auch ein tragendes Konzept aufgrund der noch teils unsicheren Klimaprognosen für die Region noch nicht vorzuliegen scheint, macht man sich zumindest (teilweise) Gedanken über die Zukunft. Der (Winter-)Tourismus wird auch weiterhin die „Lebensader“ des Bayerischen Waldes bleiben – nur eben in veränderter Form. Was dies für die Beschäftigten in der Region bedeutet, steht in den Sternen.
Johannes Gress
Gerade bei Philippsreut frage ich mich, wieso man da seit 25 Jahren nicht schafft, endlich eine auf Tschechien ausgerichtete Wirtschaft zu errichten. Weg vom Tourismus hin zum Handel mit unseren Nachbarn die sonst bis Passau fahren um qualitativ hochwertige, aber im Vergleich zu tschechischen Preisen günstige Waren einzukaufen.
Bleibt der Schnee weg, werden die Übernachtungszahlen noch weiter zurückgehen, als sie es jetzt, entgegen dem allgemeinen Trend in Bayern, ohnehin schon tun.
Es gibt genügend Möglichkeiten das auszugleichen. Und die müssten noch nicht einmal teuer sein. Ein Blick über die Grenze nach Österreich, Italien,Tschechien und in die Schweiz wäre da hilfreich.
Allerdings fehlt den Entscheidern in den Amtsstuben jegliche Inspiration, Mut und Unternehmergeist. Ein weiter so kann sich eigentlich hier niemand leisten. Und Abwarten schon gleich zweimal nicht. Zu weit hinkt das Angebot und das Marketing 2.0 schon hinter der Konkurrenz hinterher.
Seit über 3 Jahren versuche ich das erfolglos zu ändern. Landrat und auch Bürgermeister konnte ich bisher noch nicht überzeugen. Einzig ein paar wenige private Unternehmer in der Region haben das, unabhängig von mir verstanden und handeln im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Einer davon ist hier im Artikel erwähnt.
Und hier wiederspreche ich dem Kommentar von Peter vehement. Ein Wegbrechen des Tourismus ist der Tod des Bayerischen Waldes. Allein Handel und Gewerbe können nicht die benötigten Arbeitsplätze sichern bzw. ausbauen. Ein verstärktes Abwandern der Einheimischen wäre die Folge.
Schade, dass das noch nicht mal die Journalisten hier vor Ort richtig interessiert. Einzig der Hog`n schreibt manchmal etwas zu diesem Thema. Allerdings leider ohne die nötige Bissigkeit.
Mich würde interessieren, was die Verantwortlichen zu den schlechten Übernachtungszahlen der letzten Jahre zu sagen haben.
Ich behaupte nicht, dass ich die Weisheit mit Löffeln gefressen habe und mein Kommentar ist meine persönliche Meinung. Allerdings lässt sich jede meiner Aussagen hier mit Zahlen und Fakten belegen.
Paul Einhell von http://www.grenzenlos-biken.de
Leider wurden wir nicht zu diesem Artikel gehört.
In den Weihnachtsferien hatten wir wegen des Schneemangels den Skibetrieb kurzfristig auf die Sommerrodelbahn umgestellt, um den Gästen einen Ausgleich für die nichtvorhandenen Winterfreuden zu bieten.
Die Art des AlpinCoasters erlaubt es bei JEDEM Wetter zu rodeln. Die höchste Bahn wird in Gstaad (Schweiz) auf 3000m betrieben. Bei Regen oder Schneefall werden die Wetterschutzhauben aufgesetzt, so sind die Rodler auch davor geschützt. Ist genügend Schnee vorhanden, ist innerhalb von ein paar Stunden auf Skibetrieb umgestellt. In einem Artikel der PNP schlug der Tourismusexperte des Landkreises vor, beheizte Sommerrodelbahnen zu bauen (utopisch).
Nochmals, die Technik des AlpinCoaster der Sommerrodelbahn Grafenau erlaubt es bei jedem Wetter zu fahren. Die Öffnung in den Weihnachtsferien kam sehr gut an, auch der BR berichtete in der Abendschau darüber und Die Gastgeber waren froh ein Angebot für die Gäste zu haben.
Wir sollten nicht jammern, sondern das Vorhandene nützen. Der Bayerische Wald hat sehr viel zu bieten, nicht nur ein paar Wochen Skifahren. Zusammen können wir auch in schneearmen Zeiten den Gast zufrieden stellen.