Finsterau. Es war nicht leicht damals, das Leben im Bayerischen Wald. Und doch war es ein sehr einfaches Leben. Auf der einen Seite die harte Arbeit, die Entbehrungen, die Armut – auf der anderen das Leben in und mit der Natur, reduziert auf das Wesentliche, ohne große Zerstreuungen und Ablenkungen, wie man sie aus der Neuzeit kennt. Wer erfahren will, wie die Menschen im Woid vor Jahrzehnten, Jahrhunderten ihren Alltag bestritten, kann sich im Freilichtmuseum Finsterau ein Bild davon machen. Im ersten Teil unserer Hog’n-Serie über die Höfe und Häuser im Freilichtmuseum stellen wir die Schmiede vor, die einst in Grattersdorf im Landkreis Deggendorf stand.
Errichtet wurde sie im 18. Jahrhundert. In den Jahren 1835/36 erfolgten erstmals größere Umbauten, im 20. Jahrhundert wurde die Beschlaghütte gänzlich erneuert. Abgebaut wurde die Schmiede 1978 – und im Jahr darauf in Finsterau wieder aufgebaut. Der Wirtschaftsteil der kleinen Landwirtschaft war nicht mehr erhalten geblieben und wurde daher neu errichtet, um die ursprüngliche Gebäudegröße darzustellen (Teile der Museumsverwaltung befinden sich heute darin). Die im Gebäude ausgestellten Gerätschaften stammen von einer Schmiede in Pankofen (Landkreis Deggendorf).
Der Schmied als Eisen-Allrounder
Im Jahr 1990 kam ein Backofen aus Bösmaign (Gde. Schöllnach) hinzu, der vor dem Haus platziert worden ist. Seit 2010 ist eine Ausstellung über das Schmiedehandwerk in den ehemaligen Wohnräumen zu begutachten. Bei allem, was mit Stahl und Eisen zu tun hatte, waren die Bauern auf den Dorfschmied angewiesen. Deshalb genoss dieser meist besonderes Ansehen. Er fertigte die Beschläge für die Wägen, Pflüge und Eggen, schmiedete Fenster- und Türbeschläge, stellte Ofentüren her, Ketten sowie einfache Schlösser.
Ebenso war er für das Beschlagen der Pferde und Zugochsen samt Huf- und Klauenpflege zuständig; dies wurde in der Beschlaghütte vor der Schmiede durchgeführt. Dort sind an einem Querriegel Ringe zu finden, an denen die Tiere angebunden werden konnten. Dieser hölzerne Riegel ist von den Pferden im Laufe der Jahre regelrecht glatt geleckt worden.
Von der Beschlaghütte aus führt eine Tür direkt in die Werkstatt. Dort stehen auf dem gestampften Lehmboden wichtige Gerätschaften: der Amboss, eine Ständerbohrmaschine aus den zwanziger Jahren, eine Gesenkplatte und eine Reifenreibemaschine. An den Wänden sind verschiedene Zangen, Schlag- und Setzhämmer angebracht, die sich der Schmied für gewöhnlich selbst angefertigt hatte. Im hinteren Teil des Raumes sind zwei Essen (Herd, Feuerstelle) zu sehen, in denen mit den Blasebälgen in der Kammer im Stockwerk darüber bei Bedarf die Glut angefacht werden konnte.
Auch heute wird der Schmiede noch Leben eingehaucht
Oftmals gehörte die Schmiede gar nicht dem Schmied selbst. Die Anwesen wurden meist entweder vom Grundherrn oder der bäuerlichen Dorfgemeinschaft mitsamt der Werkstatt errichtet und an einen Schmiedemeister verpachtet. Der letzte Schmied der Grattersdorfer Werkstatt war Franz Xaver Trum.
Doch auch heute wird der Schmiede im Freilichtmuseum immer wieder Leben eingehaucht: Zu bestimmten Terminen kommen Vertreter des zugegebenermaßen aussterbenden Berufsstandes nach Finsterau, um den Besuchern auf authentische Weise das Handwerk näher zu bringen. Josef Wurm ist derzeit offizieller Schmied des Freilichtmuseums.
da Hog’n
Die Informationen stammen aus dem Buch „Freilichtmuseum Finsterau – Die Bauernhäuser und ihre Geschichte“ von Martin Ortmeier; Dietmar Klinger Verlag, Passau, 2009. ISBN 978-3-932949-87-6