„Offen gesagt: Das, was da im Bundestag vor sich geht, kotzt mich an!“
Thema Zusammenarbeit: Einer Ihrer Leitsprüche ist ja: „Zammhoid’n miass ma!“ Was bedeutet das konkret für den politischen Alltag?
Es wäre ja widersprüchlich zu meiner Lebenseinstellung, wenn man das „Zammhoid’n“ nicht tatsächlich auch lebt. Ich versuche als Landrat, dass ich den anderen Fraktionen immer wieder Informationen zukommen lasse, dass sich niemand weniger wertgeschätzt fühlt. Das ist mir ganz wichtig. Ein bisschen Geplänkel darf es eh geben in den Sitzungen, sonst wär’s ja langweilig. Aber generell haben wir ein tolles Miteinander. Es wird mir häufig bestätigt, dass es schön ist, politisch im Landkreis mitzuarbeiten.
Ist es so, dass das Parteibuch eines Politikers auf kommunaler Ebene weniger von Bedeutung ist als auf überregionaler? Sprich: Die Person kommt als erstes, dann erst die Partei?
Richtig. Auf kommunalpolitischer Ebene geht’s in erster Linie um die Persönlichkeit. Bei uns im Kreistag gibt es Gott sei Dank keinen Fraktionszwang, kein blindes Gehorsam. Das finde ich toll.
Also keine scharfen Trennlinien und großes Parteien-Bohai wie im Bundestag?
Ganz offen gesagt: Das, was da im Bundestag teilweise vor sich geht, das kotzt mich an! Früher hat mir das nichts ausgemacht, aber nachdem was ich erlebt habe … Diese ganzen Auseinandersetzungen, die zum Großteil nur Show sind, nur damit jeder seinem Standpunkt und seinem Parteibuch gerecht wird – und letztendlich in der Mitte nichts mehr übrig bleibt. Wie gesagt, bei uns läuft es etwas menschlicher ab.
„Als junger Heranwachsender war Franz-Josef Strauß mein Vorbild“
George Washington, der erste Präsident der USA, sah sich selbst als „president above party“, also als überparteilicher Präsident. Können Sie sich damit identifizieren – und: Haben Sie politische Vorbilder?
Über den Parteien sehe ich mich nicht. Ich sehe die Parteipolitik allerdings weniger emotional, sondern eher rational, an der Sache orientiert. Womit ich wieder auf den Punkt von vorhin zurückkomme: Wenn man in der großen Politik besser zusammenarbeiten würde, könnte man wesentlich mehr schaffen. Es funktioniert im kleinen politischen Rahmen – also müsste es da oben doch auch funktionieren. Ich habe meine Verbindung mit der CSU, aber in der Arbeit binde ich letztlich alle mit ein, lasse jeden teilhaben am Ganzen. Deshalb haben wir – ohne Übertreibung – auch so eine gute politische Harmonie im Landkreis. Natürlich gehören auch die Ausreißer dazu, wie wir immer wieder feststellen – das Salz in der Suppe.
Und Ihre Vorbilder?
Als junger Heranwachsender war mein Vorbild Franz-Josef Strauß. Ich bin am politischen Aschermittwoch immer nach Passau gefahren, wo mir die ganze Atmosphäre unwahrscheinlich imponiert hat und ich emotional voll dabei war. Strauß hat viel bewegt und viel erreicht. Natürlich ändern sich die Zeiten: Diese Art der Politik würde man heute nicht mehr machen können.
Aber als großer Harmoniemensch war Strauß ja eigentlich nicht bekannt …
Im Gegenteil … Ich sagte ja auch: damals! Als er mich mit seinem Auftreten und seiner Rhetorik in den Bann gezogen hat – das war schon phänomenal. Strauß hat Bayern mit Sicherheit ein Stück weit nach vorne gebracht. Wie man dieses Stück bewertet, das steht mir nicht zu, da bin ich schlichtweg nicht kompetent. Er war mit Sicherheit ein Wegbereiter.
„Bei Frau Merkel hat die Bevölkerung das Gefühl des Aufgehoben-Seins“
Aber seine Methoden der Wegbereitung sind nicht unbedingt die Ihrigen?
Über die Methoden lässt sich mit Sicherheit diskutieren (schmunzelt).
Gibt es Vorbilder aus der Gegenwart?
Ich habe vollsten Respekt vor Frau Merkel. Was sie leistet, ist gigantisch. Wie schafft sie das nur? Sie braucht eine gute gesundheitliche Konstitution, muss sich als Frau in den eigenen Reihen durchsetzen, genauso auf europäischer und globaler Ebene. Die Umfragewerte zeigen, welche Beliebtheit diese Frau genießt – und das völlig zurecht. Bei ihr hat die Bevölkerung das Gefühl des Aufgehoben-Seins. Das Gefühl, dass jemand da ist, der einen vertritt. Und so soll es auch in einem Landkreis sein: Es gibt einen Landrat, an den sich die Leute anschmiegen können, bei dem sie sich aufgehoben fühlen, dem sie vertrauen. Frau Merkel ist ein großer Fels in der Brandung – Respekt vor ihrer Arbeit.
Was glauben Sie: Sind Männer oder Frauen die besseren Politiker?
Ich bin ein Gegner der Frauenquote. Künstlich eine bestimmte Prozentzahl zu erreichen, das funktioniert meiner Meinung nach nicht. Die Frauen sollen aus Überzeugung am politischen Geschäft teilnehmen. Es geht ums Wollen. Wenn jemand will, dem stehen Tür und Tor offen – unabhängig von der Quote, unabhängig vom Geschlecht. Was ich feststelle: Frauen sind in manchen Dingen hartnäckiger und beharrlicher als Männer. Und der Charme kommt dann noch hinzu …
Schade, dass in dem wirklich langem Interview kein Platz war für den Landkreis wirklich wichtige Fragen war. Zum Beispiel die Situation der Kliniken GmbH und deren finanzielle Ausstattung, die auch direkt den Landkreis-Haushalt betrifft.
Ich wünsche mir, dass das in Zukunft anders sein wird, denn ein weiteres unkritisches Medium braucht die Region wirklich nicht!
Also, man muß schon mal die Kirche im Dorf lassen. Der Mann ist noch nicht wieder ganz gesund und das war wohl der Haupthintergrund für das Interview. Insofern wurde das Thema getroffen.
Die Frage nach den Kliniken ist sicher berechtigt und wichtig, war hier aber wohl nicht im Fokus.