Finsterau. Auf der einen Seite gab es im Bayerischen Wald dereinst die großen Bauernhöfe, zu denen viele Hektar Ackerfläche gehörten. Auf der anderen gab es die etwas die etwas kleineren landwirtschaftlichen Anwesen mit nur wenig Grund dabei. Diese wurden als Sachl bezeichnet. Im fünften Teil unserer Hog’n-Serie über die Höfe und Häuser im Freilichtmuseum Finsterau stellen wir das sog. Sachl vor, das einmal in Rumpenstadl (Gemeinde Röhrnbach) im Landkreis Freyung-Grafenau stand.
Erbaut wurde das Sachl vermutlich im Jahr 1766. Es gehörte einmal zu einem kleinen Bauernhof. Größere Umbauten erfolgten 1848 und 1913. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein eineinhalbgeschossiges Wohnstallstadelhaus samt nachträglich aufgeteiltem Dach mit Falzziegeldeckung – ursprünglich hatte es ein Legschindeldach. Die Originaleinrichtung wurde nach dem Bestand von 1978 übernommen, Textilien und Geschirr sind zum Teil ergänzt worden, ebenso die landwirtschaftlichen Geräte. Das Haus wurde in den Jahren 1980/81 verformungsgerecht vermessen und abgetragen – und zwischen 1982 und 1984 wiedererrichtet.
Vom Hof zum Kleinhäusl
Das kleine Anwesen hat im 19. Jahrhundert seinen Hofnamen verloren, wie Historiker herausgefunden haben. Der ursprüngliche Schwankl-Hof ging in den 1870er-Jahren zugrunde. Mit dem Verkauf des Wohnstallhauses (jetzt als Sachl im Museum) begann dieser Prozess im Jahre 1872. Zwar blieben um das Kernstück des Hofes ein schmaler Hofstreifen und eine Hauswiese erhalten, jedoch grenzte nur noch ein Flurstreifen an.
Der Hof kam nie mehr über die Größe von 2,5 Hektar hinaus und war dadurch zum Kleinhäusl geworden – ein Sachl eben. Alois Graf besaß dieses in Rumpenstadl von 1903 bis zu seinem Tod im Jahr 1946. Er war als Steinhauer sowie Gredsetzer und -ausbesserer tätig. Zudem sammelte er in Rumpenstadl und dessen Umgebung Beträge für die Krankenkasse ein. Durch diesen Nebenerwerb waren einige Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen sowie eine bescheidene Vergrößerung des Grundbesitzes möglich.
Als zunächst Grafs Frau und dann die ältere der beiden Töchter starben, kam der Betrieb des Hofes zum wirtschaftlichen Stillstand. Nach dem Tod des Vaters bewirtschaftete Tochter Karolina Graf das Anwesen von 1946 bis 1978 alleine weiter, konnte das Haus aber nur mühsam erhalten. Als das Freilichtmuseum das Gebäude 1980 von einem Zwischenbesitzer erwarb, war es bereits einsturzgefährdet. Die Möbel sind weitestgehend erhalten geblieben, was auf deren geringen Altertumswert zurückzuführen ist. Das individuelle, aber typische Schicksal eines Bauernhofs sollte im Museum nachvollziehbar werden, weshalb alles weitestgehend im Originalzustand erhalten und konserviert wurde.
Eine Besonderheit: zwei Küchenherde
Wenn man das Haus an der Traufseite betritt, gelangt man zunächst in eine mit unregelmäßigen Feldsteinplatten belegte Flez, aus der Türen in die Wohnung, in den Stall und in den Stadel führen.
In den Wohnräumen fallen dem Betrachter zunächst die zwei Küchenherde auf: Der ältere der beiden ist gemauert und hat einen gekachelten Aufsatz. Dieser war einst der Mittelpunkt einer großen Stube, welche zu Lebzeiten Anna Grafs mit einer Bretterwand von der Küche abgetrennt wurde. Damit sie auch weiterhin vom Herd aus einen freien Blick auf den Hof hatte, baute ihr Mann in diese Wand ein kleines Fenster ein.
Die zweite Küche richtete sich Tochter Karolina ein, denn der alte, gemauerte Herdofen war durchgebrannt, weshalb sie sich einen kleinen emaillierten Sparherd (das Geschenk einer Cousine) in die Stube stellte. Auch sie trennte eine weiter Küche mit einer Bretterwand von der Stube ab. Aus dieser Situation und aus der geistigen Verfassung der letzten Bewohnerin heraus ist diese doch etwas seltsam anmutende Einrichtung zu erklären.
Im Schlafzimmer, das an die drei Stubenräume anschließt, waren bis zuletzt die beiden Betten ihrer Eltern erhalten, von denen sie wohl eines benutzte. Aber auch in der primitiven Kinderkammer auf dem Dachboden stand noch das Bett, in dem sie als Kind mit ihrer Schwester geschlafen hatte.
Spuren, an denen man die Geschichte ablesen kann
Das Sachl birgt unter seinem Dach alles, was zu einem bäuerlichen Anwesen gehört: Eine steile Steintreppe führte aus der Flez in einen gewölbten Keller hinab. Dazu kam ein kleiner Stall für zwei Rinder und zwei bis drei Schweine, ein in den Kamin eingebauter Backofen und ein Hühnerstall sowie ein Stadel mit einer Tenne, auf der der leichte Heuwagen, der von den beiden Kühen gezogen wurde, Platz fand. Diese Tenne wurde von Alois Graf angebaut. Beim alten Schwankl-Hof war vor seiner Vertrümmerung ein freistehender Stallstadel vorhanden.
Von außen ist deutlich zu erkennen, dass dieses Haus nicht in einem Stück entstanden ist. Der Blockbau des Dachgeschosses stammt aus dem Jahr 1766, wobei das Dach 1914 steiler gemacht wurde, damit mehr Bergeraum für das Heu entstand. Dieser Umbau ist an der Verbretterung des Giebels unverkennbar auszumachen.
Die Stube mit der schwarzen Holzdecke und den Blockwänden ist auf die eingeschnitzte Jahreszahl 1848 datiert. Zu diesem Zeitpunkt – damals herrschte in Deutschland die Revolution – wurde vermutlich auch der gemauerte Teil des Erdgeschosses hergestellt. Mehrmals verändert wurde außerdem der Bereich des Kamins und des Herdes. All diese Umbauten, Reparaturen und Nutzungsänderungen haben ihre Spuren hinterlassen, an denen man die Geschichte des Hauses ablesen kann.
da Hog’n
Die Informationen stammen aus dem Buch „Freilichtmuseum Finsterau – Die Bauernhäuser und ihre Geschichte“ von Martin Ortmeier; Dietmar Klinger Verlag, Passau, 2009. ISBN 978-3-932949-87-6