Landärzte: In fünf Jahren droht eine Versorgungslücke
Thurmansbang. Es waren ehrliche, aber auch ernüchternde Worte bei der Podiumsdiskussion zum Thema Hausärztemangel von MdL Alexander Muthmann in Thurmansbang. „Ist die medizinische Versorgung auf dem Land gesichert?“ lautete die Frage. Die nächsten zwei Jahre schon noch, bekamen die mehr als 100 Zuschauer im Gasthof zur Post zu hören. „Aber in fünf Jahren ist die Eisdecke brüchig“, erklärte Dr. Marie-Luise Vogl, Regionale Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung. „Die Imagekampagnen, die wir nun bei den Studenten starten, greifen erst in etwa zehn Jahren.“ Um die Versorgungslücke zu schließen, bleibe erst einmal nur eins: Die derzeitigen Hausärzte müssen sich dazu entschließen, länger zu arbeiten und nicht mit 62 Jahren in Rente zu gehen.
Dass vielen von denen nicht danach zu Mute ist, wurde bei den zahlreichen Wortmeldungen in der lebhaften Diskussion deutlich. „Ich fühle mich missachtet, wenn ich ständig von den Kassen höre, ich bin zu teuer“, sagte Dr. Dieter Schoder aus Schöfweg. „Ich kann meinem Sohn nicht guten Gewissens raten, meine Praxis zu übernehmen.“ Und auch Dr. Bergit Flatter aus Tittling erklärte eindrucksvoll die Stimmung bei den Ärzten: „Wir haben als Diabetologen mit drei Regressen zu kämpfen.“ Allein 2005 sollten sie und ihr Mann 86.000 Euro für verordnete Medikamente zurückzahlen. „Daher werde ich keinen Nachfolger für unsere Praxis suchen. Das betriebswirtschaftliche Risiko kann man niemandem antun.“
„Junge Ärzte brauchen Hausarztverträge, die fünf Jahre Bestand haben“
Doch was kann man gegen diese Entwicklung unternehmen? Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion Dr. Irmengard Schoder (Allgemeinärztin aus Schöfweg), MdL Dr. Karl Vetter (gesundheitspolitischer Sprecher der Freien Wähler), Markus Edinger (Direktor der AOK Bayerwald), Dr. Marie-Luise Vogel (Regionale Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung), Helmut Denk (Geschäftsleiter der Kliniken gGmbH im Landkreis Freyung-Grafenau) sowie der vom Hausärztemangel betroffene Bürgermeister aus Thurmansbang, Martin Behringer, versuchten nach Lösungen zu suchen.
„Junge Ärzte brauchen Hausarztverträge, die mindestens fünf Jahre Bestand haben“, fordert Dr. Marie-Luise Vogl. Nur wenn das System stabil sei, könne man Nachfolger für die Allgemeinmedizin gewinnen. Kritik richtete sie auch an die Kassen bei den Honorarverhandlungen. „Das waren keine Gespräche auf Augenhöhe, das war ein ächtliches Benehmen der Kassenvertreter.“ Dabei müsse es doch oberste Priorität haben, die Hausärzte zu retten.
Dr. Irmengard Schoder: „Die Regresse müssen schnell weg!“
Dr. Irmengard Schoder stellte eine klare Forderung zur Verbesserung der Situation: „Die Regresse müssen schnell weg, damit die jetzigen Ärzte noch ein paar Jahre dran hängen.“ Dieses Anliegen versprach MdL Dr. Karl Vetter gleich nächste Woche mit nach München zu nehmen. „Wir werden dies politisch unterstützen und versuchen, als Akutbehandlung die Regresse zu streichen.“ Er ermutigte seine Kollegen in der Politik, auch die vielen anwesenden Bürgermeister, sich einzuschalten, wenn ein Hausarzt fehlt. „Wir können moderieren.“ Besonders müsste dieses Engagement von der Regierung kommen. „Vor allem ein Gesundheitsminister muss sich bei den Gesprächen zwischen Kassen, Ärzten und KV einschalten.“
Dass es gar nicht so leicht sei als Bürgermeister einen Allgemeinarzt aufs Land zu holen, davon wusste Martin Behringer ein Lied zu singen. „Man findet keinen Ansprechpartner bei diesem Problem.“ Mit Müh und Not habe er es nun geschafft, eine Ärztin nach Thurmansbang zu holen. „Wir warten noch auf die Zulassung.“ Was ihn besonders ärgert seien die Aussagen der Kassen, dass es keinen Ärztemangel auf dem Land gibt. „Auch wenn die Zahlen anderes sagen – wir wurden von dem Problem plötzlich überrollt.“
„Wir müssen künftig viel tun, um guten Nachwuchs zu finden.“
Markus Edinger, Direktor der AOK Bayerwald, erklärte, dass die gesetzlichen Krankenkassen in den vergangenen Jahren immer mehr Geld für die Gesundheitsversorgung ausgegeben haben. „Aber wir leisten uns im System immer noch Strukturen, die wirtschaftlicher gestaltet werden können genauso wie Fehlversorgungen.“ Dies müsse man ändern. Er versprach, dass sich die AOK beim Versorgungsstrukturgesetz dafür einsetzen werde, dass die Situation der Ärzte auf dem Land stärker berücksichtigt werde.
Auch Helmut Denk, Geschäftsführer der Kliniken gGmbH im Landkreis FRG, erklärte, dass die Kliniken sich verstärkt für die Nachwuchsausbildung einsetzen und auch mit den Praxen zusammenarbeiten. „Wir müssen künftig viel tun, um guten Nachwuchs zu finden.“
Am Ende bedankte sich Moderator Alexander Muthmann bei den Teilnehmern. „Wir wollen gleiche Lebensbedingungen in ganz Bayern, dazu gehört auch die Gesundheitslandschaft.“ Das Interesse an der Veranstaltung habe gezeigt, wie akut das Problem Hausärztemangel auf dem Land sei. „Wir alle sollten die genannten Lösungsvorschläge überdenken und versuchen, in einem Boot für die Patienten zu rudern.“
da Hog’n
(Lesen Sie dazu auch das Interview mit Hausarzt Dr. Norbert Jüttner aus Hinterschmiding)
Stimmt ja alles, aber auf die Pflege wird generell nicht besonders eingegangen!
Schade