„Der kapitale Fehler war, dass man dem Markt zu viel vertraut hat“
Eine etwas hypothetische Frage: Wenn Sie unendlich viel Geld zur Verfügung hätten: Was würden Sie als erstes im Landkreis in Angriff nehmen? Worin würden Sie investieren?
Ich würde als erstes in Sachwerte investieren, in die Hardware. Da denke ich an die Infrastruktur, den dreispurigen Ausbau der B12 für die vielen Auspendler. An Bahn- und Busverbindungen, dass die Vernetzung hier besser voranschreitet. Außerdem muss die gesamte Telekommunikation ausgebaut werden, Breitband. Das Echo bei den Betrieben ist nach wie vor: Die Verbindung ist zu langsam.
Liegt es an den Anbietern, das gerade beim letzten Punkt noch viel zu tun ist?
Das Problem: Man ist davon ausgegangen, dass die Breitband-Erschließung der Markt regeln wird. Der kapitale Fehler war, dass man den Ausbau aus staatlicher Hand gegeben und dem Markt zu viel vertraut hat … Außerdem gäbe es im Schulbereich noch viele Millionen zu investieren. Genauso im Energiebereich.
Stichwort Energie: Wo sehen Sie im Landkreis Möglichkeiten für erneuerbare Energien? Windräder auf dem Lusen?
Grundsätzlich bin ich ein Befürworter von Windrädern. Aber ich bin dagegen, dass man sie am Dreisessel oder am Lusen aufstellt – allein aus optischen Gründen. Diese Möglichkeit scheidet jedoch ohnehin aus, aufgrund der seismographischen Einrichtung in Haidmühle/Bischofsreut, da diese von den Vibrationen der Windräder beeinflusst werden würde. Aber ich bin dafür, dass man sich – natürlich im Einverständnis mit der Bevölkerung – Gedanken darüber macht, wo geeignete Standorte für Windräder im Landkreis sein könnten. Definitiv ausbaufähig ist die Wasserkraft. Da gibt es bereits Anträge der politischen Vertreter, die ich unterstütze. Wasser ist im Gegensatz zum Wind ja permanent verfügbar.
„Wir leben in einer Ellbogengesellschaft, in der die Werte fehlen“
Denken Sie da an den Ohmühle-Stausee bei Waldkirchen?
Leider ist damals in den 70ern ja nichts daraus geworden … Heute kann ich mir aufgrund der naturschutzrechtlichen wie finanziellen Belastungen nicht vorstellen, dass dieses Projekt noch verwirklicht wird.
Themawechsel: Die Deutsche Knigge-Gesellschaft hat Grafenau als Standort für die Benimm-Woche ausgewählt, deren Schirmherr Sie sind. Es werden Seminare abgehalten, bei denen auch die Bürger miteingebunden sind. Mit Verlaub: Haben’s die Grafenauer besonders nötig oder warum hat man sich für die Bärenstadt entschieden?
(lacht) Ich denke, dass es in der heutigen Gesellschaft nie verkehrt ist, wenn es um Wertevermittlung geht – egal wo das ist. Ich bin froh, dass es bei uns im Landkreis stattfindet. Wir leben in einer Ellbogengesellschaft, in der Werte, auch christliche, mehr und mehr fehlen. Meine jüngste Tochter geht in die Realschule, sie hat Knigge im Lehrplan stehen. Das finde ich gut. Knigge hat Tradition – und vielleicht hält ja auch das Seminar für den einen oder anderen Grafenauer einen neuen Denkanstoß bereit – aber nötig haben sie’s sicherlich nicht … Ich bringe zum Beispiel meiner Frau ab und zu mal einen Überraschungsblumenstrauß mit nach Hause – also nicht nur zum Hochzeitstag, sondern auch mal spontan. Man muss eben seine Werte von Zeit zu Zeit neu hinterfragen. Man lernt hier nie aus.
Schade, dass in dem wirklich langem Interview kein Platz war für den Landkreis wirklich wichtige Fragen war. Zum Beispiel die Situation der Kliniken GmbH und deren finanzielle Ausstattung, die auch direkt den Landkreis-Haushalt betrifft.
Ich wünsche mir, dass das in Zukunft anders sein wird, denn ein weiteres unkritisches Medium braucht die Region wirklich nicht!
Also, man muß schon mal die Kirche im Dorf lassen. Der Mann ist noch nicht wieder ganz gesund und das war wohl der Haupthintergrund für das Interview. Insofern wurde das Thema getroffen.
Die Frage nach den Kliniken ist sicher berechtigt und wichtig, war hier aber wohl nicht im Fokus.